Funkturm Calau die Geschichte

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Funkturm Calau die Geschichte 
10.Jul.21 11:44
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Am 03.07.21 besuchte ich den Standort und von da gibt es eine Menge zu berichten.

Herr Hajo Böhme, der letzte Leiter des Funkamtes Dresden, zu dessen Gebiet auch der ehemalige Bezirk Cottbus gehörte, hat für Radiomuseum.org seine Ausarbeitung aus dem Jahre 2017 zur Verfügung gestellt:

Die Anfänge in der Funkstelle Calau

Nach Ende des 2. Weltkrieges veränderte sich der Bezirk Cottbus wesentlich und wurde vom ehemaligen Agrarbezirk zum Kohle- und Industriezentrum. Es entstanden volkswirtschaftlich äußerst bedeutende Großbetriebe wie das Braunkohlekombinat „Schwarze Pumpe“, die Kraftwerke Lübbenau und Vetschau oder das Chemiefaserwerk Wilhelm-Pieck-Stadt Guben.

Im Zuge dieser gewaltigen industriellen Umgestaltung forderten die Werktätigen des Bezirkes die Fernsehversorgung zu verbessern bzw. zu ermöglichen.

Als Reaktion auf die Forderungen wird im Ministerium für Post- und Fernmeldewesen, Bereich Rundfunk und Fernsehen, zu Beginn des Jahres 1958 beschlossen, einen Fernsehsender für den Bezirk Cottbus einschließlich der zugehörigen Richtfunkzubringer zu errichten. Aus mehreren Alternativen wird die Kreisstadt Calau als Standort ausgewählt.

Calau befindet sich ca. 30 km westlich von Cottbus. Der Sender soll am westlichen Stadtrand in einer Höhe von 104 m üNN gebaut werden.

Da zu diesem Zeitpunkt keine neuen Sendeanlagen zur Verfügung stehen, wird im Frühjahr 1958 beschlossen, den ehemaligen Fernsehsender RAFENA 3 kW Band I von Berlin- Müggelberge zu überholen, auf den von einem internationalen Gremium vergebenen Kanal 4 umzustimmen und in Calau wieder aufzustellen.

Foto aus Prospekt VEB Sachsenwerk Radeberg      Gesamtansicht 3 kW-Bd. I TV-Sender RAFENA Radeberg

3 kW-Endstufe geöffnet  Foto aus Prospekt VEB Sachsenwerk Radeberg 

Als Betriebs- und Unterkunftsgebäude wird eine nicht mehr genutzte Baracke des Funkamtes Oranienburg nach Calau umgesetzt. In der wieder aufgebauten Baracke war der Betriebsraum mit den Nebenanlagen eingerichtet und neben den Technikräumen auch Büros, Aufenthalts- und Schlafräume sowie ein Raum für den Wachschutz vorgesehen.

Nach damaligem Plan waren rund 30 Beschäftigte auf dem Gelände des Calauer Funkturms tätig. Die Sendetechnik sowie die Nebenanlagen mussten betreut werden, aber auch Heizer, Haushofmeister, Sekretärin und Reinigungskräfte waren angestellt. Mindestens zwei Kollegen waren im Schichtdienst.   Einer allein durfte keine Störungen an elektrischen Anlagen beheben.

Foto aus Betriebsgeschichte Funkamt Dresden Betriebsbaracke mit Antennenanschluss zum Gittermast

Ein ungenutzter Stahlgittermast aus Königs Wusterhausen wird durch Kollegen des Stahlbaus Berlin abgebaut und aufgearbeitet. Die Antennen sollen an der Turmspitze an einem 15 Meter langen Rohr montiert werden. Mit den Bauarbeiten zu den Antennenfundamenten beginnt der VEB Kreisbaubetrieb Calau im Juni 1958. Danach stellt der Baubetrieb die Baracke auf. Zum gleichen Zeitpunkt beginnt der VEB Stahlbau Berlin-Lichtenberg mit der Montage des Antennenträgers.

Während der Innenausbau der Baracke fortgeführt wird, beginnen die Kollegen des damaligen Funktechnischen Betriebsamtes bereits Anfang Oktober 1958 mit der Montage des Senders. Gleichzeitig werden die ersten Kollegen des Funkamtes Dresden nach Calau versetzt und müssen unter äußerst schwierigen Bedingungen ihre Arbeit aufnehmen. Die Unterkunftsräume sind nicht beheizt und abschließbar, die sanitären Einrichtungen sind sehr mangelhaft.

Nur mit Unterstützung der staatlichen Organe gelingt es, den vorgesehenen Inbetriebnahmetermin des Senders einzuhalten. Besonders erwähnt werden muss, dass es sich bei der Errichtung der Betriebsstelle Calau um keine langfristig geplante Maßnahme handelte, sondern ein in kürzester Zeit zu realisierendes Vorhaben. Alle Arbeiten mussten ohne Projektunterlagen erledigt werden, zur Verfügung standen meist nur ungenaue Skizzen aus der Aufgabenstellung. Material konnte nicht langfristig geplant werden und musste deshalb kurzfristig auf verschiedensten Wegen beschafft werden.Zeichnung und Bemaßung Gittermast                                         Grafik aus Betriebsgeschichte Funkamt Dresden

Besonders im südlichen Versorgungsbereich, Raum Hoyerswerda-Spremberg, wird der Empfang durch Gleichkanalstörungen des Senders Ochsenkopf zum Teil erheblich beeinflusst. Da dieser Teil des Bezirkes zum Hauptversorgungsbereich zählt, wird der Wirkungsbereich des Senders Calau wesentlich eingeschränkt. Nur etwa 25% des Gebietes kann einwandfrei versorgt werden.

Technisch erfüllt der Sender trotz seines hohen Alters alle Kriterien des Pflichtenheftes. Gegenüber Sendern im Bd. III entstehen im Jahresmittel weniger Störminuten. Durch sehr gute Ballempfangsbedingungen von Berlin-Köpenick entstehen kaum Modulationsstörungen.

Zeitzeugenbericht Christian T.:
„Ich war ab Nov. 1962 bis April 1964 in Calau als Schichtleiter (je Schicht nur 2 Personen). Der Fernseh-Sender Band I und der UKW-Sender einschließlich Richtfunkanlagen RVG 908 (Bild) und RVG 905 (Ton) waren in einer Baracke untergebracht. In den Kabelkanälen unterhalb des Fußbodenbelages hielten sich manchmal im Winter Ratten auf, manche hatten das Pech, dass sie an die Hochspannungskontakte beim Fernseh-Tonsender kamen und der Sender durch Kurzschluss ausfiel. Die Ratten vertrugen jedoch in meiner Schichtzeit die Hochspannung von 2 000 - 3 000 Volt (wenn ich mich recht erinnere), lagen nach dem Kurzschluss leicht betäubt im Kanal und waren nach einiger Zeit verschwunden. Unangenehm war es, wenn sie in einem Kanal verendeten, dann stank der Betriebsraum und wir mussten in den Kanälen suchen, wo die tote Ratte lag. Die Hochspannungskontakte waren im Sendergestell unten ohne Isolations-Abschirmung angebracht, so dass die Ratten von unten heran konnten. Als ich dort anfing, hatten wir nur einen Fernseh-Sender, 1963 erhielten wir einen Ersatz- Fernseh-Sender, den wir allerdings erst in Betrieb setzen mussten, d.h. die Fehler, die er durch falsche Kontaktbelegungen gegenüber dem 1. Sender hatte, beheben. Denn bei Störung kam es darauf an, die Einschübe zwischen beiden Sendern schnell tauschen zu können. Als ich von Calau wegging, lief der Ersatz-Sender noch nicht. Für UKW gab es keinen Ersatzsender.
Der UKW-Sender hatte 10 kW, die Leistung des Fernseh-Senders war 3 kW. Für den UKW– Sender stand uns ein Ballempfänger zur Verfügung. Ob die Modulation für den Rundfunk auch über Richtfunk kam, weiß ich nicht mehr, ich glaube aber, dass eine RVG-Verbindung für die Modulation bestand. Sicher weiß ich noch, dass eine Modulations-Leitung über Draht für den Rundfunk vorhanden war und ein Ballempfänger als Reserve zur Verfügung stand. Wichtig war immer, bevor man den Ballempfänger nutzte, zu prüfen, ob die Kollegen nicht in der Nacht den RIAS gehört und vergessen hatten, den Ballempfänger wieder auf das “richtige” Sendeprogramm umzustellen. Am späten Nachmittag wurde einige Stunden in sorbischer Sprache aus dem Studio Cottbus gesendet. Man musste deshalb rechtzeitig auf diese Modulations-Leitung (Draht) umschalten. Allerdings konnte kein Kollege sorbisch. Ich fragte unseren Chef, Koll. F., was passiert, wenn eine “falsche” Modulation gesendet wird. Er sagte, dass in dieser Zeit ununterbrochen das Programm durch das Studio Cottbus abgehört wird, so dass von dort sofort ein Hinweis käme, wenn ein “falsches” Programm in Sorbisch übertragen würde. Der Fall ist in meiner Zeit jedoch nie eingetreten.
Das Schichtpersonal musste Fernsehen und UKW gleichzeitig überwachen, man hatte also immer gleichzeitig zwei Hörrundfunkprogramme abzuhören und die Bildqualität zu beobachten. (Auf Grund dieses Lärm-Erlebnisses liebe ich noch heute die Ruhe und höre sehr wenig Rundfunk.) Die Mess- und Pflegearbeiten an der Technik erfolgten gemäß feststehendem Plan in der Nacht, wenn Fernseh- /UKW-Sender etwa ab 23.00 -24.00 Uhr nicht mehr strahlt
en.

Der UKW-Sender wurde ab 4.00 Uhr wieder eingeschaltet und brachte dann Programm, der Fernseh-Sender strahlte meist erst damals ab 11.00 Uhr.
Wir hatten einen Diesel als Notstrom-Versorgung außen in einer Garage stehen, der die gesamte Betriebsstelle versorgen konnte. Als Sendemast stand ein Gittermast im Gelände. Einige Kollegen hatten sich im Gelände einige Beete für Gemüse und Blumen angelegt, natürlich ohne dass Pacht zu zahlen war, wie das in der DDR so üblich war. Ich hatte mir auch ein Beet für Blumen angelegt und dort meine ersten Blumen im Leben geerntet. (ich wohnte mit meiner Frau ab Jan 1963 in einem Neubaublock in Calau, dort gab es damals noch keine Gärten).

Als Betriebsschutz B (Angehörige der Deutschen Post) waren ältere Männer eingesetzt (1 Person je Schicht). Der Schichtrhythmus des Senderpersonals ging wie folgt: Nachmittags, früh, am gleichen Tag nachts, dann am gleichen Tag nachmittags, früh, nachts und danach frei bis zum übernächsten Tag, an diesem wieder Nachmittagsschicht usw. Der Rhythmus war eingeführt, weil zu meiner Zeit die meisten Kollegen von außerhalb kamen und weite Wege hatten, wie z.B. aus Dresden.

Anreisen konnten sie damals aus finanziellen Gründen nur mit der Eisenbahn, denn wer hatte damals schon ein Auto oder Motorrad, das kostete viel Freizeit.
Der Betriebsstelle stand ein Antennenwärter und gleichzeitiger Kraftfahrer für den Barkas B1000 zur Verfügung. Vom Bahnhof mussten die auswärtigen Kollegen den weiten Weg zur Betriebsstelle laufen, Schichtfahrten zum Bahnhof waren nicht üblich, da sie immer nur eine Person betroffen hätten.

In der Baracke stand ein Raum für das auswärtige Sender-Personal für Übernachtungen zwischen Nachmittags- und Frühschicht zur Verfügung. Wenn ich mich recht erinnere, war auch eine kleine Küche mit Kochgelegenheit und Kühlschrank vorhanden.
Der Dienststellenleiter hatte ein eigenes Arbeitszimmer zur Verfügung.“

Um die Qualität weiter zu verbessern und Störungen weiter zu minimieren beschließt 1961 der Bereich Rundfunk und Fernsehen im MPF, den Sender gleichen Typs vom Hochhaus Leipzig zu überholen und als Reservesender in Calau aufzubauen.

Da der vorhandene Raum in der Baracke nicht ausreicht, wird diese um 7,5m verlängert und im Innenraum eine vollständige Umgestaltung der Räumlichkeiten vorgenommen.

Während der dreimonatichen Umbauarbeiten mitten im Betriebsraum musste der Sendebetrieb unter äußerst schwierigen, beinahe untragbaren Betriebsbedingungen aufrechterhalten werden.

Bei diesen Umbauten wurde erstmalig in Calau eine Überwachungskabine geschaffen, die eine einwandfreie Modulationsüberwachung ermöglichte. 

Soweit der erste Teil von Hajo Böhme.

Die regionale Presse veröffentlicht dazu am 11.12.1958 eine Information:

Quelle;  Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

Somit wird versuchsweise gesendet ab 15.12.1958, offiziell startet der Sender im Januar 1959 sein Programm auf VHF Band I CCIR Kanal 4.

Der erste UKW- Sender in Calau, sendete ab 03.02.1963. Es handelte sich um einen 1 kW-RAFENA-Sender.  Dessen Antenne war an der Mastspitze  installiert. Er übertrug das Programm von Radio DDR II auf 98,6 MHz, unregelmäßig, in den Nachmittagsstunden, sendete man auch Programme aus Cottbus in Niedersorbischer Sprache. Zwischen 6,00 Uhr und 10,00 Uhr morgens wurde das Regionalprogramm aus dem Bezirksstudio Cottbus übertragen.

Werner F., der erste Leiter des Fernsehsenders sagte damals, daß der Sender nur eine Übergangslösung darstellt, die in einigen Jahren durch einen Massivbau ersetzt wird. Bis dahin wird es jedoch über 25 Jahre dauern, aber dazu später.

Bericht Werner F. (L FuSt)

TV-Sender Tesla 30 kW Funksendestelle Calau 1966

„Im Mai 1966 begannen 8 Kollegen der Firma Tesla aus Prag mit der Montage des 30kW-Fernsehsenders. Der Montageablauf wurde verschiedene Male durch Rückstände im Ablauf der Bauarbeiten verzögert. Dadurch wurden die Kollegen der Firma Tesla oft vor unerwünschte Probleme gestellt. Kurz vor der vorgesehenen Inbetriebnahme des neuen Senders stellten sich unvorhergesehene erhebliche Qualitätsmängel heraus.

Durch die gemeinsame Anstrengung der Kollegen vom Fernseh- Messdienst und der Fa. Tesla konnte der Sender soweit in Ordnung gebracht werden, dass der vorgesehene Probebetrieb ab 15.12.1966 nichts mehr im Wege stand.
 
Am 15.12.1966 konnte dann der Sender, wie vorgesehen, um 12.30 Uhr vom Oberdirektor Pieper vom Bereich Rundfunk und Fernsehen zum Probebetrieb eingeschaltet werden.
An der Feier zur Inbetriebnahme des Senders nahmen eine Reihe führender Vertreter der Deutschen Post, des Tesla-Werkes, der Handelsvertretung der CSSR, des Rates des Bezirkes Cottbus,
der Bezirksleitung Cottbus der SED, teil.
Darunter der Stellvertreter des Ministers für Post und Fernmeldewesen der DDR und der Direktor der Tesla Werke aus Prag.“
Auszug aus einer Zuarbeit zur Betriebsgeschichte des Funkamtes Dresden.
Calau, den 3.3.1967           gez.F. Amtmann

30 kW-TESLA Sender Kanal 4   Foto Lothar Tippmann

Noch einige Daten zu diesem Sender:

Mai 1966 Montagebeginn des 30 KW- Tesla Senders im erweiterten Betriebsgebäude.  Dieser löst den 3 kW- Sender vom Sachsenwerk Radeberg nach seiner Fertigstellung ab. 

05.Dezember 1966 ; der TESLA TV- Sender  IV30 FM 6/10 Baujahr 1966 Nr. 008/66 startet seinen Probebetrieb.  Die Endstufe ist mit zwei luftgekühlten Röhren bestückt. Der Sender bestand aus elf Gestellen mit einer Gesamtlänge von etwa 8,5 m und einer Tiefe von ca. 1.5 m.

Als Antenne kam eine 1966 montierte TESLA- Antenne vier Ebenen und jeweils 4 Feldern zum Einsatz. Diese wurde am Stahlgittermast in einer Höhe von 60 - 70 m montiert, Antennengewinn 3dB.

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

Der 31.12.1966 ist offizieller Sendebeginn mit 30 kW Sendeleistung im Band I, Kanal 4. 

Am 03.10.1969 wurde durch Walter Ulbricht im Fernsehzentrum "Am Alexanderplatz" in Ost- Berlin  der Startschuß  zum Farbfernsehen in der DDR gegeben.  Die Ausstrahlungen  erfolgten in SECAM IIIb- Norm. Auf dieses Programm mussten die Zuschauer im Bezirk Cottbus noch lange warten. 

In der Aufzeichnung des Funkamtes finden sich folgende Daten dazu:

06.12.1986  Probebetrieb 2 kW-TV-Sender ZARAT Typ NTV-2-IV Fabrik-Nr. 1976/96 Band IV Kanal 23 Programm DDR Fernsehen 2. Programm   (ZARAT polnischer Hersteller)

Bereits am 16.11.1987 erfolgte die Außerbetriebnahme des polnischen 2 kW-Senders auf Kanal 23.

Aber auf den meisten Standorten war es mit entsprechenden Hochantennen möglich, das zweite Fernsehprogramm direkt vom Berliner Fernsehturm zu empfangen. Außerdem lagen aus der Richtung zwei weitere Fernsehprogramme im UHF- Bereich Kanal 39 ( SFB) und Kanal 33 ( ZDF) an.

Der 30 kW TESLA- Sender , welcher seit 1966 das erste Programm des Deutschen Fernsehfunks übertrug, wurde nachgerüstet und konnte ab 09.03.1973 Farbsendungen normgerecht abstrahlen. 

Dieser TESLA- Sender übertrug übrigens bis zum 14.12.1987 das 1. Programm des DDR-Fernsehens auf Kanal 4 im Band I.

Auch auf UKW kamen weitere Programme dazu. Es ging jedoch schleppend voran. Auch hier war die Frage, warum eigentlich, weil doch die Sender aus Berlin und Dresden empfangbar waren.    

Am 01.10.1984 startete der Probebetrieb eines 1 kW- Senders von WF ( VEB Werk für Fernsehelektronik Berlin ) auf 90,8 MHz mit dem Programm von Radio DDR 1. Offizieller Sendebetrieb ab 06.10.1984 als     UKW III Cottbus. 

Ein weiterer UKW- Sender folgt am 12.11.1985 mit dem Programm des Berliner Rundfunks auf 95,1 MHz. Es ist ein 1 kW- Sender Typ 46/31 ZTI Funkamt Köpenick.

Hinweis: 

Das Funkwesen produzierte wegen Nichtlieferfähigkeit der Industrie eigene 1 kW-UKW-Sender in einer zentralen Einrichtung der Funkdirektion Berlin-Köpenick:       ZTI = Zentrale Technische Instandsetzung

Wegen fehlerhafter Endstufe des ZTI- Senders wurde hier allerdings operativ ein fahrbarer 600 Watt- Sender eingesetzt.

Inzwischen ist die Vorbereitung für die Errichtung des Stahlbetonturmes abgeschlossen. Im Jahre 1985 beginnt der Bau. Dieser wird auf dem Gelände parallel zu dem Mast aus dem Jahre 1958 errichtet. Von der Grundkonstruktion ist dieser vergleichbar mit Löbau.  Ähnliche Türme existieren auch in Geyer , Bleßberg und Helpterberg.

                                                               Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.                                                                                                                                                                        Der Neubau beginnt im April 1985.

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

Das Stahlbetonfundament hat einen Durchmesser von cirka 35 m. Der neue Fernsehturm besteht bis 122 m Höhe aus Betonteilen.Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V. 

Hubschraubermontage ist die rationellste Form der Montage. 

Darauf kommt eine 29 m hohe Stahlsäule .Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V. Der obere Teil des Fernsehturmes besteht aus einem speziellem Glasfasermaterial .

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.Am 18.11.1986 erfolgt die Montage des letzten Antennenzylinders. Der neue Turm hat damit seine endgültige Höhe von 186 m erreicht

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

Nun beginnt die technische Ausstattung . 

In der Zeit von 11.09. bis 20.09.1986 wurden 5 ZARAT UKW- Sender im Probebetrieb gefahren. 

- UKW I;   90,8 MHz    3 kW ZARAT Doppelanlage  Typ NRU3       "Stimme der DDR"

- UKW II   95,1 MHz    3 kW ZARAT Doppelanlage  Typ NRU3      "Berliner Rundfunk"

- UKW III  93,4 MHz    3 kW ZARAT Doppelanlage  Typ NRU3      "Radio DDR "

-UKW IV  98,6 MHz  10 kW ZARAT Doppelanlage   Typ NRU10   "Radio DDR II"

-UKW V  103,2 MHz 10 KW ZARAT Doppelanlage  Typ NRU10   " Jugendradio DT 64"

Nach Beendigung des Probebetriebs mussten die Doppelanlagen demontiert und zu Einzelanlagen umgerüstet werden. 

Jeweils ein 3 und ein 10 kW-Sender blieben als "Störreserve" in Calau, die anderen drei wurden zur Absicherung der 104 MHz  nach Berlin, Schwerin und Marlow umgesetzt.

Hinweis:  Die Absicherung war das "104 MHz-Programm", eine Neubelegung von Frequenzen zwischen 100 und 104 MHz nach Freigabe dieses Frequenzbereiches für den Rundfunk in der DDR.

 Übrigens wurden im 1. Halbjahr 1995 von den Funkstellen Puttbus und Schwerin wieder ZARAT- Anlagen nach Calau umgesetzt, damit alle fünf UKW- Sender sofort Ersatz haben,  im Falle eines Ausfalles.

Im April 1987 ging der neu errichtete Sendeturm mit den zwei DDR- Fernsehprogrammen auf Sendung.

Das zweite DDR- Fernsehen auf Kanal 23 ( im Chemnitzer Raum führte das zu erheblichen Störungen des ZDF- Programmes, welches von Hof ebenfalls auf diesem Kanal ausgestrahlt wurde).

Das erste Programm des DDR- Fernsehens wurde auf Kanal 4 vom alten Gittermast eingestellt und man sendete nun im UHF- Band V auf Kanal 53. 

Dieser Sender im Band V war bei vielen Empfängern nicht empfangbar, weil man bis etwa 1987 in der DDR das UHF- Teil nur für Band 4 bis Kanal 42 auslegte.

Leider habe ich von der feierlichen Einweihung des Fernsehturmes noch nichts gefunden, aber eine Sache fand ich doch interessant. In der DDR mußte immer ein gewisser Anteil für Kunst bereitgestellt werden, Programm "Kunst am Bau" (das soll heute auch noch so sein).

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.  Herr Luban aus Plauen hat mir freundlicherweise einige Zeilen zu seiner EMAIL-ARBEIT geschrieben:

"Ich bin 1986 mit dem Kunststudium an der "BURG" Giebichenstein in Halle fertig geworden und das war einer meiner ersten Aufträge! Das Material ist Email und dies zeichnet sich durch eine Hohe Farbbrillianz und große Fernwirkung aus ( Rundf./Fernsehen zielen ebenfalls auf eine große Fernwirkung). 
Inspiriert hat mich als "Einstieg" die alten Mikrophone (hatten darüber schon telefonisch gesprochen) die ihre Inhalte aufnehmen und über den Äther überall hin verteilen. Desweiteren gibt modernere techn. Details - wie Ton/Magnetspulen als Reminizens an die fortschreitende Entwicklung. Auch die Entwicklung von schwarz/Weiß Gerät zur Farbigkeit ist angedeutet. Die Menschen darin sind schwebend dargestellt, denn die Verbreitung von Sendungen ist flächendeckend und dennoch anonym und kann nur über Einschaltquoten vage gedeutet werden.
Das "C" steht natürlich für Calau und dieses Verwobensein der abgebildeten Elemente verweist darauf : ALLES ist miteinander verbunden. Natürlich sollen auch die Farbigkeit für sich sprechen, die meisten Menschen kennen das Material Email noch von den alten historischen Schildern.​"

 Foto oben; Matthias Nerenz     Foto unten; Wolfgang Lill

Das Kunstwerk steht links neben dem Eingangstor.

Der 90 m hohe Stahlgittermast hatte nun ausgedient und wurde am 15.August 1989 abgerissen.  Hier sehen wir den 180 Tonnen Kran, mit dem diese Arbeit ausgeführt wurde.

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.     

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.   

Geblieben ist, ein schönes Modell, was hoffentlich der Nachwelt erhalten bleibt.

                      Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V. 

Ein kleiner Sprung in das Jahr 1990. Am 12. März wurde das Fernsehen der DDR 1 + 2 wieder umbenannt in Deutscher Fernsehfunk 1 + 2. Ab 13. August 1990 startete der Deutsche Fernsehfunk mit regionalen Landesprogrammen. Auch in Cottbus wurde ein regionales Studio aufgebaut und auch Sendungen über CALAU ausgestrahlt. 

Mit dem 3.Oktober 1990, dem Tag des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland, änderte sich einiges, es gab jedoch eine Übergangsregelung inform § 36 des Einigungsvertrages. 

Am 15.Dezember 1990 kurz vor 20,00 Uhr wurde umgeschaltet. Die Senderkette des DFF1 wurde auf die Frequenzen des inzwischen nicht mehr existenten DFF2 umgeschaltet und die ARD übernahm die Senderkette des DFF1 . 

Die nächste Veränderung gab es in der Nacht vom 14. zum 15. 12 1990 wurde von SECAM IIIB auf PAL umgestellt. Nun waren nicht wenige Zuschauer plötzlich wieder im "Schwarz-weiß" gelandet oder mussten den TV mit einem PAL-Decoder nachrüsten lassen.

Am 31.12.1991 war endgültig Schluss , der DFF wurde laut Einigungsvertrag eingestellt. Die damit frei gewordenen Frequenzen gingen an die neu gebildeten Länderanstalten über. In Brandenburg war es der ORB in Potsdam. Er ging am 1.1.1992 auf Sendung.

Im Jahre 1992 geht es mit voller KRAFT AUCH IN SACHEN Öffentlichkeitsarbeit voran.                Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

Zunächst senden von hier die zwei Programme , die ARD auf Kanal 53 im Band V und der ORB auf Kanal 23. Hier sehen wir die Empfangsmöglichkeiten ( auf der Karte unten Dresden, links Leipzig-Halle). Seit 1992 wird das TV-Programm "ŁUŽYCA" in Niedersorbisch ​ebenfalls einmal monatlich ausgestrahlt.

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

Stereo ist natürlich nicht so reichweit. Ei, ei was ist denn hier passiert, sind die Karten etwa schon in der DDR angelegt worden ?  ORB 3 sollte eigentlich hier stehen.

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

 Mit 'mono' kommen die Sender bis Dresden ( A13 Klotzsche)  und können natürlich auch wieder auf den Höhen südlich von Dresden empfangen werden.

Die terristischen analogen Fernsehprogramme wurde im Laufe des Jahres auf fünf erweitert. Hinzu kamen auf Kanal 34 VOX, über Kanal 36 sendete RTL und das ZDF war auf Kanal 57 im Band V zu empfangen.

Die nächste Umstellung erfolgte  am 12.Dezember 2006. Um 0,30 Uhr wurden die analogen Sender abgeschaltet  und gegen 03.00 Uhr morgens die digitalen aufgeschaltet. Ab jetzt wurde das Digitalfernsehen ausgestrahlt in der Norm DVB-T. Digital hatten übrigens Funkamateure bereits ein Jahr zuvor vom Calauer Fernsehturm gesendet. 

Der erste Block war auf Kanal 53 mit der Senderbelegung ARD, RBB, Phoenix und Tagesschau24

der zweite, sogenannte ZDF- Block, sendete auf Kanal 36  die Programme ZDF, 3sat, ZDFinfo und KIKA

der dritte war auf Kanal 57 aktiv , hier konnten die Zuschauer NDR und MDR sowie ARTE sehen. ERP war jeweils 100 kW.

Die Zahl der analogen UKW- Programme erhöhte sich 1994 auf sieben: DLFKultur auf 90,8 MHz                    info-Radio RBB sendete auf 93,4 MHz, stundenweise wurden über diesen Sender auch Programme in niedersorbisch ausgestrahlt,                                                                                                                         auf 95,1 der beliebte Sender 'radioeins' von RBB,                                                                                       über 98,6 MHz versorgte RBB Niederlausitz Elbe-Elster-Land  seine Hörer                                                  der FRITZ - Jugendsender des RBB tönte über 103,2 MHz,                                                                        das Kulturradio von RBB auf 104,4 MHz                                                                                                       und der siebente war auf 107,2 MHz BB-Radio Niederlausitz.

Digital im Format DAB wurden ebenfalls bereits 2007 die Sender Radio1, Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk und die Antenne Brandenburg gesendet. Der damalige Betriebsstellenleiter Bernd K. sagt zum DAB Rundfunk in einem Interview am 11.01.2007 "die digitalen Hörfunkprogramme werden von den Hörern zur Zeit nicht angenommen".

Im Jahre 2010 begann man mit umfangreichen Modernisierungsarbeiten.

Am 26.April 2011, eigentlich ein schöner Tag, ein schwarzer Tag für den Sender Calau. Anwohner beobachteten gegen 10,40 Uhr , wie dunkler Rauch aus dem Turm heraustrat  und riefen die Feuerwehr. Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V. Die Kameraden rückten um 10,51 Uhr aus , bis zum Funkturm sind es nur ein paar Minuten zu fahren.... das Feuer war in ca 120 m Höhe ausgebrochen. Löschen können die Kameraden jedoch nicht, der Fahrstuhl ist ausgefallen, die Steigleitern durch die Hitze verformt. Aus Cottbus wird ein Spezialfahrzeug angefordert. Mit Hilfe dieses Fahrzeuges kommen die Kameraden an die Brandstelle heran. Zur Bekämpfung wurde Druckluftschaum eingesetzt.

Quelle: Bilderarchiv Heimatverein Calau e.V.

Es wurden Anwohner und eine KITA im Umkreis von 200 m evakuiert. Nach löschen des Brandes erfolgte die Begutachtung der Schäden durch Sachverständige. Am 27.April war klar, daß der Turm nicht einstürzen wird. Damit konnten auch die Evakuierungsmaßnahmen zurückgenommen werden und die Kollegen begannen mit der Instandsetzung der technischen und baulichen Anlagen. Beim ORB las sich das so:

Es dauerte jedoch 1 Jahr, bis alle Reparaturen ausgeführt waren, teilweise musste auf Ersatzteile    3-4 Monate gewartet werden.

Am 27.März 2018 wird DAB durch DAB+ ersetzt. Am 23.8.2016 war bereits der DAB+ Block der Media Broadcast , der deutschlandweit im Gleichwellennetz betrieben wird auf VHF Kanal 5 C  mit ERP 10 kW in betrieb gegangen.  es folgten die DAB+ Blocks vom ORB auf Kanal 10B und  noch zwei DAB+ Blocks  auf      Kanal 5 D und 12 D

Über DAB+ kann man nun über 40 Programme empfangen. Die Berliner Sender welche ja in Dresden nicht ausgestrahlt werden,  kann man auf der A13 ebenfalls bis zur Tallage hören. 

Auch im Fernsehen hat sich wieder etwas getan. Das DVB-T wurde ersetzt durch DVB-T2 und so können nun seit dem 3.April 2019 diese Programme von ARD und ZDF in Full HD- Auflösung gesehen werden.

Es sind drei Multiplexe in Betrieb auf Kanal 23 ARD RBB1 , auf Kanal 36 das ZDF  und auf Kanal 44 ARD RBB2 . Insgesamt sind 18 Programme über den TV- Turm Calau empfangbar.  

Interessant ist, daß der Kanal 36 ZDF auf Gleichwelle mit Dresden und Löbau arbeitet.

Weitere Änderungen habe ich noch nicht erhalten. Bleibt mir noch einige eigene Fotos vom 03. Juli 2021 anzuhängen: 

Übrigens der Fahrstuhl wurde seit dem Brand 2011 nicht mehr instandgesetzt und es ist auch nicht vorgesehen. Die Mitarbeiter müssen über Steigleitern nach oben. 

Sogenannte Rückkühler für die Technik, es sind Luft- Wasser- Wärmepumpen eingesetzt.

Der rote Ring ist ein sogenannter Eisteller, er zerkleinert Eisstücke

Im Vordergrund die Baracke war das Schlafgebäude für das Schichtpersonal, dahinter (ohne Fenster) das Gebäude mit der Netzersatzanlage, dahinter das alte Sendegebäude. Später wurde es als Verwaltungsgebäude genutzt, hier befand sich auch die Überwachungstechnik der TV- sender und vom Rundfunk sowie Werkstatträume.

Früher als Garagen genutzt, heute nicht mehr in Nutzung. Eigentlich sollten diese ( so ein Insider) längst abgerissen sein, aber es ist viel Asbest und damit wird die Entsorgung sehr teuer. Also kein Denkmal, wie ich zunächst dachte... hi

In dem Pförtnergebäude waren zu DDR- Zeiten nicht nur der Betriebsschutz sondern auch diensthabende Volkspolizisten untergebracht. Diese Vergitterung erhöhte die Sicherheit der Insassen gewaltig...hi

Originaleingangstür aus der DDR.

Hinten sehen wir die weiße 2-fl Tür, das war der Eingang zu Verwaltungsgebäude, daneben nach links war der Verbindungsgang zum Sendegebäude. Ursprünglich waren dort große Fenster drin, die allerdings zugemauert wurden. (siehe auch oben die Grafik ; Betriebsgebäude, Ansicht, Haupteingang).

Ich hätte gerne noch weitere Informationen von der Technik hinzugefügt, aber leider habe ich noch keinen Ansprechpartner gefunden, der diesen Wunsch erfüllt. Die Erhaltung der Anlagen erstreckt sich offensichtlich nur auf minimale Leistungen, man muß sicher sehr wirtschaftlich arbeiten um mit den wenigen Mitteln die Anlagen am Laufen zu halten.... 

Auf Wiedersehen Calau, im Jahr 2023 feiert der Standort sein 65 jähriges Bestehen, vieles hat sich in den Jahren verändert. Ich bedanke mich für die ausgezeichnete Unterstützung bei den Herren Hajo Böhme, Matthias Nerenz und André Bareinz.

 

jetzt kommt noch der aktuelle Störfall: 

Mein Tipp dazu ; säubern und dieses Schild anbringen, dann werden die Schmierfinken wohl die Finger davon lassen ! "Könnse glauben !"

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.