50 Jahre Lectron (Patent-Antrag)

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50 Jahre Lectron (Patent-Antrag) 
07.May.15 10:39
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Günther Stabe † 19.8.20 (D)
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Günther Stabe † 19.8.20

Heute, am 7. Mai 2015, jährt sich zum 50. Mal der erste Patent-Antrag (Deutschland, Nr. 1 228 081) des Experimentiersystems Lectron.

Bereits hier hatte ich vor einigen Jahren einen Beitrag zu diesem System erstellt; in 3 Posts wurde das jeweils aktuelle Ergebnis von vielen Recherchen dargelegt.

Die Lectron-Geschichte:

1965 hatte Georg F. Greger (von Egger Bahn, München) eine geniale Idee: elektronische Komponenten und Verbindungen in gleichartige Würfel (Raster 27 mm bzw. ein 2- oder 3-faches davon) zu "verpacken" und über magnetische Kontakte zu verbinden. Die Bausteine waren durchsichtig mit einem weissen Deckel und darauf geprägtem Symbol.

Die Vorgeschichte:

Nach der Entdeckung des Transistors als verstärkendes Element am 24.12.1947 (Bell Labs, USA), dem ersten MW-Taschenradio als Superhet in Serienfertigung vom November 1954, dem Telefunken Versuchsmuster TR-1 (1955-1957), dem ersten sofort lieferbaren Transistorradio Deutschlands (im Ledertäschchen), und den ersten UKW-Transistorradios ab 1960 (hier als ein Beispiel von mehreren) gab es ein großes Interesse an dieser "neuen" Technik mit deren Möglichkeiten, auch in der industriellen Umgebung.

Zusammen mit der Bezahlbarkeit (und Verfügbarkeit) dieser neuen Halbleiter - aufgrund verbesserter Produktionsabläufe - wuchs der Wunsch des Bastlers, selbst einfache Empfänger bzw. Schaltungen aller Art zu erstellen und sich mit den Möglichkeiten der Elektronik vertraut zu machen. Hinzu kam der Wunsch nach einer einfach und schnell zu ändernden Anordnung der Schaltung - das war die Stunde dieser neuen Methode, die bis heute ein Novum für Experimentierfreudige darstellt. 

Die zunächst noch nicht vollends an die einige Monate später endgültige Form der Domino-Bausteine erinnernde Konstruktion wurde als deutsche Patent am 7. Mai 1965 beantragt. Hier waren noch gemeinsame Kontaktschienen für die Stromversorgung vorgesehen:

In den Folgemonaten wurde die Bauart der Steine überarbeitet, ergänzt und auf der 17. Internationalen Spielwarenmesse Nürnberg vom 13. - 18. Februar 1966 vorgestellt.

Am 4. April 1966 wurde das "Logo" (Wort-Bildmarke) Egger Lectron beantragt

(lief am 4. April 1996 aus), und am 5. Mai 1966 wurde das Patent für Amerika (3,447,249) beantragt. Der Patentantrag vom 10. Februar 1967 für Großbritannien ( 1 217 885) enthielt aber auch noch Anschlussleisten für die Verbindung zu externen Einheiten bzw. Messpunkten (=> Labor-Version).

Die ersten Auslieferungen der 4 verschiedenen Kästen (Grundkasten - 8000, Ausbaukasten 1 - 8100, Ausbaukasten 2 - 8200 und Super Lectron A - 8300) war für den Juli 1966 angekündigt.

Georg F. Greger erhielt auf der Electronica in München (20. - 26. Oktober 1966) für seine Erfindung den ersten Preis.

Ab Juli 1967 waren die Kästen Labor Lectron I - 8400 (für den Techniker, bereits 1966 präsentiert) und Mini-Lectron - 800 (für Einsteiger und Jugendliche) zusätzlich im Angebot. Angedacht waren u.a. auch abgeglichene ZF-Bausteine für Superhets, aber nicht mehr realisiert worden (Quelle: Zeitschrift hobby 18/66, 24. August 1966, Seite 99).

Weitere Bausteine, wie z.B. Mikrofon, Summer, Motoren und spezielle Bausteine mit Lötkontakten für individuelle Verwendung, waren geplant und z.T. in internen Teilelisten vorhanden.

Vermutlich wurden bereits 1967 Demonstrations-Bausteine (in dreifacher Größe) - für den Frontalunterricht an einer magnetischen Tafel - vorbereitet bzw. als Kleinstserie produziert; diese Baustein-Sets wurden auf Ausstellungen unter den Bezeichnungen (3000) / 3100 / 3200 bekannt gemacht (hierzu wurden 2014 diverse Muster aufgefunden).

Bereits in der zweiten Jahreshälfte 1967 löste die Firma Egger-Bahn München einige Bereiche auf und verkaufte sie an andere Unternehmen; das Lectron-Sortiment wurde von der Braun AG Frankfurt/M. übernommen und weitergeführt. Hier sind innerhalb kurzer Zeit neue Experimentier- und Demonstrations-Kästen mit verändertem Curriculum entwickelt worden, zumal sich auch vermehrt Schulen und Unternehmen dafür interessierten und sich einige Änderungen in der Zusammenstellung bezüglich der jeweiligen Zielgruppen bzw. Ausbildungswege - inkl. Unterrichtsmaterial - wünschten. Neben Elektrik und Elektronik war nun auch Computertechnik (von Joachim Schubert, München) und Schaltalgebra / Bool'sche Algebra (von Horst Blüm, Frankfurt) abgedeckt. Kybernetik (Phototaxis, von Edzard Timmer, Tarmstedt) war bereits vorbereitet, ist aber erst 1973 im Ausbausystem 2M (M = Motorensatz) integriert und verkauft worden.

Auf dem obigen Foto erkennt man am Bildrand oben eine Grundplatte mit einem pultförmigen Ansatz: es ist das geplante Zubehör Nr. 5002 (Mess- und Anschlussleiste, vermutlich auch mit Spannungsversorgungen) für die Laborentwicklung - ähnlich wie auch bereits Georg F. Greger sich das Anfang 1966 vorgestellt hatte...

Entwürfe von Maximilian Gürth zur Leistungselektronik und Bauteile-Technik mit Demonstration von Triac, Diac, Thyristor, Leistungstransistor etc. wurden - eventuell in anderer Form - erst ab ca. 1975 von Manfred Walter (Lectron GmbH Frankfurt) realisiert (als System 500 ?). Auch die von M. Gürth entwickelten Muster mit TTL-Technik sind u.a. bei E. Timmer erst 2015 wieder aufgefunden worden - dieses wurde weder von Braun noch Lectron GmbH jemals so umgesetzt... In diesen Zeitraum fiel auch die (von Autoren geforderte) Umstellung der Digitaltechnik-Bausteine von + auf - (Masse); die Realisierung erfolgte auch hier eher zögerlich.

Der Entwurf von Edzard Timmer eines "ferngesteuerten Fahrmodells" (1970/71) unter Verwendung von Bausteinen aus "Computertechnik" führte zur Verwendung dieses Modells zu Demonstrationszwecken auf Messen; das "Gehirn" (= digitale Steuerung) ist in einem BRAUN-Prospekt von Mai 1971 abgebildet. Ich plane derzeit einen Nachbau und werde das Ergebnis zu gegebener Zeit als Prototyp anlegen. Die Original-Entwürfe hierzu - sowie zu Kybernetik I / II - liegen vor.

Über 40 unterschiedliche Angebotsformen (einschließlich der Restverkäufe der Egger-Kästen) sowie einige Bastelsätze sind derzeit belegt (.u.a. Radio und Wechselsprechanlage) und 47 Ergänzungspackungen - die waren bereits bei Egger-Bahn angedacht worden).

Eine Sonderstellung nimmt das Buchlabor "Was ist Elektronik?" ein, mit Begleitbuch-Illustrationen von Jules Stauber (Text von Heinz Saucke, Winsen/Aller). Auszeichnungen als "schönstes deutsches Jugendbuch 1969" der Stiftung Buchkunst und die Bronzemedaille der Internationalen Buchausstellung 1971 in Leipzig, sowie rege Nachfrage bis heute, sind Beispiel für den Erfolg. Das Buchlabor erschien in sieben Sprachen; einige Ausgaben der Ur-Version in spanisch, englisch und italienisch sind kürzlich wiedergefunden worden und können noch erworben werden.

Raytheon USA (Schulungsbereich: Macalaster) übernahm ab 1967 parallel einige Sortimente mit selbst produzierten Anleitungen und eigener Verpackung - bis hin zu Edelholz-Luxuskästen, insgesamt 16 unterschiedliche Ausgaben einschl. Erweiterungspackungen.

Ab etwa 1972 wurden von Kimble Products (Owen-Williams, USA) drei verschiedene Experimentierkästen angeboten: Mr.Wizard's Experiments in Electronics / ~II / ~III.

Die Herstellung der Bausteine erfolgte durch die Deutsche Lectron GmbH München, Albert-Rosshaupter-Str. 73 (1967 - 1972); dort war bis zuletzt auch noch Georg F. Greger tätig. Ein Aussenlager in München-Allach diente zum Verpacken und dem Versand der zusammengestellten Kästen.

Nach der Übernahme der Braun AG durch Gilette USA (und dadurch erzwungene Konzentration auf den Rasierer-Markt, sowie Abstoßen nicht gewinnbringender Sparten) wurde der Geschäftsbereich Lectron am 1. Oktober 1972 an den Braun-Mitarbeiter Dipl.-Ing. Manfred Walter übertragen; der Vertrieb für Europa-Süd fiel an die Inelco IEC SrI Italia, die wiederum ein neu strukturiertes Angebot schuf. Hier war das Ziel, mit einem kleinen Startpaket (Braun Buchlabor = Serie 2000 / sistema 2000) zu beginnen und mit kleinen Ergänzungskästen (insgesamt 8 unterschiedliche Angebote) auch weniger betuchten Interessenten eine Möglichkeit zum Erlernen dieser Technik zu geben - allerdings nur Basis-Elektronik.

Manfred Walter führte die Produkte unter der Firmierung Lectron GmbH (Kronberg / Frankfurt / Niedernhausen) fort und entwickelte eine Vielzahl von Experimentierkästen und weiteren Schulversionen; derzeit sind über 40 unterschiedliche Ausgaben (zunächst einschließlich der ehemaligen Braun-Sortimente) belegt. Spezialgebiete wie Kybernetik (Curriculum I -Phototaxis- und II -Sensorik-, von Edzard Timmer, Tarmstedt), Ökologie und biologische Funktionsmodelle (Autor: Hartmut Birett, Elz) wurden abgedeckt, aber auch Elementarkenntnisse mit Physik Experimentell (Heinz Saucke).

Aus Altersgründen wurden die umfangreichen Bestände 2001 an Werkstätten des Frankfurter Vereins (aktuell: RWO - Reha-Werkstätten Oberrad) als Schenkung übergeben, die die Tradition von Entwicklung, Produktion und Versand fortführten. Auch hier beziffert sich die Vielfalt derzeit auf ca. 40 verschiedene Ausgaben (überarbeitete und neue Versionen durch einen externen Mitarbeiter).

Zusammenfassung: Selten konnte man ein so kontinuierliches Angebot - mit der Anpassung an die Erfordernisse bei gleichem Design der Bausteine - beobachten; das zeugt von der Universalität der Konstruktion bis in die heutige Zeit, wobei noch keine Grenzen dafür erkennbar sind.

Daher ist das Jubiläum "50 Jahre Lectron" (Zeitraum vom Antrag für ein deutsches Patent am 7. Mai 1965 bis zu ersten Auslieferungen im Juli 1966) ein besonderes Ereignis und man kann immer wieder dem Erfinder Georg F. Greger für seine geniale Idee danken. Auch wenn das Produkt im harten Wettbewerb zu anderen Erzeugnissen der elektronischen Experimentierkästen stand, ist die Darstellung mit den Symbolen auf den weißen Oberflächen, die die eigentliche Gesamtschaltung (Stromlaufplan / Schaltplan) zeigen, sowie die völlige Vermeidung  von Kabelverbindungen (= Fehlerquellen) wohl weltweit einmalig und gehört damit nicht zum "alten Eisen". Auch wenn der Preis für Neuware zunächst als etwas zu hoch erscheint, ist doch die Haltbarkeit neben der Möglichkeit zu eigenen und weiteren Entwicklungen ein Trumpf in der Hand des Entwicklers, Schülers, Studenten oder experimentierfreudigen Laien. Alles ist "made in Germany" - das hat seinen Preis...

Hier im Radiomuseum zeigen wir derzeit 118 Lectron-Angebote, wobei einige Varianten oder sehr ähnliche Versionen zusammengefasst wurden - da, wo es sinnvoll war.

Zu "50 Jahre Lectron" gingen verschiedene Vorschläge bei RWO ein; wir müssen abwarten, welche interessanten Angebote, u.a. NOS-Lager-Abverkäufe oder ein Sondermodell, in den nächsten Monaten bekannt gegeben werden - ich möchte noch nicht zuviel verraten...

An dieser Stelle ist für die unermüdliche Hilfe und umfangreiche Quelle von Forschungsergebnissen der Sammler-Kollege Michael Peters (USA) zu nennen; weitere Nachforschungen, insbesondere zu nicht realisierten Anleitungen / Bausteinen von Maximilian Gürth (s.o.) und Hellmut Deller, stehen zum Ende des Jahre noch an.

Zum Abschluss noch eine Darstellung meiner letzten "Legearbeit". Der Anlass: da nun auch in meiner Stadt der lokale MW-Sender abgeschaltet wurde, musste eine Lösung für einen einfachen Empfänger her, der auch entfernte Stationen ohne viel Aufwand zu Gehör bringt. Da fiel mir das KW-Retroradio-Projekt ein und so erweiterte ich einen einfachen Lectron MW-Abstimmbaustein (Antennen-Koppel-C, Drehko)  um einen Transistor BC547C, 2 Widerstände, 3 Kondensatoren, LED, KW-Spule (wahlweise umschaltbar mit MW-Spule bzw. Festinduktivität) und Poti für ein rückgekoppeltes Audion - und schon war mein leistungsstarkes Lectron-Radio mit Transistoren (BC547, AC125, AC125 [,BC307 als Lautsprecher-Treiber]) einsatzbereit! Auf der Abbildung sieht man die kleine Kopfhörer-Version, die mit nur 3 Bausteinen zur Lautsprecher-Version erweitert werden kann  (oberer Teil). Man kann mit Lectron diese Schaltung auch mit diskretem Aufbau realisieren, nur kann es Probleme wegen der HF mit den langen Verbindungswegen und der Metall-Grundplatte geben. Diese "Schaltung" wäre auch recht groß geraten - mir schwebte da eher etwas im max. A5-Format vor...

G.S.

EDIT vom 22.08.2015: einige Ergänzungen aufgrund neuester Ergebnisse, sowie Würdigung der Mitarbeit und Quellen.

 

Anlagen:

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Aternativen zu Lectron, Löthinweise zu Ausbau 
23.Aug.15 09:48
501 from 6516

Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

Lectron-Bausteine sind immer wieder über eBay zu erhalten. Wie Günther Stabe eindrücklich zeigt, lässt sich Lectron aber auch ausbauen. Dazu gehört richtiges Löten.

Es lassen sich mit Lectron aber auch alternative Bausteine erstellen, wie den 1-Transistor-Reflex-Super. Aber auch das interessante IC MK484 und deren Derivate könnten zum Einsatz kommen.

Beim Modellblatt Retro Kurzwellen-Radio-Bausatz finden Sie eine Fülle von Informationen für den Bau von einfachen Empfängern und Hilsmittel dazu. Scrollen sie einfach beim Modellblatt herunter.

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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