Wissenschaft, Erfindungen, Entwicklung und Lokalmatadoren |
Es gibt nicht nur patentierte Erfindungen, die unsere technisierte Welt ausmachen. Vor allem sind es nicht alleine Erfindungen, die zählen, sondern wir haben zu unterscheiden zwischen Visionen oder Wissensdurst und wissenschaftlichen Entdeckungen, die einer Erfindung vorangehen. Aber auch dann nützt eine Erfindung gar nichts, wenn sie nicht in brauchbare Verfahren oder Gebrauchsartikel mündet, die zudem finanziell tragbar oder interessant sind und einen Bedarf abdecken.
Wenn wir also von Erfindungen sprechen, haben wir uns zu fragen, ob es sich wirklich um eine brauchbare Erfindung handelt, die sich wenigstens für eine gewisse Zeit als allgemein praktikabel herausstellt. Wir haben davon abzusehen, irgendwelche Lokalmatadoren als Erfinder zu bezeichne - ausser wir nennen den Erfinder, der den Durchbruch schaffte und die Restriktionen seiner Vorgänger. |
Jedes Land kennt seine Lokal-Matadoren, doch wenn, wie vor allem in Deutschland wegen der "braunen Zeit", Geschichtsfälschung betrieben wurde und das noch immer brav und zahlreich abgeschrieben wird, ist das eine Irreführung der Leser. So herrscht in Deutschland noch immer die Meinung, von Lieben hätte die Röhre erfunden oder Goebel die Glühlampe. Ja, letzteres steht sogar in einem modernen Buch mit dem bezeichnenden Titel "Die Sieger" - und daraus nachgeplappert im Buch "Das Lexikon der populären Irrtümer" (Krämer-Trenkler), das etwa so tendenziell und oft falsch geschrieben ist, wie das "Tagebuch der Nachrichtentechnik (1980) von Sigfrid von Weiher.
Für die angebliche Erfindung der Glühlampe von Göbel gab es einige Jahre vorher, nämlich 1845, ein Patent von A. King. Zumindest von da an haben verschiedene Leute mit der Glühlampe erfolglos herumexperimentiert, wie Göbel 1854 auch, also 9 Jahre nach dem Patent von King. Geschichtsfälschungen helfen weder zum Frieden unter den Völkern (zu hohe Selbsteinschätzung, Nationalismus) noch zum Verständnis der Technikgeschichte - und wer solche verbreitet, ebenso nicht. |
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Elektronenröhren Während der Edisoneffekt (1883) zum Bau von Elektronenröhren führte, hat das elektrische Teleskop (Paul Nipkow, 1884) z.B. nur für das mechanische Fernsehen eine Bedeutung, nicht aber beim ab 1930 praktizierten Fernsehen auf elektronischer Basis. So ruft man auch nicht nach Smith und May, die 1873 den Lichteffekt von Selen entdecken. Und so hat auch von Lieben aber auch gar nichts mit der Entwicklung oder Weiterentwicklung mit der ab 1907 durch Lee de Forest erfundenen Triode (Audion) zu tun. Dazu bildete die Röhrendiode (1904) von Fleming die Grundlage. Leute, die nicht über den deutschen Zaun blicken, sehen das anders, doch das ändert nichts an den Tatsachen. Wenn von Lieben nicht mit Scheuklappen an seinem "LRS-Relais" von 1906 gehangen hätte und früher als im Dezember 1910 auf die Röhre von Lee de Forest geschwenkt wäre - und ab 1911 bis 1914 auch nicht an der Quecksilberdampf-Röhre gehangen hätte - dann hätte Deutschland früher den Weltstandard erreicht. So aber konnte man sich nur im eigenen Land gegen die ausländische Konkurrenz abschotten.
Falls Sie anderer Meinung sind, dann orientieren Sie sich bitte an den Patenten und an neutraler Primärliteratur. Und: Vergleichen Sie den Stand 1913 in den USA mit Deutschland oder den Stand 1914 mit Frankreich: Hochvakuum-Triode mit einendigem Aufbau und dem Europasockel - direkt abgeleitet von einer Triode von Lee de Forest. |
Halbleitertechnik Viele Anwendungen, die wir heute kennen, allen voran das Mobiltelefon, haben mit der Halbleitertechnik zu tun, für die es auch wieder zuerst physikalische Erkenntnisse brauchte, bis Bardeen, Brattain und Shockley schliesslich bei "Bell Labs" Ende 1947 einen Transistor bauen und 1948 zum brauchbaren Konzept entwickeln konnten. Das Transistorradio von 1954 war jedoch eine erste populäre Anwendung, die von Texas Instruments (TI) aus kam, während andere Firmen an Computern und Telefonverstärkungen interessiert waren. Am 10. Mai 1954 verkündete TI übrigens, dass sie einen Silizium-Transistor realisieren konnte. |
Miniaturisierung Man sollte nicht vergessen, dass das Mobiltelefon schon mit der Röhrentechnik in der Praxis realisiert war, wie auch viele alte Kriminalfilme und TV-Serien zeigen. Die Miniaturisierung war aber nur durch ICs (Integratet Circuits) möglich, wobei die Loewe-Röhre von 1926 da nicht Pate stand. Wir Radiofreunde nennen Sie aber trotzdem das erste IC, weil sie nicht nur eine Mehrfachröhre ist. Nein, es sind alle Verbindungsglieder mit einem dreistufigen HF-Verstärker in einer Vakuumröhre zusammen gebaut. |