Re-Evaluierung des Funke Röhrenprüfgeräts W 19 (S)

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Re-Evaluierung des Funke Röhrenprüfgeräts W 19 (S) 
28.Jun.12 16:48
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Kurt Schmid (D)
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Kurt Schmid

Re-Evaluierung des Funke Röhrenprüfgeräts W 19 (S)

Last- und Netzspannungsabhängigkeit der Anoden- und stabilisierten Schirmgitterspannung

Kurt Schmid, Mainz

Die historischen Röhrenprüfgeräte Funke W 19 und W 19 S, welche elektrisch identisch sind, sind wohl die in Deutschland am bekanntesten und am häufigsten benutzten Röhrenprüfgeräte. Dementsprechend waren diese Geräte im Laufe vieler Jahren Gegenstand zahlreicher oft auch kontroverser Diskussionen und Mitteilungen. Nicht zuletzt trugen Mängel in der Technik der Geräte, unzureichende Dokumentation, Fehler in den Röhrenprüfkarten [1] etc. zum ambivalenten Image von Funke bei. Der äußere Anblick eines guterhaltenen W 19 in seinem edlen Nussbaumgehäuse stimmt aber, trotz der schon in der damaligen Zeit antiquierten Aufbauten der „Innereien“, immer wieder versöhnlich.

Ein kürzlich von mir erworbenes W 19 S mit hoher Seriennummer (vgl. Bild 1) bewog mich, das Gerät näher „unter die Lupe“ zu nehmen. Im Laufe der Produktion des W 19 (S) wurden auf der Frontplatte immer mehr Röhrenfassungen montiert [2], was zu einem unübersehbaren „Gedränge“ führte.

Bild 1        Frontplatte eines Funke W 19 S mit hoher Seriennummer (SN 32313)

Die beiden gelben Pfeile markieren eine werkseitige, chaotische Anordnung und Montage von Röhrenfassungen, die wegen Platzmangels noch irgendwo auf der Frontplatte Platz finden mussten.

Das W 19 (S) ist ein typischer Vertreter von Röhrenprüfgeräten, bei denen die Zuordnung der Spannungsquellen zu den Kontakten der Röhrenfassungen mittels eines Kreuzschienenverteilers und Prüfkarten realisiert ist (s. Bild 2).

Bild 2    Funktionsblöcke eines Röhrenprüfgeräts

Nahezu jedes Röhrenprüfgerät besteht aus mindestens vier Funktionsblöcken

1) Röhrenfassungen für die zu prüfenden Röhren
2) Spannungsquellen zur Versorgung der Prüfröhre
3) Verteiler zur Zuordnung der Spannungsquellen zu den Fassungskontakten
4) Anzeige des Prüfergebnisses


Von den einfachsten Emissionstestern abgesehen, hat die Auslegung der Spannungsquellen entscheidende Bedeutung für die Klassifizierung eines Geräts als Röhrenprüf- oder als Röhrenmessgerät. Beim Funke W 19 (S) wurden wohl aus Kostengründen folgende Kompromisse geschlossen:

  • Alle Spannungen werden aus nur einem Netztransformator abgeleitet

  • Die Röhrenprüfung erfolgt nicht mit den in den Datenblättern angegebenen typischen Betriebswerten, sondern nur mit reduzierten Prüfspannungen

  • Die Messung erfolgt bei einer festen Steuergitterspannung von 0 Volt

Die Funke-spezifischen reduzierten Prüfwerte (Anoden- und Schirmgitterspannung) führen dazu, dass die gemessenen Anodenströme nicht mit den veröffentlichten Datenblattwerten übereinstimmen. Es bleibt unklar wie mit den benutzten Prüfdaten der 100 Prozentwert des Anodenstroms einer typischen Prüfröhre ermittelt wurde. Bis zu 60 Prozent des typischen Anodenstroms erachtet Funke die Röhre noch als „GUT“.

Gemessen am heute üblich hohen Standard der Gerätedokumentation mangelt es, wie bei so vielen Geräten der damaligen Zeit, auch bei den Geräten von Funke an belastbaren technischen Daten und genauen Angaben zur Leistungsfähigkeit. Diesem Mangel kann nicht durch vielfältige Diskussion, sondern nur durch handfeste Messungen begegnet werden.

Folgend werden die Lastabhängigkeit der Anoden- und Schirmgitterspannung, sowie deren Abhängigkeit von der Netzspannung untersucht.

Lastabhängigkeit der Anodenspannung

Im Funke W 19 (S) liefert die Anodenspannungsquelle eine nicht-stabilisierte Gleichspannung. Aus dieser wird auch die Schirmgitterspannung abgeleitet, welche für die Anodenspannungsquelle eine relativ konstante Vorbelastung von ca. 40 Milliampere darstellt.

Zur Ermittlung der Lastabhängigkeit der Anodenspannung wurde an die Anodenspannungsquelle ein veränderlicher Leistungswiderstand (Rheostat) in Reihe mit einem Strommessgerät geschaltet. Mit Hilfe des Rheostaten wurde nun ausgehend von Null Last in inkrementierenden Schritten von je 5 Milliampere die sich jeweils einstellende Anodenspannung gemessen. Die Messungen erfolgten bis zu einer maximalen Last von 100 mA.

Bild 3    Abhängigkeit der Anodenspannung vom Anodenstrom

Die unbelastete Anodenspannung betrug 221,5 Volt. Bei 100 Milliampere Anodenstrom sank die Anodenspannung auf 174,5 Volt ab. Graphisch zeigt sich innerhalb des getesteten Bereichs mit steigendem Anodenstrom ein linearer Abfall der Anodenspannung mit einer Rate von -0,47V/mA. Diese beträchtliche Lastabhängigkeit der Spannung ist typisch für nichtstabilisierte Spannungsquellen. Im Funke W 20 (aber auch z.B. bei den Neuberger RPM 370/375) kann über eingebaute Rheostaten der lastabhängige Spannungsabfall manuell korrigiert werden.

Lastabhängigkeit der Schirmgitterspannung

Wohl wegen der fehlenden Möglichkeit der Justierbarkeit der Spannungen zu den Röhrenelektroden (z.B. mittels Rheostat) hat Funke dem W 19 (S) einen Glimmstabilisator zur Stabilisierung der Schirmgitterspannung spendiert. Eingebaut ist ein GR 150 A (alternativ GR 20-1112) Glimmröhrenstabilisator, welcher laut Datenblatt bei einer Brennspannung von 150 Volt einen Querstrom von 40 mA aufweist [3]. In der nachfolgend dargestellten Messreihe wurde die lastabhängige Konstanz der Stabilisierung der Schirmgitterspannung untersucht. Folgende einfache Messanordnung wurde benutzt..

Bild 4    Schema des Messaufbaus zur Ermittlung der Güte der lastabhängigen Spannungskonstanz der Schirmgitterspannungsquelle

Die Messungen wurden unmittelbar am Gerät selbst vorgenommen, wobei die rot gezeichneten Elemente zusätzlich verschaltet wurden.

Der Glimmröhrenstabilisator GR 150 A wird im Gerät aus der nichtstabilisierten Anodenspannung V+ über einen Vorwiderstand (RV = 1095 Ohm) gespeist (vgl. Bild 4). Die Last (Schirmgitterstrom) ist parallel zum Stabilisator geschaltet. Es handelt sich somit um einen sogenannten Querregler (Shuntregler), wobei es sich aber nicht wie der Name impliziert um eine Regelung sensu stricto, sondern nur um eine Stabilisierung handelt. Zur Simulation des Schirmgitterstroms wurde dem Glimmröhrenstabilisator ein Rheostat oder eine elektronische Last parallel geschaltet. Damit war eine wahlfreie Einstellung der Last (RL) und Messung des Schirmgitterstroms (ILast) möglich. Es wurden vier Größen simultan gemessen:

  1. Versorgungsspannung:                    V+
  2. Spannung über den Stabilisator:     UStab
  3. Querstrom über den Stabilisator:    IStab
  4. Laststrom (Schirmgitterstrom):       ILast

Messprotokoll

Mit dem Rheostaten wurde die Last, ausgehend von Null (Schalter S1 = offen), in inkrementierenden Schritten von jeweils 5 mA bis 50 mA erhöht. Durch Hinzunahme relativ hoher Lastwerte (maximale ILast = 50 mA), sollte die Tendenz des Kurvenverlaufs der Stabilisierung klarer erkennbar gemacht werden. Die Anzeige des Laststromamperemeters diente dabei als Hilfe zum Einregeln des Rheostaten auf den gewünschten Laststrom. Bei jeder Stromstufe wurden alle vier obigen Messwerte abgelesen und protokolliert.

Ergebnisse

Da die gemessene Versorgungsspannung (V+) bei allen Belastungsstufen 221,5 Volt (+/- 0,5 Volt) betrug, blieb diese in den folgenden Auswertungen unberücksichtigt.

Bei ILast = 0 (S1 offen; siehe Bild 4) stellte sich am Glimmröhrenstabilisator eine Spannung von VStab = 148,2 Volt ein, wobei über den Stabilisator ein Querstrom (IStab) von 40,3 mA floss (vgl. Bild 5).

Die nachfolgend gezeigten laststromabhängigen Kurvenverläufe wurden auf der Basis des messtechnisch Machbaren (0-50 mA) aufgenommen. Zur Einschätzung, welche maximalen Schirmgitterströme im W 19 (S) zu erwarten sind, wurden einige Röhren vermessen. Dazu wurde der G2-Strom mit dem Röhrenmessgerät RoeTest4 (Helmut Weigl) unter Verwendung der von Funke benutzten, reduzierten Prüfdaten ermittelt. Gemessen wurden 6AQ5 WA, EL41, EL84, 6L6 GC, EL 34, EL 156. Alle mittels der Funke Parameter gemessenen Schirmgitterströme lagen mehr oder weniger deutlich unter 15 mA. Daher wurde der Lastbereich zwischen 15 und 50 mA in den Diagrammen ausgegraut.

Bild 5    Lastabhängigkeit des Querstroms und der stabilisierten Spannung über den Glimmröhrenstabilisator GR 150 A

Mit zunehmender Last (= zunehmender Schirmgitterstrom) erniedrigte sich erwartungsgemäß der Querstrom durch den Stabilisator (IStab), da wegen der Parallelschaltung des Lastwiderstand (RL) mit dem Stabilisator nun ein Teil des Gesamtstroms (Iges) von RL aufgenommen wird. Bei maximaler Last (ILast = 50 mA) fließt über die GR 150 A nur noch ein Querstrom (IStab) von 7,3 mA. Der Kurvenverlauf IStab in Abhängigkeit von ILast (schwarze Kurve) folgt annähernd einer Geraden.

Analog zum Verlauf des Querstroms IStab erniedrigte sich mit zunehmendem Laststrom auch die stabilisierte Spannung VStab (rote Kurve). Die lastabhängige Veränderung der stabilisierten Spannung ist natürlich ein Maß für die Güte der Stabilisierung. Schon bei einer Last von 30 mA sank VStab beträchtlich von 148,2 Volt auf 144,5 Volt ab. Bei maximal Last (ILast = 50 mA) sank VStab sogar auf nur 141,6 Volt ab. Im relevanten Bereich zwischen 0 und 15 Milliampere sank die stabilisierte Spannung um maximal 1,5 Volt.

Eine ursprüngliche Annahme, dass bei Zunahme des Laststroms um einen gewissen Betrag der Querstrom um den gleichen Betrag abnimmt und somit die Summe des Gesamtstroms gleich bleibt, bewahrheitete sich nicht in vollem Umfang. Folgendes Balkendiagramm zeigt das besonders anschaulich.

Bild 6    GR 150 A: Anteil von Laststrom, Querstrom und Gesamtstrom

Mit zunehmendem Laststrom erhöhte sich auch die Summe von Last- und Querstrom; d.h. der Gesamtstrom stieg bei 50 Milliampere moderat um maximal 18 mA an (s. Bild 6, Anstieg der oberen Balkenenden). Ursache dafür ist, dass sich der Querstrom um weniger als dem anteiligen Betrag, der nach der ursprünglichen Prämisse zu erwarten gewesen wäre, verringerte. Die relativ geringe Änderung der Summe von Last- und Querstrom erklärt, dass V+ bei allen Lastströmen praktisch konstant blieb.

Alternative Spannungsstabilisatoren

Da der Glimmröhrenstabilisator GR 150 A bzw. GR 20-1112 inzwischen schon recht selten und teuer geworden ist, wird er häufig durch andere Röhrentypen substituiert; so z.B. durch die amerikanische OD3 (=VR150/30), welche noch in großen Stückzahlen erhältlich ist. Es wurde deren Eignung als Ersatz für die originale GR 150 A untersucht.

Bild 7    OD3 mit Adapter von Oktal- nach Europasockel

Da die OD3 einen Oktalsockel besitzt, die GR 150 A aber einen Europasockel hat, ist ein Adapter auf die Europafassung im Gerät notwendig. Die Vermessung des OD3 Glimmröhrenstabilisators erfolgte wie vorhergehend bei der GR 150 A beschrieben.

Bild 8    Lastabhängigkeit des Querstroms und der Spannung über den Glimmstabilisator OD3

Die stabilisierende Wirkung zeigt sich als ausgeprägtes Plateau zwischen 0 und 30 Milliampere. Zwischen 0 und 15 Milliampere sank die stabilisierte Spannung um 1,4 Volt. Damit ist die Stabilisierung mit einem OD3 Glimmröhrenstabilisator durchaus im Bereich dessen, was auch eine GR 150 A leistet. Ab einer Last von 35 Milliampere sank allerdings die stabilisierte Spannung dramatisch ab. Dies ist nicht verwunderlich, da die OD3 nur für 30 Milliampere spezifiziert ist.

Es wurde nun geprüft, ob ein Ersatz des Glimmröhrenstabilisators durch eine Halbleiterschaltung, wie es z.B. in [4] vorgeschlagen wurde, zu einem besseren Stabilisierungsverhalten führen würde.

„Solid State“ Alternative zum GR 150 A Spannungsstabilisator

Zur Realisierung eines Solid State (SS) Ersatzes der GR 150 A wurde eine Kombination verschiedener Leistungszenerdioden in Serie geschaltet, so dass sich bei fehlendem Laststrom (ILast = 0) und einem Querstrom (IStab) über den SS-Stabilisator von 40 mA eine Spannung (VStab) von ca. 150 Volt einstellte. Zur Schonung der Augen von Röhrenpuristen wurde diese Ersatzschaltung in ein röhrenähnliches Aluminiumgehäuse mit Europasockel eingebaut (s. Bild 9). Somit ist ein einfacher Austausch zwischen der originalen GR 150 A und dem GR 150 A Ersatz (GR 150 A SS-Replacement) und vice versa leicht möglich.

Bild 9    Elektrische und mechanische Realisierung des GR 150 A

 SS-Replacements

 Links       Schaltplan
 Rechts    mechanische Realisierung

Die bei maximalem Querstrom (IStab = 40 mA), ILast = 0 mA) auftretende relativ hohe Verlustwärme in den Leistungszenerdioden wird durch Verguss des Zenerdioden-Arrangements mit einer 2-Komponentensilikonmasse (mit eingemischtem Aluminiumoxydpulver), welche eine hohe Durchschlagfestigkeit (10 kV/mm) und eine hohe Wärmeleitfähigkeit (1,7 W/mK) aufweist, an das Metallgehäuse abgeführt.

Warnung: ein Betrieb des Leistungszenerdioden-Arrangements ohne zusätzlich Maßnahme zur Abführung der Verlustwärme führt im Dauerbetrieb unweigerlich zur Überhitzung und Zerstörung.

Als weiteres Feature leuchtet eine im Gehäuse entsprechend platzierte, orangefarbige Leistungs-LED das Betriebskontrollfenster des Funke Messinstruments von hinten aus (s. Bild 10).

Bild 10    GR 150 A SS-Replacement

 Links     Frontansicht
 Mitte      Rückansicht mit Öffnung für die Linse der Leistungs-LED
 Rechts  Messinstrument mit Fenster, welches von der Leistungs-LED
             ausgeleuchtet wird (Betriebsanzeige)

Nach Austausch der GR 150 A durch das GR 150 A SS-Replacement wurde, wie zuvor unter „Messprotokoll“ beschrieben, eine identische, weitere Messreihe durchgeführt.

Bild 11    Lastabhängigkeit des Querstroms und der stabilisierten Spannung über das GR 150 A SS-Replacement

Bei ILast = 0 (S1 offen, vergleiche Bild 4) betrug der Querstrom (IStab) durch das GR 150 A SS-Replacement 46,2 mA. Entsprechend der bei Kombination der Zenerdioden angestrebten Spannung von 150 Volt über den Stabilisator betrug VStab = 149,6 Volt (vgl. Bild 11). Bei der maximal erzeugten Last (ILast = 50 mA) war der Querstrom (IStab) auf 10 mA reduziert. Die stabilisierte Spannung (VStab) war bei diesem Laststrom auf 147 Volt abgefallen. Bemerkenswert ist der sehr flache Verlauf in der ersten Hälfte (0 bis 30 mA) der Spannungskurve (blaue Kurve). Zwischen 0-15 Milliampere blieb die stabilisierte Spannung unverändert und zeigte einen konstanten Wert von 149,6 Volt.

Bewertung von Qualität und Nutzen der Stabilisierung der Schirmgitterspannung

Wie das Diagramm in Bild 3 zeigt wäre im W 19 (S) neben der Stabilisierung der Schirmgitterspannung auch eine Stabilisierung der Anodenspannung dringend wünschenswert. Die Stabilisierung der Anodenspannung durch einen Querregler wäre technisch wenig sinnvoll; ein Längsregler hingegen, war damals wahrscheinlich zu aufwendig und kostenintensiv. Die ausschließliche Stabilisierung der Schirmgitterspannung beim W 19 (S) ist sicherlich trotzdem als eine Verbesserung anzusehen, da im Gegensatz zur Anodenspannung die Schirmgitterspannung einen erheblichen Einfluß auf den Anodenstrom und die Röhrensteilheit hat. Die Prüfung von Trioden kann natürlich von dieser Verbesserung nicht profitieren.

Die beiden folgenden Graphiken konkretisieren die gewonnenen Ergebnisse nochmals.

Bild 12    Vergleich des Verlaufs der absoluten Werte der Stabilisatorspannung der originalen GR 150 A und des SS- Replacements in Abhängigkeit vom Schirmgitterlaststrom

Es ist deutlich erkennbar, dass das SS-Replacement (blaue Kurve) wesentlich bessere Stabilisierungseigenschaft aufweist als der originale GR 150 A Glimmröhrenstabilisator (rote Kurve). Während im Bereich von 0-15 mA die stabilisierte Spannung der GR 150 A um 1,5 Volt abfiel, blieb beim GR 150 A SS-Replacement die stabilisierte Spannung innerhalb dieses Bereichs absolut konstant.

In nachfolgendem Bild 13 ist obiger Vergleich als prozentuale Veränderung dargestellt.

Bild 13    Prozentuale Unterschiede zwischen der Güte der Stabilisierung der GR 150 A und dem GR 150 A SS-Replacement

Bei einer Last von 15 Milliampere reduziert sich die stabilisierte Spannung der originalen GR 150 A (rote Kurve) um 1,0 Prozent während das GR 150 A SS-Replacement (blaue Kurve) keine Änderung zeigt.

In folgender Graphik sind nochmal summarisch die Abhängigkeit der Anodenspannung, der Schirmgitterspannung und des Stroms durch den Stabilisator vom Anodenstrom dargestellt.

Bild 14    Effekte des Anodenstroms auf die Anodenspannung, die stabilisierte Schirmgitterspannung und den Querstrom durch den Stabilisator

Wie schon in Bild 3 gezeigt, nimmt die Anodenspannung mit steigendem Anodenstrom stark ab (siehe schwarze Kurve in Bild 14). Als neue Ergebnisse zeigt die Graphik in Bild 14, dass sowohl die stabilisierte Schirmgitterspannung (rote Kurve) als auch der Querstrom durch den Glimmröhrenstabilisator (blaue Kurve) mit steigendem Anodenstrom abnehmen. Es ist zu vermuten, dass der unerwünschte Abfall der stabilisierten Schirmgitterspannung sowohl resultiert

  • aus der Verringerung der Anodenspannung, welche ja als Spannungsquelle für den Schirmgitterstabilisator dient als auch

  • aus der Reduktion des Querstroms durch den Schirmgitterstabilisator. Mit sinkendem Querstrom nimmt nämlich die Güte der Stabilisierung ab  [5]. Bei zu niedrigem Querstrom erlischt der Glimmstabilisator sogar, wodurch die Stabilisierungsfähigkeit vollständig verloren geht.

Die bisher dargestellte Untersuchung der Einflüsse der Lastseite (Outputseite) auf die Anoden- und Schirmgitterspannung läßt zwangsweise keine Gesamtbeurteilung zu. Dazu ist zumindest noch die zusätzliche Untersuchung des Einflusses von Netzspannungsänderungen über den Netztransformator (Inputseite) auf die Anoden- und Schirmgitterspannung notwendig. Im Gegensatz zu vergleichbaren Röhrenprüfgeräten werden im Funke W 19 (S) alle Spannungen von einem einzigen Netztransformator abgeleitet. Dies ist sicherlich suboptimal.

Effekt der Änderung der Netzwechselspannung auf die Anoden- und Schirmgitterspannung

Zur Untersuchung des Einflusses von Netzspannungsänderungen auf die Anoden- und Schirmgitterspannung wurde die nominale Netzwechselspannung von 235 Volt über einen Regeltransformator um 20 Volt auf 215 Volt gesenkt. Es wurden die Anoden- bzw. Schirmgittergleichspannungen bei der normalen Netzspannung (235 Volt) und der reduzierten Netzspannung (215 Volt) gemessen, wobei noch unterschieden wurde zwischen Spannungen die sich bei Laststrom Null und bei einem mittleren Laststrom einstellten.

Bei unbelasteter Anodenspannung (Ia = 0 mA) stellte sich bei 235 Volt Netzspannung eine Anodenspannung von 220,6 Volt ein. Die Reduktion der Netzwechselspannung auf 215 V führte zu einer Verringerung der unbelasteten Anodenspannung auf 205,6 Volt, was eine Erniedrigung um 6,8 Prozent entspricht. Erinnert sei, dass die Anodenspannungsquelle über den als Querregler arbeitenden Schirmgitterstabilisator immer mit einer Vorbelastung von ca. 40 Milliampere beaufschlagt ist.

Eine zweite gleichartige Messung wurde bei einem Anodenstrom von 50 Milliampere durchgeführt. Hier reduzierte sich die Anodenspannung von 196,8 Volt auf 183,2 Volt. Der Unterschied betrug -6,9 Prozent.

In einer zweiten Messreihe wurde der Effekt der Änderung der Netzwechselspannung auf die stabilisierte Schirmgitterspannung untersucht. Es war der werkseitig verbaute Glimmröhrenstabilisator GR 150 A eingesetzt.

Bei unbelasteter Schirmgitterspannung führte die Reduktion der Netzwechselspannung zu einer Bedingungen Ig2 = 10 mA reduzierte sich die Schirmgitterspannung von 145,8 Volt auf 143,7 Volt. Der Unterschied beträgt -1,4 Prozent.

Obige Ergebnisse lassen deutlich erkennen, dass die Schirmgitterstabilisation neben Laständerungen auch Effekte von Änderungen der Eingangsspannung verringert. Während sich bei Reduktion der Netzwechselspannung die nichtstabilisierte Anodenspannung um 6,8 Prozent verringerte, war der Effekt auf die stabilisierte Schirmgitterspannung mit -1,5 Prozent deutlich geringer.

Ein generelles Problem des Funke W 19 (S) Röhrenprüfgeräts ist die starke Lastabhängigkeit der Anodenspannung. Zum Teil ist dafür die Unterdimensionierung des Netztransformators verantwortlich. Eine kleine Verbesserung kann durch den Ersatz der AZ 12 Gleichrichterröhre durch ein AZ 12 SS-Replacement erzielt werden (s. Bild 15). Dadurch fallen ca. 10 Watt an Heizleistung für die AZ 12 weg.

Bild 15    Elektrische und mechanische Realisierung des AZ 12 SS-Replacements

  Links      Schaltplan
 Rechts    mechanische Realisierung

Der dynamische Innenwiderstand der AZ 12 Gleichrichterröhre wurde durch Serienschaltung von einer Leistungszenerdiode (1N5356), einer Gleichrichterdiode (1N4007) und einem NTC Widerstand (Anlaufstrombegrenzer CL80) in jeder Diodenstrecke nachgebildet. Als willkommener Nebeneffekt reduzieren die beiden Anlaufstrombegrenzer auch den Einschaltstrom.

Der Effekt des Wegfalls der Heizleistung der AZ 12 Gleichrichterröhre (z.B. auf den Lastverlauf der Anodenspannung) wurde bisher noch nicht quantifiziert. In diesem Zusammenhang muss noch erwähnt werden, dass der Effekt der hinzukommenden Heizleistung der jeweiligen Prüfröhre ebenfalls nicht untersucht wurde.

Bild 16    Innenansicht des W 19 (S) mit eingesetzten SS-Replacements

Auf der linken Seite ist das GR 150 A SS-Replacement, auf der rechten Seite das AZ 12 SS-Replacement zu sehen. Auf der linken Seite ist unter den stehenden Leistungswiderständen ein statischer 8 µF Kondensator (roter axialer Tubus) erkennbar. Damit wurde der werkseitig verbaute Elektrolytkondensator gleicher Kapazität ersetzt. Hinter der Reihe der Leistungswiderstände mit Abgreifschellen ist die Rückseite des Messinstruments mit dem Beleuchtungsfenster zu sehen. Auf der Pertinaxplatte ist die handschriftlich vermerkte Seriennummer 32313 erkennbar.

Literatur

[1]    Müller, K.-F.: Das Funke-Röhrenmessgerät W 19, Schriftenreihe zur        Funkgeschichte Bd. 14, Verlag Dr. Rüdiger Walz, Idstein 2004.
[2]    Scharschmidt, W.: Die Röhrenhistorie. Bd. 3, Max Funke KG, Funk Verl., Dessau-Roßlau 2009
[3]    Geffcken, H., Richter, H., Nentwig, K.: Die Glimmröhre in der Technik, Deutsch-Literarisches Institut J. Schneider, Berlin 1944.
[4]    Antpöhler, O., Roschy, J., Walz, R.: Ersatz der GR 150 durch Zenerdioden, www radiomuseum.org/forum/roehrenpruefgeraet_funke_w19.html
[5]    Großmann, H.: Konstante Spannungen durch Glättungsröhre und Stabilisator, Funkschau 14 (Heft 3): 41-42 (1941).

Teile der Ergebnisse wurden am 2.6.2012 anlässlich des 27. Münchener Röhrenstammtischs  präsentiert.

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Spannungsstabilisierung im W19 
01.Jul.12 23:34
321 from 15942

Johann Stadler (D)
Beiträge: 48
Anzahl Danke: 50
Johann Stadler

Lieber Kollege Schmid,

Ihre Untersuchungen zum Verhalten der Stabi-Röhre haben anscheinend leider an einem Exemplar stattgefunden, das untypische Daten aufweist. Meine Erfahrungen mit mehreren Exemplaren zeigen (in Übereinstimmung mit den Datenblättern) einen deutlich niedrigeren Innenwiderstand und eine etwas höhere Brennspannung.

Im Übrigen möchte ich davon abraten, das Gerät durch eine exaktere Spannungsversorgung "verbessern" zu wollen. Wir müssen davon ausgehen, dass Funke die Anzeigesollwerte  entsprechend den in der Messpraxis sich ergebenden mäßig stabilen Spannungswerten ermittelt hat.

Mit freundlichen Grüßen  Johann Stadler

Nach einem heute (2.7.) durchgeführten genauen Auswerten der Diagramme im Beitrag von Herrn Schmid und dem Vergleich mit meinen schon vor einiger Zeit vorgenommenen Messungen muß ich meine Aussage "deutlich niedrigerer Innenwiderstand" relativieren.  (Es war ja gestern beim Beitragsstudium schon nach 23h ...)  Statt dem von mir aus einem o.a. Diagramm errechneten Wert von ca, 240 Ohm würde ich einen Wert von 170 Ohm als typisch für eine neuwertige Röhre ansehen.

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