grundig: 59; UKW-Concert-Boy, Restauration

ID: 140863
grundig: 59; UKW-Concert-Boy, Restauration 
16.May.07 11:55
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Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

UKW-Concert-Boy 59

Der Concert-Boy von Grundig ist ein wuchtiger Portable der andere Grossportables im Vergleich zierlich erscheinen lässt. Von der Bauform her, ein typisches Gerät der 50er Jahre. Ausreichende Lautstärke bei Netzbetrieb durch eine zusätzliche Endröhre (EL95). Sehr gute Empfangseigenschaften auf UKW, sogar ohne ausgefahrene Teleskopantennen.

Zustand beim Kauf: Das Radio funktioniert auf UKW, LW, KW. Auf Mittelwelle kein Empfang. Tonqualität etwas leise und auch verzerrt. Das Radio ist komplett, der Gehäuseüberzug unbeschädigt aber fleckig. Die Messingleisten dunkel angelaufen, die Vergoldungen an der Skalenblende sowie der Schrift, auch am Rollbalken, fast nicht mehr vorhanden. Am meisten stören mich die dunklen Flecken am Gehäuseüberzug, das Radio wirkt dadurch vergammelt.

 vor der Restauration

Restauration und Reparatur: Das Radio wurde komplett zerlegt.

Reihenfolge Ausbau: Beide Drähte der seitlichen Antennenbuchse ablöten, Chassis, beide Teleskopantennen, Skalenrahmen, Schallwand mit Lautsprecher, Rollbalken – der Rollbalken kann mit gefühlvoller Gewaltanwendung sprossenweise (Kunststoffstäbe) aus der Führungsnut herausgedrückt werden. Nun kann der Griff abmontiert werden. Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge. Die Zierleisten wurden nicht abgenommen. Sie wurden mit Metallpolierpaste auf Hochglanz gebracht. Dadurch verfärbte sich der Gehäuseüberzug im Bereich der Zierleisten schwarz. Nach der Polierarbeit wurde das Gehäuse mit heissem Wasser und Feinscheuermittel gründlich gereinigt. Schmutz und die schwarzen Polier-Verfärbungen waren leicht zu entfernen. Was jedoch blieb, waren die dunklen Flecken. Diese Flecken mussten weg, das Gehäuse muss gespritzt werden. Alle Zierleisten und Buchseneinfassungen mit Klebeband und Zeitungspapier abdecken. Das Gehäuse und der Griff wurden mit einem passenden Farbton (matt) aus der Spraydose sparsam gespritzt, die Struktur der Oberfläche soll erhalten bleiben.

Während das Gehäuse trocknet, wird das Chassis untersucht und allfällige Reparaturen vorgenommen. Eine falsche Netzsicherung wird ausgetauscht, der DEAC-Akku (D3,5) wird ausgebaut, gereinigt, die beschädigte Papierbanderole abgeschabt und durch eine Kopie ersetzt. Der Akku wieder eingebaut, aber nicht angeschlossen, weil er defekt ist. Zur Heizungsstabilisierung werden statt dessen 2 Si-Dioden (1N40xx) in Flussrichtung eingebaut und der Elko C57 (500µF) durch einen Elko mit 4700µF ersetzt (siehe auch hier). Danach unbedingt kontrollieren, ob die Heizspannung der D-Röhren unter 1,5V bleibt. Alle verdächtige Kondensatoren (Wima-Bonbons, Ero und Konsorten) wurden mit dem Isotest geprüft (Werte bis unter 2MΩ wurden gemessen) und ersetzt. Kratzende Potis und das Tastenaggregat wurden mit Cockpitspray von Sonax! behandelt. Die Ferritantenne ist mit Gummiringen fixiert, sie wurde vermutlich beim Versand aus der Halterung gerissen. 3 Drähte einer Spule sind dadurch abgerissen. Ich kann nicht rekonstruieren wo sie hingehören. Vielleicht funktioniert deswegen der MW-Empfang nicht.

Nun werden noch die Vergoldungen der Skalenblende und des Rollbalkens (Schrift) erneuert. Handelsübliche Filzstifte sind dazu nicht sehr geeignet. Ich habe es mit den alten (nicht mehr erhältlichen?) Standardgraph-Federn versucht, es funktioniert sehr gut.

 Gefüllt werden sie mit der Farbe aus den Filzstiften. Goldlack aus der Dose ist für diese Federn auch nicht geeignet, er verstopft zu oft. Die Federn, weil aus Metall, können bedenkenlos mit allen Lösungsmitteln (Nitro, Aceton, Terpentin) gereinigt werden.

Noch etwas zum Gehäuselack: nach dem Trocknen ist mir aufgefallen, dass die Oberfläche etwas klebrig bleibt. Dieser Zustand kann über Wochen andauern. Eventuell werden durch den Lack (Lösungsmittel) Stoffe aus dem Überzug gelöst, die diese Klebrigkeit verursachen. Vielleicht wäre wasserlöslicher Acryllack besser geeignet.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.