Drachen-Antenne und ihre Gefahren
Drachen-Antenne und ihre Gefahren
Als Vorläufer von Langdrahtantennen, die mit Hilfe von Drachen oder Ballonen hochgezogen werden, können die entsprechenden Versuche von Benjamin Franklin und Zeitgenossen (ab 1752) angesehen werden, die Natur des Blitzes zu erforschen.
Siemens, B.: Handbuch der Elektrotechnik, Bd.1, J.J. Arndt, neue und vermehrte Auflage 1912
Franklin war der erste, der auf den Gedanken kam, den B l i t z a u f z u f a n g e n und die Entladung der beiden entgegengesetzten Elektrizitäten von dem Hause abzuleiten und ein ruhiges Ausströmen in die Erde herbeizuführen.
Im Juni 1752 ließ er während eines Gewitters einen Papierdrachen mit einer kleinen Eisenspitze steigen, Abb. 21. Am Ende der Hanfschnur hing ein kleiner Schlüssel, aus welchem er elektrische Funken ziehen konnte, genau ebenso wie bei einer Leydener Flasche.
Abb. 21. Benjamin Franklins Versuch mit dem Papierdrachen während eines Gewitters im Jahre 1752
Die Versuche mit dem Drachen wurden dann in Frankreich im Jahre 1753 von d e R o m a s, der eine Schnur mit eingedrehtem, dünnem Eisendraht anwandte, mit dem großartigsten Erfolge wiederholt. Durch diese Versuche wurde die Wesensgleichheit von Blitz und elektrischem Entladungsfunken nachgewiesen; ältere Erfahrungen hatten gezeigt, daß eine metallische Leitung den Blitz ohne Beschädigung anderer Körper bis zur Erde herabführt. Aber auch, wenn kein Gewitter stattfindet, selbst bei wolkenlosem Himmel und ruhiger Luft, zeigt die Atmosphäre elektrische Erscheinungen. Um diese nachzuweisen und zu untersuchen brachte Franklin auf seinem Hause eine eiserne Stange an und schaltete in deren Leitung zur Erde ein sogenanntes elektrisches Glockenspiel ein. Er beobachtete, daß auch schon bei darüber hingehenden Wolken, wenn gar kein Blitz aufleuchtete, die Stange elektrisch war und fand, daß die Wolken meist negativ, zuweilen aber auch positiv elektrisch waren. Seine Versuche wurden allgemein bewundert und allgemein nachgemacht. Leider zeigte sich aber bald in entsetzlicher Weise, wie gefahrvoll diese Experimente sind.
P r o f e s s o r R i c h m a n n in St. Petersburg wurde im August 1753, als er gerade die Wirkung eines Gewitters an seinem Elektrizitätsanzeiger beobachtete, vom Blitze erschlagen, Abb. 22.
Abb. 22. Tod des Professors Richmann durch den Blitz, bei Beobachtung der Wirkung eines Gewitters an dem Elektrizitätsanzeiger (6. August 1753)
Richmann hatte auf dem Dache seines Hauses eine eiserne Stange befestigt; von dieser eine Drahtleitung bis in sein Zimmer geführt und hier an einem Eisenstab befestigt, der in einen mit Messingspänen gefüllten Glasbecher tauchte. Von dem Eisenstab hing ferner ein Faden herab, der bei Elektrischwerden des Stabes abgestoßen wurde; die Größe des Winkels zwischen Eisenstange und abgestoßenem Faden wurde an einem entsprechend angebrachten Quadranten gemessen. Als nun Richmann mit dem Kupferstecher S o k o 1 o w, den er zur Anfertigung von Zeichnungen gewonnen hatte, ein heraufziehendes Gewitter beobachten wollte, wurden beide durch einen an der Stange herabfahrenden Blitz zu Boden geschmettert. Sokolow erlangte bald wieder das Bewußtsein, doch Richmann war seinem Forschungsdrange zum Opfer gefallen. Sein Körper wies mehrere rote, blutunterlaufene Brandflecke auf. Aber sein tragischer Tod schreckte Forscher, wie Le Monnier, Saussure, Canton und Schübler nicht ab, in das Studium der atmosphärischen Elektrizität immer tiefer einzudringen.
Für die Funktechnik wurde eine mit Hilfe von Drachen hochgezogene Antenne mehrfach von Marconi eingesetzt, so auch zu seinem berühmten Versuch anläßlich der ersten transatlantischen Funkübertragung 1901.
Diese historischen Erfahrungen mit der Blitzgefahr sollte man aber trotzdem nicht vergessen, wenn man mit Langdrahtantennen experimentiert, die von Drachen oder Ballonen hochgezogen werden.
MfG DR
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