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Das Braunbuch und die Braunbuch-Bezeichnungen |
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Nikolaus Löwe 03.Nov.20 |
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Im Zusammenhang mit Geräten der Tonstudiotechnik ist immer wieder vom „Braunbuch“ beziehungsweise von „Braunbuch-Beschreibungen“ die Rede. Geräten, die im Braunbuch stehen, werden geradezu mystische Eigenschaften nachgesagt. Aber was ist das Braunbuch eigentlich, und was bedeuten die Braunbuch-Bezeichnungen? Ziel dieses Artikels ist es, etwas Licht ins schummrige Halbdunkel der Legende zu bringen. Die NWDR Braunbücher, Ausgabe 1959 Meistens ist mit „Braunbuch“ das NWDR Braunbuch gemeint. Der NWDR ist der Nordwestdeutsche Rundfunk, erste deutsche Rundfunkanstalt nach dem 2. Weltkrieg und Vorläufer der ARD. Das NWDR Braunbuch wiederum basiert auf dem RRG Braunbuch: Bereits 1930 bis 1933 wurde bei der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft eine Benennung sämtlicher für den technischen Betrieb vorgesehenen Geräte nach einem System aus Buchstaben und Zahlen eingeführt (siehe auch NWDR Braunbuch, Teil II „Studiotechnik“, Z20). Die Unterlagen zu diesen Geräten wurden in Mappen gesammelt. Nach dem Krieg war der Herausgeber die NWDR Zentraltechnik, daher wurden auch Eigenentwicklungen des NWDR mit aufgenommen. Ein Braunbuch-Auszug ist eine einzelne Gerätebeschreibung, die oft mehrseitig ausfällt, und wichtige Service-Informationen sowie Schaltpläne enthält. Braunbuch-Auszüge sind auch hilfreich beim Datieren von Geräten, da die Betriebseinführung darauf vermerkt ist. Bei komplexen Geräten gibt es einzelne Beschreibungen für die Bestandteile, z.B. das Tonbandlaufwerk AEG K4, dazu die Magnetköpfe, Aufnahme- und Wiedergabeverstärker, und das Netzteil. RRG Braunbuch-Auszug des Verstärkers V1 von 1936 Neben den Unterlagen in Teil I („Gerätebeschreibungen“), die meistens gemeint sind, wenn man verkürzt vom „Braunbuch“ spricht, gibt es noch den Ordner Teil II („Studiotechnik“), in dem Hinweise zu Einrichtung und Betrieb kompletter Studioanlagen stehen. Dazu gehören Aufbaurichtlinien für Studioanlagen, messtechnische Begriffe, Pegeldiagramm, Angaben zum Rundfunkleitungsnetz, Funkschutz, aber auch die Organisation des NWDR. Daraus wurden später die technischen Richtlinien der ARD, die bei Ausschreibungen noch heute gern zugrundelegt werden, auch weil es kein anderes Regelwerk gibt, das derart umfassend die technischen Aspekte des Studio-Anlagenbaus behandelt. Teil III des NWDR-Braunbuchs handelt von der Sendertechnik. Die Braunbücher sind nicht im eigentlichen Sinne fest gebundene Bücher, sondern Loseblattsammlungen in den charakteristischen farbigen Ordnern. Es war vorgesehen, sie regelmäßig zu aktualisieren, wobei auch veraltete Beschreibungen oder solche von ausgemusterten Geräten ausgesondert wurden. In einem gut gepflegten Braunbuch fehlen deshalb die Blätter für Geräte, die nach dem Krieg aus der Vorkriegszeit übernommen wurden, weil diese in der Regel im Laufe der 50er Jahre durch Neuentwicklungen ersetzt wurden. Beispiel: Die Neumann-Flasche B-V30. Der erste Buchstabe einer Braunbuchbezeichnung steht für die Gerätegruppe (z.B. V für Verstärker), gefolgt von einer ein- bis dreistelligen Zahl, gegebenenfalls mit einem Kleinbuchstaben oder einem Großbuchstaben als Zusatz. Es gibt auch manchmal vorangestellte Großbuchstaben, wovon aber nur das „B-“ des NWDR eine größere Verbreitung hat. Es kennzeichnet Geräte, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit, aber vor Gründung der ARD eingeführt oder überarbeitet wurden, zur Unterscheidung von älteren RRG-Typen. Bei dreistelligen Nummern, z.B. V476, kann die erste Ziffer ein Hinweis auf den Hersteller sein (4 -> Georg Neumann). Wie so oft, bestätigen aber hier Ausnahmen die Regel: Das Braunbuch-Modell M269 ist auch von Neumann (ein U67 mit Röhre AC701).
Die Hersteller begannen bald ihrerseits, ihre Typennummern an der Braunbuchklassifikation auszurichten, um ihre Produktpalette zu strukturieren. Immerhin war der Rundfunk ein wesentlicher Abnehmer. Allerdings wurden diese Herstellernummern nicht automatisch ins Braunbuchverzeichnis übernommen. Sie sehen ähnlich aus, gehorchen aber herstellerspezifischen Regeln. Dazu wieder einige Beispiele von Georg Neumann: Neumann CM7 = Braunbuch M8, Neumann CM8 = Braunbuch M7, Neumann U47 = Braunbuch M247. Auch außerhalb des Rundfunks sind viele Beispiele belegt, wo es neben den herstellerinternen Bezeichnungen spezielle (und abweichende) Bezeichnungen für wichtige Abnehmer gab. Dazu gehören viele Telefunken-Typen, bei denen Telefunken nur Vertriebsfirma war. Diese Typenbezeichnungen konnten sich auch von Jahr zu Jahr ändern. Ich verweise dazu auf die diversen Jahrgänge der Telefunken Ela-Liste, z.B. 1935 und 1938. Das Neumann-Kondensatormikrophon CMV3 ("Neumann-Flasche") kommt deswegen auf eine ganze Reihe verschiedener Bezeichnungen, bei völliger Baugleichheit (wahlweise mit Torpedo- oder Bajonettkopf). Alle Ausführungen des ursprünglichen CMV3 sind bei Neumann hergestellt, manche aber beim Rundfunk später auf andere Röhren umgebaut. Bekannte Typennummern sind:
Nach Zusammenbruch und Demontage etablierte sich in den 1950er Jahren in (West-)Deutschland wieder eine funktionierende Funkindustrie, und die Aufgaben der NWDR Zentraltechnik als Entwicklungslabor hatten sich damit schrittweise erledigt. Ab Januar 1956 übernahm das IRT die Aufgaben als Forschungsinstitut, aber überließ die marktfähige Entwicklung von Geräten der Industrie. Nach der letzten Ausgabe des Braunbuches vom 15. Okt. 1959 gab es noch Nachträge bis Sept. 1965. Später wurden einfach die Datenblätter der Hersteller archiviert, und keine ARD-weit standardisierten rundfunkinternen Bezeichnungen mehr vergeben. In der DDR übernahm 1961 das RFZ (Rundfunk- und Fernsehtechnisches Zentralamt), das aus dem 1952 gegründeten BRF (Betriebslaboratorium für Rundfunk und Fernsehen) hervorging, die Entwicklung und den Bau der Studiotechnik. Hier wurde das Braunbuch als Blaubuch (Handbuch der Studiotechnik) fortgeschrieben, als durch die deutsche Teilung bedingt eine gemeinsame Entwicklung nicht mehr möglich war. In der DDR gab es , anders als in Westdeutschland, bis zuletzt nur wenige unabhängige Hersteller (z.B. Neumann/Gefell, Geithain, Delta Audio). Das RFZ wurde 1990 aufgelöst. Blaubuch-Auszug des M14b des BRF
Nikolaus Löwe Attachments
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Im Deutschen Rundfunkarchiv Potsdam vorhandene Braunbücher |
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Nicolin Salis 14.Feb.23 |
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Vom Deutschen Rundfunkarchiv DRA gibt es eine Bestandesübersicht zu den dort vorhandenen Braunbüchern. Die Liste umfasst 45 Seiten im Querformat, ist als PDF hier abgelegt und ist durchsuchbar.
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