graetz: 522; Sinfonia Kondensator 5pF von EL84 zur EM34

ID: 189155
Dieser Artikel betrifft das Modell: Sinfonia 522 (Graetz, Altena (Westfalen))

? graetz: 522; Sinfonia Kondensator 5pF von EL84 zur EM34 
04.May.09 17:17
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Thomas Niebl (D)
Beiträge: 54
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Liebe Sammler-Kollegen,

 

wer kann mir erklären, wozu der 5pF-Kondensator (Pos. 167) von der Anode der EL84 zum Steuergitter der EM34 dient. Die Schaltung ist nicht sehr gewöhnlich und ich frage mich, was Graetz damit bezweckt hat. Anscheinend wirkt diese nur im UKW-Betrieb, weil die Steuer-Anode der EM34 über einen 50pF Kondensator (Pos. 137) in den Ausgang des Ratiodetektors (Spule 133) eingespeist wird. Schon mal danke für jede Idee etc.

 

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Feldstärkeabhängiger Rauschsupressor 
04.May.09 23:37

Jens Dehne (D)
Redakteur
Beiträge: 659
Anzahl Danke: 10

Hallo Herr Niebl und natürlich auch alle anderen Radiotechnikfreunde,

in der Werbung um die Spitzengeräte der Rundfunkempfänger von Graetz der Saison 1956 bis etwa 1958 liest man immer mal, dass ein „feldstärkeabhängiger Rauschsupressor“ in diese Geräten eingebaut sei.

Mir war es bisher nicht gelungen, mehr über diese Technologie zu finden. In den mir verfügbaren Unterlagen von Graetz fand ich bisher auch keine Erklärung hierzu; der „Schallkompressor“ schien seinerzeit wohl erklärungsbedürftiger und werbewirksamer zu sein.
 
So möchte ich meine Gedanken zur Wirkungsweise darlegen, weitere Ausführungen sind natürlich willkommen.
 
Im Mittelpunkt dieser „Röhrenfunktion“ steht die EM34 mit ihrem Triodensystem. Die Anode „A1“ liegt ständig über dem Widerstand R162 (1MΩ) an Betriebsspannung von 232V; auch im abgeschalteten Zustand des Magischen Auges (Taste MA).
 
Wirksam ist hier der Innenwiderstand des Triodensystems (Ri) in Abhängigkeit der Ansteuerung über G1 (Gleichspannung / Ratiospannung von C133) über R136 (1MΩ) und R165 (2MΩ). Rauschminderung also nur bei UKW-Empfang im FM – Betrieb.
 
Mit steigender (negativer) Ratiospannung (stärkerer Sender) wird das Triodensystem der Röhre EM34 weniger leitend, kein Sender (keine Feldstärke) entspricht maximal 0V am Steuergitter der EM34 – also durchgesteuert und leitend. Durchgesteuert hat das Triodensystem den geringsten Innenwiderstand (Ri). Der mit A1 (Anode 1) verbundene C139 (50pF) bildet einen Hochpass  mit veränderlichem (feldstärkeabhängigem) „R“ (Röhrensystem) parallel zum NF-Ausgang des Ratiodetektors. Also je mehr Feldstärke (Ratiospannung), je größer „R“ und je weniger hohe Frequenzen (Rauschen) werden unterdrückt bzw. abgeschnitten oder weggefiltert.
 
Soweit der eine Zweig, einen zweiten Zweig bzw. feldstärkeabhängigen Hochpass bildet C171 (5pF) parallel zur EL84. Hier wird auch der (ansteuerungs-) abhängige veränderliche Innenwiderstand des Triodensystems der EM34 ausgenutzt, nur vom Steuergitter aus. Wäre C171 auch mit der Anode A1 der EM34 verbunden, käme es zur Rückkopplung / Mitkopplung der NF und der Verstärker würde schwingen.
 
Soweit meine Gedanken hierzu.
Jens Dehne

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Feldstärkeabhängiger Rauschsupressor  
06.Jun.09 19:41

Thomas Niebl (D)
Beiträge: 54
Anzahl Danke: 8

Hallo Herr Dehne,

vielen Dank für Ihre umfangreichen Erläuterungen!

Ich habe mir über die Schaltung noch einmal Gedanken gemacht. Der Feldstärke abhängige Rauschsupressor ist für mich somit sehr verständlich.

Unklar ist nach wie vor der Sinn des 5pF-Kondensators (176), der von der Anode der EL84 auf das Steuergitter der EM34 geht, und zwar desshalb, weil das Steuergitter mit 10nF (155) an Masse geht. Hier würden doch hohe Frequenzen, die der 5pF-Kondensator "durchlassen" würde zu nichte gemacht. Insofern verstehe ich die Schaltung nicht. Das Verhältniss von 5 zu 10000pF ist so groß, dass eine eventuell an der Anode der EL84 anstehende hohe Frequenz (sie müsste wohl im MHz-Bereich liegen)  keine Chance hat etwas zu bewirken.

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Sinn des 5pF-Kondensators (C176) 
12.Aug.09 10:30

Jens Dehne (D)
Redakteur
Beiträge: 659
Anzahl Danke: 10

Die Frage zur Funktion des Kondensators C167 (5pF) war noch nicht beantwortet...

Wenn ich mir die Schaltung betrachte, so erkenne ich auch einen frequenzabhängigen und feldstärkeabhängigen Gegenkopplungszweig von der Anode der EL84 über die EM34 zum NF- Eingang / Lautstärkepoti. Hier findet der angefragte C167 (5pF) seine Aufgabe.
 
Ich habe nach einer Beschreibung in der Literatur gesucht und gefunden. So wird diese Schaltungstechnik in „Kleines Praktikum der Gegenkopplung“ von Herbert G. Mende (1952) kurz beschrieben mit einen Verweis auf [„Rundfunkröhren“ Ratheiser 1949].
 
Es heißt: >>> Um hier eine automatisch von der Sendefeldstärke abhängige niederfrequente Bandbreitenregelung zu erhalten, ist eine zusätzliche Höhengegenkopplung vorgesehen, die zur Erzielung der richtigen Phasenlage an einem kleinen Schutzgitterwiderstand der EL12 (Anode der EL84 im Sinfonia 522) abgegriffen und – durch den Triodenteil der EM11 (EM34) verstärkt – an das Gitter der NF- Vorstufe geführt wird. Da nun die Verstärkung des EM11 (EM34) – Triodenteiles von der Regelspannung abhängt, wird diese zusätzliche Gegenkopplungsspannung um so weniger verstärkt, je höher die Senderfeldstärke bzw. die Empfangsspannung des Empfängers ist. Dabei werden bei Ortsempfang die hohen Frequenzen am wenigsten geschwächt und die Niederfrequenz in voller Bandbreite übertragen, während bei Fernempfang die Höhen- Gegenkopplungsspannungen mehr verstärkt werden, so dass die Bandbreite dementsprechend beschnitten wird.
 
Schaltungsbeispiel:
 
 
 
Diese Arbeitsweise hat nichts mit der lautstärkeabhängigen Gegenkopplung zu tun, die ja von Hand, d.h. zusammen mit dem Lautstärkeregler eingestellt wird und meist das gesamte NF- Band erfasst. Bei der hier beschriebenen Schaltung kommt es gerade darauf an, nur die obere Bandgrenze – und zwar automatisch – zu verschieben, was durch die relativ kleinen Kapazitäten im zusätzlichen Gegenkopplungskanal gewährleistet wird (C167 5pF). <<<
 
In diese Gegenkopplung ist also eine weitere Röhrenfunktion der EM34 (NF – Verstärkung) ausgenutzt.
 
Der gemessene Frefrenzgang beim Sinfonia 522 änderte sich je nach Schalterstellung der Klangregister im Bereich der Höhen um 0,5dB bis 1dB.
 
 

Schöne Grüße! Jens Dehne

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Beispiel TFK_D707WKK 
12.Aug.09 14:34

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
Beiträge: 2492
Anzahl Danke: 13
Dietmar Rudolph † 6.1.22

In "Fortschritte der Funktechnik, Bd. 6, Franckh, 1941" wird die "Gegenkopplungs-Automatik" vom Telefunken D707WKK beschrieben, die ganz entsprechend mit einer Kopplung von 2 Kondensatoren zu 5pF und der EM11 arbeitet. Es könnte auch als Vorlage zu den Ausführungen von H.G. Mende  gedient haben.

Neuerdings nützt man die Gegenkopplung nicht allein zur Verringerung der Verzerrungen und zur Baß  und Höhenanhebung aus, sondern auch zur selbsttätigen Begrenzung der Störgeräusche. Geht man beim Abstimmen von einem Sender zum andern, so treten ja stets mehr oder weniger starke Störungen auf, die teilweise auf das Röhrenrauschen, teilweise auf atmosphärische oder örtliche Störungen zurückgehen und durch Bedienung des Klangfarbenreglers verringert werden können. Dieser Bedienungsgriff ist im Telefunken Großsuper D707WKK  durch eine Gegenkopplungsautomatik für diesen Fall überflüssig gemacht worden, so daß der Hörer es nicht mehr nötig hat, durch Klangverdunkelung von Hand die Störungen zu beschneiden. Die von Telefunken verwendete Anordnung für die selbsttätige Tonregelung zieht für diesen Zweck die Schwundregelung heran.

Wie Abb. 32 erkennen läßt, gelangt die Niederfrequenzspannung über den Lautstärkeregler R1 zum Steuergitter der NF Vorröhre EF11. Die Schwundregelspannung wird dem Steuergitter der EF11 unmittelbar über R2 zugeführt. Während die Abstimmanzeigeröhre EM11 die Regelspannung unverzögert erhält, wird die Gittervorspannung am Kathodenwiderstand R3, R4 abgegriffen. Demnach ist die Verstärkung der EM11 und die über den Kondensator C1 (15 pF) zum Steuergitter der EF11 geleitete Tonfrequenzspannung abhängig von der Größe der Regelspannung und damit von der hochfrequenten Eingangsspannung. Bei starkem Empfang und großer Regelspannung arbeitet die EM11 mit geringer Verstärkung. Umgekehrt wird die Verstärkung bei schwachem Empfang und kleinerer Regelspannung größer. Wie Abb. 32 weiter zeigt, gelangen über den Kondensator C2 nur die hohen Frequenzen von der an R5 herrschenden Tonfrequenzspannung zur Röhre EM11. Für die hohen Frequenzen ist C2 mit 5 pF ausreichend bemessen. Sie gelangen vom Schirmgitter der Endröhre zum Steuergitter der NF Vorröhre. Die Zwischenschaltung der EM11 bewirkt eine Phasenumkehr. Es handelt sich hier demnach um eine Gegenkopplung, da die über C1 zum Steuergitter der EF11 geleitete Spannung gegenphasig zu der an R1 herrschenden NF Spannung ist. Die Wirkungsweise der Tonbandautomatik geht aus Abb. 33 hervor.

Kurve I zeigt, daß bei der Abstimmung auf den Ortssender praktisch keine Störungen vorhanden sind und daher das gesamte Tonfrequenzband übertragen wird. Kurve II gilt für die Abstimmung auf einen nahe gelegenen Großsender, wobei das Störgeräusch im jeweiligen Frequenzgebiet ausreichend beschnitten wird. Kurve III entspricht einer weiteren Tonbandbeschneidung bei der Abstimmung auf ferner gelegene Sender, während Kurve IV eine maximale Störbegrenzung beim Empfang ganz schwacher Stationen zeigt. Einer Erklärung bedarf noch der Umschalter S1 in Abb. 32. Bei Tonabnehmerwiedergabe ist es erwünscht, ohne Tonbandautomatik zu arbeiten. Deshalb schaltet man in diesem Fall die Kathode der EM11 mit der Kathode der EL12 zusammen. S1 wird mit dem Tonabnehmerschalter kombiniert.

MfG DR

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