Hexode RENS1234 als Pentode geschaltet !

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Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

Hexode RENS1234 als Pentode geschaltet ! 
26.Mar.24 21:15
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Jacob Roschy (D)
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Jacob Roschy

Im Siemens „Länderband Super“ 48WLK:

Hexode RENS1234 als Pentode geschaltet !

Sieht man sich die Schaltung des Siemens Länderband Super 48WLK etwas genauer an, erkennt man, dass die RENS1234 nicht wie vorgesehen als Hexode, sondern zweckentfremdet als Pentode betrieben wird !

Die Anode liegt klar ersichtlich, auf Katoden- bzw. Massepotential und dient dadurch nur noch als Abschirmung !

Anstelle der Anode wird das zweite Schirmgitter (Gitter 4) als eigentliche Anode umfunktioniert. Wie üblich, wird hier auf das ausgangsseitige ZF- Bandfilter BF2 eingespeist. Der Schattenzeiger, der zur Abstimmanzeige dient, liegt daher auch im Stromkreis dieses (ex-) Schirmgitters.

Zu diesem Zweck wird dieses Schirmgitter bedenkenlos mit 270 V / 7,5 mA betrieben, die Verlustleistung liegt dabei knapp über 2 W, - laut Datenblatt wären jedoch maximal 80 V, 3 mA und 0,75 W für beide Schirmgitter zusammen zulässig !

Es ist zunächst unerklärlich, warum hier dieses Schirmgitter nicht mit der Anode verbunden wurde, wie es auch normalerweise üblich ist, wenn man Pentoden als Trioden schaltet, um das Schirmgitter von der hohen Verlustleistung zu entlasten.

Gitter 3 wäre eigentlich das zweite Steuergitter der Hexode, dient aber hier als Bremsgitter, entsprechend des Betriebs als Pentode, und liegt daher auf Katodenpotential.
Gitter 2 wäre das erste der beiden Schirmgitter der Hexode, hier ist es nun das alleinige Schirmgitter,
Gitter 1 wäre das erste der beiden Steuergitter der Hexode, hier ist es nun das alleinige Steuergitter.

Es stellt sich die Frage, warum wurde hier die Hexode RENS1234 als Pentode zweckentfremdet, statt die praktisch gleichzeitig erschienene Regelpentode RENS1294 zu verwenden ?

Das kann daran liegen, dass damals Telefunken Hexodenröhren euphorisch als „die Superhet-Spezialröhren von morgen“ vermarkten wollte.

Eine Mischhexode RENS1224 sollte „an einem Stück“ mittels selbstschwingenden Oszillators die Zwischenfrequenz erzeugen - und als ZF- Verstärker sollte eine „Fadinghexode“ genannte RENS1234 zum Einsatz kommen. Als besonderer Fortschritt wurde die sehr geringe erforderliche Regelspannung von Hexoden hervorgehoben, die in der realen Schaltung jedoch eher nachteilig war.

Aber es wurde schon zu Beginn vor Nachteilen gewarnt: der relativ kleine Innenwiderstand der Hexoden dämpft die darauffolgenden Bandfilter und beeinträchtigt somit die Selektivität - und größere Verstärkung ist auch nicht zu erwarten. Gegenüber HF-Penthoden sind Hexoden im Nachteil.

Nach dem Vorschlag der Telefunken- Röhrenentwickler hatten die zum Telefunkenkonzern gehörenden Radiofirmen Telefunken, Siemens und AEG jedoch die Hexoden in ihren Superhets vorgesehen.

Wie zu befürchten, waren die Resultate der „Fadinghexode“ RENS1234 in ihrer original- Schaltung im Länderband Super wohl unbefriedigend. Um sie trotzdem noch im Gerät belassen zu können, wurde sie zur Regelpentode umfunktioniert.

Der Versuch, Hexoden als ZF- Verstärker einzuführen, war gescheitert. Regelpentoden waren und blieben für immer die Standard- ZF- Verstärkerröhren.

Auch die ursprünglich vorgesehene Mischhexode RENS1224 hatte eine Reihe gravierender Mängel:

  • geringer Innenwiderstand,
  • nur für kleine Emfangsamplituden geeignet,
  • nicht regelbar,
  • die Oszillatorfrequenz wird von der Eingangsfrequenz mitgezogen.

Diese eigentlich unbrauchbare Mischhexode RENS1224 blieb dem Länderband Super erspart, denn hier kam als Mischröhre schon die weiterentwickelte und sehr erfolgreiche Triode- Hexode ACH1 zum Einsatz.

Somit war das ursprüngliche Konzept, in Superhets die beiden Hexoden RENS1224 und RENS1234 zu betreiben, komplett gescheitert.

Nach frühen Berichten über die damals neuen Hexoden sollen diese auch noch starkes Mikrophonklingen aufweisen.
Dies wurde im Länderband Super 48WLK berücksichtigt, indem die Fassung der RENS1234 flexibel auf Gummibändern aufgehängt wurde.
Diese Mikrophonie könnte an dem großen Durchmesser der äußeren Gitter gelegen haben, der Durchmesser von Gitter 4 ist knapp 19 mm und von Gitter 3 mindestens 14 mm. Wenn diese dünnen Gitterwindungen nur mit den üblichen 2 Haltestäben mit 180° Abstand abgestützt wurden, ist das Auftreten von Mikrophonie nicht verwunderlich.
Die späteren Exemplare der Serienproduktion erhielten jedoch 4 Haltestäbe, also alle 90°, womit die Mikrophonieprobleme beseitigt waren.
Für die weiterentwickelte Triode- Hexode ACH1 traf dieses Problem nicht mehr mehr zu, ihre Fassung wurde im Länderband Super, wie üblich, starr im Chassis vernietet.

 

Referenzen:

Funkschau vom 23.04.1933, Seite 131 ff.
Funkschau vom 07.05.1933, Heft 19, Seite 150 ff.
Funkschau Nr.23, 04.06.1933, Seite 180
Funkschau vom 06.08.1933, Seite 253
Funkschau vom 16.07.1933, Seite 229
Funk, Zeitschrift des Funkwesens, 1. November 1934, Heft 38

MfG.
JR

 

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