Rundfunksende- und Fernmeldeturm Dresden Gompitz
Rundfunksende- und Fernmeldeturm Dresden Gompitz
Wenn man auf die A17 in Richtung Prag fährt, dann kommt keine 2 Km nach der Abfahrt von der A4 ein auffälliger grüner Turm mit vielen Antennen und Spiegeln drauf.
Davor steht ein neu errichteter Funkmast. In der benachbarten Pennricher Kleingartensparte waren Kleingärtner schon fleißig bei der Frühjahrsbestellung und so erfuhr ich einige Geschichten über dieses Bauwerk.
Hartnäckig hält sich immer noch das Gerücht, das in den 30iger jahren eine flächendeckende Fernsehverversorgung geplant war und diese grünen Stationen für die Weiterleitung des Fernsehprogrammes gebaut wurden.
Falsch !
Es handelt sich um den Fernmeldeturm der ehemaligen Bezirksrichtfunkzentrale Dresden Gompitz. Nach den Ereignissen um den 17.Juni 1953 beschloß das ZK der SED den Aufbau eines eigenen Richtfunknetzes (RFN) .
Das Gebäude ist 21 m hoch, unterkellert, hat 5 Etagen , ist 15,45 m lang und 9 m breit. Oben sind dann die Antennen, früher waren es die Richtfunkspiegel.
Gebaut wurden diese markanten Gebäude ab 1954 ( Gompitz wurde vermutlich im Jahre 1956/57 fertiggestellt und von der SED eigenen Fundament GmbH errichtet) .
Im Ersteinsatz waren die Richtfunkgeräte RVG 903 vom Sachsenwerk Radeberg, die allerdings nach kurzer Zeit, schon 1957, abgelöst wurden von der RVG 924.
Richtfunk ist sicherer als normaler Funkverkehr, das Analogtelefon und außerdem war es möglich, über dieses Netz immer sofort die dienstlichen Verbindungen herzustellen.
Der nächste Punkt war die Anlage in Klein Oßnig auf dem Schwarzen Berg bei Cottbus ( Sichtbeziehung über 60 Km ), und eine zweite Richtfunkstrecke, diese ging zum großen Picho bei Wilthen... ( etwa 52 Km ).
Der Turm hatte im Richtfunknetz der SED die Bezeichnung "12A1". Die 12 für den Bezirk Dresden und A1 als erste und führende Station. Besetzt rund um die Uhr mit mindestens zwei, meistens drei Mitarbeitern im zwei- Schichtdienst sowie zwei Angehörigen der VP zur Bewachung. Oben war auch auf dem A-Turm eine Beobachtungsstelle für die Luftaufklärung eingerichtet.
In der Struktur wurden die Meldungen vom ZK der SED an die Bezirksleitung und dann weiter an die Kreisleitungen gegeben. Später kam dann noch die NVA dazu, die Wehrbezirkskommandos und Wehrkreiskommandos. Es wurden auch große Armeeeinrichtungen wie die Offiziershochschule in Löbau angeschlossen.
Ab 1.Januar 1984 erfolgte die kostenfreie Übergabe dieser Anlagen an die Deutsche Post.
Mit der politischen Wende in der DDR waren diese technischen Anlagen erst mal nutzlos geworden, teilweise wurde sogar die Technik zerstört und ausgeplündert, hier zu sehen in Gompitz Juli 1990.
Foto; Hans Peter Schwenke, Privatarchiv von Hans-Peter Schwenke aus Dresden, "Disp Pult verwüstet " Das Foto wurde mir persönlich für Radiomuseum.org von Herrn H.P. Schwenke freigegeben.
Neuer Eigentümer nach der Wiedervereinigung am 3.Oktober 1990 wurde die Deutsche Bundespost. Nun ging es erst mal nicht mehr um Richtfunk. Andere Funkdienste fanden sich jedoch, auch das damals beginnende Mobilfunknetz benötigte attraktive Übertragungsstandorte.
Foto: google-maps 2009 2019-05-06 14,50 Uhr
Mich interessierte wie es heute dort aussieht. Die Baulichkeiten gehören jetzt der Deutschen Funkturm GmbH.
Inzwischen steht vor dem Gebäude der neue Mobilfunkmast schätzungsweise knapp 50 m hoch.
Die Installation ist noch nicht abgeschlossen, danach soll das grüne Bauwerk abgerissen werden, so informierte Herr Martin Beyer von der Deutschen Funkturm GmbH im Gompitzer Ortschaftsrat bei einer Versammlung im November 2013.
An der Einfriedung hat bereits der Zahn der Zeit genagt. Es gibt noch den inneren und den äußeren Ring zu sehen. Innen könnten es auch Signaldrähte gewesen sein ( siehe Foto unten) außen war es Stacheldraht, wie bei allen militärisch wichtigen Objekten. Diese Art der Einfriedung hat sich bis zur Gegenwart erhalten.
Aber ein offenes Tor, die offene Tür am abrissreifen "Grünen Haus" luden mich zu einer kleinen Stippvisite ein... und so hoffe ich, das wir im Radiomuseum wieder ein kleines Stück Geschichte visuell erhalten können.
Von diesem Standort soll tatsächlich die BBC, wie auch vom Cottaer Spitzberg in den 90iger Jahren auf UkW gesendet haben. Der BBC- Sender wurde übernommen von Radio Dresden. Dieser UKW Sender strahlt gegenwärtig sein Programm auf 91,10 MHz mit ERP 1 KW von hier ab.
Ein weiterer UKW Sender ( allerdings ein Zwergensender) sendet von hier; Apollo Radio auf 98,40 MHz.
Es ist gleichzeitig ein Standort für die Mobiltelefone der Telekom und Telefonica. Der Anbieter D2 hat auf der anderen Seite der Autobahn einen eigenen Mast.
Vom Dach des Gebäudes hat man einen herrlichen Blick, selbst die Autobahn A17 ist da ein interessantes Objekt:
und auch nochmal ein Ausblick auf die andere Richtung .
noch einen zaghaften Blick durch die Eingangstür
Das war meine kleine Geschichte - bald Erinnerung an den Fernmeldeturm in Dresden Gompitz.
Auf Wiedersehen 12A1... und mit diesen Fotos wollen wir dich in Erinnerung behalten.
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Rundfunksende- und Fernmeldeturm Dresden Gompitz
Inzwischen habe ich Post bekommen von einem ehemaligen Kollegen, der dort seinen Dienst verrichtete ( Auszug):
Habe den Turm das letzte Mal im Dez. 1985 von innen gesehen. Da sah es noch gepflegt aus. Es scheint eine unumgängliche Pflicht zu sein, alles Ungenutzte zu zerkloppen...
Ursprünglich hatte der Turm nur die Abmaße wie ein B-Turm (zB. Polenz bei Meissen). Später wurde er durch einen Anbau erweitert. Das konnte man lange durch unterschiedliche Farbgebung sehen.
Die alten Notstromdiesel sind auch noch vorhanden. Die haben kaum nennenswerte Betriebsstunden auf der Uhr.
Hatte da mal eine Notlösung für nicht lieferbare Dieselzuleitungen eingebaut. Das hat wenigstens 70,-Mark für einen Neurervorschlag gebracht...
Lang, lang ist es her...
Beste Grüße
Ralf Raupach
dazu noch einmal ein aktuelles Foto von mir vom 13.05.2019, Ansicht von der A17 aus Richtung Prag kommend.
Was auch kaum bekannt ist, schrieb mir ein ehemaliger Kollege , Herr Böhme,
...nach der Wende, dann bei der Bundespost, war ich mehrmals dort. Da ging es um Installation neuer Technik. Was ich damals leider versäumt habe, waren Fotos, obwohl es nach der Wende ohne weiteres möglich gewesen wäre. Vielleicht noch ein interessantes Detail: aus mehreren Gründen wollte man nach der Wende die Abstrahlung für Fernsehen und UKW aus Wachwitz weg haben und nach Gompitz verlegen. Es sollten, wie in Neudeutschland an vielen Standorten praktiziert, Sender in Containern aufgebaut werden und ein Stahlgitterantennenträger errichtet werden. Solche Standorte gibt es z.B. in Jena, Wittenberg. Da ist für das Personal kein Platz für Schreibarbeiten, von Sanitäranlagen ganz zu schweigen. Für Gompitz wurden damals schon Messungen für die Ausbreitung gemacht. Kritisch war die Versorgung der Fernsehfüllsender (heute heißen die Dinger TVU, aber auch die gibt es nicht mehr, DVB-T hat alles verändert!!).
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Rundfunksende- und Fernmeldeturm Dresden Gompitz
Im September 2019 war ursprünglich der Abriß des alten Gebäudes geplant. Offensichtlich wird er noch etwas länger erhalten bleiben müssen, da das Umbauen der Technik auf den neuen Mast noch reichlich Arbeit macht.
Der Eingang ist fest verschlossen und gut gesichert. Ein Container ist ja auch leichter wegzutransportieren, wie dieses stabile, in Ziegelbauweise, errichtete Gebäude.
In der DDR gab es eine äußere Einfriedung und eine innere. Die äußere mit Stacheldraht, die innere mit Signaldrähten. Ein Kleingärtner erzählte mir heute, daß damals auch vor 1984 keine Hunde in diesem Sicherheitsbereich zu sehen waren. Wer damals also rein wollte mußte erst den Stacheldrahtzaun überwinden und dann kam das zweite Hindernis mit den Signaldrähten. So sicher waren damals die Anlagen geschützt.
Ich habe heute nochmal ein paar Abschiedsbilder von dem Bauwerk aufgenommen. Die baulichen Schäden insbesondere auf der Wetterseite sind unübersehbar.
Der später ausgeführte Erweiterungsanbau ist besser erhalten. Übrigens wurden zwar die SED Richtfunkverbindungen seit 1984 nicht mehr genutzt, jedoch hat die NVA ( Nationale Volksarmee ) diese Anlagen noch vermutlich bis März 1990 betrieben.
Diese Türme waren in das System der Landesverteidigung als wichtige Beobachtungspunkte mit eingegliedert. Die Volkspolizei war ständig vor Ort präsent, auch noch im Frühjahr 1990.
Nun habe ich nochmal alle 4 Seiten des Turmes für den Denkmalschutz festgehalten. Der neue Mast sichert die Zukunft dieses Standortes in Gompitz.
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Rundfunksende- und Fernmeldeturm Dresden Gompitz Der Abriß
Heute Morgen startete schwere Technik mit den Abrißarbeiten ( 19.01.2021 ). Eine Vorabinfo von der Deutschen Funkturm gab es leider nicht. Trotzdem versammelten sich viele Zuschauer um die Abrißarbeiten zu verfolgen. Auch mehrere Tageszeitungen, wie Bild-, die Sächsische Zeitung u.a. waren vor Ort. Ich konnte wenigstens für dasTechnik MuseumWilsdruff einen Scheinwerfer retten , der dasTor beleuchtete.
Bereits seit Dezember wurde in dem Bau entkernt und demontiert. Leider wurde kein Angebot zur Übernahme von Ausrüstungsgegenständen gemacht, die musealen Wert haben. Alles in den Schrott. Das Notstromaggregat soll allerdings von einer Bautzner Firma abgeholt worden sein. Wieder ein Stück Geschichte hinüber.
Heute Nachmittag war Jürgen Juhrig vor Ort und hat die folgenden 2 Fotos hier beigesteuert;
Der "Neubauteil" ist der erste Teil , welcher hier abgerissen wird. Professionelle Ausführung durch das Abrißunternehmen REINWALD aus Böhlen .
Am 20.01.2021 ca 13,00 Uhr ist der Neubauteil des Turmes abgerissen. ( Foto oben und unten Jürgen Juhrig)
So ist die Lage gegen 15,30 Uhr. Der Neubauteil wird planmäßig abgerissen.
Technikschrank noch gerettet und geschützt ! 2 Fotos DFMG Vielen Dank.
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Rundfunksende- und Fernmeldeturm Dresden Gompitz
Tag 5 des Abrisses, es ist Freitag nach Eins, das Objekt ist hervorragend gesichert. Ich hätte allerdings problemlos durch eine Lücke in der Einfriedung hineinspazieren können, aber das macht man doch nicht !
Auf den 2019 errichteten 50 m hohen Stahlbetonsendemast sind alle Dienste und auch wieder die zwei UKW- Sender installiert worden, die zuvor im grünen Gebäude vorhanden waren. Davor stehen die Container, die sicher auch klimatisiert werden müssen und nach meiner Recherche eine Lebensdauer von wenigstens 10 Jahren haben sollen.
Diese Landmarke stand nicht unter Denkmalschutz. Der Vorteil des 50 m hohen Mastes ist auch , daß man mit dieser Ausstrahlungshöhe ein größeres Gebiet funktechnisch versorgen kann..
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Rundfunksende- und Fernmeldeturm Gompitz was davon übrig ist
Heute, am 06.Mai 2021, hatte ich Gelegenheit einen Blick auf die übrig gebliebenen Anlagen zu werfen. Alles Alte wurde abgerissen, ordentlich verfüllt und neu eingefriedet.
Im Hintergund sieht man die Sendeanlage von Vodafon, diese steht auf der anderen Seite der Autobahn A17. Inzwischen ist der telekom- Turm voll bespickt mit aller Technik. Auch zwei kleine UKW-Sender sind weiterhin in Betrieb. Digital DAB+ habe ich nicht gesehen.
Daneben stehen zwei Container, in welchem die Haupttechnik untergebracht ist. Diese sind klimatisiert . Das G5-Netz wird schon von diesem Standort gesendet. Viel dekorativer ist das "Gemälde" am anderen Container mit Asterix und Obelix, was so ein wenig hervorlugt. Aber die Kollegen haben leider die Containerstandorte so festgelegt, nicht nach "kulturellen" Werten...
Hier haben wir wieder das typische Problem. Es gibt Künstler und Schmierfinken ( im Vordergrund)
Mich interessierte, ob man doch etwas von der alten Anlage übernommen hat und siehe da, ich wurde fündig !
Ende !
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