itt: Ursache für weniger kraftvollen Bass: Unterschied zum 104 A?

ID: 302891
Dieser Artikel betrifft das Modell: Touring Studio 104 52151431 (ITT Schaub-Lorenz)

? itt: Ursache für weniger kraftvollen Bass: Unterschied zum 104 A? 
15.Nov.12 22:35
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Rumen Iliew (D)
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Liebe Radioliebhaber,

bei meinem kürzlich erworbenen Touring Studio 104 klingt der Baß selbst bei voll aufgedrehtem Baßklangregler deutlich weniger kraftvoll als bei meinen zwei Tourings 104A. (Einziger positiver Aspekt: selbst bei größeren Lautstärken kaum Klirr wegen Zusammenbruchs der Versorgungsspannung im Netzbetrieb wegen zu schwachen Netzteils bei Baßspitzen wie beim 104A. Aber das ließe sich ja auch mit Zurückdrehen des Baßreglers beschränken, wenn man wirklichmöchte.)

Um mich unnötig auf eine sinnlose Suche nach gealterten Koppelelkos oder Fehlern im Klangregelnetzwerk zu machen möchte ich sicherstellen, daß es nicht technisch, also designmäßig, bedingt ist. Denn eine der offensichtlichen Veränderungen (Verbesserungen?) des ITT Schaub-Lorenz Touring International/Studio 104 A ist die zusätzlich in den NF-Signalweg unmittelbar vor dem Endverstärker mit TBA 810 "eingeschleifte" Reglerschaltung mit T 401.

Kann jemand helfen bei der Beantwortung der Frage, ob dieser nachträglich eingebrachte Zusatzaufwand tatsächlich der Verbesserung des Klangbildes diente? Vom Schaltplan des 104 A her kann ich mir durchaus vorstellen, daß diese Stufe um T 401 den Frequenzgang beeinflußt. Und irgendeinen Nutzen wollte man sicher mit der Änderung erreichen, außer die Produktionskosten zu erhöhen.

Vielen Dank im voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Rumen Iliew

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Weniger Baß durch Koppelkondensatoren oder Gegenkopplung? 
19.Nov.12 23:56
217 from 3215

Rumen Iliew (D)
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Liebe Radioliebhaber,

 

ich habe zwischenzeitlich von Herrn Stefan Heimers Antwort per E-Mail bekommen, die ich hier zitiere:

Gesendet: Mo 19.11.2012 17:17

"Zur Transistorstufe: Die verändert den Frequenzgang nicht (gute Elkos vorausgesetzt). Dank dieser Stufe muss aber der TBA810 weniger verstärken, was das Rauschen reduziert und eventuell auch Verzerrungen vermindert.

Ich kenne die Geräte nicht, vermute aber, dass der Bass wegen einem gealterten Koppelkondensator fehlt.

Mit freundlichen Grüssen,

Stefan Heimers"

 

meine Antwort darauf ist:

Daß die Transisorstufe den Frequenzgang nicht verändert sollte, habe ich mittlerweile auch schon überlegt, da keine Kondensatorem im Gegenkopplungszweit liegen und die Koppelkondenstoren hoffentlich sinnvoll dimensioniert sind. Was aber den Frequenzgang wohl doch beeinflußt ist der Elko 100muF in Serie zu R 361 (33 Ohm) im Gegenkopplungszweig des TBA 810. Bei f<100Hz fällt der Blindwiderstand des Elkos schon in Gewicht gegenüber 33 Ohm, so daß hier ein Abfall der hoch eingestellten Verstärkung des Leistungs-OPV zu erwarten ist. Beim 104 A, wo die Verstärkung durch Vergrößerung des R 361 auf 200 Ohm deutlich verringert wird, sollte der 100muF nicht mehr ins Gewicht fallen, auch bei f<100Hz. Halten Sie diese Erklärung für plausibel?

Ein Ersetzen des 100muF durch 470muF beim 104 (ohne A) hat den Bass deutlich verstärkt, er ist aber immer noch leicht schlechter als beim 104 A. Ich denke, ein Vorteil der Vergößerung des R 361 ist die deutliche Erhöhung des Brummspannungsunterdrückung, die eigentlich laut TBA810-Datenblatt bei 56 Ohm optimal ist (aber dann ist ja die Verstärkung noch zu hoch für das 104A mit der zusätzlichen Transistorstufe). Und es gibt kaum Reserve bei leisen Sendern, um den TBA 810 voll auszusteuern (offenbar reicht selbst bei R 361=33 Ohm die Verstärkung nicht). Es hatte wohl also schon seine Gründe (vielleicht nicht zuletzt auch doch im Frequenzgang), daß die Zusatzstufe hinzukam.

Mit besten Grüßen

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Koppelelkos anscheinend nach 40 Jahren noch in Ordnung! 
20.Nov.12 00:04
222 from 3215

Rumen Iliew (D)
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Und nochmals Antwort von Stefan Heimers:

Gesendet: Mo 19.11.2012 20:15

100uF // 33 Ohm ist wohl knapp bemessen, das beschränkt den Bass. Eine gewisse Begrenzung nach unten ist gewollt, um nicht Leistung für Frequenzen zu verschwenden, die der Lautsprecher gar nicht wiedergeben kann, oder die ihn an den Anschlag schwingen lassen. Viele Koffergeräte haben irgendwo im Signalweg einen knapp bemessenen Kondensator. Ich habe diese auch schon gegen grössere getauscht, die Batterien werden schneller leer, und der Bassgewinn ist gering.

Altert dieser Kondensator, ist der Bassverlust aber verheerend. Deshalb sollte er geprüft und wenn defekt gegen einen gleichen oder nur geringfügig grösseren getauscht werden.

Nach meiner Erfahrung altern kleine Elkos schneller als grosse, wegen der geringen Menge Flüssigkeit im Innern. Die 1uF Koppelelkos sollten also unbedingt auch geprüft werden.

meine Antwort darauf ist:

Hallo Herr Heimers, vielen Dank nochmals. Die Ausführungen sind sehr hilfreich, auch im allgemeinen.

Beim 104 ohne "A" gibt es nur den 1muF-Koppelkondensator C 371, da ja die extra Transistorstufe mit ihren Koppel-Elkos entfällt. Ein Tausch desselben hat im Baßbereich nichts geändert, wie auch nicht ein Tausch des Lautsprecherauskoppelkondensators C 378. Die Original-Elkos (original ITT) scheinen doch ganz gut von der Lebensdauer her. EInzig der Tausch von C 374 von 100muF in 470muF brachte einen merklichen Hub. Ich denke, so kann man damit leben.

Beste Grüße

Rumen Iliew

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gehörrichtige Bass- und Höhenanhebung 
23.Nov.12 08:55
366 from 3215

Andreas Steinmetz (D)
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Hallo Herr Iliew,

alles, was Sie und Herr Heimers geschrieben haben, ist richtig. Ein wichtiger Tipp fehlt aber noch: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann ist die Gesamtverstärkung eines 104 kleiner als die eines 104A. Ich kann es nicht nachprüfen, da ich nur einen 104A habe. Aber wenn es wirklich so ist, dann ist klar, warum der 104 weniger Bass (und Höhen) hat: Um die gleiche Lautstärke wie beim 104A zu erhalten, muss man das Lautstärke-Poti weiter aufdrehen. Dadurch wirkt sich der Einfluss der Poti-Anzapfung und damit die gehörrichtige Bass-und Höhenanhebung weniger aus, und das Gerät klingt definitiv "dünner". Der Unterschied bzgl. der Höhen fällt weniger deutlich aus, weil diese durch die Anzapfung bewusst weniger angehoben werden als die Bässe.

 

Edit:

Natürlich kann man relativ einfach den Verstärkungs-Unterschied zwischen 104 und 104A berechnen und so die Vermutung, dass der 104 prinzipiell leiser ist als der 104A, belegen bzw. widerlegen. Dazu benötigt man neben ein wenig Zeit allerdings ein Datenblatt zum TBA810, welches mir momentan leider nicht vorliegt.

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Berechnung 
23.Nov.12 16:50
458 from 3215

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
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Ich habe kurz mal grob nachgerechnet. Wenn man es ganz genau machen will, dauert es länger, und vmtl. wird man an einem Probeaufbau bzw. Messungen nicht herumkommen.

Zum TBA810:
Mit einem internen Gegenkopplungswiderstand von 4k und einem externen von 33 Ohm (104) ergibt sich mit guter Näherung (Widerstandsverhältnis) eine Spannungsverstärkung von ca. 42 dB; bei 200 Ohm (104A) eine von ca. 26 dB. Der Unterschied beträgt also ca. 16 dB zugunsten des Gerätes 104.

Zur Vorverstärkerstufe beim 104A:
Die Stufe wird durch den Spannungsteiler 10k, 33k mit ca. 43k belastet. Zusammen mit dem Kollektorwiderstand von 56k ergibt sich ein effektiver Lastwiderstand von ca. 24k. Der Transistor ist mit Selektion Gruppe C hochverstärkend, so dass sich dessen Spannungsverstärkung mit guter Näherung aus dem Verhältnis von 24k zu 2,2k mit ca. 21dB bestimmen lässt.

Zum Lautstärke-Poti, Beschaltung und Belastung:
Beide Geräte weisen leicht unterschiedliche Dimensionierungen der Entzerrernetzwerke zur physiologischen Lautstärkeanpassung an ihren Abgriffen auf, und auch die Basseinstellung ist leicht anders dimensioniert. C404 ist bei Gerät 104 größer, so dass die Bassanhebung frequenzmäßig erst tiefer ansetzt und insgesamt bescheidener ausfällt. Auf den ersten Blick wichtiger erscheinen mag die unterschiedliche Belastung der Lautstärkepotis. Beim 104 liegen nur 43k parallel zum Schleifer, beim 104A lediglich etwa 1M und 120k, also rund 100k parallel. Große Unterschiede sollte das trotzdem nicht zur Folge haben, denn die Potis sind mit 100k nicht sonderlich hochohmig, und die Beschaltung liegt sogar nur im niedrigen k-Bereich. Zudem sind die Verhältnisse noch von der Frequenz und der Potistellung abhängig. Und trotzdem: Die maximale Abweichung zwischen beiden Geräten dürfte sich bei vielleicht nur 1dB abspielen, zugunsten des 104A.

Fazit:
Rechnet man alle dB-Werte zusammen, dann müsste bei gleicher Lautstärkepoti-Stellung der 104A etwa  (-16 +21 +1) dB = +6 dB lauter sein als der 104. Oder anders ausgedrückt: Man müsste für gleiche Lautstärke beim 104A das Poti um ca. 6dB zurückdrehen (das ist die Hälfte der Spannung bzw. ein Viertel der Leistung). Zusammen mit dem niedrigeren C404 ist damit eine merkbare Bassanhebung gegenüber dem 104 zu erwarten.

Hinweis:
Diese Rechnung dient nur der Abschätzung der Verhältnisse. Niemand ist fehlerfrei, ich auch nicht. Falls jemandem ein Schnitzer auffällt, bitte melden!

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Danke für Berechnung und weitere Hinweise 
23.Nov.12 20:26
504 from 3215

Rumen Iliew (D)
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Hallo Herr Steinmetz,

vielen Dank für die sehr umfangreiche und detaillierte betrachtung des Themas der Verstärkung und des Frequenzgangs beim Touring 104 im Vergleich zum 104A.

Die Folgerung, daß man wegen des aufgrund der geringereren Verstärkung weiter aufgedrehten Lautstärkeregler beim 104 natürlich auch schon einen anderen Frequenzgang wegen der gehörrichtigen Lautstärkeeinstellung hat, ist eigentlich logisch, war mir aber nicht eingefallen.

Und daß es im Klangregelnetzwerk auch noch so feine Unterschiede in der Dimensionierung der Kondensatoren gibt (der auch noch unterschiedliche C401 hat bei ohnehin beim 104 bei mir voll aufgedrehten Baßregler keinen Effekt mehr), war mir ebenfalls nicht aufgefallen. Vor allem auch deshalb, weil ja die Unterschiede des 104A ja grau hinterlegt sind und außerdem explizit im Text des Titelblatts der Service-Information. Und C401 und C404 sind nicht erwähnt... Aber ganz sicher hat C404 einen Effekt, wie Sie schon erwähnen. Zusammen mit dem beim 104 kleinerem R361 bei gleichem C374 sollte das insgesamt den beobachteten Effekt erklären. Allein durch Ersetzen des C374 durch 470muF beim 104 konnte ich bei 100Hz Sinus über 10% höhere Scheitelspannung, also über 20% mehr Leistung messen.

Damit ist also letztlich denke ich geklärt, daß sich die Geräte beim Baß schon aus Designgründen unterscheiden. Und daß dies wahrscheinlich bewußt so verändert wurde.

Vielen Dank beste Grüße.

Rumen Iliew

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