Graetz F39: Probleme UKW-Empfang
? Graetz F39: Probleme UKW-Empfang
Probleme mit dem UKW-Empfang beim Graetz Landgraf F39
Das Gerät habe ich komplett instand gesetzt. Alle schadhaften Kondensatoren wurden ausgetauscht.
Der Fernsehteil ist voll funktionsfähig und läuft ohne Probleme.
Schon bei der ersten Inbetriebnahme des Rundfunkteils ist aufgefallen, dass die Lage der UKW-Sender auf der Skala nicht stimmt. Beim Wechsel verschiedener Antennengebilde (Außenantenne oder nur ein einfacher Draht) empfing man plötzlich einen völlig anderen Sender auf der gleichen Stellung des Drehkondensators. Zusätzlich lag ein modulierter Brumm vor. Nach Austausch der UCC85 war das Brummen beseitigt.
Ein merkwürdiges Störsignal war zu vernehmen, das auch bei zugedrehtem Lautstärkepoti zu hören war. Der UKW-Oszillator schien erhebliche HF-Störungen auszustrahlen, die von der Einstellung des Drehkos und auch von anderen Abstimm-Organen, wie Trimmer und Kerne im UKW-Kästchen (nicht der ZF) abhängig war. Es hörte sich an wie ein Brotzeln.
Zunächst habe ich versucht den Oszillatorkreis mit der Spule L007 auf einen Sender im unteren Bereich (88.8 MHz) und mit dem Trimmer C014 im oberen Bereich (97.8 MHz) auf die Skala ab zu gleichen. Dies gelang mir überhaupt nicht, weil der Oszillator, wenn man ihn mit dem Drehkko von unten nach oben abgestimmte, ab einer bestimmten Frequenz (ca. 96 MHz) irgendwie abriss bzw. umschlug auf eine andere Frequenz. Zwingend wurde dann auch ein völlig anderer Sender empfangen. Auffällig war auch, dass -je nach Stellung des Trimmers C007 für den Zwischenkreis sich der Oszillatorkreis mit dem entsprechenden Trimmer C014 nicht mehr abstimmen lies. Der Trimmer reagierte quasi gar nicht mehr. Auch ein Verstimmen mit der Oszillatorspule L007 war nicht mehr möglich. Trotzdem war aber Empfang vorhanden, wenngleich völlig andere "falsche" Sender (überwiegend solche ab 100 MHz aufwärts) empfangen wurden. Ich schloss daraus, dass die Schaltung unerwünschte Schwingungen verursacht. Daraufhin habe ich folgende Kondensatoren ersetzt:
C005 3pF
C006 100pF
C009 50pF
C010 60pF
C019 120pF
C017 22pf
C011 10pF
C012 15pF
C018 2.5nF
Durch den Ersatz dieser Kondensatoren änderte sich aber leider gar nichts an der Situation. Ich habe noch ein zweites UKW-Kästchen, welches nahezu baugleich, lediglich mit einer ECC85 (statt UCC85) bestückt ist. Dieses hatte ich auf einwandfreie Funktion getestet. Hier entnahm ich dann die beiden Trimmer und auch die Ferritkerne. Auch das half nichts.
Bei einem genaueren Vergleich der beiden UKW-Kästchen sah ich, dass der C012 anders an die UKW-Oszillatorspule im Landgraf angeschlossen (grüner Punkt) war als in meinem UKW-Kästchen mit der ECC85 (roter Punkt, siehe Bild).
Daher machte ich den Versuch und lötete den C012 entsprechend um. Nun war ein einwandfreier Abgleich der Skala möglich. Auch die Eingangsempfindlichkeit lies sich jetzt optimieren, ohne, dass sich hierbei der Oszillator verstimmte.
Wenn man einen starken UKW-Sender empfängt, die Außenantenne herauszieht und durch einen Draht ersetzt, passiert genau das Gleiche wie oben beschrieben: Es tritt ein völlig anderer Sender in Erscheinung. Auch eine andere Symmetrier-Weiche (Koax 75 Ohm auf Symetrisch 240 Ohm) löst diesen Missstand aus. Aus irgendwelchen Gründen wirkt sich eine Änderung der "Antennen-Verhältnisse" (Impedanz/Wellenwiderstand) auf den Oszilator aus.
Das geschilderte Problem ist sehr ungewöhnlich und ich habe keine Idee an was es noch liegen könnte.
Der Ausbau des UKW-Kästchens beim Landgraf F39 scheint nicht ganz so einfach zu sein wie bei einem Graetz-Radioempfänger aus dieser Generation, weil es auf einer Montageplatte zusammen mit dem AM-Drehko und der Tastatur installiert ist. Die zu lösende Schraube für das UKW-Kästchen ist offensichtlich nur von der Unterseite der Montageplatte zugänglich. Insofern habe ich es bisher vermieden, das UKW-Kästchen aus zu bauen und auf der Unterseite genauer zu inspizieren.
Für jeden Tipp bin ich sehr dankbar!
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Masseverbindungen
Hallo Herr Niebl,
Ihr Problen wird nicht ganz einfach zu lösen sein. Ich hatte einen ähnlichen Fall mit einer oxydierten Masseverbindung. Prüfen Sie einmal sämliche Masseverbindungen, Masselötstellen.
MfG D. Grötzer
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Selbsterregung der Vorstufe
Hallo Herr Niebl,
sie liegen schon richtig mit ihrer Vermutung, „dass die Schaltung unerwünschte Schwingungen verursacht“. Aber als Störenfried könnte sich die Vorstufe herausstellen, die ab einer gewissen Drekostellung nach aufwärts hin wild schwingt?
Indizes hierfür wären:
1) Frequenzsprung bei Änderungen an der Antennenbuchse
2) L007 und C014 reagieren nicht mehr ab Schwingungseinsatz
3) Empfang von Sendern ab 100 MHz aufwärts
zu 1)
Impedanzänderungen an der Antennenbuchse wirken sich auf die Resonanzfrequenz der Vorstufe aus.
zu 2)
Sobald die Vorstufe wild schwing ist sie mit ihrer hohen Amplitude dominant so, dass eine Änderung Oszillatorfrequenz nicht mehr auffällig ist.
zu 3)
Wenn die wilde Schwingung ab der Skaleneinstellung ca. 98 MHz einsetzt sollte ihre Frequenz auch ganz grob bei 98 MHz liegen, denn auf diese Frequenz ist Vorstufe dann abgeglichen. Bei einer Selbsterregung mit 98 MHz und einer ZF von 10,7 MHz würde ein Sender auf 108,7 MHz empfangen so es dort einen gibt. Wird die Skaleneinstellung auf 88 MHz zurückgestellt ist Empfang auf 88 MHz + 10,7 MHz = 98,7 MHz gegeben. Damit erklärt sich der Empfang ab 100 MHz aufwärts.
Die Ursache der unerwünschten Schwingung kann außer an einer schlechten Masseverbindung auch an der Falle L003 parallel zu R003 liegen, denn genau diese Falle soll Eigenerregung verhindern.
MfG dB
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Fehler gefunden!
Zunächst vielen Dank für alle eingegangenen Lösungsvorschläge!
Am 04.02.2010 habe ich das UKW-Kästchen ausgebaut. Es war gar nicht so schwierig wie ich zunächst vermutete. Eine Mutter, die von der Chassis-Unterseite zugänglich ist, war durch einen Kondensator versteckt. Bevor ich die Mutter löste, fixierte ich das Drehko-Rad mit einer einfachen Lochblechleiste. Das UKW-Kästchen konnte so relativ einfach entnommen werden und ich musste mir um das Skalenseil keine Sorgen machen.
Zunächst reinigte ich das UKW-Kästchen mit Isopropanol und legte es über Nacht in einer kleinen Wanne ein.
Am 05.02.2010 habe ich das UKW-Kästchen zunächst gründlich getrocknet. Ein Probelauf an Labornetzgeräten für Anodenbetriebs- und Heizspannung zeigte -nach wie vor- den Fehler. Durch Zufall sah ich, dass ein grüner keramischer Röhrchen-Kondensator einen kleinen, kaum zu sehenden Riss hatte. Nach Austausch dieses Kondensators war der Fehler verschwunden! Wenn man den neuen Kondensator probeweise durch einseitiges Ablöten von der Chassis-Masse entfernte, trat der Fehler wieder auf.
Um den Fehler weiter nach zu vollziehen, habe ich bei meinem 2. UKW-Kästchen den gleichen Kondensator ebenso abgelötet und es trat auch exakt die gleichen Fehler-Erscheinungen auf.
Es handelt sich um C003 im Schaltplan. Der keramische Röhrchen-Kondensator befindet sich direkt an der Antennen-Eingangsspule auf der Unterseite des UKW-Kästchens.
Es könnte sein, dass einmal ein Blitz in die UKW-Antenne eingeschlagen hat, und der keramische Röhrchen-Kondensator dadurch zerstört wurde.
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UKW-Eingang
Hallo Herr Niebl,
eine erfolgreiche Reparatur mit einem Fehlerbild was sich auch noch bei einem zweiten gleichartigen Mischteil reproduzieren ließ! Anhand der Schaltung des UKW-Eingangs der Versuch einer Erklärung:
Das linke Triodensystem der UCC85 arbeitet als HF-Vorstufe in neutralisierter Zwischenbasis-Schaltung. Dieses Prinzip ist elektrisch zwischen der reinen Gitterbasisschaltung (Gitter hochfrequenzmässig an Masse, Kathode wird allein vom HF-Signal angesteuert) und der Kathodenbasisschaltung mit "geerdeter" Kathode und alleiniger Gittersteuerung einzuordnen. Sie stellt für den UKW-Bereich einen günstigen Kompromiss zwischen erzielbarer Verstärkung und Eingangswiderstand dar, erfordert aber zum stabilen Betrieb eine Neutralisierung der Rückwirkungskapazität Cga, der Kapazität zwischen Gitter und Anode.
Die Antennenspannung gelangt über den HF-Übertrager L001-L002, dessen Sekundärseite mit der Reihenschaltung der beiden Kondensatoren C003 und C004 etwa auf Resonanz mit dem UKW-Band abgestimmt ist, sowohl an das Gitter wie auch gegenphasig an die Kathode der Vorstufentriode. Das Kapazitätsverhältnis von C003 und C004 (und dessen "geerdeter" Mitte) bestimmt, ob der Eingang eher mit Tendenz zu einer Kathodenbasis- oder Gitterbasis-Schaltung arbeitet. Die hierbei noch erforderliche Neutralisierung wird durch den Kondensator C005 gebildet, der zwischen Anode und Kathode geschaltet ist.
Der Fehlerfall lässt sich so erklären: Der Wegfall von C003 erhöhte zum einen die Resonanzfrequenz des Sekundärkreises L002, zum anderen arbeitet die Vorstufe nun eher als Kathodenbasis-Verstärker für den die vorhandene Neutralisation nicht mehr ausreicht. Je nach Sender-Abstimmung (Resonanz-Frequenz des Zwischenkreises nähert sich beim oberen Bandende der Res.-Frequenz des Eingangs) ist nun Selbsterregung der Vorstufe gegeben. Dessen Amplitude ist unter Umständen so hoch, das der eigentliche Oszillator nicht mehr schwingt ("ausgeblasen" wird). Das ist auch die Erklärung für das instabile Arbeiten der Vorstufe, wenn z.B. eine Antenne angeschlossen wird. Die Vorstufe mutiert hierbei zu einer "selbstschwingenden Mischstufe", dessen Mischprodukte über C010 an das zweite Triodensystem und anschliessend an das erste ZF-Filter gelangen. Dabei liegen die empfangenen Sender wie beobachtet auf völlig anderen Positionen der Skala.
Bernhard Nagel
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UKW-Problem gelöst und erklärt
Hallo Herr Nagel,
vielen Dank für Ihre Erklärung!
Ich bin vollkommen Ihrer Ansicht: Die Vorstufe wurde zum Oszillator und hat den eigentlichen Oszillator ausgeblasen.
Im Fehlerfall steigt der Anodenstrombedarf des UKW-Kästchens rasant an auf bis zu 50 mA!
Die Schaltung wirkt dann wie ein kleiner Sender. Das war auch der Grund, warum man bei zugedrehtem Lautstärke-Poti Störungen hörte.
Nochmals vielen Dank an alle Mitwirkenden.
Man ist ja froh einen doch recht schwierigen Fehler gefunden zu haben.
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