Die Allgemeinen Transformatorformeln
Die Allgemeinen Transformatorformeln
Transformatoren finden in der Radiotechnik in allen Frequenzbereichen vielfältige Verwendung, sei es als Netztransformator, Tontransformator oder Hochfrequenzübertrager. Aber auch Anwendungen wie die induktive Antennenankopplung oder induktiv gekoppelte ZF-Bandfilter laufen von der Berechnung her stets auf die allgemeinen Transformatorformeln hinaus. Diese sollen daher hier kurz hergeleitet und anschließend näher betrachtet werden.
Wir gehen von der folgenden Transformatorschaltung aus:
Bei dieser sehr allgemeinen Transformatorschaltung wird die Primärseite (links) von einer idealen Spannungsquelle U1 in Reihe mit einer (im allgemeinen komplexen) Impedanz Z1 angetrieben. Die primärseitige Induktivität L1 ist magnetisch mit der sekundärseitigen Induktivität L2 gekoppelt. Der Kopplungsfaktor k ist dabei eine reelle Zahl zwischen -1 und +1, wobei das Vorzeichen durch den gegenseitigen Windungssinn von Primär- und Sekundärspule bestimmt wird. Für |k|=1 sind Primär- und
Sekundärseite vollständig gekoppelt. Die (in der Praxis natürlich nur näherungsweise erreichbare) vollständige Kopplung findet bei Netz- und Tontransformatoren Anwendung. Bei der Antennenkopplung und bei Bandfiltern ist k deutlich niedriger und liegt typischerweise in der Größenordnung von k=0.01 bis k=0.2 Auf der Sekundärseite befindet sich eine (im allgemeinen wieder komplexe) Impedanz Z2.
Die Kirchhoffsche Maschenregel für komplexe Spannungen [1] besagt, dass sich die Spannungen an den Komponenten der Primärseite zur Antriebsspannung U1 aufaddieren, wir haben also
wobei I1 der komplexe Strom im Primärkreis ist. Da im Sekundärkreis keine Spannungsquelle vorhanden ist, addieren sich hier die Spannungen an den Komponenten zu Null auf. Es ist also
Die Klemmspannungen UL1 bzw. UL2 an dem Induktivitäten L1 und L2 sind nach dem Induktionsgesetz [2] durch
sowie
gegeben. Dabei ist M die gegenseitige Induktivität (engl. mutual inductance) die sich aus L1, L2 und dem Kopplungsfaktor k gemäß [2]
berechnet. Damit erhält man aus den Gleichungen (1) und (2) unmittelbar
und
Nach einigen Umformungen gewinnt man daraus die Gleichungen
mit
und
Wie sind diese beiden Gleichungen nun zu interpretieren? Gleichung (7) stellt offensichtlich den Zusammenhang zwischen dem komplexen Strom I1 und der Antriebsspannung U1 im Primärkreis gemäß dem komplexen Ohmschen Gesetz her. Damit folgt natürlich sofort, dass Z21 eine vom Sekundärkreis in den Primärkreis eingekoppelte komplexe Impedanz ist, die in Reihe mit Z1 liegt. Analog folgt aus Gleichung (8), dass Z12 eine vom Primärkreis in den Sekundärkreis eingekoppelte komplexe Impedanz ist, die in Reihe mit Z2 liegt. Außerdem ist U12 offensichtlich die vom Primärkreis in den Sekundärkreis eingekoppelte Antriebsspannung.
Damit lassen sich Primär- und Sekundärkreis mit Ersatzschaltungen gemäß der folgenden Abbildung darstellen:
Dabei ist zu beachten, dass in diesem Ersatzschaltbild keine induktive Kopplung mehr zwischen L1 und L2 vorhanden ist. Die Auswirkungen der Kopplung in der ursprünglichen Schaltung werden vollständig durch Z21, Z12 und U12 beschreiben.
Zusätzlich zu den Gleichungen (7) und (8) lassen sich aus den Ausgangsgleichungen durch weitere Umformungen noch die Gleichungen
und
gewinnen, die das Verhältnis der komplexen Ströme bzw. Spannungen zwischen Primär- und Sekundärseite beschreiben.
Zur weiteren Betrachtung ist es nun zweckmäßig, die komplexen Impedanzen Z1 und Z2 auf der Primär- bzw. Sekundärseite in den Ohmschen- und Blindanteil (mathematisch gesehen also in Real- und Imaginärteil) gemäß
aufzuteilen. Man erhält damit aus den Gleichungen (T1) und (T2) nach Auftrennung in Real- und Imaginärteil
und
Aus den Gleichung (T3) und (T4) ergibt sich
sowie
und daraus für das Verhältnis der Beträge der Ströme und Spannungen
und
Dies sieht nun alles zunächst in keinster Weise nach den "einfachen Transformatorgleichungen" aus, die einem im Schulunterricht oder der Ausbildung begegnet sind. Das liegt daran, das sich diese nur auf den häufig vorkommenden Fall mit X1=X2=0 beziehen, außerdem die Induktivitäten L1 und L2 so hoch sind, dass
für alle vorkommenden Antriebsfrequenzen ω gilt und die Kopplung von Primär- und Sekundärseite näherungsweise vollständig ist, also (bei positivem Vorzeichen von k)
gilt. In diesem Fall vereinfachen sich die Gleichungen (9), (10), (11a) und (12a) sofort zu
Die Gleichungen (13) und (14) sind direkt die altbekannten "einfachen Transformatorgleichungen" für das Verhältnis der Ströme und Spannungen. Aus den Gleichungen (15) und (16) lässt sich folgern, dass das induktive Verhalten der Primär- bzw. Sekundärspule durch den in den Primär- bzw. Sekundärkreis eingekoppelten Blindwiderstand -jωL1 bzw. -jωL2 vollständig aufgehoben wird und eine Übersetzung der Ohmschen Widerstände gemäß
statt findet.
[1] de.wikipedia.org/wiki/Kirchhoffsche_Regeln
[2] en.wikipedia.org/wiki/Inductance
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.