graetz: Brummkompensation mit Ausgangsübertrager

ID: 224676
Dieser Artikel betrifft das Modell: Sinfonia 4R/221 (3395) (Graetz, Altena (Westfalen))

graetz: Brummkompensation mit Ausgangsübertrager 
22.Jul.10 20:44
59

Jens Dehne (D)
Redakteur
Beiträge: 659
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Hallo Radiofreunde,

aus Seevetal bekam ich einen Anruf (der Fragende ist (noch) kein Mitglied im RMorg, nur passiver Leser...), und man fragte etwa, ob ich bestätigen könne, dass sehr viele Ausgangsübertrager von Graetz-Geräten aus den Zeiten Ende50er Jahre defekt wären. (Ich hatte noch nie einen defekten AÜ festgestellt!)

Eines seiner „befallenden“ Geräte sei der Sinfonia 4R221. Er meint nun, dass bei seinen Geräten ein Teil der Primärwicklung (Hilfswicklung / Siebzweig) häufig einen Schluss hätte, man  würde hier nur wenige Ohm messen und das Radio würde brummen.... Bei anderen Geräten wie bspw. bei Saba wäre das ganz anders...

 

Vielleicht hat ja der eine oder andere ähnliche Erfahrungen gemacht, ich möchte etwas zur Klärung beitragen...

 

Eine Brummkompensation mittels Hilfswicklung auf dem Ausgangsübertrager hat auch GRAETZ bei vielen Geräten realisiert. Bleiben wir beim Sinfonia 4R221.

Hier messe ich also etwa 345 Ohm (Gleichstrom R) an der Primärwicklung zur EL84 und etwa 4 Ohm ab Anzapfung / Einspeisepunkt zum R 187 (500 Ohm).

 

Man meinte nun, dass diese 4 Ohm zur Siebung nicht reichen, hier müsse ein Windungsschluss vorliegen....

 

Ich habe einen AÜ im Fundus mit Angaben zu den Windungszahlen, primär 3200 Wdg. / Anzapfung / 31 Wdg. (Hilfswicklung). Hier wird klar, dass diese 31 Windungen mit etwa 1,4mH dem Wechselstrom keinen nennenswerten (Schein-)Widerstand entgegensetzen!

 

Hier nun eine kurze Funktionsbeschreibung der Brummkompensation aus meiner Sicht:

 

Es geht um die Kompensation des Brummwechselstromes, welcher durch die Endröhre EL84 fließt.

Der Anodenstrom vom Gleichrichter / Ladekondensator (C195) 50µF, welcher mit einem „Brummstrom“ überlagert ist, wird in die Primärwicklung des Ausgangsübertragers eingespeist und gelangt auf einem Weg zur Anode der EL84 (etwa 41mA) und über einen zweiten Weg über die Hilfswicklung des AÜ186 und R187 (500Ohm) zur Anodenstromversorgung der anderen Röhren (etwa 43mA).

Der „Trick“ an der Schaltung ist der, dass der Brummwechselstrom durch die Hilfswicklung eine Wechselspannung in der Primärwicklung induziert, welche der dort anliegenden Brummwechselspannung entgegengerichtet ist und diese somit kompensiert.

 

Weiterführende Literatur ist hier im RMorg zu finden.

 

So weit erst einmal, etwa 4 Ohm Gleichstromwiderstand der Hilfswicklung (Ausgangsfrage) sind bei diesem Gerät also völlig OK. Bei anderen Geräten können die Werte natürlich abweichen, eine korrekte Funktion der Brummkompensation ist abhängig von der Dimensionierung und vom Schaltungskonzept, natürlich sind die richtigen elektrischen Wete der Bauelemente Bedingung.

 

Weitere Überlegungen oder Fragen sind natürlich willkommen....

 

Schöne Grüße aus Erfurt!

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Ausgangsübertrager überschlägig testen. 
23.Jul.10 00:01
59 from 4730

Dieter Barkawitz (D)
Beiträge: 58
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Dieter Barkawitz

Hallo Herr Dehne,

einen Windungsschluss in einer Transformatorwicklung kann nur in extremen Fällen, wenn viele Windungen betroffen sind mit einer Gleichstrommessung festgestellt werden. Der Transformator ist aber bereits unbrauchbar wenn nur wenige Windungen, ja sogar nur eine einzige Windung einen Schluss hat (haben). Diese wenigen Windungen reduzieren den Gleichstromwiderstand nur sehr geringfügig und sind mit einem Ohmmessgerät kaum nachweisbar. Bessere Ergebnisse liefert eine Messung mit Wechselstrom. Leider sind solche Messgeräte in einer Amateurwerkstatt selten zu finden.

Es gibt eine andere Möglichkeit die Brauchbarkeit eines Ausgangsübertragers mit Bordmitteln zu testen. Ausgangstransformatoren für Röhrengeräte haben eine sehr hochohmige Primärwicklung, hier EL84 bei ca. 5000 Ohm. An dieser Primärwicklung liegt bei einer max. Ausgangsleistung von 4 Watt eine Wechselspannung von etwa 140Veff an. Ausgangsübertrager müssen auch für sehr tiefe Frequenzen ausgelegt sein, d.h. der Trafo muss auch 25–30Hz mit Nennbelastung schadlos verkraften. Das bedeutet man kann den Transformator bei Anschluss an 50Hz auch ruhig mal mit der doppelten Spannung, also 2 x 140V = 280V betreiben. Es spricht also nichts dagegen den ausgebauten Ausgangsübertrager primär an 230V Netzwechselspannung anzuschließen. Wenn man das so macht wird eine einzige kurzgeschlossene Windung aufgrund des in ihr fließenden Kurzschlussstromes sehr schnell „Rauchzeichen“ geben.

PS: Die Brummkompensation in ihrem Beispiel funktioniert nicht aufgrund der in etwas gleich großen Ströme in der EL84 und den anderen Röhren, das würde ja auch eine in etwa gleiche Windungszahl beim Transformator bedeuten, sondern in dem sehr hohen Impulsstroms des Kondensators 194, der über den 500 Ohm Widerstand begrenzt ist. Mit dem 500 Ohm Widerstand ist also ein Brummabgleich möglich.
 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Brummkompensation der Anode Impedanz 
23.Jul.10 03:26
77 from 4730

Joe Sousa (USA)
Redakteur
Beiträge: 673
Anzahl Danke: 4
Joe Sousa

Mehr zum Thema Brummkompensation der Anode Impedanz hier und Pentode Plate Hum in englischer Sprache.
Mit freundlichen Grüßen,
-Joe

 

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