mende: SS; Ultra-Selektiv Kabinett: T-A-T Schaltung
mende: SS; Ultra-Selektiv Kabinett: T-A-T Schaltung
Der Mende Ultra-Selektiv ist ein weiteres Beispiel für einen Empfänger mit T-A-T Schaltung: (T-A-T: tuned - aperiodic - tuned). Diese Art der Schaltung, bei der auf eine abgestimmte Stufe eine aperiodische folgt und danach wieder eine abgestimmte Stufe, wurde von Scott-Taggart erfunden.
Bei den damals üblichen Verstärkerstufen mit Trioden ergaben sich aufgrund der Gitter-Anoden-Kapazität so große Rückwirkungen (Miller-Effekt), daß die Verstärker instabil wurden und zu Schwingungen neigten. Der Huth-Kühn Oszillator beruht allerdings genau auf diesem Effekt.
Als Abhilfe aus diesem Dilemma gab es zwei Möglichkeiten:
- Neutralisation der Verstärker-Stufen durch Rückführung einer gegenphasigen Spannung.
- Die Verstärkerkette aus abgestimmten (tuned) und aperiodischen (aperiodic) Stufen so aufbauen, daß sich eine T-A-T Reihenfolge der Stufen ergab.
Die zweite Möglichkeit ist zwar in Bezug auf Material aufwendiger, dafür aber in der Realisierung einfacher. Man benötigt also weniger Entwicklungs-Aufwand und kommt einfacher zu einem brauchbaren Ergebnis. Kein Wunder, daß die T-A-T Schaltung in Bastler-Lösungen häufiger vorkommt.
Nach der Erfindung der Tetroden und Pentoden konnten Verstärkerstufen ohne Neutralisation aufgebaut werden, weil bei diesen Röhren-Typen die Rückwirkungs-Kapazitäten so klein sind, daß Instabilitäten der Verstärkerstufen vermieden werden können.
Im Prinzip sind dann eigentlich auch T-A-T Schaltungen nicht mehr erforderlich. Im Prinzip ja, aber... Bei Verstärkern mit hoher Gesamtverstärkung kann auch bei geringsten Rückwirkungen Instabilität entstehen. Und dann ist eine T-A-T Schaltung mit weniger Entwicklungsaufwand stabil realisierbar.
Betrachtet man das Blockschaltbild des Mende Ultra-Selektiv wie es im Reparaturbericht in der Anlage 5 gezeigt ist, erkennt man die hier angewendete T-A-T Schaltung.
Bei einem Mehrkreis-Geradeaus-Empfänger - und besonders bei 5 abgestimmten Kreisen wie beim Mende Ultra-Selektiv - kommt als Schwierigkeit hinzu, daß der absolute Gleichlauf aller Kreise über das ganze LW-Band und MW-Band nicht realisierbar ist. Daraus folgen frequenzabhängige Phasenverschiebungen der Spannungen an den einzelnen Kreisen gegen einander, was die Stabilität der Verstärkung gefährdet. Aufgrund von Alterung und/oder von (leichtem) Fehlabgleich in der Produktion könnte das Gerät folglich zum Schwingen kommen. Das ist ein weiterer Grund dafür, hier die T-A-T Schaltung anzuwenden, eben weil diese stabiler arbeitet.
Die T-A-T Schaltung findet sich jedoch nicht nur bei Empfängern aus den frühen '30er Jahren, sondern vereinzelt auch noch in Geräten aus den '50er Jahren - allerdings hier im ZF-Verstärker, wie z.B. beim EIA V099 wie sein Schaltbild zeigt.
Weitere Beispiele von T-A-T Schaltungen in der ZF finden sich u.a.. bei Export-Geräten von Grundig, wie Hans Knoll mitteilt. Es handelt sich um Geräte mit Batterieröhren aus den '50er Jahren: 64WG-1052A und 975BE.
Mein Dank geht auch an Joe Sousa, der mich zu diesem Beitrag angeregt hat. Dank auch an Hans Knoll für den Hinweis auf die speziellen Probleme des Geradeaus-Empfängers.
MfG DR
Anlagen:- Blockschaltbild Mende Ultra-Selektiv (51 KB)
- T-A-T beim Ultra-Selektiv (17 KB)
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.