Gegenkopplungen in NF-Verstärkerschaltungen von Radios kommen Mitte der '30er Jahre auf. Man findet sie zunächst in USA. Das hat Gründe, die mit der Patent- und Lizenzvergabe zu tun haben und etwas vereinfacht ausgedrückt etwa so formuliert werden können.
In Deutschland hatte Telefunken ein Monopol auf die Röhrenfertigung. Das ermöglichte es dieser Firma, von allen Radioherstelleren in D Lizenzgebühren zu erheben. Unter anderem bezog sich die Lizenzabgabe auf die Anzahl der verbauten Röhrenfassungen pro Gerät. Für die Hersteller war das ein andauerndes Ärgernis, das man rein menschlich gesehen, zu umgehen und zu vermeiden trachtete. Das führte schließlich dazu, daß
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Reflex-Stufen entwickelt wurden, bei denen eine Röhre zwei- bis dreifach ausgenutzt wurde. Z.B. als HF-Verstärker, als ZF-Verstärker und als NF-Verstärker
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Röhren mit mehreren Systemen entwickelt wurden. Z.B. die 2HF oder die 3NF von Loewe
Als eines der Vermarktungs-Kriterien diente z.B. die Anzahl der im Empfänger verwendeten Kreise, deren Zählweise sich im Laufe der Zeit so änderte, daß sich immer größere Zahlen ergaben.
In den USA gab es keine Lizenzgebühren für verbaute Röhrenfassungen. Man konnte daher die Zahl der Röhren eines Empfängers als Vermarktungs-Kriterium verwenden. Und in der Tat finden sich hier bei frühen Radios mehr Röhrenstufen als bei entsprechenden deutschen Geräten. Andererseits ist es witzlos, zu viele „normale“ Stufen einzubauen, weil damit die Verstärkung so weit ansteigt, daß die Stabilität nicht mehr gegeben ist und das Gerät schwingt oder „heult“. Es lag daher gewissermaßen nahe, die einzelne Stufenverstärkung entsprechend zu begrenzen. Das führte dann zum Konzept der
um trotz erhöhter Stufenzahl eine stabile Verstärkung zu erreichen. Daß eine Gegenkopplung einige Vorteile bringt, wurde aber auch schnell erkannt, weshalb dieses Konzept dann allgemein übernommen wurde.
Diese vereinfachte Darstellung soll hier genügen.
In „Terman, F.E.: Radio Engineering, 2nd ed., McGraw-Hill, 1937“ findet sich ein Abschnitt über „Feedback Amplifiers“, wo die Gegenkopplung bereits als Blockschaltbild dargestellt wird. Auch werden Formeln für die Verstärkung und die Reduktion der nichtlinearen Verzerrungen angegeben.
Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden typische Schaltbilder gegengekoppelter Röhrenstufen gezeigt.
Für die Gegengekoppelte Stufe (b) in Fig 143 werden die damit erreichbaren Amplitudengänge dargestellt. Hierbei ist zu beachten, daß nicht der Absolutwert der Verstärkung aufgetragen ist, sondern die Werte der Verstärkung jeweils bezogen sind auf die Verstärkung bei 1kHz.
In „Vilbig, F.: Lehrbuch der Hochfrequenztechnik, 1. Aufl., AVG, 1937“ findet man das Stichwort „Gegenkopplung“ nur als „Neutralisation“ von selektiven HF-Verstärkern („Neutrodynempfänger“). Das Thema „Gegenkopplung“ hatte es offenbar noch nicht bis in ein Lehrbuch geschafft. Böse Zungen behaupten nämlich, Vilbig habe seine Bücher „mit der Schere geschrieben“. Freundlicher ausgedrückt: Vilbig hat sich stets bemüht, die neuesten technischen Entwicklungen in seinen Büchern zu berücksichtigen. Heute sind seine Bücher daher in Bezug auf Technikgeschichte sehr interessant. In der zweibändigen 3. Auflage von 1942 gibt es aber ein Kapitel über die Gegenkopplung.
Im „Handbuch der Funktechnik“ und seinen jährlich erschienenen Ergänzungsbänden „Fortschritte der Funktechnik“ finden sich Berichte über neueste Entwicklungen u.a. der Radiotechnik. Diese sollen nun einen Überblick darüber geben, wie die Gegenkopplung in deutsche Radios Einzug hielt.
Aus dem Vorwort des „Handbuch der Funktechnik, Band 5“ = „Fortschritte der Funktechnik, Band 2, Frankh, 1937“
Zunächst wollen wir uns mit den wenigen neuen Röhrentypen beschäftigen, die im laufenden Jahre auf dem Markt erschienen. Es handelt sich dabei um die ADI, die AL4 und die CL4:.
Die ADI ist eine direkt geheizte Dreipol-Endröhre, die eine Anodenverlustleistung von 15 W besitzt und eine 1,5mal so große Leistung wie die RE60l aufnehmen kann. Da sie nur eine Anodenspannung von 250 V benötigt, während die bisher größte Dreipol-Endröhre, die RE614, die im Arbeitsfrontempfänger Verwendung findet, eine Anodenspannung von 400 V benötigt, arbeitet die neue Röhre erheblich günstiger als die bisherigen Röhren gleicher Art. In der letzten Zeit wurden dort, wo man derart große Endröhren benötigt, hauptsächlich Fünfpol-Endröhren benützt, die wegen des höheren Verstärkungsgrades eine kleinere Vorverstärkung benötigen. Neuerdings tritt aber die Frage der Tonqualität wieder mehr in den Vordergrund, so daß man danach strebt, in der Endstufe wegen des kleineren Klirrfaktors an Stelle der Fünfpol-Röhren wieder Dreipol-Röhren zu verwenden. Wir werden später noch darüber sprechen, in welchen Fällen sich in dieser Beziehung wirklich ein nennenswerter Unterschied ergibt. Jedenfalls kommt die Erkenntnis von der Bedeutung der Dreipol-Endröhre für die Tongüte etwas verspätet, da es im letzten Jahr [1936] gelungen ist, die durch die Fünfpol-Endröhre bewirkten nichtlinearen Verzerrungen mit Hilfe der Gegenkopplung (feed-back) stark herabzusetzen. Über diese Schaltart und ihre Einwirkungen auf die Röhrendaten werden wir weiter hinten gleichfalls noch sprechen.
Ein paar Seiten später wird ausgeführt:
Während bei der normalen Schaltung die Verstärkung ziemlich stark von der jeweiligen Anodenspannung abhängt, ist dies bei der Gegenkopplung nicht in diesem Maße der Fall, weil ja die Verstärkung herabgesetzt wird. Hat die Anodenspannung noch einen erheblichen Wechselstromanteil, der von einer zu geringen Siebung herrührt, so bedeutet dies praktisch ein ständiges Schwanken der Anodenspannung im Takt der Netzfrequenz. Infolgedessen ändert sich die Verstärkung im gleichen Rhythmus, was als Netzbrummen in Erscheinung tritt. Da durch die Gegenkopplung der Einfluß der sich ändernden Anodenspannung herabgesetzt wird, verringert sich gleichzeitig das Netzbrummen entsprechend.
Die Schwierigkeit des im Ausland [USA] bereits sehr verbreiteten Verfahrens, das bei uns erst von einer Firma benutzt wird, besteht darin, zu erreichen, daß die Gegenkopplung genau mit der richtigen Phase erfolgt, da sonst die geschilderte Wirkung nicht eintritt, sondern im Gegenteil die Verzerrungen unter Umständen noch größer werden. Da für die Gegenkopplung bei der Spannungsgegenkopplung aber stets frequenzabhängige Glieder benutzt werden müssen (z. B. Transformatoren oder Kondensatoren), ist es sehr schwer, die Anordnung so zu treffen, daß die Phasenlage für alle Frequenzen gleichmäßig stimmt. In dieser Beziehung sind bisher endgültige Ergebnisse, wie beispielsweise Kurven über die Verringerung des Klirrfaktors, noch nicht veröffentlicht worden, so daß man mit dem endgültigen Urteil über die Schaltung noch zuwarten muß.
Die theoretische Untersuchung zur Gegenkopplung, die ja einen Spezialfall der Rückkopplung der allgemeineren Regelungstechnik darstellt, wobei besonders die Stabilität einer Schaltung mit Rückführung eine wichtige Rolle spielt, wurde (erst) 1945 von Hendrik W. Bode in seinem klassischen Buch „Network Analysis and Feedback Amplifier Design, D. Van Nostrand, 1945“ veröffentlicht.
Die ersten in der Radiotechnik angewendeten Gegenkopplungsschaltungen waren also nur praktisch „erprobte“ Schaltungen. Die Gegenkopplung beschränkte sich meist auf eine Verstärkerstufe, die zudem nur eine relativ geringe Verstärkung haben durfte. Typisch für diese frühen Gegenkopplungsschaltungen ist, daß diese hier stets anhand von konkreten Schaltbeispielen behandelt wurden. Im Unterschied dazu ermöglichte es die Arbeit von H.W. Bode, rückgekoppelte Strukturen zu betrachten, von denen „nur“ die Frequenzgänge von Amplitude und Phase, nicht jedoch die konkrete Realisierung der Funktionsblöcke eine Rolle spielt um einen stabilen Regelkreis zu erhalten.
In den „Fortschritten der Funktechnik und ihrer Grenzgebiete, Band 3, Frankh, 1938“ wurde erneut und auf die NF-Technik bezogen auf die Gegenkopplung eingegangen.
17. Gegenkopplung
Über die Gegenkopplung, die inzwischen ihren Wert in der Praxis bewiesen hat, wurde bereits in Bd. II der "Fortschritte der Funktechnik" S. 9ff. ausführlich berichtet. Sie kann entweder über eine oder mehrere Stufen vorgenommen werden, bei mehreren Stufen kann man sie wirksamer gestalten. Außerdem ist dieser Weg besonders zweckmäßig, wenn die letzte Stufe in B-Verstärkung arbeitet, da dann Gitterströme fließen, die die Gegenkopplung beeinflussen. Allerdings kann bei mehreren Stufen leicht Selbsterregung eintreten, weil sich hierbei Phasenverschiebungen nicht vermeiden lassen, die für bestimmte Frequenzen an Stelle einer Gegenkopplung eine Rückkopplung ergeben können. Diese Gefahr besteht besonders dann, wenn die Spannungsgegenkopplung der Sekundärseite des Ausgangstransformators entnommen wird. Bei einer Gegenkopplung über drei Stufen nimmt man diese daher am besten so vor, daß man die beiden letzten Stufen gemeinsam und die drittletzte Stufe für sich gegenkoppelt. Außerdem muß der Verstärkungsgrad wenigstens einer Stufe sehr klein gehalten werden.
Abb. 64 zeigt eine sehr einfache Schaltung für die Gegenkopplung über eine Stufe oder eine ungerade Anzahl von Stufen. Es ist ein Augenblickswert dargestellt, in dem z. B. das Gitter gerade die größte positive Spannung gegen die Kathode hat. Dann hat die Anode die größte negative Spannung, und an dem Widerstand R1 ist das linke Ende negativer als das rechte.
Der Spannungsabfall ist also der EMK der Gitterspule entgegengesetzt, d. h. es ist Gegenkopplung vorhanden. Bei einer Gegenkopplung über eine gerade Anzahl von Stufen ist die Polarität der verwendeten Anode um 1800 verschoben; infolgedessen muß die Schaltung nach Abb. 65 vorgenommen werden, damit wieder eine Gegenkopplung entsteht.
Abb. 66 zeigt die Wirkung der Gegenkopplung bei einer 6L6. Die gestrichelten Linien gelten ohne, die ausgezogenen mit Spannungsgegenkopplung. Die Kennlinien sind durch die Gegenkopplung steiler geworden, d. h. der innere Widerstand ist gesunken und die Kennlinien haben den Charakter von Kennlinien von Dreipolröhren angenommen.
Bei Stromgegenkopplung gilt Abb. 67. Hier sind die Kennlinien flacher geworden, der innere Widerstand ist gestiegen, aber die Kennlinien sind geradliniger und ihr Abstand ist gleichmäßiger, die nichtlinearen Verzerrungen sind also kleiner.
Abb. 68 zeigt, wie mit zunehmender Gegenkopplung der Klirrfaktor sinkt.
Aus den Ausgangskurven der gegengekoppelten
6L6 kann man erkennen, daß die (frequenzunabhängige) Gegenkopplung einer Röhrenstufe damals aber schon beherrscht wurde.
In den
„Fortschritten Bd. 4, 1939“ wird nicht auf die Gegenkopplung eingegangen, aber es wird die Schaltung des
DKE gezeigt, bei der eine einfache Form der Gegenkopplung vom L-System zum C-System der VCL11 besteht. Diese ist ähnlich zu der bei der ECL11 angewendeten Beschaltung.
In den „Fortschritten Bd. 5, 1940“ wird wieder über NF-Gegenkopplung berichtet. Nun ist erkennbar, daß diese sich allgemein durchgesetzt hat. Bei „Klein- und Mittelklasse Super“ ist allerdings nur eingeschränkt anwendbar, weil die Verstärkung dabei zurückgeht und man keinen erhöhten Aufwand an Röhren betreiben will.
6. Gegenkopplung
Die Klein- und Mittelklassensuper unter den im Berichtsjahr neu herausgekommenen Rundfunkgeräten verwenden als Endröhre häufig die neue Dreipol-Vierpolendröhre ECL11, wobei die Konstrukteure sich verschiedener Gegenkopplungsschaltungen bedienen, um eine teilweise Entzerrung zu ermöglichen und den Frequenzgang des Rundfunkempfängers gehörrichtig zu dimensionieren. Die einfachste Gegenkopplungsschaltung besteht nach Abb. 82 darin, daß man das Vierpolsystem der ECL11 allein gegenkoppelt und seine Anode mit der Anode des Dreipolsystems über einen Widerstand verbindet.
Der in Reihe geschaltete Kondensator
C1 wird als frequenzabhängiges Glied zur Anhebung der tiefen Frequenzen benützt. Allerdings läßt sich diese einfache Gegenkopplungsschaltung, die wir u. a. im
Schaleco-Stahlsuper finden, nur bis zu Gegenkopplungswerten von rund 1: 2,5 verwenden. Durch die Gegenkopplung von der Anode des einen zur Anode des anderen Systems nimmt der wechselstrommäßige Außenwiderstand des Dreipolteils ab, der bei einem Gleichstromwiderstand von 100 kΩ im Anodenkreis der Dreipolröhre und einem Gitterableitwiderstand der Vierpolröhre von 500 kΩ von 83,5 kΩ auf etwa 24 kΩ zurückgeht, wenn die Gegenkopplung einen Wert von 1 : 2 besitzt. Zur vollen Aussteuerung des Vierpolsystems wird es jetzt erforderlich, der Dreipolröhre eine größere Gitterwechselspannung zuzuführen. Die Folge ist ein Ansteigen der Verzerrungen im Dreipolteil, während im Vierpolteil die Verzerrungen kleiner werden. Mit Rücksicht auf die Verzerrungen im Dreipolröhrenteil darf man also bei dieser Schaltung keine höheren Gegenkopplungswerte als 1: 2,5 anwenden.
Wird im Niederfrequenzverstärker mit der Röhre ECL11 ein größerer Gegenkopplungswert gewünscht, so kann man die Triodenverzerrungen geringer halten, indem man nach Abb. 84 vor die Anode des Dreipolteils den Widerstand R2 (etwa 100 bis 200 kΩ) schaltet.
Dieser Widerstand verhindert ein allzu großes Absinken des wechselstrommäßigen Außenwiderstandes, so daß die Linearisierung der Arbeitskennlinie, die in der Schaltung nach Abb. 82 kleiner geworden ist, im wesentlichen erhalten bleibt. Diese Schaltung eignet sich besonders für Gegenkopplungswerte über 1: 2,5, wird aber bis jetzt in den Industriegeräten nicht verwendet, weil man sich dort mit Rücksicht auf eine ausreichende Empfindlichkeit des Klein- und Mittelsuperhets mit kleineren Gegenkopplungswerten begnügt. Der Kondensator C1 dient als frequenzabhängiges Glied für die Baßanhebung.
In kleineren Geräten bringt die Anwendung der Gegenkopplung einen beim Empfang leiser Sender recht unangenehm auftretenden Verstärkungsverlust mit sich. Man ist aus diesen Gründen jetzt in kleineren Geräten bestrebt, die Gegenkopplung nur beim Empfang lauter Stationen, also beispielsweise des Orts- oder Bezirkssenders, anzuwenden und bei der Aufnahme von schwächeren Sendern auf eine Gegenkopplung ganz zu verzichten, wobei man von der Überlegung ausgeht, daß schwächer hörbare Stationen an und für sich nicht klar genug empfangen werden können, so daß die Vorzüge der Gegenkopplung gar nicht zur Geltung kommen. So hat Graetz im 3 Röhren -1 Kreiser "
49W" die Gegenkopplung abschaltbar gemacht und den Gegenkopplungsschalter mit dem Rückkopplungsregler kombiniert. Es ist klar, daß damit eine recht einfache Lösung des Problems gefunden wurde.
Sobald man (vergl. Abb. 85 oben) mit Hilfe von
C1 die Rückkopplung anzieht, um höhere Empfindlichkeit und Trennschärfe zu erhalten, schaltet
S1 bei einer bestimmten Stellung von
C1 die aus
R1 und
C2 bestehende Gegenkopplungsanordnung ab. Von der Abschaltung der Gegenkopplung wird auch beim Kurzwellen-Empfang zwecks Steigerung der Empfindlichkeit Gebrauch gemacht, z. B. von Braun bei seinem 7Kreis5Röhren-Superhet "
6740 W"; die Gegenkopplung ist hier durch einen Vierfach-Stufenschalter ein- und ausschaltbar.
Eine sehr elegante Lösung haben wir in der durch Abb. 87 veranschaulichten lautstärkeabhängigen Gegenkopplungsschaltung vor uns, bei der die Gegenkopplung in den Gitterkreis des Dreipolteiles der Röhre ECL11 vorgenommen wird, so daß die kleine Aussteuerung der Dreipolröhre und auch der kleine Klirrfaktor erhalten bleiben. Als Ausgangspunkt für die Gegenkopplung dient hier nicht die Anode des Vierpolsystems, sondern die Sekundärwicklung des Ausgangsübertragers. Auf diese Weise erhält die Gegenkopplungsspannung die richtige Phasenlage. Außerdem verringern sich durch die Gegenkopplung die Verzerrungen des Ausgangsübertragers. Wie das Schaltbild zeigt, führt man einen Teil der Ausgangsspannung zum unteren Ende des Lautstärkereglers R2 (1 MΩ) über den Widerstand R4 (1000 Ω), sowie R3(100 Ω). Bei heruntergedrehtem Lautstärkeregler R2nimmt die Gegenkopplung zu, wenn z. B. der Ortssender empfangen wird. Umgekehrt kann bei kleiner Empfangsfeldstärke und demzufolge voll aufgedrehtem Lautstärkeregler beinahe die ganze Verstärkung der ECL11 ausgenützt werden, da die Gegenkopplung nur noch einen kleinen Wert besitzt.
In Abb. 88 ist die Änderung des Gegenkopplungsgrades in Abhängigkeit von der Stellung des Lautstärkereglers dargestellt und zwar das Verstärkungsverhältnis V/V' in Abhängigkeit von dem Verhältnis t des Widerstandes zwischen Regleranzapfung und Kathode zu dem Gesamtwiderstand zwischen oberem Reglerende und Kathode (nach L. Brück und R. Schiffel "Die Telefunken-Röhre", H. 16). Dabei ist V die Verstärkung ohne Gegenkopplung und V' die Verstärkung mit Gegenkopplung. Mit dieser Gegenkopplungsschaltung läßt sich in der angegebenen Dimensionierung ein größter Gegenkopplungswert von 1: 6 erzielen. Allerdings bleibt infolge des Siebwiderstandes R1 (100 kΩ) für die Hochfrequenz eine restliche Gegenkopplung von etwa 1: 1,45 übrig, die sich noch etwas erhöht, weil der Niederfrequenzwiderstand der Zweipolstrecke mit Ableitwiderstand (etwa 70 bis 100 kΩ) nicht berücksichtigt wurde.
Die von Philipsangewandte Gegenkopplungsschaltung ist gleichfalls wesentlich verbessert worden. Beim Spitzengerät "
Aachen Super D63" und beim Musikschrank wurde im Gegenkopplungskanal ein Resonanzglied für die Anhebung der ganz tiefen Töne angeordnet. In der Gegenkopplungsschaltung der anderen Philips-Geräte hat man neben dem Gegenkopplungskanal einen Mitkopplungskanal verwendet. Eine lautstärkeabhängige Gegenkopplung wird nun dadurch ,erzielt, daß beide Kanäle in Form eines Spannungsteilers gegeneinander gekoppelt sind. Bei kleinerer Lautstärke ist die Gegenkopplung weniger wirksam, weil die eine Hälfte des Spannungsteilers R1 (vgl. das Prinzipschaltbild Abb. 91), die die Gegenkopplung bewirkt, als Lautstärkeregler ausgebildet ist.
Da diese Gegenkopplungsschaltung für die Gegen- bzw. Mitkopplung nur einen praktisch vernachlässigbaren Anteil der Ausgangsleistung benötigt, wird sie auch als "verlustfreie Gegenkopplung" bezeichnet. Einzelheiten der Philips-Gegenkopplung gehen aus Abb. 92 hervor.
Um eine größere Gegenkopplungsspannung zu erhalten, wird diese Spannung auf der Sekundärseite des Lautsprecher-Übertragers T nicht von der Schwingspulenwicklung S2, sondern von der zusätzlichen Gegenkopplungswicklung S1 abgenommen. Die Mittelanzapfung der Wicklung S1 steht mit der Kathode der Verbund-Endröhre ABL1, in Verbindung und ist über den großen Elektrolytkondensator C5 geerdet. An beiden Enden der Zusatzwicklung S1 liegt Niederfrequenz-Spannung mit entgegengesetzter Phase, und zwar benützt man die Spannung des einen Endes G als Gegenkopplungsspannung, die zum unteren Ende C des Lautstärkereglers R1geführt wird. Am anderen Ende M nimmt man die Mitkopplungsspannung ab und leitet sie über den Widerstand R2der gleiche Größe wie R1 besitzt, zum oberen Ende von R1 . Im Punkt A heben Gegenkopplung und Mitkopplung einander auf. Wenn man R1aufdreht, arbeitet der Verstärker praktisch ohne Gegenkopplung. Dreht man dagegen R1herunter, so nimmt die Gegenkopplung zu und die Mitkopplung ab. Zur Frequenzkorrektur enthält die Anordnung drei verschiedene Aggregate. Davon dienen R3 mit C1 und R4mit C2 zur "Höhenanhebung", während eine "Baßanhebung" durch die Anordnung R5und C3 bewirkt wird.
Die Philips-Gegenkopplung wird durch eine "Steiltonblende" ergänzt, die gegenüber der normalen Klangreglerschaltung einen Fortschritt bedeutet. Die hohen Töne werden hier nicht über einen Blockkondensator nach Erde kurzgeschlossen, wobei die mittleren Töne beeinträchtigt werden, sondern man führt nach Abb. 92 einen durch das Filter C4, S2 scharf abgeschnittenen Teil der hohen Frequenzen im Punkt B dem Gitter der Endröhre zu.
Mit dem Potentiometer R6läßt sich die Stärke der Gegenkopplung dieser hohen Töne regeln, so daß man eine äußerst scharf begrenzte Tonblende erhält. Diese Anordnung läßt nur bestimmte Töne hindurch. Im Bereich zwischen 1000 und 2500 Hz tritt eine Frequenzanhebung ein, ebenso bei den Bässen. Die Vorzüge der neuen Steiltonblende ergeben sich aus einem Vergleich der in den Abb. 93 und 94 dargestellten Frequenzkurven.
Abbild. 93 veranschaulicht den Frequenzgang eines mit gewöhnlichem Klangregler ausgestatteten Gerätes und zwar zeigt Kurve a den Frequenzgang bei offener Tonblende, Kurve b den Frequenzgang bei Mittelstellung und Kurve c den Frequenzgang bei der Endstellung des Klangreglers. Im Vergleich dazu läßt der in Abb. 94 wiedergegebene Frequenzgang eines mit der Philips-Steiltonblende versehenen Empfängers erkennen, daß in der Mittelstellung b und in der Endstellung c des Klangreglers ein viel steileres Abschneiden der hohen Frequenzen ohne Beeinflussung des mittleren Frequenzgebietes möglich ist.
An der Verfeinerung der Gegenkopplung wurde im Berichtsjahr auch von anderen Firmen mit Erfolg gearbeitet. So zeigt [Abb. 89,]
das Schaltbild des "Minerva 405 W", einen mit der Gegenkopplung kombinierten Klangregler, der eine wahlweise Bevorzugung der hohen oder tiefen Frequenzen erlaubt.
Eine sehr interessante Schaltung ist auch die phasenreine Gegenkopplung der Staßfurter Rundfunk G.m.b.H., die gleichzeitig eine Anhebung der tiefen und hohen Frequenzen bewirkt. Ihre Wirkungsweise zeigt Abb. 95. Wie wir sehen, dient Kondensator C3 zur Betonung der tiefen Frequenzen, da sein Widerstand nach den tiefen Frequenzen hin steigt. Der Kondensator C2 nimmt aus dem Widerstands-C-Glied die hohen Frequenzen heraus und schließt sie gegen Erde kurz. Die hohen Frequenzen können daher nicht zum Gitter gelangen und eine Gegenkopplung hervorrufen. Die Betonung der hohen Frequenzen wird durch R1 und C1 unterstützt. R1 verursacht einen tonfrequenten Spannungsabfall, der durch C1 nach den hohen Frequenzen hin kurzgeschlossen wird. Aus der Dimensionierung der Glieder geht hervor, daß nur ganz unwesentliche Phasenverschiebungen auftreten können, so daß man praktisch von Phasenreinheit sprechen kann, im Gegensatz zu Gegenkopplungen, die mit einem CL-Glied versehen sind und meistens als Stromgegenkopplungen zur Kathode gehen. Bei derartigen Gegenkopplungen kann man im L-Glied wesentliche Phasendehnungen nie ganz vermeiden und bekommt daher auch verhältnismäßig große Verzerrungen.
In den „Fortschritten Bd. 6, 1941“ werden weitere Gegenkopplungen beschrieben, die nun immer auch für die Beeinflussung der Gegenkopplung verwendet werden. Neu ist eine von der Empfangsfeldstärke abhängige Gegenkopplung.
5. Gegenkopplung und selbsttätige Störbegrenzung
Die hervorragende Klangqualität der neuen Exportgeräte - und zwar auch der kleinen Empfänger - ist einmal auf die Verwendung neuzeitlicher, verbesserter Lautsprecher, hauptsächlich aber auf die fortschrittliche Gegenkopplungsschaltung mit Baß- und Höhenanhebung zurückzuführen. Bei der in Abb. 29 gezeigten Gegenkopplungsschaltung des Telefunken-5Kreis-4Röhren-Superhets
054GWK gelangt die Gegenkopplungsspannung von der Anode des Endsvstems der UCL11 zur Anode des Dreipolsystems dieser Röhre.
Der Kondensator C1 ist mit 250 pF so bemessen, daß sich durch Schwächung der Gegenkopplung für die tiefen Frequenzen eine Baßanhebung ergibt. Mit Hilfe des hinter R1 angeordneten Kondensators C2 (= 2,5 nF) erhält man einen Kurzschluß der Gegenkopplung für die Höhen, also eine Höhenanhebung. In Verbindung mit dem Schalter S1 kann man nun den Blockkondensator C3 entweder zwischen die Anode des Endsystems und die Anode des Vorsystems oder parallel zum "Baßkondensator" C1 schalten, wodurch sich wahlweise eine Benachteiligung der Baß- oder der Höhenlage ergibt.
Grundsätzlich die gleiche Gegenkopplungsschaltung finden wir beim Siemens-Super
20GW. Hier ist - wie Abb. 30 zeigt - der Widerstand R3weggelassen, jedoch für die Höhenanhebung in Reihe mit dem Kondensator C2ein Widerstand von 10 kΩ geschaltet. Dementsprechend ergibt sich eine etwas andere Bemessung für C2 .
Neuerdings nützt man die Gegenkopplung nicht allein zur Verringerung der Verzerrungen und zur Baß- und Höhenanliebung aus, sondern auch zur selbsttätigen Begrenzung der Störgeräusche. Geht man beim Abstimmen von einem Sender zum andern, so treten ja stets mehr oder weniger starke Störungen auf, die teilweise auf das Röhrenrauschen, teilweise auf atmosphärische oder örtliche Störungen zurückgehen und durch Bedienung des Klangfarbenreglers verringert werden können. Dieser Bedienungsgriff ist im Telefunken-Großsuper
D707 WKK durch eine Gegenkopplungsautomatik für diesen Fall überflüssig gemacht worden, so daß der Hörer es nicht mehr nötig hat, durch Klangverdunkelung von Hand die Störungen zu beschneiden. Die von Telefunken, verwendete Anordnung für die selbsttätige Tonregelung zieht für diesen Zweck die Schwundregelung heran.
Wie Abb. 32 erkennen läßt, gelangt die Niederfrequenzspannung über den Lautstärkeregler R1zum Steuergitter der NF-Vorröhre EF11. Die Schwundregelspannung wird dem Steuergitter der EF11 unmittelbar über R2zugeführt. Während die Abstimmanzeigeröhre EM11 die Regelspannung unverzögert erhält, wird die Gittervorspannung am Kathodenwiderstand R3, R4abgegriffen. Demnach ist die Verstärkung der EM11 und die über den Kondensator C1 (15 pF) zum Steuergitter der EF11 geleitete Tonfrequenzspannung abhängig von der Größe der Regelspannung und damit von der hochfrequenten Eingangsspannung. Bei starkem Empfang und großer Regelspannung arbeitet die EM11 mit geringer Verstärkung. Umgekehrt wird die Verstärkung bei schwachem Empfang und kleinerer Regelspannung größer. Wie Abb. 32 weiter zeigt, gelangen über den Kondensator C2nur die hohen Frequenzen von der an R5herrschenden Tonfrequenzspannung zur Röhre EM11. Für die hohen Frequenzen ist C2mit 5 pF ausreichend bemessen. Sie gelangen vom Schirmgitter der Endröhre zum Steuergitter der NF-Vorröhre. Die Zwischenschaltung der EM11 bewirkt eine Phasenumkehr. Es handelt sich hier demnach um eine Gegenkopplung, da die über C1 zum Steuergitter der EF11 geleitete Spannung gegenphasig zu der an R1herrschenden NF-Spannung ist.
Die Wirkungsweise der Tonbandautomatik geht aus Abb. 33 hervor. Kurve I zeigt, daß bei der Abstimmung auf den Ortssender praktisch keine Störungen vorhanden sind und daher das gesamte Tonfrequenzband übertragen wird. Kurve II gilt für die Abstimmung auf einen nahe gelegenen Großsender, wobei das Störgeräusch im jeweiligen Frequenzgebiet ausreichend beschnitten wird. Kurve III entspricht einer weiteren Tonbandbeschneidung bei der Abstimmung auf ferner gelegene Sender, während Kurve IV eine maximale Störbegrenzung beim Empfang ganz schwacher Stationen zeigt. Einer Erklärung bedarf noch der Umschalter S1 in Abb. 32. Bei Tonabnehmerwiedergabe ist es erwünscht, ohne Tonbandautomatik zu arbeiten. Deshalb schaltet man in diesem Fall die Kathode der EM11 mit der Kathode der EL12 zusammen. S1 wird mit dem Tonabnehmerschalter kombiniert.
Der Schaub-Super
KW41 besitzt ebenfalls eine interessante Gegenkopplungsschaltung (s. Abb. 34).
Die NF-Spannung wird von der Gleichrichterstrecke über den Lautstärkeregler R1 zum Steuergitter der EF11 geführt. Der stetig veränderliche HF-Bandbreitenregler ist mit dem regelbaren Gegenkopplungswiderstand R2(0,1 MΩ) gekoppelt. Eine weitere fest eingebaute Gegenkopplung, bestehend aus C1 (1 nF) und R3(3 MΩ), gleicht das Frequenzband der Endstufe aus und unterdrückt somit unerwünschte Resonanzstellen des Lautsprechers, wobei gleichzeitig Verzerrungen ausgeglichen werden. Ferner arbeitet über den gesamten NF-Verstärker eine frequenzkorrigierte, von der Regelspannung abhängige Gegenkopplung, die aus dem Widerstand R4und dem Blockkondensator C2 (1,5 MΩ und 100 pF) besteht. Durch entsprechende Bemessung dieses RC-Gliedes, das von der Sekundärseite des Ausgangsübertragers zum Gitter der geregelten NF-Vorröhre führt, wird erreicht, daß beim Empfang schwächerer Sender, also beim Fernempfang, und damit schwach geregeltem Zustand und großer Verstärkung der Vorröhre Störungen sowie Rauschen im Gebiet hoher Frequenzen durch starke Gegenkopplung unterbunden werden, während beim Empfang starker Sender oder des Ortssenders die Gegenkopplung in stark geregeltem Zustand der NF-Vorröhre praktisch unwirksam wird. Auf diese Weise erhält man eine recht wirksame selbsttätige Stör- und Rauschbegrenzung beim Fernempfang, während beim Empfang starker Sender das NF-Band in seiner vollen Breite zur Geltung kommt. Für Tonabnehmerbetrieb wird die Gegenkopplungsautomatik durch den Schalter S1 abgeschaltet.
Da unsere handelsüblichen Schallplatten den Baßbereich unerwünscht vernachlässigen, ist es notwendig, bei hochwertiger Schallplattenwiedergabe für eine Anhebung dieses Bereichs zu sorgen. Telefunken verwendet zu diesem Zweck eine in fast alle neuen Exportempfänger eingebaute Tiefenanhebung (vgl. Abb. 35).
Durch R1 (0,1 MΩ) wird ein Spannungsabfall bewirkt, der den Verstärker vor Übersteuerung schützt. Der kapazitive Widerstand von C1 (5000 pF) bewirkt eine Vernachlässigung des hohen Frequenzbereiches und somit eine Anhebung der Tiefen. Der Widerstand R2bestimmt die Grenzfrequenz für Kondensator C2. Den Frequenzgang bei Tonabnehmerwiedergabe zeigt Abb. 36. Es ergibt sich ein Anhebungsbereich von 1000 bis 60 Hz mit einer größten Anhebung bei 60 Hz und einem geradlinigen Kurvenabfall bis 1000 Hz.
Auch an der Verbesserung der Klangregelung haben die Konstrukteure im Berichtsjahr gearbeitet. Telefunken benutzt jetzt in den Geräten
076 WK/GWK eine neue, mit der Gegenkopplung kombinierte Steiltonblende, die nicht mehr den mittleren Tonfrequenzbereich unzulässig beschneidet, sondern die Höhen scharf abschneidet.
In dieser Schaltung (Abb. 37) wird vom Schleifer des Potentiometers R1die über C1 (= 50 pF) zugeführte Gegenkopplungsspannung zum Steuergitter der EL11 geführt. Steht der Schleifer am oberen Ende, so erhält das Gitter der EL11 die maximale Gegenkopplungsspannung. Der Verstärker arbeitet dann mit Schmalbandwiedergabe. In Breitbandstellung liegt der Kondensator C2 (100 pF) parallel zur Gitterkapazität. Die Gegenkopplungsspannung ist dann aufgehoben.
Abb. 38 veranschaulicht den Frequenzgang der mit dieser Steiltonblende ausgestatteten Geräte für Schmalband (Kurve 1), für Breitband (Kurve 5) und für verschiedene Zwischenstellungen (Kurven 2, 3, 4).
In den „Exportgeräten“ des Jahrgangs 1940/41 war schon aus Konkurrenzgründen eine Gegenkopplung notwendig. Von da an war sie auch bei deutschen Geräten „Stand der Technik“, wenn auch kurz nach Kriegsende die Technik kurzfristig wieder recht primitiv war.
MfG DR
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