Großsendeanlage Gaisberg/ Salzburg
Großsendeanlage Gaisberg/ Salzburg
Die Großsendeanlage in 1283 m Höhe auf dem 1287 m hohen Gaisberg bei Salzburg wurde am 22.August 1956 in Betrieb genommen.
Es war eine Gemeinschaftsanlage von ORF und der Österreichischen Post- und Telegraphenverwaltung.
Die Anlage hatte damals einen 74 m hohen Fachwerkmast . Das Sendegebäude wurde erst 1957 fertiggestellt.
Aufnahme vermutlich im Sommer 1956, ORS - Archiv
Seit dem 8. Oktober 1953 wurde von einem provisorischen Sender von hier oben gesendet; auf UKW 99 MHz mit 1 KW. Weil die Übertragungsstrecken noch nicht fertig waren, wurde in der Anfangszeit das Programm auf Tonband angeliefert und vor Ort in die Sendeanlage, zeitgleich mit den anderen UKW Stationen in Österreich, eingespielt .
Das UKW- Programm war ein rein Österreichisches, es hatte sozusagen damit auch eine politische Bedeutung, da alle anderen Rundfunk- Programme noch unter dem Einfluss der Besatzungsmächte standen.
Nun startete am 22. August 1956 von hier das Fernsehen auf VHF Kanal 8 mit 60/12 KW ( Bild /Ton) sowie auch ein zweiter UKW Sender ( das dritte Programm des ORF) auf 94,8 MHz, das erste Programm des ORF sendet damals weiter auf 99 MHz, jedoch beide Sender mit einer Leistung von 50 KW ERP.
Am 11.09.1961 startete das Versuchsprogramm zunächst 3 Tage in der Woche FS2, welches ab 1.9.1970 offiziell eingeführt wurde.
Nach erfolgtem Umbau des Sendeturmes auf 100 m Höhe mit GFK- Zylinder und UHF- Antennen startet das FS 2 vom Gaisberg am 09.12.1966 , der Sender hatte eine Leistung von 20 KW , entspricht ERP 800 KW !
Im Jahre 1980 erfolgte der Einbau einer zusätzlichen Richtfunkbühne, dazu musste auch der untere Teil des Mastes verstärkt werden. Die ÖPT erweiterte damals die Richtfunkkapzitäten enorm, das wäre ohne diese Erweiterung statisch nicht möglich gewesen.
Am 4.Juni 2007 erfolgte die Umstellung des Fernsehens auf DigitalTV.
Bis dahin waren 4 Fernsehsender analog aktiv:
ORF1 auf VHF Kanal 8 ATV auf Kanal 29 ORF2 (Salzburg) sendete auf Kanal 32 und
ORF2 (Oberösterreich) Kanal 36.
Zunächst wurde umgestellt auf DVB-T
MUX A | K32 (562 MHz) | ORF eins, ORF 2 Salzburg, ORF 2 Oberösterreich, ATV | ERP 80 kW | ||
MUX B | K29 (538 MHz) | Puls 4, ORF III, ORF SPORT +, 3sat, ServusTV | ERP 80 kW |
Im Jahre 2017 erfolgte die endgültige Umstellung auf DVB-T2. Insgeamt arbeiten 5 Muxe, übrigens auf Gleichwelle mit der Funkübertragungsstelle Anger
Kanal Frequenz Programm Pol. Sendeleistung [W ERP]
K32 562,00 MUX A-OSN H 80.000
K29 538,00 MUX B2 H 80.000
K47 682,00 MUX D2 H 80.000
K38 610,00 MUX E2 H 80.000
K55 746,00 MUX F2 H 80.000
Zu beachten; Programmzubringung ( obere Zeile) Digitales Distributationsnetz der ORS ( Digitales Leitungsnetz A1 ist nicht mehr aktuell)
Die noch angebrachten VHF Antennen werden vermutlich für das DAB+ Radio genutzt. Dem ORS wurde am 02.08.2018 die Zulassung für den Betrieb der bundesweiten Multiplex- Plattform für den digitalen terristischen Hörfunk im Standard DAB+ für die Dauer von 10 Jahren erteilt. . Erstmals wird das digitale Programm am 28.Mai 2019 in Wien, Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich und Steiermark ausgestrahlt. Damit sollen 60 % des Territoriums abgedeckt werden. Auf dem Gaisberg soll ab 31.März 2020 der Multiplex aktiv sein.
Nicht etwa die Programme des ORF werden übertragen, da steht man auf dem Standpunkt, dass das jetzige Netz des ORF Rundfunks im UKW- Bereich so gut ausgebaut ist, das man parallel kein zweites Netz betreiben muß . ( wie vernünftig ! ) Es werden (zunächst) neun Programme, alles Privatsender, in DAB+ ausstrahlt. Eine hoffentlich gute Einnahmequelle für den ORS.
Ich durfte mich am 15.02.2019 einmal etwas umschauen, Dank Herrn Ing. Kerschbaum , Leiter des Senderbetriebes in Salzburg.
Wie wäre es mit einem Spaziergang vom Studio Nonntaler Hauptstraße bis zur Sendeanlage? Aber man verschätzt sich, bis oben waren es gute 12 Km !
Im linken Gebäude ist die Telekom Austria eingemietet, rechts sind die Betriebsräume vom ORS
Interessant ist die Blitzstrommesseinrichtung und ein Schwingungsdämpfer auf der Mastspitze.
Foto; Walter Brummer, vielen Dank !
Der Gaisberg soll der Berg in Österreich sein, wo der Blitz 30...40 x im Jahr einschlägt. Deshalb wurde hier eine Blitzstrommesseinrichtung installiert ! Die erste Erfolgsmeldung hatte der Betreiber, die Wiener Firma Aldis am 14.06.2000. Bei einem Nachtgewitter wurde mit einer Hochgeschwindigkeitskamera, die bis 1000 Bilder pro Sekunde aufzeichnet, der Blitzverlauf analysiert. Solche Einrichtungen sind noch relativ selten, werden aber benötigt, um die Vorgänge bei Gewittern noch besser zu erforschen und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln.
Bevor wir nun die ORS- Technik und den Mast näher betrachten, noch ein Abstecher . Am 16.1.2019 sah es oben so aus. Das Gasthaus war buchstäblich zugeschneit:
Am 15.02.2019 ist die Welt wieder in Ordnung, die Schneehöhe ist die Normalität und das Wirtshaus "Am Spitz" hat geöffnet.
Hier kommt gleich die nächste interessante Geschichte:
Unmittelbar am Gaststättengebäude steht dieser Mast. Er wird genutzt vom Österreichischen Versuchssenderverband Salzburg (ÖVSV). Durch die Schneemassen war der Gittermast umgeknickt und es kam zum Ausfall von Teilen der HAMNET-Verbindungen sowie des UHF DV-Relais. Inzwischen ist es den Freunden gelungen, das UHF-Relais und HAMNET, soweit möglich, wieder in Betrieb zu nehmen. An eine Reparatur des Mastes war aber wegen der Schneeverhältnisse, je nach Standort sind es um die zwei Meter und mehr, vorerst nicht zu denken. Erst im Spätherbst hatten die Freunde einen neuen Gittermast vor der Hütte aufgebaut, zum Umbau der wichtigsten Antennen kam es allerdings wetterbedingt nicht mehr.
Aber nun ist die "Bergwelt" ja wieder in Ordnung. Wir betreten inzwischen das Betriebsgebäude und der erste Blick ist aus dem Fenster. Die ersten Tandemparagleiter sind unterwegs und die Flieger haben einen tollen Blick auf die Stadt Salzburg und die wunderschöne Kulisse der umliegenden Berge.
Der 100 m hohe Sendemast selbst ist nun wieder von Eis und Schnee befreit und die Kollegen vom ORS haben wieder normalen Dienst. Auch die 30 KV-Freileitung der Salzburg AG ist wieder repariert.
Ganz oben, im GFK- Zylinder sind die UHF- Antennen montiert. Darunter sind noch die alten Aufbauten vom VHF- Sender zu sehen. Diese werden nun für DAB+ Verwendung finden (siehe oben).
Sehr wichtig ist bei dieser Großsendeanlage das Notstromaggregat. Es wird auch immer vorgehalten, damit bei Stromausfall innerhalb kürzester Zeit die Anlage hochgefahren werden kann.
Herr Ing. Kerschbaum, der Technische Leiter des ORS Senderbetriebes Salzburg überprüft die Anlage.
Es geht nach oben, na schaut mal, da steht ja noch ein Mittelwellensender !
Sicherlich waren solche Kleinsender als Füllsender im Einsatz um auch entfernte Bergdörfer mit Rundfunk zu versorgen.Heute ist dieser Röhrensender Bestandteil einer kleinen Ausstellung im Betriebsgebäude.
Herr Walter Brummer schreibt mir zu diesem Sender
Auf dem Sender findet sich das Logo WSW, was für „Wiener Schwachstromwerke“ steht. Dabei handelt es sich um eine Abspaltung von Siemens & Halske Österreich, die von 1965-1969 bestand. Somit ist die Baujahrangabe 1950 am Schild zu hinterfragen. Zwischen 1964 und 1969 wurden auch die meisten MW-Kleinsender errichtet. Es könnte natürlich auch sein, das der Sender von der Firma WSW aufgearbeitet wurde, er sieht aus wie etwa 1950 oder sogar früher gefertigt. Wenn jemand dazu etwas weiß, bitte melden !!!
Vom Mittelwellensender zu den UKW Sendern:
Hier werden 6 UKW- Sender betrieben, sowie 2 x Reserve mit automatischer Umschaltung, für den Fall, das wirklich mal etwas passiert...
Hier sind sie, die aktuell ausgetrahlten Programme:
Ö1 90,9 MHz 100 kW H
Radio Salzburg 94,8 MHz 100 kW H
Hitradio Ö3 99,0 MHz 100 kW H
FM4 104,6 MHz 100 kW H
Radio Oberösterreich 101,2 MHz 10 kW H
Antenne Salzburg 101,8 MHz 10 kW H
und schon sind wir beim Fernsehen gelandet:
Noch ein Blick in die Überwachungskabine, wo der Techniker sofort signalisiert bekommt, wenn etwas ausgefallen ist...
und dieser seltene Blick am Stahlgittermast nach oben zum Abschied
Es war eine nichtalltägliche Exkursion und ich bedanke mich sehr herzlich bei den Kollegen vom ORS Salzburg für Ihre freundliche Unterstützung, die zum Entstehen dieses Beitrages führte.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.
Großsendeanlage Gaisberg weitere Infos
Es gibt noch einige weitere interessante Dinge vom Gaisberg zu berichten. Am Pfingstsonntag war ich wieder einmal oben und diesmal bei bestem Sommerwetter .
Im März war es ohne Ski kaum erreichbar , das Gipfelkreuz auf 1287 m . Ein paar Meter dahinter geht es steil bergab.
Die ansonsten prächtig intakte Anlage hat jedoch diesen Winter Schaden genommen , einige Zaunsfelder samt Pfosten sind weggedrückt worden. Viel Richtfunk ist hier konzentriert zum einem von der Telekom Austria, der auch die Einfriedung gehört,
zum anderen von der ORS . Am 28.Mai 2019 startete nun auch die österreichweite Digitalradioausstrahlung, jedoch noch nicht vom Gaisberg. Von dort soll Ende März 2020 der Multiplex arbeiten.
Bis jetzt sind in Österreich folgende Sender digital in etwa 60% des Landes zu empfangen:
- ausgestrahlt wird mit Gleichwelle auf VHF- Kanal 5D aktuelle Senderbelegung Stand 11.06.2019
Es sind also noch 5 Plätze frei, möglicherweise kann da auch der Deutschlandfunk einsteigen und wieder einen Schritt zum Europaempfang machen ?
Der Herr Sander vom Hörerservice schrieb mir gerade; Der DLF hat nur einen nationalen Sendeauftrag. Wird also in Österreich nicht einsteigen.....
Der ORF selbst ist nicht dabei, er hat nach eigenen Angaben ein gut ausgebautes UKW- Sendenetz; siehe unten Bereich Bundesland Salzburg
Das ist schon sehr aufwendig, noch ein Digitalradionetz dazu parallel aufbauen, das können sich wohl nur ganz reiche Länder leisten. Man kann ja auch die Hörer nicht mit unendlich hohen Gebühren belasten....
Keine 20 m von der Wirtschaft "Am Spitz" ist die Übertragungsstelle von POTZ BLITZ ! installiert. Im März war hoher Schnee und von der Anlage nicht viel zu sehen.
Foto Walter Brummer, vielen Dank !
Dazu hatte ich bereits im ersten Teil geschrieben, hier nun noch die Station selbst
Es ist eine mobil einsetzbare Anlage inform eines Anhängers, umbaut mit Stahlbauelementen, an welchen die Empfangs- und Sendetechnik montiert ist.
Hier werden offensichtlich noch weitere Wetterdaten erfasst.
Es gibt auch eine interessante Erklärung dazu:
In den 100 m hohen Sendemast schlagen jährlich bis zu 60 Blitze ein. Es ist deshalb ein geeigneter Standort für die Messung von Blitzströmen. Der Blitzstromverlauf, der nur einige tausendstel Sekunden dauert, wird von einem Meßwiderstand an der Mastspitze erfasst.
Zusätzlich werden elektromagnetische Felder und meterologische Daten auf dieser etwa 170 m entfernten Meßplattform aufgezeichnet.
Anders, als bei normalen Blitzen,die in der Wolke ihren Ausgang nehmen,werden die Blitze hier vom Mast ausgelöst und springen aufwärts zur Gewitterwolke. Diese sogenannten Aufwärtsblitze treten auch im Winter häufig auf, da aufgrund der niedrigen Temperaturen die Basis der Gewitterwolken tiefer liegt.
Weltweit gibt es nur wenige vergleichbare Blitzmeßstationen. Solche sind auf dem Säntis ( Schweiz) , dem hohen Peißenberg ( Bayern ), der Tokio Skytree (Japan) , dem CN- Tower in Toronto ( Kanada) und dem Morro do Cachimbo Brasilien).
Es gibt eine weitere interessante Sache auf dem Gaisberg. Wenn ich nicht zufällig die "Wirtschaft am Spitz " besucht und dort mit dem Wirt ins Gespräch gekommen wäre, dann wären die nachfolgenden Informationen nicht entstanden.
Herr Heinz Reifecker betrieb ( neues Besitzer demnächst ) seine Wirtschaft unter Nutzung der ehemaligen Küchenbaracke der Wehrmacht, welche 1944 errichtet wurde. Es ist eine der wenigen Baulichkeiten, die auf dem Gipfelplateau aus dieser Zeit noch vorhanden sind.
Hier ein Foto von dieser ehem. Küchenbaracke der Wehrmacht v.09.06.2019
Am 13.März 1938 wurde Österreich formell an das Großdeutsche Reich angeschlossen.
Es kam zu einem Großbrand auf dem Gaisberggipfel. Das Hotel Gaisbergspitze brannte am 24.02.1939 bis auf die Grundmauern ab. Man sagte unter vorgehaltener Hand, die SS war dabei im Spiel, um das Gelände für militärische Zwecke freizubekommen.
Ab 1.9.1939 ist die Gaisbergspitze militärisches Sperrgebiet. Gleichzeitig beginnt man mit der Einrichtung einer Flugwache und dem Aufbau von Baracken.
Bereits ein vorhandener etwa 40 m hoher Mast wird genutzt, es werden eiligst weitere nachrichtentechnische Einrichtungen aufgebaut, u.a. ein Kurzwellensender , ein" Freya" Gerät, Siemens baut drei T- förmige Stahlgittermaste für den Richtfunk auf.
Bild aus dem unten näher beschriebenen Buch
Hier werden Richtfunkverbindungen installiert zum Obersalzberg "Berghof des Führers", ( wohin auch direkte Sichtverbindung besteht ) , eine weitere Richtfunkstrecke geht zum Salzburger Gauleiter Dr. Gustav Adolf Scheel in seiner Eigenschaft als Reichsverteidigungskommissar und zum Salzburger Flughafen.
Es wurden dann Funkmessgeräte installiert ( Deckname der Gaisbergstation war "Giraffe" ) und Radaranlagen getestet "Rü-Funk- Aktion" , das Ferdinand Braun Institut unterhielt direkt auf dem Gaisberg eine Außenstelle.
Dies und noch viel mehr Interessantes finden Sie in diesem Buch, was Herr Heinz Reifecker als Neuauflage herausgebracht hat. Dieses Buch ist nur bei ihm direkt erhältlich und wird auf Anfrage auch per Post zugeschickt. Tel: 0043 664 57 55 308
Spannung pur !
und noch ein Nachtrag:
Der Betreiber der Blitzmeßanlage Herr Gerhard Diendorfer hat mir noch ein Foto geschickt, was ich gerne veröffentlichen darf:
Er schreibt dazu:
Ein Blitzbild, das sie gerne verwenden können habe ich beigelegt. Ist aber nicht vom Gaisberg, weil wir dort keine Farbaufnahmen mit normaler Kamera machen – und auch nicht machen können, weil der Mast fast immer im Nebel steckt, wenn es Blitzschläge gibt. Foto von Leopoldsberg.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.