Die Geschichte des rumänischen Fernsehens
? Die Geschichte des rumänischen Fernsehens
Kurzusammenfassung zur Geschichte des rumänischen Fernsehens:
- Die Forschung und Entwicklung sowie Einführung des Fernsehens in Rumänien:
- Die rumänische Fernsehgeräteindustrie:
- Das Fernsehen der Rumänen unter Nicolae Ceausescu:
Das elektronische Fernsehen in Rumänien:
Die überhaupt erste gebaute experimentelle Fernsehstation Rumäniens entstand durch ein Team unter der Leitung von Professor Alexandru Spãtaru vom Zentralforschungslabor für Telekommunikation in Bukarest.
Am 23. August 1955 begann die experimentelle Station mit der Ausstrahlung regulärer Sendungen für einige duzende Fernsehempfänger die es in Bukarest bereits gab.
Mit Ende des Jahres 1955 an startete dann das Bukarester Fernsehzentrum seinen Betrieb, ausgerüstet mit sowjetischer Gerätschaft.
Als Beginn der offiziellen Fernsehausstrahlungen wird der 31. Dezember 1956 genannt [5].
Das World Radio TV Handbook von 1961 weist für Rumänien folgende aktive OIRT Kanäle (Ein TV Programm) aus:
Bukarest: Kanal II mit 20 kW Sendeleistung
Bacau: Kanal I als Relayssender
Orasul Stalin: Kanal III (Man beachte die Bezeichnung!)
Pitesti: Kanal IV
Birlad: Kanal VIII
Alle waren sie mit nur verhältnismäßig wenigen Wochenstunden auf Sendung. Außer Bukarest haben zudem alle Sender eine sehr geringe Sendeleistungen ausgewiesen!
Mit 1968 (Vergleiche mit vielen anderen Ländern einschließlich denen des Ostblocks) wurde ein 2. Fernsehprogramm aufgeschalten. 1986 jedoch verschwand es aus ökonomischen Gründen auf Veranlassung durch Ceausescu wieder vom Bildschirm.
Testbild und Senderkennung für TVR 2
Das Farbfernsehen in Rumänien:
1964 wurden die ersten Farbfernsehvorführungen nach dem SECAM System durchgeführt, wiewohl erst ab 1972 das Farbfernsehen Einzug in die staatlichen Fernsehstudios gehalten hat.
Die Rumänische Fernsehgeräteindustrie:
Das Unternehmen „Electronica“ entwickelte 1964 selbst den ersten rumänischen Fernsehempfänger Type E 43-100 dessen Modellreihe 1966 durch die Modelle Dacia und Miraj (letzteres übersetzt: Fata Morgana) beide mit rumänischen Röhren bestückt später auch mit dem Modell Cosmos fortgesetzt worden ist.
(Die Wahl und Häufigkeit der Namen ähneln scheinbar wie bei den sowjetischen Modellnamen wie etwa "Mir" oder "Volga" die vom Rasierapparat über den Radio und Fernseher bis hin zum Auto gerne für alles verwendet wurden.)
Wie auch beim allbekannten rumänischen Auto „Dacia“* , dem Farbfernsehsystem SECAM selbst, aber auch in der Stadt Bukarest -manifestiert als das "Paris des Ostens (Klein-Paris)", erkennen wir eine kulturelle Anlehnung an Frankreich die auch wirtschaftlich für beide Länder Früchte gebracht hat.
*(das jüngst eine nie da gewesene Popularität in Europa mit seiner beliebten Neuauflage erhalten hat – ein echter Volkswagen also, auch wenn er eigentlich von Renault kommt)
Der langjährige Staatschef Nicolae Ceausescu verfolgte in seiner Politik einerseits eine wirtschaftliche Autarkie Bestrebung für sein Land mit der er sich über blockzugehörigkeitsbedingte Einschränkungen, wie etwa dem Ostblock/Warschauer Pakt mit eigenen „Ideen“ zur Wehr setzte.
Auch sind uns über den Farbfernsehstandard zum Teil unklare Informationen vorliegend: (Siehe englischer Beitrag [4])
Wie oben angeführt wurde für ein Ostblockland in den 1960er Jahren naheliegend der SECAM Standard "gewählt".
"Unstimmigkeiten" zwischen dem rumänischen Staatschef und Moskau dürften aber eine Abkehr von sowjetischer Technik eingeleitet haben was sich in einem späteren PAL Votum niedergeschlagen hat und deutsche Studiotechnik der Fernseh GmbH Einzug in Bukarest gefunden hat.
"Unsere" PAL Referenz, Walter Bruch schreibt über Rumänien in einem seiner Fachbücher nur von seinen erfolgreichen PAL Übertragungsvorführungen an Sendern sowjetischer Technik in den Karpaten. Über die endgültige Standardentscheidung schweigt er sich aus.
Da erst mit 1983 Farbfernsehgeräte aus eigener Produktion zur Verfügung standen, deutet dies auf einen 11 Jahre dauernden potemkinschen "Testbetrieb" ohne nennenswerte Zuseherzahlen vermutlich in SECAM ausgestrahlt hin, der mit wirtschaftspolitischen "Zuckerln" der Deutschen in einer Neuauflage mit dem PAL Standard offiziell erst 1983 durchstartete.
Neu bezogen auf die technische Studioausrüstung dürfte dieser Farbstart 1983 nicht mehr gewesen sein wenn alle "angespannt und nervös waren, denn wir wussten, dass unsere Ausrüstung sehr alt war und jeden Moment zusammenbrechen könnte" [Die rumänische Revolution und das Fernsehen].
Damit war Rumänien das auf der Fernsehweltkarte einzige PAL Land im OIRT Kanalraster und 6.5 MHz Ton bei negativer Bildmodulation.
Bis dahin kann die farbtechnische Infrastruktur wahrscheinlich nur aus sowjetischen oder gar französischen Importgeräten aufgebaut gewesen sein wenn es denn tatsächlich überhaupt einen ernsthaften Farbfernsehstudio- und Sendebetrieb gegeben hat.
1970 folgte die Inbetriebnahme eines Schwarz-Weiß Bildröhrenwerkes auf Basis von Deutschen & Amerikanischen Lizenzen.
Zwischen 1971 und 1978 wurden S/W Hybridfernsehgeräte Typ H1 & H2 mit Röhren und Transistoren Bestückung hergestellt, während mit 1977 die Fertigung von S/W TV’s mit integrierten Schaltkreisen begann.
1984 kamen die ersten tragbaren TV Geräte mit bereits reduzierten Energieverbrauch auf den Markt.[3] (Unsere Sammlerkollegen von proradioantic.ro sprechen vom Modell "Sport" als den ersten in Rumänien hergestellten s/w portable TV mit Germaniumtransistoren um 1975.)
1983 wurde mit dem „Telecolor 3006“ der erste rumänische Farbfernseher produziert (56 cm Bildröhre). (Andere Quellen sprechen vom Telecolor 3006 als ein „DDR RFT Colorett 3006 mit zusätzlicher OIRT-Norm als eigentlichen Import TV“ oder aber einer DDR Lizenzfertigung [5]).
Als weiteres Modell wird der Telecolor 3007 genannt. Als Halbleiter sollen DDR Produkte Verwendung gefunden haben ([5] spricht von rumänischen Bauteilen) während "Unitra" – Polen, "Videocolor" – Italien oder "Toshiba" - Japan mit Typen 2. Wahl speziell für Rumänien als Bildröhrenlieferanten für die 56 cm Röhre dienten. (Vergleiche das Theater in DDR mit den Sowjet Importröhren beim Color 20)
Telecolor 5601, 5602 and 5603 folgten bereits mit Videoeingang jedoch mit merklich sinkender Qualität/Standfestigkeit bei den eingesetzten Bauteilen [4]. (Vergleiche die Qualität der Lada Auto Fertigung in der UdSSR zu Beginn noch mit ausgesuchten hochwertigen Importteilen in den 1970er Jahren und ausschließlicher Eigenproduktion in den 1980er Jahren).
Nach der Revolution 1989 konnte die rumänische (Unterhaltungs-) Elektronikindustrie nicht mehr zum internationalen Wettbewerb aufschließen und wurde vom eigenständigen Produzenten zum reinen Verbraucher oder Importeur.
Ein Joint Venture mit einer britischen Firma brachte "NEI – Network Electronica Industries" hervor welches moderne Fernsehgeräte mit dem Chassis "Indiana", "E-2" und andere für den Heimmarkt wie auch für dem Export nach GB, Irland, Spanien, Holland und Russland [5] fertigte.
Electronica produziert weiterhin (Infostand aus 12/2006) elektrotechnische Produkte und fährt als verlängerte Werkbank Produktionslinien für die Herstellung von Fernsehgeräten für bekannte internationale Markenhersteller.
Das Medium Fernsehen der Rumänen im kommunistischen Alltag:
Programmmäßig diente das Medium als Träger der Selbstdarstellung des omnipräsenten Staatsführers der selbst wiederum in China bei Mao und in Nordkorea seine diesbezüglichen Vorbilder gefunden und studiert hat.
Neben Empfangsgeräten inländischer Produktion sind dabei auch sowjetische Importfernsehgeräte wie der Rubin 102 an das Volk gebracht worden [5].
Eine Menge guten Geldes und oft noch wichtiger - ebenso guter Beziehungen [5] oder auch eines gehobenen Postens bei der Staatssicherheit alias Securitate [4] bedurfte es wollte man ein Farbfernsehgerät sein eigen nennen.
Die im Fernsehen gezeigten Filme wurden in der Regel schon zu Zeiten des S/W Fernsehens nicht in der Landessprache synchronisiert und nur mit Untertiteln versehen. (Oh du glückliches Österreich/Schweiz mit dem großen deutschen Bruder und den unermüdlich arbeitenden Berliner Synchronstudios - sonst sähe es da wohl auch traurig aus...)
Auf die allgemeine Lebenssituation im Rumänien der 1980er Jahre möchte ich hier nicht in den Details eingehen - soweit es für die Fernsehzuseher relevant war sei soviel hier gesagt:
Mir selbst hat Anfang der 1990er Jahre im Rahmen eines Verkaufsseminars in Salzburg ein rumänischer Dipl. Ingenieur von seinem Studium bei Kerzenlicht erzählt...... Verordnete Stromabschaltungen reduzierten zudem das Fernsehen wochentags auf etwa 2 - 3 Stunden täglich [5] was den Sendeschluß auf 22 Uhr legte. Die Situation in der Hauptstadt war in dieser wie sicher auch anderer Hinsicht im Vergleich zur Provinz dennoch privilegiert, wiewohl auch hier fallweise nicht tägliche willkürliche Abschaltungen ganzer Stadtteile gemeldet werden [5].(Vergleiche aktuell mit Pjöngjang/Nord Korea)
Zum Programm selbst äußerte sich Herr Ionel Boeru in einem Beitrag: "Im Fernsehen lief am Abend gerade mal anderthalb Stunden Programm, die meiste Zeit Neuigkeiten über Ceausescu". Andere Quellen beschreiben ein werktags auf zwei Stunden beschränktes streng kontrolliertes Programm.
Aus Google: Eine Übersicht des Landes mit Entfernungsgrößenordnungen zur Orientierung für möglichen terrestrischen Auslandsfernsehempfang
Bukarester Fernsehteilnehmer und im Süden des Landes wohnende Genossen ergänzten ihre Informationen zumindest in der Sprache der Bilder mit dem Programm aus dem benachbarten Bulgarien - ein Land das ein etwas moderateres Regime kommunistischer Prägung am Ruder hatte. (Wohnblock mit 4 Antennen - 2 x für Rumäniens TV Programm I und II sowie 2 Antennen für Bulgarien und Eigenbau Verstärker die das letzte dB herausholten so gut es eben ging [5]. )
Der Nordosten des Landes mit Moldawien durfte sich am sowjetischen Fernsehen der Perestroika Ära unter Gorbatschow erfreuen*, der Nordwesten war mit ungarischen Bildern - damals ebenfalls bereits gemäßigt versorgt und der Südwesten des Landes war wohl mit Informationen aus Titos Staatennachlass in PAL CCIR B/G (5.5 MHz Bild/Ton anstelle OIRT 6.5 MHz) auf dem Laufenden.
Was den Farbempfang betrifft so sind alle angeführten Farbfernsehgeräte seit der offiziellen Farbfernseheinführung 1983 PAL/SECAM (MESECAM= SECAM OST) Dualstandard Geräte gewesen, was den rund 10% der Fernsehteilnehmer mit Farbempfang [4] auch beim Fernempfang aus dem Ausland bunte Bildschirme bescherte.
Die lange Übergangsphase von reinen SECAM Geräten bis zur späten stillschweigenden Akzeptanz der "anderen Norm" mit PAL/SECAM Dekodern wie es etwa in der DDR der Fall war "ersparte" man sich nicht zuletzt durch den aufgeschobenen Eintritt in den Komfort dieser Technik. (Nicht ohne Grund wurde die DDR auch als das Land mit dem vergleichsweise am höchsten ausgeprägten ökonomischen Lebensstandard innerhalb des Ostblocks bezeichnet - ein Land das sich auch fast zeitgleich wie der Westen das Farbfernsehen leisten konnte.)
* Es dürfte was am "Flair und der Ausstrahlung" des TSS-1 UdSSR TV's dran gewesen sein, wenn es in den 1980er Jahren gar einen österreichischen Zeitungsbeitrag wert war zu berichten das sich viele jüdische Emigranten aus der UdSSR in Israel um damals 70.000 Schilling (~5.000,- € ohne Inflationsberichtigung) erste SAT Anlagen (4 GHz) für den Empfang der sowjetisch-russischen Satelliten aufgestellt haben.
In Rumänien selbst war russisch kein Pflichtunterrichtsgegenstand. Wiewohl es wirtschaftliche Beziehungen gab war gar von einer Feindschaft [5] aufgrund offener Rechnungen die Rede (Stichwort Bucovina/Moldawien).
Das an der Revolution "nicht ganz unbeteiligte" Temesvar (Timisoara) mit seinem historisch hohen Anteil einer ungarisch stämmigen Bevölkerung und die offensichtlich einfache technische Erreichbarkeit für Fernsehsender aus Serbien und Ungarn wird wohl kein zufälliges Stück im Gesamtpuzzle um die Ereignisse jener Tage der Revolution gespielt haben.
Ein wenig off topic aber dennoch hier passend der Zeitzeugenbericht:
Quellennachweis:
[1] Mihai Drãgãnescu, mit der Präsentation Din istoria telecomunicatiilor in Romania „Die Geschichte der Telekommunikation in Rumänien“ : Telekommunikation in Rumänien.“: Telecomunicatiile in Romania. Ausgewählte Seiten mit den Arbeiten aus der Konvergenz “Istoria Telecomunicatiilor in Romania”, abgehalten in der Aula der Rumänischen Akademie am 5 April 2003.
[2] Andrei Ciontu, erban Naicu, Laurenþiu Moisin, Vasile Ciobãniþa, Pagini din istoria electronicii ºi radiocomnicaþiilor, Editura Naþional, 1998
[3] Idem
[4] Weitere Informationen siehe Forenbeitrag im Englischen Teil!
[5] Persönliche Erfahrungen von RM.org Sammlerkollegen Herrn Nicolae C.
Ein besonderer Dank gilt Frau Lenuta C. vom Museum für Wissenschaft und Technik in Bukarest sowie RM.org Mitglied Herrn Nicolae Chirtas für seine Hilfe aus erster Hand.
Anmerkung:
Allfällige Widersprüche dieses Textes mit den bekannten Daten bei den im RM.org gelisteten Rumänischen Herstellern sind Gegenstand fortlaufender thematischer Auseinandersetzungen und Überprüfungen
(Stichwort: Tatsächliche Eigenentwicklungen und Lizenzfertigungen)!
Bleibt noch die Einladung an alle rumänische Fernsehgeräte in unserem Radiomuseum.org auch zu listen! - Gegenwärtig (3/2009) haben wir dort keinen einzigen!
Schreiben Sie uns Ihre persönlichen Erfahrungen mit dem rumänischen Fernsehen in der Zeit von ~1955 bis 1989/90 während des kommunistischen Regimes!
3/2009 Fernsehhistoriker W. Scheida /Wien
Vor 1990 hörten wir zu jedem Silvesterabend die Rede von unserem König Michael (Aus dem Exil in der Schweiz) und hofften auf den Niedergang des Kommunismus [5].
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.
Geschichte
ich finde den Beitrag gut, kann aber keine direkte Frage drin erkennen,
Bitte um Verständnis, aber die Flut ist schon groß genug.
mfG
KoBi
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.