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Hits: 2546 Replies: 13
Problem bei der Vakuumprüfung AK 1 auf Funke W20
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Roland Langfeld
04.Jul.18 |
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Liebe Sammlerkollegen, Ich habe eine Frage an die Röhrenexperten: ich habe bei der Messung zweier AK1 auf Funke W20 folgendes Problem: Ich messe nach Karte 89 (UA 200V, U g1,g4 0..-2V, Ug2,g3,g5 60V, IA Messbereich 5mA), der Anodenstrom ist im „gut“ Bereich weit rechts. Die Steuerwirkung über g1 ist gegeben. Bei der Vakuumprüfung zeigen aber beide Röhren (eine Philips, eine Tungsram, letztere als NOS bei einem renommierten Händler gekauft) einen deutlichen Anodenstromanstieg bis zum Rechtsanschlag (also vo ca 2 mA bis > 5mA) Ist daraus mit SIcherheit zu schließen, daß beide Röhren ein Vakuumproblem haben ? Das W20 ist in einem geprüften Zustand (alle Instrumente auf 1% genau, Heizspannung exakt 4V) und verhält sich bei der Messung einer Vielzahl von anderen Röhren auch bei Vakuumprüfung unauffällig. Kann es sein, daß die Vakuumprüfung durch Einschalten eines 1 MOhm Widerstandes in die Zuleitung zu g1 hier zu unerwünschten Nebeneffekten führt, weil auch g4 mit g1 zusammengeschaltet wird ? Leider kann ich die AK1 (noch) nicht im Gerät testen, da dieses noch überarbeitet werden muss. Roland Langfeld
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Andreas Steinmetz
04.Jul.18 |
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Genau das beschriebene Verhalten habe ich bei der Prüfung der verwandten Type CK1 auf dem W20 schon sehr oft beobachtet. Gleich mehrere NOS-Röhren von Telefunken zeigten einen sehr starken Stromanstieg, sobald der Gitterwiderstand eingeschaltet wurde. Das änderte sich auch nicht nach längerer Einbrennzeit. Da es aber auch einige Exemplare gab, die keinen nennenswerten Stromanstieg zeigten, sonderte ich die betreffenden Röhren aus. Auf den ersten Blick verhielten sie sich im Apparat aber unauffällig. Weitere Untersuchungen, z.B. bzgl. der Stabilität der Oszillatorfrequenz, habe ich nicht durchgeführt. Ebensowenig habe ich Untersuchungen durchgeführt, um herauszubekommen, ob hinter dem Stromanstieg letztlich wirklich ein Vakuumproblem oder "nur" ein Isolationsproblem steckt, oder ob der Anstieg mit der Verbindung zum weiteren Gitter zusammenhängt. |
Roland Langfeld
05.Jul.18 |
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Vielen Dank Herr Steinmetz für die Informationen. Ich werde die betroffenen AK1 natürlich nicht aussortieren und hoffe, daß sie in meinem Philips 525A funktionieren, wenn dieser restauriert ist. Roland Langfeld |
Andreas Steinmetz
05.Jul.18 |
4
Tipp: Zur Unterscheidung, ob Vakuum-, Isolationsfehler oder z.B. Gitteremission für den Stromanstieg verantwortlich sind, bedarf es einiger Erfahrung, weiterer Kenntnisse über die prinzipielle Abhängigkeit des Gitterstoms vom Anodenstrom und am besten eines Microamperemeters im Gitterkreis. Letzteres wollte ich immer mal in mein W20 einbauen, aber bisher ist es nicht dazu gekommen. |
Roland Langfeld
05.Jul.18 |
5
Lieber Herr Steinmetz, ich habe es bei beiden Röhren probiert (g4 auf Kathode): die Vakuumprüfung ergibt immer noch einen deutlichen aber nicht mehr so dramatischen Anodenstromanstieg. Ich habe bei beiden Röhren den g1-Strom (bei g4 an K) gemessen: er liegt bei 1.5 bzw 1.8 µA Gruss Roland Langfeld |
Andreas Steinmetz
05.Jul.18 |
6
Vielleicht können Sie auf ähnliche Weise auch noch die Gitterströme von G4 messen; dazu brauchen Sie ja nur ein Microamperemeter in die G4-Kappen-Zuleitung zu schalten. Ob uns das wirklich weiterhilft, werden wir sehen. Auf jeden Fall wären die Werte mal interessant. Jetzt ist die Stelle, wo Erfahrungen wichtig wären. Erfahrungen, die ich auch nicht habe. Ins Unreine gedacht, empfinde ich die genannten Gitterstromwerte schon als nennenswert, aber ich habe doch Zweifel, ob damit angesichts einer Steilheit im mA/V-Bereich schon der dramatische Anodenstromanstieg begründbar ist. Für den Anwender letztlich weniger wichtig, aber fürs Prinzip eben doch interessant, wäre die Frage, durch welchen Fehler der Gitterstrom hervorgerufen wird. Wichtige Hinweise dazu gibt ein Diagramm, welches die Abhängigkeit des Gitterstroms vom Anodenstrom bei den verschiedenen Fehlern zeigt. Ich habe solch ein Diagramm einmal in dem TFK-Röhren-ABC-Buch gesehen, und dann auch beim Barkhausen oder Rothe/Kleen. Leider habe ich keine Zeit zum Suchen. Falls jemand weiß, was ich meine, würde ich mich über eine Info hier sehr freuen. Vielleicht hilft uns das ja weiter. |
Dietmar Rudolph † 6.1.22
06.Jul.18 |
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Gitterstrom bei Röhren mit schlechtem Vakuum findet man z.B. in Band 1 von Barkhausen: Lehrbuch der Elektronenröhren, 9.A., Hirzel, 1960, S. 20 (linke Grafik) Der Gitterstrom Ig setzt sich aus einem Ionenstrom Igi und einem Elektronenstrom Ige zusammen.
Scan (links) von R. Walz aus Endröhrenprobleme am Beispiel WG35. (frühere Auflage des "Barkhausen") Scan (rechts) aus Barkhausen 9.A. : Hier ist der Fehler in der Achsenbeschriftung Ig / Ia behoben. MfG DR |
Andreas Steinmetz
06.Jul.18 |
8
Vielen Dank, Herr Rudolph. Das ist genau das Diagramm, welches ich meinte. Wie Herr Walz schon schrieb, sind die Bezeichnungen der y-Achsen (Ia und Ig) vertauscht. An meinen Barkhausen komme ich zum Lesen des zugehörigen Textes zwar gerade nicht ran, aber eine ähnliche Darstellung findet sich auch in Kammerloher: Hochfrequenztechnik Teil II (Elektronenröhren und Verstärker), 2. Auflage 1941, C.F. Winter´sche Verlagshandlung Leipzig, ab Seite 61. Bei der Durchsicht der Unterlagen zur AK1/AK2/CK1 fällt auf, dass das Oszillatorgitter G1 mit 100 kΩ einen nur recht geringen max. Gitterableitwiderstand erlaubt, der in den üblichen Schaltungen mit 50 kΩ sogar deutlich unterschritten wird. Damit spielt dieses Gitter bzgl. eines Vakuum- oder Isolationsfehlers vmtl. eine eher untergeordnete Rolle. Mein Vorschlag wäre daher, sich zunächst einmal auf das G4 zu konzentrieren. Hier darf der max. Gitterableitwiderstand den sehr großen Wert von 2,5 MΩ (bzw. 2 MΩ bei der CK1) betragen, so dass schon geringe Gitterströme deutliche Auswirkungen auf den Arbeitspunkt haben können. An Herrn Langfeld: Wäre es Ihnen vielleicht möglich, beizeiten ein Gitterstrom-Diagramm wie das von Barkhausen aufzunehmen? Dazu müssten Sie G1 an K legen und die Messung mit G4 (Gitterkappe) durchführen. Wichtig ist auch, dass die Polarität des Gitterstroms richtig erfasst wird. |
Roland Langfeld
06.Jul.18 |
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Vielen Dank an Herrn Steinmetz und Herrn Rudolph für die Tips und Informationen. zu Herrn Steinmetz: Ig4 ist 0 µA, der Gitterstrom wird komplett über g1 gezogen. Irgendwie kam mir die Sache komisch vor, irgendwas stimmt bei meinem Gerät mit der Vakuummessung nicht. Habe nochmal alles geprüft, Kontakte, den 1 MOhm Widerstand, alles ok. Dann habe ich mal den Widerstand von pin zu pin an den (leeren) Röhrenfassungen geprüft: er liegt bei 100 - 200 MOhm (Strommessung mit 100 V). Kann das die Ursache sein ? Ich habe die AK1 mal unter Umgehung der gesamten Fassungsmatrix direkt an A, K, G1, G2, H1 und H2- Buchsen angeschlossen. Alle früheren Messwerte werden 100% reproduziert und die Vakuummessung ergibt einen deutlich verringertem Stromanstieg ! Der Strom steigt jetzt von 2,0 auf 2,5 mA. Zurück in der Fassung zeigt die Vak.Messung einen Anstieg von 2,0 auf >5 mA. Ist meine Annahme richtig, dass die schlechte Isolation die Vakuummessung so stark beeinträchtigen kann ?
Roland Langfeld
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Roland Langfeld
06.Jul.18 |
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Hallo Herr Steinmetz, Da Ig4 bei mir konstant 0 µA ist (0,1 µA Auflösung) gelingt es nicht, das Diagramm aufzunehmen. Für Ig1 ergibt sich (mit g4 an K) mit den Parametern der Prüfkarte (UA 200 V, Ug2 60V) ein nahezu konstanter Ig1 von 1.5 - 1.3 µA im Bereich Ug1 -5V ... -0,3 V. Bei Ug1ca -0.3 V in Richtung 0 V ändert der Ig1 seine Polarität und steigt rasant an
RL |
Andreas Steinmetz
06.Jul.18 |
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Interessant: Wenn wirklich der Gitterstrom bei G4 nahezu Null ist, dann müsste die Röhre im Gerät gut funktionieren, obwohl G1 einen hohen Gitterstrom zieht. Der Grund ist der i.a. relativ niedrige Gitterableitwiderstand einer Oszillatorschaltung, der ein Weglaufen des Arbeitspunktes trotzdem verhindert. Nebenbei: Die Einschaltung eines so großen Widerstandes (1 MΩ) in den G1-Kreis ist lt. Röhren-Datenblatt eigentlich gar nicht zulässig. Aber Röhrenmessgeräte sind ja i.a. für eine größere Anzahl von Röhrentypen gebaut, so dass einfach nicht alle individuellen Gegebenheiten berücksichtigt werden können. So muss man im Einzelfall wie bei der AK1/AK2/CK1 entweder spezielle Untersuchungen anstellen oder die Anzeigewerte individuell beurteilen. Die sogenannten "Vakuumprüfungen" sind eigentlich keine, sondern zeigen nur die Auswirkungen des Gitterstroms auf den Arbeitspunkt. Sie lassen nicht erkennen, auf welche Art und Weise der Gitterstrom entsteht bzw. welcher Fehler vorherrschend ist. Aber sie sind ein gutes Maß für die praktische Brauchbarkeit einer Röhre. Dem Anwender ist es letzten Endes ja auch egal, warum eine Röhre noch oder eben nicht mehr funktioniert. Ja, Ihre Annahme, dass eine schlechte Isolation die Vakuummessung so stark beeinträchtigen kann, ist richtig: Wenn sich zwischen einem Steuergitter- und einem auf beispielsweise auf 70 V liegenden G2-Anschluss oder gar einem auf 200 V liegenden A-Anschluss ein Isolationswiderstand von "nur" 100 MΩ befindet, dann bedeutet das einen zusätzlichen Gitterstrom im μA-Bereich, der natürlich den Anodenstrom - abhängig von der Steuersteilheit - deutlich erhöht. Bei den Röhrenprüfgeräten liegt das aber nicht immer an den Fassungen, sondern kann z.B. auch an der Verdrahtung liegen. Die dort oft verwendeten Gewebelack-isolierten Drähte können im Laufe der Jahre Feuchtigkeit und Schmutz aufgenommen haben, so dass sich die Isolationswerte verschlechtern. Ein Effekt, der übrigens auch in alten Radios vorkommt: Nicht selten sind die sehr hochohmigen Regelspannungsleitungen betroffen, durch die sich die Röhren-Arbeitspunkte auffällig verschieben können. Nach diesen Ausführungen wären genauere Messungen des Gitterstroms zur Beurteilung Ihrer AK1 eigentlich nicht mehr nötig. Trotzdem würden mich (und vielleicht auch andere Kollegen?) die Ergebnisse interessieren, und es würde mich freuen, wenn Sie (gelegentlich) solche Messungen machen könnten. Idealerweise natürlich mit sehr guten externe Isolationswerten, also nicht gerade mitten in einer W20-Verdrahtung. Edit: |
Roland Langfeld
06.Jul.18 |
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Lieber Herr Steinmetz,
nochmals vielen Dank für die hilfreichen Einsichten. Ich ziehe für mich folgendes Fazit: Ich gebe die Röhren nicht auf und werde sie zu gg. Zeit in der Schaltung testen und hoffentlich keine Probleme haben. Ich kenne jetzt die Grenzen der Vakuumprüfung. Ich werde an dem W20 keine Versuche unternehmen, den Isolationswiderstand zu verbessern. Ich sehe das als aussichtslos an und würde bei etwaigen Reinigungsversuchen wohl nur mehr Schaden anrichten. Ansonsten ist das Gerät m.E. sehr zuverlässig.
mfG Roland Langfeld |
Andreas Steinmetz
06.Jul.18 |
13
Ich würde an Ihrer Stelle genau dasselbe Fazit ziehen. An der Verdrahtung des W20 würde ich auch nichts ändern; das bringt nur unnötiges Theater. Lassen Sie uns beizeiten wissen, wie sich die AK1 im Gerät verhalten. Noch ein kleiner Nachtrag zu Ihren Messungen: Zu negativeren Werten von Ug hin würde man entsprechend dem Barkhausen-Diagramm prinzipiell eine Abnahme des Gitterstroms erwarten. Sie messen im Bereich -0,3 V... -5 V aber annähernd konstante Werte. Das deutet tatsächlich auf einen schlechten Isolationswert hin, denn dadurch kommt eine additive Komponente hinzu, die mit negativer werdender Gitterspannung entsprechend einer Widerstandsgerade den Gitterstrom ansteigen lässt. Im Bereich bis ca. -5 V kompensiert dieser Effekt den zu erwartenden Gitterstromabfall auf etwa konstante Werte; bei stärker negativen Gitterspannungen müsste der Gitterstrom dann prinzipiell steigen. Das alles unter der Annahme, dass der Isolationswiderstand konstant ist, was in der Praxis aber durchaus nicht der Fall sein muss. Sie sehen, es wird an dieser Stelle schnell kompliziert, und eine gewisse Erfahrung würde sicherlich helfen, die beobachteten Effekte gleich richtig einzuschätzen. |
Andreas Steinmetz
09.Jul.18 |
14
Zu Posting #7: Zu Posting #6:
Es bedeuten: |
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