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UBL1 eine Diode schlecht - regenerieren?
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Michael Reinelt
01.Jan.14 |
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Ein wunderschönes gutes neues Jahr allerseits, ich habe hier zwei UBL1, bei einer der beiden dürfte eine der Dioden nicht mehr richtig funktionieren. ich habe versucht Kennlinien aufzunehmen (siehe Bild), drei Dioden verhalten sich erwartungsgemäß, eine davon aber erreicht den lt. Datenblatt maximalen Anodenstrom erst bei 9.5V Anodenspannung (die anderen bei etwa 2.0 - 2.5V). Gemessen wurde die Spannung zwischen Anode und Kathode, Anode über einen 100kOhm Vorwiderstand an einer regelbaren Spannungsquelle, und natürlich der Anodenstrom. Nun zu meinen Fragen: ist mein Verdacht richtig, dass eine der Dioden einfach "erschöpft" ist? Wenn ja, ist es möglich, diese Diodenstrecke zu "regenerieren" (das wollte ich immer schon mal ausprobieren)? Wenn ja, hätte jemand eine "Regenerier-Anleitung" für mich? Andernfalls - was könnte die Ursache für die stark abweichenden Werte sein? Kontaktfehler im Sockel? Wie könnte man den diagnostizieren/ausschließen?
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Martin Steyer
01.Jan.14 |
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Hallo Herr Reinelt, die Röhren-Regeneration ist ein schon öfter hier behandeltes, nicht ganz einfaches Problem. Der umfassendste Thread dazu ist hier zu finden: Prinzipiell muß man verschiedene Techniken, bzw. Grundbedingungen für direkt und indirekt geheizte Katoden berücksichtigen. Die UBL1 hatt eine gemeinsame Katode für alle drei Röhrensysteme, wobei die Dioden unten im System angeordnet sind. Meist kommt rückgehender Katodenstrom durch Überlastung vor, besonders bei Endröhren. Der bekannte Koppelkondensator mit Isolationsproblemen zum Steuergitter verursacht schleichend einen ansteigenden Katodenstrom und in Folge zurück gehende Emission. Daß Diodenstrecken durch Überlastung diesen Effekt aufweisen, ist durch die geringen Ströme unwahrscheinlich. Relativ selten habe ich den von Ihnen beobachteten Effekt schon bei Duodioden gehabt, z.B. bei EAA91 oder EABC80 für eine Diodenstrecke des Ratiodetektors (im Ergebnis gibt es Verzerrungen bei FM), noch seltener bei AM-Dioden. Ich vermute, daß es das unterste System am Katodenröhrchen ist, das nicht durch zu hohe Ströme, sondern durch Spuren von Restgas die Oberfläche verändert hat. Das Gas kann aus den im Röhreninneren noch ausgetreteten Resten stammen. Dies wird normalerweise durch Vorglühen bei der Fabrikation minimiert. Durch Überhitzung des Glaskolbens im Laufe eines langen Röhrenlebens kann durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Glas und den metallischen Drahtdurchführungen Gas eindingen, was zu dem Vergiftungseffekt der Katode führt. Die höheren Ströme im Bereich des Pentodensystems verhindern diesen Vorgang wohl stärker. Eine behutsame Überheizung könnte die Katode u.U. wieder regenerieren. Berichten Sie bitte mal weiter, ob das dann was gebracht hat. MfG, Martin Steyer
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Michael Reinelt
02.Jan.14 |
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Hallo Herr Steyer, vielen Dank für Ihre Ausführungen, die mich bestärken das Regenerieren einmal zu versuchen. Leider konnte ich im verlinkten Beitrag, insbesondere in den Excel-Files, keine UBL1 finden, und weiss leider auch nicht welche der vorhandenen Röhren am ähnlichsten wäre. Zusätzlich erschwert wird dies dadurch, dass der Glaskolben der UBL1 innen geschwärzt ist (zumindest bei meinen beiden Exemplaren) und deshalb das Aufglühen der Kathode nicht beobachtet werden kann. Vielleicht hat noch jemand Vorschläge, wie weit ich die Röhre überheizen darf, und mit welchen Strömen die (offensichtlich sehr schwachen) Dioden belastet werden dürfen.
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Steffen Thies
03.Jan.14 |
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Hallo Herr Reinelt, nach meinen Beobachtungen ist diese Erscheinung eher Standard: Durch die sehr geringe Stromabnahme an den AM-Gleichrichtern schlafen diese regelrecht ein. Zur Aufrechterhaltung der Emission scheint bei Oxydkathoden eine gewisse Belastung erforderlich zu sein. Daher kann man solche tauben Dioden recht gut auffrischen (ausprobiert), aber wozu? Sie funktionieren ja ohnehin, und im Betrieb lassen sie alsbald wieder nach. Sehen Sie's eher als selbsttätige Anpassung an die Schaltung. Übrigens werden derart unterbelastete Kathoden bei stärkerer Stromabnahme meistens von allein wieder fit. Ihr auffälliges Exemplar ist auf jeden Fall eines von den besseren. Die meisten sind noch viel, viel schwächer und arbeiten dennoch einwandfrei. Meine Empfehlung: Einfach gar nichts tun, Sie gefährden bei einer Regeneration nur den Leistungsteil. Herzliche Grüße, Steffen Thies |
Michael Reinelt
03.Jan.14 |
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Das hört man natürlich gerne :-)
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Andreas Steinmetz
05.Jan.14 |
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Der von Herrn Reinelt beschriebene Emissionsverlust ist, wie Herr Thies bestätigt hat, nichts Außergewöhnliches. Immer dann, wenn eine übliche Kathode über längere Zeit ohne Stromentnahme betrieben wird, kann sich eine sog. Zwischenschicht zwischen der Nickeloberfläche und der emittierenden Schicht bilden. Diese Schicht isoliert und reduziert dadurch die effektive Emissionsfähigkeit einer Kathode erheblich und dauerhaft. Das ist besonders bei den hochohmigen AM-Demodulatordioden oder auch z.B. beim Triodensystem einer ECH81 eines Radios, das vornehmlich im UKW-Empfang betrieben wird, zu beobachten. Dann ist nämlich die AM-Oszillator-Triode abgeschaltet, während die Verbundröhre natürlich noch weiter geheizt wird. Nebenbei: Die Zwischenschicht bildet neben dem Übergangswiderstand auch noch eine Kapazität zwischen der Nickeloberfläche und der Emissionsschicht. Über die Frequenzabhängigkeit der Emission lassen sich Rückschlüsse auf die Schichtdicke ziehen. In Industrieanlagen gab es häufig Stufen, die über längere Zeiten stromlos waren, z.B. bei Flipflops. Dort mussten kommerzielle Röhren verwendet werden, die extra mit "zwischenschichtfreien Spezialkathoden" ausgerüstet waren. Weitere Hinweise dazu findet man beispielsweise in Spezialröhren-Datenbüchern; auch ein Blick in die gängigen Röhren-Taschenbücher (z.B. von Valvo oder TFK) hilft weiter. Um eine Zwischenschicht abzubauen, genügt es normalerweise nicht, die normalen Betriebsspannungen wieder anzulegen. Erfahrungsgemäß erreicht man aber fast immer gute bis sehr gute Erfolge, wenn man die Röhre deutlich überheizt, z.B. mit gut 8V statt 6,3V (zum Schutz des Heizfadens aber nicht gleich mit der hohen Spannung beginnen!), und eine so hohe Anodenspannung anlegt, dass etwa Nennstrom fließt. Dann wird es nur kurz dauern, bis sich die Zwischenschicht abbaut und der Strom deutlich ansteigt. Letzterem muss man aber durch entsprechende Reduzierung der Anodenspannung begegnen, um Überlastungen zu vermeiden. Fast in allen Fällen können so die Demodulatordioden und auch die C-Systeme einer Mischröhre in ein, zwei Minuten vollständig und dauerhaft wiederhergestellt werden. Wichtig: Die Prozedur darf nur kurz angewendet werden, um das Vakuum nicht unnötig zu verschlechtern. Sollte innerhalb kurzer Zeit keine Steigerung der Emissionsfähigkeit zu erreichen sein, dann muss man das Ganze unbedingt abbrechen, denn sonst könnte sich die noch vorhandene Emissionsfähigkeit sogar verschlechtern. In diesen seltenen Fällen ist die Kathode nämlich meistens noch vollständig in Ordnung, aber z.B. das Anodenblech der Diode einfach zu weit von der Kathode entfernt (das kann man bei manchen Röhren direkt sehen). Solche Dioden liegen infolge von Herstellungsfehlern oder z.B. infolge von durch starke Krafteinflüsse verbogenen Anodenblechen zwar außerhalb der Spezifikation, funktionieren in aller Regel in einem normalen Radio aber trotzdem ohne nennenswerten Leistungsabfall. Deshalb ist die Empfehlung von Herrn Thies, einfach gar nichts zu machen, trotz allen "Forscherdranges" mitunter nicht die schlechteste... |
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