Funkbetriebsstelle Birkholzaue
Funkbetriebsstelle Birkholzaue
Der Neue Tag, die SED- Heimatzeitung für den Kreis Bernau berichtet recht ausführlich über das Vorhaben am 16.April 1958 (Auszug):
Im Auftrage des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen wird in Birkholzaue ein Dezimeterturm errichtet. Dieser Turm dient ausschließlich dem Richtfunk für Fernsehen. Nach Fertigstellung wird dieser Turm und noch einige andere bereits im Bau befindliche bzw. schon fertiggestellte dazu beitragen, daß im gesamten Bereich der DDR ein guter Empfang gewährleistet ist und daß auch Übertragungen von vielen Städten durchgeführt werden können.
Für den 110 m hohen Turm mußten 3175 m3 Erde ausgehoben werden . Der Fundamentring hat einen äußeren Durchmesser von 32 m . Bei 80 m Höhe, die bis 1958 erreicht werden soll, ist der Durchmesser 5,40 m und die Wandstärke 15 cm.
An Baumaterial wurden dazu 2200 m3 Beton und 220 Tonnen hochwertiger Stahl benötigt. Der Bauleiter iwar ein 22 jähriger Bauingenieur aus dem Vogtland, Ausführender der Spezialbau Leipzig.
Nach Beendigung der Baurbeiten,etwa im Herbst 1959, werden dann Spezialfirmen die Innenarbeiten erledigen. Es wird ein Fahrstuhl eingebaut, denn wer möchte schon mehrmals am Tage 600 Stufen steigen?
Dieser weithin sichtbare Dezimeterturm wird mit dazu beitragen, daß noch mehr Menschen den Aufbau unserer DDR und das kulturelle Leben in unseren Dörfern und Städten am Bildschirm verfolgen können.
Ende
Diesmal möchte ich mit einem gut zutreffenden Artikel starten, welchen mir freundlicherweise ND zur Veröffentlichung freigegeben hat: ND vom 28.10.1962
Im Zuge der Bauplanung des Richtfunknetzes in der DDR wurde in den Jahren 1957-58 mit dem Bau von massiven RF-Türmen begonnen. Unter diesen Objekten befand sich auch der Turm von Birkholzaue im Kreis Bernau.Nach etwa 3-jähriger Bauzeit war dieses Objekt soweit fertiggestellt, daß die RF-Geräte montiert und eingemessen werden konnten.
Im Juni 1961 kamen die ersten drei Kollegen der Funksendetechnik, die Herren Rotter, Klätte und Sonntag von der Betriebsstätte Picheberg zur Einweisung in die neue Betriebsstelle.
Am 1.August 1961 wurde der reguläre Betrieb aufgenommen.
Die neue Betriebsstelle ist ein Knotenpunkt, von welchem die von Adlershof empfangenen Signale in Richtung Westen nach Perwenitz und nach Norden zum Telegrafenberg weitergegeben wurden.
Im Verlaufes des weiteren Ausbaues des RF-Netzes der DDR wurde eine weitere Verbindung von Birkholzaue nach Frankfurt (Oder) geschaffen.
Für die Nordstrecke wurde ein zweigleisiger Betrieb vorgesehen. Für die Bildübertragung waren RF-Geräte vom Typ RVG 908 und für die Tonübertragung RVG 955 eingesetzt.
Im Bild, was ich dankenswerterweise von der Museumsstiftung Post und Telekommunikation Berlin erhielt, links RVG 908 Empfänger, mitte RVG 908 Sender rechts RVG 955 Sender. Foto von Manfred Drummer 1962.
In der Anfangsperiode von 1964 bis 1965 wurde in Richtung Frankfurt (Oder) eine RVG 904 eingesetzt. Dieses Gerät arbeitete mit selbsterregtem Oszillator. Die Umstellung auf diesen älteren Typ erforderte von den Kollegen viel zusätzliche Arbeit. Es kam häufig zu Ausfällen und Unstabilitäten bei diesem Gerät. .Mitte 1965 wurde die RVG 904 demontiert . Frankfurt (Oder) erhielt nun die Modulationszuführung über eine Antennenweiche von dem RVG 908-Sender, der die Weststrecke versorgte.
Mit dem weiteren Ausbau des UKW- Sendernetzes der DDR der Schaffung weiterer Programme des DDR-RUNDFUNKS wurde am 15.April 1964 ein UKW- Sender in Betrieb genommen. Er sendete auf 95,05 MHz das Programm von Radio DDR II. Die Berliner Zeitung meldete am 6.Mai 1964 dazu folgendes:
Foto Antenne ; Bundesarchiv DM 303/408
Übrigens mal interessant: im Großberliner Raum konnten damals bereits folgende UKW-Sender empfangen werden:
Deutschlandsender Berlin I 97,05 MHz
Berliner Rundfunk Berlin II 91,4 MHz
DDR I Berlin III 95,8 MHz
DDR II Berlin IV 95,05 MHz
Berliner Welle Berlin V 99,7 MHz
Ein Programm aus dieser Zeit :
Hinzu kamen natürlich auch die Westberliner Sender, so daß sich damals zumindestens für den Großberliner Raum ein UKW-Empfänger schon richtig lohnte.
Bemerkung: davon konnten wir im Raum Dresden damals nur träumen
Die Wartung der Betriebsstelle erfolgte im durchgehenden Schichtbetrieb. In jeder Schicht sollte die Betriebsstelle mit einem Schichtleiter und zwei Funkmechanikern besetzt sein. Bedingt durch Komplizierheit und Vielfalt der Geräte war es erforderlich, daß der Schichtleiter die Qualifikation eines Ingenieurs hatte und die Funkmechaniker einen Facharbeiterbrief nachweisen konnten.
Diese Anforderungen ließen sich mit den vorhandenen Arbeitskräften nicht so schnell verwirklichen. Aus diesem Grunde wurden 1962 zwei Ingenieure eingesetzt und zwei Kollegen begannen mit einem Fernstudium. Vier weitere Kollegen erwarben den Facharbeiterbrief als Funkmechaniker . Drei ehemalige Lehrlinge aus dem RAFENA-Werk Radeberg konnten ebenfalls eingestellt werden, darunter erstmalig eine Frau.
Mit der Aufstellung und des Betriebes des UKW-Senders wuchsen auch die Anforderungen an die Kollegen. Dieser Sender, DDR II auf 95,05 MHz, versorgte das ganze Stadtgebiet von Berlin, da mussten Störungen möglichst minimal sein oder garnicht erst auftreten. Durch örtliche Besonderheiten ( so steht es in der Chronik ) war eine direkte Überwachung des UKW- Senders im Versorgungsgebiet nicht überall möglich.Es wurde dann doch in Eigenleistung eine Überwachungsanlage gebaut , so daß zumindestens die abgestrahlte Modulation ständig überwacht werden konnte.
Ein interessantes Bild von der Montage eines 4 m Richtfunkspiegels durch die Kollegen von RAFENA Radeberg fand ich in der RuF H 16/1962 . Hier wird ein 4 m Spiegel montiert für die Weststrecke. der nächste Turm befindet sich in Perwenitz. Foto Gerhard Kindt.
Birkholzaue war direkt mit Adlershof verbunden. Foto: Margot Weigelt
nach wie vor wurde die Nordstrecke Richtung Telegrafenberg genutzt. Die Weststrecke von Birkholzaue über Perwenitz, Rhinow nach Dequede war bauseitig fertig, jedoch technisch noch nicht voll ausgestattet.
Noch ein Sprung in das Jahr 2021 ( danke an Senderfotos.de ). Die TV- Spiegel sind längst abgebaut, der Turm wird noch für Behörden- und Mobilfunk genutzt.
In der Landschaft ist er ein optischer Hingucker. Hier noch ein weiteres Foto von Senderfotos.de aus dem Jahre 2017.
Zurück zum Richtfunk. die nächste Station ist knapp 50 km Luftlinie, in Perwenitz, entfernt. Übrigens sind beide Türme baugleich.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.
Funkbetriebsstelle Birkholzaue
Noch ein Foto vom Turm erhielt ich vom Birkholzauer Ortschronisten Herrn Heiko Schilsky. Vielen Dank.
Das dürfte der letzte Stand der Richtfunkübertragung in der DDR gewesen sein im Jahre 1988 wurde die Karte erstellt.
Es sind "Übergabestellen" eingetragen zur BRD nach Niedersachsen, über Marlow nach Dänemark, über Frankfurt/Oder in die Intervisionsländer Polen , UdSSR und über Lugstein nach Intervisionsländern über die CSSR.
Hier nochmal das Kartendetail "Rund um den Fernsehturm Am Alex" ( Turm Berlin )
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.