4-Stift-Europasockel B4 von 1914

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4-Stift-Europasockel B4 von 1914 
08.Dec.20 17:36
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Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

Geschichte zu den Röhren und Röhrensockeln im RMorg

Ab Beginn zeigten wir auf Röhrenseiten (später auch für Halbleiter "missbraucht") verschiedene Parameter zu Röhren und die folgenden Bilder/Abbildungen: Röhren/Halbleiter-Fotos, Sockelbilder mit den Anschlüssen für das gegebene Bauteil, typische Schaltung und technische Unterlagen/ Kennlinien. Dazu zeigen wir direkten Text und verschiedene weitere Angaben aus weiteren Tabellen. Ein Beispiel sind die Modellseiten die solche Bauteile aufführen und das getrennt nach Jahr als klickbare Anzahl, um die Modellseiten direkt aufrufen zu können. Zudem sind Sammlungen gelistet etc. Das sind alles röhrenspezifische Angaben.

Sockelspezifische Daten und Bilder

Die Sockelbezeichnungen bzw. "Packages" bei Halbleitern bzw. ICs kommen aus einer separaten Datei (relationale Datenbank), aus einer weiteren das Folgende:

Seit Jahren haben Just Qvigstad und ich versucht seine besonderen Sockelbilder mit dem gelblichen Hintergrund auf unser System zu nehmen. Doch erst als unser System Engineer, Ueli Kurmann (Mitglied im Stiftungsrat Stiftung Radiomuseum Luzern) die Initiative ergriff und das Problem durch geschickte Programmierung löste, konnten wir im 2020 die Bilder und Beschreibungen von Just übernehmen. Die Liste befindet sich auf der Röhren-Hauptseite (Reiter). Die Reihenfolge ist nach Sockelnamen, kann also bei Namensänderungen wechseln.

Es ist aber noch viel Handarbeit zu leisten, um die Sockelbezeichnungen bezüglich Namen zu bereinigen, Daten zu korrigieren und zu erweitern etc.

Diese Bilder sind mit der Sockeldatentabelle (von Hand) verknüpft. Die Sockeltabelle lässt ab Beginn für jede Sprache einen Link zu.

Dieser Thread ist ein erster Versuch, ob wir die vor mehr als 15 Jahren vorgesehene Verlinkungsmöglichkeit eines Forum-Posts oder Threads wirklich nutzen können. Ich hatte das vorgesehen, kam aber dann nicht mehr dazu, das in der Praxis zu probieren, weil es wichtigere Aufbauarbeiten gab. Damit können wir jeden Sockel genauer beschreiben, klickbar auf den Röhren mit diesem Sockel.

Mit Jacob Roschy habe ich vereinbart, dass er auch einen Sockelbeitrag beginnt, wobei wir grob an folgende Informationen denken:

  • Angaben wann und wo er herauskam, Verbreitungsgebiete, ggf. mit Hintergrund- Info, z. B. warum?
  • Fotos verschiedener Ausführungen von Sockeln und zugehörenden Fassungen,
  • Maßzeichnungen verschiedener Ausführungen von Sockeln und zugehörenden Fassungen,
  • Angabe einiger wichtiger Röhren, die mit diesem Sockel ausgerüstet sind.

Es ist aber allen Mitgliedern möglich, sich so einzubringen. Ich müsste es nur erfahren und schliesslich den Post oder Thread mit dem Sockel verlinken, damit der Beitrag bei allen Röhren mit dem entsprechenden Sockel in ihrem Namen erscheint.

Sicher kommen weitere Themen dazu. Nach diesem ersten Versuch und dem erfolgreichen Test versuchen wir zumindest für die wichtigsten Sockel mehr direkte Informationen zu vermitteln.

Leider geben wir bei der zweistufigen Suche auf der Röhrenhauptseite "Röhre/Halbl. nach Kriterium" keine nach Resultat individuelle URL zurück, so dass man die zugehörigen Röhren nicht direkt listen lassen kann, sondern für den Link die Just-Bilder einsehen muss, um den richtigen Link zu erhalten und hier einzusetzen. 


4-Stift-Europasockel B4 von 1914/15

Wir führen Ende 2020 die Anzahl von 4688 unterschiedlichen Röhren für den Europasockel B4 - plus 63 mit Seitenschraube und 214 denen der vierte Stift fehlt, also Europasockel 3-Stift B3 (Eu H oder Codex Eo). Sockel B5 erreichte 1835 Röhrentypen plus 45 Typen mit Seitenschraube dazu. Im Vergleich erreichte der USA-UX-44-Stift-Sockel 2719 Röhrentypen. Nur der Oktalsockel K8A kommt mit 4383 Röhrentypen auf eine fast gleiche Anzahl unterschiedlicher Röhrentypen, was aber nichts aussagt über die Anzahl Röhren, die daraus entstanden.

Vorläufer

Erste Röhren ab Oktober 1904 (Diode von Fleming) und Triode von de Forest (1906) konstruiert man zuerst mit durch das Glas herausgeführten Drähten, die bei Wärme eine möglichst gleiche Ausdehnung zeigen wie Glas. Schnell gefolgt von Lampenfassungen - Schraubfassung von Edison (Audion_01-twoelectr​ als reiner Detektor von 1906, Audion_dbw von 1909) oder Bajonettfassung von Swan. Meist mehr als Halterung und für den Heizstrom. Die erste Triode der Gruppe um von Lieben (Patent Dezember 1910) bekam zumindest 1912 einen wohl patentrechtlich geschützten 4-Stift-Sockel. Es gab zuvor auch andere Sockel.

Doch erst 1914/15 erscheinen erste standardisierte Stiftsockel für Röhren, die sich allgemein durchsetzen. In den USA ist es die Röhre Type M der Western Electric Company (1914), der späteren UV201 bei der der UV-Sockel zum Einsatz kommt, in Europa der Sockel von Grammont, Frankreich. Da bald danach auch in England eingesetzt und England die ersten allgemeinen Sockelkürzel standardisiert, heisst der Sockel British-French.

Entstehungsgeschichte

Sinngemäss aus dem Buch "Radios von gestern", Seite 57ff.:

Am 23.10.15 patentiert Grammont (Marke Fotos) durch Peri und Biguet eine Triode. Diese führt einen im Patent definierten Stiftsockel mit geschlitzten Stiften, den die Erfinder nicht in den Patentanspruch einbeziehen. 

Die Stiftanordnung nennt man Drachenviereck mit Abstand der gegenüberliegenden Stifte von 16,25  mm. Normalerweise liegt die (etwas entferntere) Anode,gegenüber dem (nahem) Gitter. Das Kreuz bildet die Heizungsanschlüsse. Die Anordnung verhindert eine falsche Position beim Einstecken, was nur polrichtig erfolgen kann.

Die späteren, nicht mehr geschlitzten Stifte, hat man mit nachgiebigen schmalen Blechstreifen in Längsrichtung überzogen, um die Federwirkung zu gewähren. Europa-Stiftröhren hatten keine massiven Stifte wie die entsprechenden amerikanischen Röhren. In den USA hat man optimiert, indem die (einmalig eingebauten) Röhrenfassungen die Federung übernahmen, nicht die immer wieder zu ersetzenden Röhrensockel.

Sockel-Kurzbezeichnungen

Von da an kopieren zahlreiche europäische Firmen diesen Sockel, so dass er als Europasockel B4 allgemeine Akzeptanz erhält. Es gibt aber leider verschiedene Kürzel. So führt der Röhren-Codex z.B. den Kürzel "E" als Sockelart und nennt den 4-Stift-Amerika-Sockel "B". Andere nennen den Sockel z.B. Eu A oder 4A.

Einweg-Gleichrichterröhren weisen oft nur drei Stifte auf und man nennt das Europasockel B3 (Eu H, Codex Eo) weil nur der "Gitterstift" fehlt. Beispiel Philips 373 von ca. 1925.

Ausführungen dieser Röhrensockel

Die Anschlüsse der eigentlichen Röhre (Kolben) münden in einen Glas-Quetschfuss mit den Durchlässen für die Elektroden. Zu Beginn sind es Metallsockel mit den Metallstiften in einem Isolierstoff, die man anbringt, um Röhren leicht stecken zu können. Es folgen in den 20er-Jahren billiger herzustellende Sockel aus Kunststoffen wie Bakelit.

Der Durchmesser dieser Sockel und auch die Höhe kann sich unterscheiden. Hingegen die Stiftdurchmesser betragen 3 bis 3,2 mm. Die Länge der Stifte beträgt 16 bis 17 mm. Die Länge der Federung mass ursprünglich 12 mm (Tyne Seite 194). Die sich gegenüberliegenden Stifte haben einen Abstand von 16 mm bei den Heizungsstiften und 16,25 mm bei Anode-Gitter. Die Stiftpaare sind etwas voneinander verschoben , was ein konvexes Drachenviereck (Deltoid) ergibt. Dies verhindert eine Falsche Einsteckmöglichkeit. Der Glaskolbendurchmesser beim Sockel beträgt zwischen 24 bis 35 mm.

Ausführungen dieser Röhrenfassungen

Die Fassungen dieser Art bringt man meist auf ein Metallgehäuse, indem man sie (anfänglich) verschraubt oder (billiger) vernietet. Sie sind aus Pressstoffen, z.B. Bakelit oder aus Pertinax (Marke), ein Verbundwerkstoff aus Hartpapier durchmischt mit Phenol-Formaldehyd-Kunstharz (Phenoplast, eigentlich Bakelit-Hartpapier). Doch gibt es für Leistungsröhren auch Keramikfassungen - wie selten auch für den Sockel. 

Röhren mit dem Europasockel B4

Typische frühste Hochvakuumröhren mit diesem Röhrensockel: TM aus Frankreich und.R-Röhre aus England. Wahrscheinlich gab es ab 1914 gasgefüllte Röhren mit diesem Sockel.
Hier finden Sie das Verzeichnis der dazu gehörigen Röhren, die wir für diesen Sockel erfasst haben. Sie können sie nach 6 Spalten sortieren.

Direkte Nachfolge-Sockel

In Frankreich hat man sehr früh die Bigrille-Röhre (Doppelsteuer-Röhre bzw. Dual-Grid-Tetrode) eingeführt - mit einem vergrösserten Stiftabstand der Stifte 2/3 von 20 mm (der beiden Gitter, Anode als Mittelstift), von uns genannt Europa "B5-gross" (D, Bigrille). Beispiele: MX40 von Fotos, Micro-Bigril von RT, Birgrille-Ampli etc.

Doch andere lösten das durch den 4-Stift-Europasockel B4 mit Seitenschraube (z.B. Q_Philips von 1921, VE von 1922 und Philips A441) oder dem

Sockel "Europa-selten-B5+1-Stift (Eu U)" (R43S von RT, wenn der Sockel stimmt?). Eigentlich nur Österreich und Ungarn (mit Sator und Tungsram) verwendeten diesen Sockel. Beispiele sind die 4P20 von Voltron, Österreich oder die NVS43 von Sator mit separat herausgeführtem Gitter 3 (statt mit Sockel B5 und Obenanschluss also auch als B5+1 Stift plus Obenanschluss, die wir NVS43_B5+1 nennen! Mehr sagt der Beitrag "Gebräuchliche Röhrensockel und Röhrenfassungen" von Jacob Roschy (2008) aus. 

2-Gitter-Röhren im RMorg: Im Jahr 2020 führen wir 106 Röhren als Doppelsteuer-Röhre (Tetrode) bzw. Dual-Grid Tetrode (Bigrille) und 1122 Röhren der Art Schirmgitter-Tetrode / Screen-grid Tetrode. Dazu aber auch die Raumladegitter-Röhre (Tetrode) Space-Charge-Tetrode mit 148 Röhren und die Sekundäremissions-Tetrode (Secondary Emission Tetrode) mit 6 Exemplaren - sowie die gasgefüllte Tetrode mit 10  - aber auch weitere Spezialröhren mit 2 Gittern. Siehe auf der Röhrenhauptseite die zweistufige Suche nach Auswahl "Typ".

Tyne schreibt: "Die Doppelgitterröhren kamen 1924 auf den Französischen Markt, welche zuerst Wolframfäden hatten. Ab 1925 ersetzt durch gelblich glühende, (thorierte) Fäden. In der Raumladungs- anstatt Schirmgitterschaltung betrieben und angewendet in Empfängern mit niedriger Anodenspannung. Später angewendet als Mischer in Superhets. Beispiele davon sind: Métal's DG und RM, La Radiotechnique's Micro-Bigril und R43, und Grammont's Bigrille-Ampli und Bigrille BF."

Wir führen bei uns Doppelgitterröhren auch mit dem Europasockel B5 (RRCF) oder gar Spezialsockel  (RT643_7pin) oder zwei Sockeln in England, jedoch als Schirmgitter-Tetrode S625.

Ab 1926 (REN1104 von Telefunken), Philips B443 (ab 1927) erhalten indirekt geheizte Trioden wie auch Tetroden und Pentoden einen mittleren Stift, was zum Standard Europasockel B5 (Eu O, F, 05A) führt.

Firmen verwenden für kompliziertere Röhren anfänglich einen Seitenanschluss dazu, bevor sich der Obenanschluss (z.B. Philips B2045 von 1931) allgemein durchsetzte und schliesslich Radioröhren mehr Stifte aufweisen. Es kommen sogar B4-Sockel mit mehreren Seitenanschlüssen vor, wie z.B. eine spezielle B443 von Philips zur leichten Umrüstung eines Apparates von Gleichstrom auf Wechselstrom-Betrieb.

Der Obenanschluss statt Seitenanschluss half die Anode-Steuergitter-Kapazität niedrig zu halten. Bei Leistungsröhren ermöglichte er vor allem sehr hohe Anodenspannungen.

Das Äquivalent zum Europasockel ist in den USA der 4-Stift-Sockel mit Röhren der Serie UV und UX.

Der Europasockel 6-Stift B6 mit Anordnung der Stifte im Kreis (durch Philips, z.B. Röhre E463 ca. 1930) war der eigentliche Nachfolger, doch viel zu spät - und bald danach kam der 7-Stift-Hexodensockel B7 im Jahr 1933 (Fertigungslisten Telefunken). Beispiele sind die Hexode E448 von Philips oder die Triode-Hexode ACH1 von Telefunken.

Bei der Zuteilung von Sockeln zu Röhren können uns auch Fehler unterlaufen sein. In dem Fall bitten wir um Korrektur über das Kontaktformular, das Sie in der Fusslinkleiste auf jeder Seite finden. Danke.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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