"Entdecker" des Fadings
ID: 157869
"Entdecker" des Fadings
02.Feb.08 16:23
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Im Funk-Bastler 1932, H27, S. 430 stellt sich der "Entdecker" des Fadings vor.
Zu Anfang dieses Jahrhunderts bestand zwischen Konstantinopel und den der Türkei gehörigen Gebieten an der Großen Syrte in Nordafrika eine außerordentlich schlechte Verbindung. Die Dampfer verkehrten bestenfalls alle Monate einmal. Mit der Hauptstadt dieses Landes, Dernah, konnte man zwar über Frankreich und Tripolis telegraphieren, aber der Überlanddraht Tripolis-Dernah wurde oft von aufständischen Arabern durchschnitten. Die Anlegung eines Kabels von Dernah nach Kleinasien hätte zu viel gekostet. Aus militärischen und politischen Gründen war es aber der türkischen Regierung sehr an einer unmittelbaren Verbindung mit ihrer überseeischen Provinz gelegen. Sowie die drahtlose Telegraphie aufkam, bestellte daher die Türkei Anfang 1905 bei Siemens & Halske in Wien, also mittelbar bei Telefunken, zwei Küstenstationen, von denen die eine in Dernah gebaut werden sollte, die andere an der Südwestküste von Kleinasien, gegenüber der Insel Rhodos, wo im Altertum die Stadt Patara gelegen war.
Die Entfernung betrug 750 km. Für die heutige Technik ist das eine Kleinigkeit. Damals hatte aber Telefunken noch keine drahtlose Verbindung auf eine solche Entfernung ausgeführt gehabt. Der einzige, der diesbezügliche Erfahrungen besaß, und zwar durch den Bau von Großstationen im Russisch-Japanischen Kriege, war ich, und die Direktion von Telefunken fühlte sich sehr erleichtert, als ich die Oberleitung der bereits begonnenen Montage der Station und die volle Verantwortung für das Gelingen der Verbindung übernahm.
Im Oktober 1905 reiste ich über Patara, dessen Bau Herr Sommer ausführte, nach Dernah, wo Herr Tauber mein Mitarbeiter war. Noch vor Ende des Jahres war der drahtlose Verkehr zwischen beiden Stationen im Gange, Empfangen wurde mit Kohärer und Morseschreiber sowie mit Schloemilchzelle und Kopfhörer. Bei beiden Empfangsarten machten wir die Beobachtung, daß nicht nur die bekannten "atmosphärischen Störungen" auftraten, sondern daß außerdem die Empfangsstärke manchmal sehr rasch schwankte, Es war dieselbe Erscheinung, welche man heute "Fading" nennt. Herr Tauber glaubte einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieser Schwächungen und eines hellen, weißen Schimmers an dem sonst klaren Himmel in der Richtung der Gegenstation zu bemerken; das wäre auch nach den heutigen Erkenntnissen nicht unmöglich.
Ich berichtete darüber an Siemens & Halske am 14. Januar 1906:
"Vorgestern und gestern habe ich von Patara auch mit Schreiber bekommen, sowie mit Schreiber und Hörer zugleich, aber, nur einige Zeit. Die Intensitäten sind überhaupt stark wechselnd, und zwar, davon bin ich jetzt fest überzeugt, wirklich durch Veränderungen in der Atmosphäre."
Und einige Wochen später schrieb ich an Telefunken:
"Was die zwecklosen Versuche anbelangt, so findet das Unerhörte, daß, nur von gutem, schlechtem oder gar keinem Empfang gesprochen wird, tatsächlich statt. Sie sollten hier am Telephon sitzen und hören, wie die Empfangsintensität in Sekunden sich in den weitesten Grenzen ändert."
Die Antwort, die ich bekam, ist für die damalige Zeit kennzeichnend: "Es ist vollkommen klar, daß, falls Ihr Empfang mit der zweidrahtigen Antenne besser ausgefallen ist als derjenigen mit vielen Drähten, in Ihrer Anlage eine unzulässige Dämpfung vorhanden sein muß. Die großen Energieschwankungen, von welchen Sie in Ihrem Schreiben berichten, lassen auch darauf schließen."
Danach darf ich wohl zusammen mit Herrn Taube die Priorität für die Entdeckung des Fadings in Anspruch nehmen.
Prof. Dr. W. Burstyn.
Mit OCR aus "Funkbastler, 1932, Heft 27, S. 430
Die geschilderte Beobachtung (Entdeckung??) von zufälligen Schwankungen der Empfangsintensität fällt also in eine Zeit (um 1900), wo noch mit Hilfe eines Kohärers (oder Fritters) bzw. mit einer Schloemilch-Zelle die hochfrequenten Morsezeichen detektiert wurden.
Zu einer richtigen Entdeckung gehört eigentlich, daß dem Phänomen auf den Grund gegangen wird und nach möglichen Ursachen dafür gesucht wird. Eine bloße Mitteilung einer (zufälligen?) Beobachtung an die vorgesetzte Verwaltung (bei Siemens oder Telefunken) dürfte kaum ausreichen, um allgemein als "Entdecker" anerkannt zu werden.
MfG DR
Wer hat das Fading entdeckt?
von Prof. Dr. W. Burstyn
Zu Anfang dieses Jahrhunderts bestand zwischen Konstantinopel und den der Türkei gehörigen Gebieten an der Großen Syrte in Nordafrika eine außerordentlich schlechte Verbindung. Die Dampfer verkehrten bestenfalls alle Monate einmal. Mit der Hauptstadt dieses Landes, Dernah, konnte man zwar über Frankreich und Tripolis telegraphieren, aber der Überlanddraht Tripolis-Dernah wurde oft von aufständischen Arabern durchschnitten. Die Anlegung eines Kabels von Dernah nach Kleinasien hätte zu viel gekostet. Aus militärischen und politischen Gründen war es aber der türkischen Regierung sehr an einer unmittelbaren Verbindung mit ihrer überseeischen Provinz gelegen. Sowie die drahtlose Telegraphie aufkam, bestellte daher die Türkei Anfang 1905 bei Siemens & Halske in Wien, also mittelbar bei Telefunken, zwei Küstenstationen, von denen die eine in Dernah gebaut werden sollte, die andere an der Südwestküste von Kleinasien, gegenüber der Insel Rhodos, wo im Altertum die Stadt Patara gelegen war.
Die Entfernung betrug 750 km. Für die heutige Technik ist das eine Kleinigkeit. Damals hatte aber Telefunken noch keine drahtlose Verbindung auf eine solche Entfernung ausgeführt gehabt. Der einzige, der diesbezügliche Erfahrungen besaß, und zwar durch den Bau von Großstationen im Russisch-Japanischen Kriege, war ich, und die Direktion von Telefunken fühlte sich sehr erleichtert, als ich die Oberleitung der bereits begonnenen Montage der Station und die volle Verantwortung für das Gelingen der Verbindung übernahm.
Im Oktober 1905 reiste ich über Patara, dessen Bau Herr Sommer ausführte, nach Dernah, wo Herr Tauber mein Mitarbeiter war. Noch vor Ende des Jahres war der drahtlose Verkehr zwischen beiden Stationen im Gange, Empfangen wurde mit Kohärer und Morseschreiber sowie mit Schloemilchzelle und Kopfhörer. Bei beiden Empfangsarten machten wir die Beobachtung, daß nicht nur die bekannten "atmosphärischen Störungen" auftraten, sondern daß außerdem die Empfangsstärke manchmal sehr rasch schwankte, Es war dieselbe Erscheinung, welche man heute "Fading" nennt. Herr Tauber glaubte einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieser Schwächungen und eines hellen, weißen Schimmers an dem sonst klaren Himmel in der Richtung der Gegenstation zu bemerken; das wäre auch nach den heutigen Erkenntnissen nicht unmöglich.
Ich berichtete darüber an Siemens & Halske am 14. Januar 1906:
"Vorgestern und gestern habe ich von Patara auch mit Schreiber bekommen, sowie mit Schreiber und Hörer zugleich, aber, nur einige Zeit. Die Intensitäten sind überhaupt stark wechselnd, und zwar, davon bin ich jetzt fest überzeugt, wirklich durch Veränderungen in der Atmosphäre."
Und einige Wochen später schrieb ich an Telefunken:
"Was die zwecklosen Versuche anbelangt, so findet das Unerhörte, daß, nur von gutem, schlechtem oder gar keinem Empfang gesprochen wird, tatsächlich statt. Sie sollten hier am Telephon sitzen und hören, wie die Empfangsintensität in Sekunden sich in den weitesten Grenzen ändert."
Die Antwort, die ich bekam, ist für die damalige Zeit kennzeichnend: "Es ist vollkommen klar, daß, falls Ihr Empfang mit der zweidrahtigen Antenne besser ausgefallen ist als derjenigen mit vielen Drähten, in Ihrer Anlage eine unzulässige Dämpfung vorhanden sein muß. Die großen Energieschwankungen, von welchen Sie in Ihrem Schreiben berichten, lassen auch darauf schließen."
Danach darf ich wohl zusammen mit Herrn Taube die Priorität für die Entdeckung des Fadings in Anspruch nehmen.
Prof. Dr. W. Burstyn.
Mit OCR aus "Funkbastler, 1932, Heft 27, S. 430
Die geschilderte Beobachtung (Entdeckung??) von zufälligen Schwankungen der Empfangsintensität fällt also in eine Zeit (um 1900), wo noch mit Hilfe eines Kohärers (oder Fritters) bzw. mit einer Schloemilch-Zelle die hochfrequenten Morsezeichen detektiert wurden.
Zu einer richtigen Entdeckung gehört eigentlich, daß dem Phänomen auf den Grund gegangen wird und nach möglichen Ursachen dafür gesucht wird. Eine bloße Mitteilung einer (zufälligen?) Beobachtung an die vorgesetzte Verwaltung (bei Siemens oder Telefunken) dürfte kaum ausreichen, um allgemein als "Entdecker" anerkannt zu werden.
MfG DR
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.