Fernseh-Sprechverbindungen im Deutschen Reich

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Fernseh-Sprechverbindungen im Deutschen Reich 
20.Dec.24 16:33
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Seinen Gesprächspartner nicht nur hören sondern auch sehen, das sollte am 1.3.1936 über die Breitband-Fernkabelstrecke FK501 von Berlin nach Leipzig Realität werden.

Alle Tageszeitungen, der Rundfunk und auch das Fernsehen informieren darüber. In der Funkschau Nr.12/1936 wird auf der Titelseite berichtet.

Text nochmal etwas größer

Möglich wird es durch die Verlegung des Fernkabels FK501 von Berlin nach Leipzig. Die Strecke ist etwa 160 Km lang . Für die Signalübertragung ist damals bis etwa 4 MHz erforderlich. 

           

Um die Übertragung zu sichern, ist etwa alle 35 km eine Verstärkerstation vorhanden, oben steht ein unauffälliges bäuerliches Haus, darunter befindet sich ein Stahlbetonbunker, wo die Technik sicher eingebaut ist. Für die Fernsehübertragung wurde in jeder solchen Verstärkerstelle auch ein Fernsehgerät aufgestellt, wo das Programm ständig durch Mitarbeiter der Reichspost überprüft wurde. 

So idyllisch sah das Haus aus. Dort wohnte der Leiter der Station der Reichspost mit seiner Familie und im zweiten Hauseingang meist noch ein Techniker . Hier ein Bild von der "Verstärkerstation" Jarchau . Die  Fernsehsprechverbindungen wurden allerdings nicht (ständig) überwacht. Diese waren, wie auch damals noch das Fernsehbild, mit 180 Zeilen  und 25 x Bildwechsel pro Sekunde installiert.

Das ist die Kopie eines original-Grundrissplanes der Verstärkerstation unter dem Gebäude. Darüber hinaus war im Grundstück noch über unterirdischen Zugang ein erweiterter Bunker gebaut. Also doch recht aufwendig und  sicher .

Noch ein Bild vom Fernsehempfänger DE6 , welcher von der Fernseh AG gebaut und geliefert wurde.Ob dieser in jeder Verstärkerstation derselbe war, habe ich nirgendwo erfahren. Ich vermute jedoch, dass die Fernseh AG hier nicht nur die Übertragungstechnik geliefert hat sondern auch entsprechende Überwachungstechnik installierte. Der hier gezeigte Fernseher wurde später in einer Station Kleinau für die Übertragungskontrolle nach Hamburg eingesetzt.

Das ist der Plan einer sogenannten Zwischenstation.Eine "Stahlröhrenkonstruktion" auch Erdtank genannt.

In der "Fernseh-Sprechzelle" gab es die Aufnahmetechnik, eine im Vakuum laufende Nipkow-Scheibe welche die Person abtastete. Die Helligkeitswerte , die bei den einzelnen Bildpunkten vorhanden sind werden über Photozellen aufgenommen und an den Verstärker weitergeleitet.

Beim Empfänger ist bereits die Braunsche Röhre eingebaut. 

Foto: Quellenvermerk "Museumsstiftung Post und Telekommunikation" Berlin

Fernseh-Sprechstelle der Deutschen Reichspost in Berlin-Charlottenburg, Hardenberg-Ecke Kantstraße (Am Knie) Von dort aus wurde am 01.März 1936, anlässlich der Eröffnung der Leipziger Frühjahrsmesse ein erstes offizielles Fernsehtelefonat durchgeführt.

                     

Foto: Quellenvermerk "Museumsstiftung Post und Telekommunikation" Berlin                                Innenansicht der Fernseh-Sprechstelle in Berlin 

In Berlin saß der Reichspostminister Freiherr von Eltz-Rübenach  und in Leipzig der damalige Oberbürgermeister Dr. Goerdeler in der Fernsehkabine der Fernseh-Sprechstelle des Messepostamtes.Foto Quellennachweis Staatsarchiv Leipzig, 20305 Deutsche Post, Bezirksdirektion Leipzig, Nr. A 69_2

Auf jeden Fall hatte die Reichpost als erster in der Welt diese tolle Übertragung hinbekommen.

Nun konnte täglich von 8,00 Uhr bis 20,00 Uhr , so waren die Dienststunden der Fernsehsprechstellen, 

für 1,50 RM (Reichsmark ) Fernseh-Ortsgespräche geführt werden. 

Ein Drei-Minuten-Ferngespräch von Berlin nach Leipzig oder umgekehrt kostete 3 RM. 

Wohl deshalb hielt sich nach erster Euphorie der Kundenzustrom in Grenzen.

Das FK502 wurde vom Abzweig Drebnitz über Nürnberg bis nach München verlegt. Auf dieser Strecke wurden 21 Verstärkerfelder aufgebaut . Die Verstärkertechnik war jedoch noch nicht den notwendigen Anforderungen gewachsen. Deshalb wurden Fernseh-Sprechverbindungen nicht mehr in der Zeit wo Fernsehübertragungen liefen angeboten.

Im September 1937 begann die Verlegung des FK 503. Im März 1939 wurde diese ca 300 Km lange  Breitbandkabelstrecke  von Berlin nach Hamburg übergeben. Auch hier gab es technische Probleme mit dem Ausbau, dieser wurde jedoch auch nach Beginn des Krieges nach dem September 1939 fortgesetzt. Fernsehübertragungen konnten erst 1941 begonnen werden. 

Beispiel: die Streckenführung FK503 mit den Zwischenverstärkern von Berlin nach Hamburg 1939.

Eine Fernsehsprechstelle gab es in Hamburg zum Beispiel im Postamt 12 Am Jungfernstieg ab April 1939. 

             

Foto: Quellenvermerk "Museumsstiftung Post und Telekommunikation" Berlin 

                                   

Foto: Quellenvermerk "Museumsstiftung Post und Telekommunikation" Berlin 

Hier weist eine Mitarbeiterin der Fernseh-Sprechstelle der Deutschen Reichspost im Postamt Hamburg 12 , Am Jungfernstieg einen Kunden im Sprechbetrieb ein. 

Hier zu sehen ist das Wohnhaus in Kleinau (Altmark) . die Verstärkertechnik befindet sich im Bunker unter dem Haus. 2 Fotos privat um 2000

Familienidylle in Kleinau 1939 . Im Keller hatten sie sogar das Kontroll Fernsehen mit diesem TV von der Fernseh AG.

und es arbeiteten dort zwei Telefonistinnen. Im Bild rechts ( Foto privat) 

 

Die Fernsehsendungen mussten in Hamburg ab 25.Juli 1943 nach dem ersten großen Bombenangriff "Operation Gomorrha", Bombardment mit Feuersturm, eingestellt werden. Ebenfalls die Fernseh-Sprechübertragungen. 

Der sich ausweitende  Krieg verminderte das weitere Planungs- und Baugeschehen. Die geplanten Strecken nach Wien, Frankfurt/Main und Köln wurden fernsehtechnisch nicht weiter ausgebaut. Auch das schon geplante Fernseh-Stichkabel über Berchtesgaden auf den Obersalzberg wurden nicht mehr fertiggestellt.. 

Nach dem Kriegsende , ich habe hier nur Informationen aus dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone vorliegen, wurde die Technik ausgebaut und die Kabel ausgegraben. All das ging per Bahn in die UdSSR. Was damit geworden ist, das habe ich noch nicht erfahren.......die Bunkeranlagen wurden zumeist gesprengt oder eingerissen.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.