brandt: Frage zur UKW Empfangstechnik

ID: 181594
Dieser Artikel betrifft das Modell: 652GW (Brandt (Roland Brandt); Berlin)

brandt: Frage zur UKW Empfangstechnik 
16.Jan.09 21:56
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Albrecht Schwaderer (D)
Beiträge: 124
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Hallo zusammen,

beim Studium der UKW- Schaltung dieses Gerätes vor dem Hochladen des Schaltplans, wurde mir nicht klar, wie hier die UKW ZF von 10,7Mhz erzeugt wird, denn der Eingangskreis ist offensichtlich nicht abgestimmt. Ich sehe bei UKW nur den Oszillatorkreis an der Triode der ECH42 als frequenzbestimmend. Der Drehko, der bei AM Betrieb die Eingangskreise abstimmt, ist bei UKW Betrieb beidseitig auf Masse gelegt.

Wie kann das funktionieren? Wie kann hier eine konstante ZF erzeugt werden? Wie findet hier überhaupt eine Abstimmung statt? Warum wurde das so gemacht?

Noch eine Frage: müssten denn dann nicht 7 UKW-Kreise (1 Abstimmbar 6 fest) anstatt 6 beim Modell angegeben sein?

Leider habe ich dieses Gerät nicht, nur den Schaltplan aus der FS, den habe ich zu dem bereits vorhanden Plan, die übrigens übereinstimmen, hochgeladen.

Vielen Dank schon mal vorab für Antworten.

Grüße

Albrecht Schwaderer

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Vorkreis auf Bandmitte 
16.Jan.09 22:44

Bernhard Nagel (D)
Ratsmitglied
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Bernhard Nagel

Guten Abend Herr Schwaderer,

für die Erzeugung der ZF eines Überlagerungsempfängers ist prinzipiell keine Abstimmung des Vorkreises erforderlich. Im UKW-Bereich hätte eine Abstimmung kaum selektive Wirkung, bedingt durch die niedrigen Kreisgüten und den recht niedrigen Eingangswiderstand der Mischröhre UCH42. Es genügt also, den Vorkreis nur mit dem Abgleichkern auf ca. Bandmitte einmalig abzustimmen. Der "Kondensatoranteil" des Schwingkreises wird durch Schalt- und Wicklungskapazitäten der Spule und der Eingangskapazität der Mischstufe erzielt.

Es wird also hier lediglich der Oszillatorkreis abgestimmt. In der Mischröhre entstehen dabei die unterschiedlichsten Frequenzen (fe - fo, fe + fo), die gewünschte ZF (hier 10,7 MHz) wird aber immer mittels der Bandfilter bzw. Einzelkreise aus dem Frequenzgemisch gefiltert. Ein abgestimmter Vorkreis ist also für das Funktionsprinzip eines Superhets nicht erforderlich, er dient nur der besseren Spiegelfrequenzunterdrückung, der Weitabselektion. Die eigentliche Trennschärfe entsteht beim Superhet immer im ZF-Verstärker und seinen Selektionsmitteln.

Es gibt nach der Mischstufe ein Bandfilter (vor der unteren UF41 des Funkschau-Plans), und zwei Einzelkreise nach der ersten und zweiten UF41. Mit 4 frequenzbestimmenden Kreisen ist die Trennschärfe eher gering, die Einzelkreise ergeben aber eine höhere Stufenverstärkung. Damals war das UKW-Band kaum belegt, da spielte die Trennschärfe auf UKW keine grosse Rolle.

Die Gesamtkreiszahl ist mit 6 richtig, wenn der auf Bandmitte abgestimmte VK mitgezählt wird was üblich ist. Eine Besonderheit findet sich beim Eingang für die Dipolantenne. Hier liegen zwei auf die ZF von 10,7 MHz abgestimmten Parallelresonanzkeise. Sie verhindern das Durchschlagen von KW-Sendern im Bereich von der UKW-ZF zur Mischstufe.

Im Falle des Brandt 652GW haben wir es mit einer einfacheren Schaltung im UKW-Bereich zu tun, aber immerhin sind bereits 2 ZF-Stufen vorhanden. Manche Firmen bauten 1950-1952 Geräte mit nur einer UKW-ZF-Stufe, zum Beispiel Nordmende 325WU...

Bernhard Nagel

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16.Jan.09 23:03

Henning Oelkers (D)
Redakteur
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Henning Oelkers

Hallo, Herr Schwaderer,

die ZF von 10,7 Mhz ergibt sich als Differenz der Senderfrequenz und der Oszillatorfrequenz. Das hat mit der Abstimmung des Vorkreises prinzipiell nicht viel zu tun.

Nehmen wir zur Veranschaulichung folgendes Beispiel. In Ihrem empfangsbereich gibt es der Einfachheit halber nur 3 Sender, einen bei 90 Mhz, einen bei 93Mhz und einen bei 99 Mhz.

Wenn Sie nun den bei 93Mhz empfangen möchten, stellen Sie den Skalenzeiger auf 93Mhz. Im Gerät passiert folgendes: Der Oszillator steht damit auf 93Mhz + ZF = 103,7Mhz. ( Das können Sie mit einem modernen Taschenradio in unmittelbarer Nähe nachweisen! )

Da ja die anderen Sender auch senden, stehen an der Anode der Mischröhre folgende Frequenzen zur Verfügung: Oszillatorfrequenz - Senderfrequenz, in unserem Beispiel also 103,7 - 93 = 10,7 Mhz.

Aber gleichzeitig auch 103,7 Mhz - 90 Mhz = 13,7 Mhz, und 103,7 - 99 = 4,7Mhz.

Wenn Sie jetzt den Schaltungsweg von Anode UCH über Umschalter Stellung U verfolgen, gelangen Sie zum ersten ZF Kreis für UKW. Dieser ist auf 10,7 Mhz abgestimmt, und lässt sich nur dem Sender in Schwingungen versetzen, der mit einer Differenz von 10,7 Mhz zum Oszillator sendet. Für die anderen Frequenzen ist der Schwingkreis niederohmig.

Den abgestimmten Vorkreis, den die meisten Geräte haben, benötigt man, um das Empfangsverhalten zu verbessern, es geht ( ging damals .. ) aber auch ohne.

Ich hoffe, das hat etwas zur Klärung des rätsels beigetragen, Fragen Sie gerne, falls etwas unklar ist.

mit freundlichen Grüßen,

Henning Oelkers

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16.Jan.09 23:06

Henning Oelkers (D)
Redakteur
Beiträge: 581
Anzahl Danke: 3
Henning Oelkers

Hallo, Herr Nagel,

da haben wir also zu zweit gleichzeitig an der gleichen Frage gesessen, und sind zu gleichen Lösungen gekommen. Das zeigt immerhin, das ich damit nicht falsch lag.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin,

Henning Oelkers

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Danke für die schnelle Antworten 
17.Jan.09 09:44

Albrecht Schwaderer (D)
Beiträge: 124
Anzahl Danke: 2

Hallo Herr Nagel und Herr Oelkers,

danke für die schnellen und umfassenden Antworten, die sehr zu meinem Verständnis dieser UKW-Schaltung beigetragen haben.

Viele Grüße

Albrecht Schwaderer

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