Mittel gegen Kriechstrombrücken bei Rimlockröhren
Mittel gegen Kriechstrombrücken bei Rimlockröhren
Eine Kinderkrankheit hatten die ersten Serien der Rimlockröhren: Bildung von Kriechstrombrücken nach längerer Betriebszeit am Sockel und zwar zwischen den Stiften mit großem Spannungsunterschied. Im fortgeschrittenen Stadium, mit bloßem Auge erkennbar.
Besonders ungünstig wirkt sich das zwischen den Stiften 5 und 6 aus. Der Fehlstrom zwischen g2 und g1 verschiebt den Arbeitspunkt der Röhre in pos. Richtung. Natürlich können interne Isolationsfehler den gleichen Effekt verursachen, das wird in diesem Beitrag jedoch nicht behandelt.
Die beiden Foto's zeigen stellvertretend eine EL 41. Gleiches ist auch bei der AZ 41 zu finden.
In taubenblau erkennt man einen Belag, der sich durch Elektrolyse zwischen Stiften gebildet hat. Die Farbe kommt durch Interferenz zu Stande, da die Schicht einen anderen Brechungsindex als das "gesunde" Glas hat. Dieser Vorgang ist in den Zwischenräumen der Stifte ohne nennenswerten Spannungsunterschied, nicht feststellbar.
Was kann man dagegen tun?
Ich habe eine Methode ausprobiert, die schon öfters im niederländischen Radio-Forum propagiert wurde. Mit einer kleinen Stahlbürste zunächst die Stifte reinigen. Solange der Belag nur oberflächlich auf dem Pressteller vorhanden ist, lässt sich dieser mit Hilfe eines in Ammoniakwasser (auch "Salmiakgeist" genannt ) getränkten Wattestäbchens oder Dentalbürstchens entfernen.
Aufpassen! Ammoniak ist ätzend! Danach mit Wasser spülen.
Ich kenne auch einige Fälle, wo der Prozess schon soweit fortgeschritten ist, dass selbst der Glasboden angefressen ist. In diesem Fall würde ich versuchen, mit Karborundum-Papier, auf ein schmales Hölzchen geklebt, diese Schicht wegzuschleifen.
Die späteren Serien der Rimlocktypen kannten diese Erscheinung nicht. Bei den Noval- und Miniaturröhren (mit noch kleineren Stiftabständen) habe ich von diesem Problem noch nie gehört. Mir fehlen leider die tiefergehenden Kenntnisse, um die vorgenommenen Änderungen darzulegen.
Ich danke Herrn Georg Schön für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrages.
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Glaselektrolyse, braune Schlieren im Glas
eventuell könnte es sich dabei um die gleiche Ursache handeln, die auch in den Quetschfüßen der älteren Röhren beobachtet werden kann, die Verwendung von bleihaltigem Glas. Dazu gab es im Forum von Jogis-Röhrenbude einmal diesen Beitrag von HTS:
Geschrieben von HTS. am 31. Oktober 2002 12:04:16:
Als Antwort auf: Re: Die 'braunen' Zeilen-Endroehren geschrieben von HTS. am 30. Oktober 2002 19:24:55:
Nach umfangreichen Recherchen bin ich zu folgendem Schluss gekommen.
Es handelt sich um den gleichen Effekt, wie mit den Bleibäumen
in den Quetschfüssen. Diese entstehen durch elektrolytische Zerlegung des Glases.
Die Zusammensetzung von Kolbengläsern: Diese Glassorten enthalten bis zu
30% Bleioxid, aber keine Eisen- oder Manganverbindungen, bestenfalls nur
in Spuren vorhanden. Der hohe Anteil von Bleioxid sorgt übrigens auch dafür,
dass auftretende Röntgenstrahlung reduziert wird.
Für das Auftreten der Glaselektrolyse sind schnelle Elektronen erforderlich.
Die gibt es bei hohen Spannungen, aber auch bei kleinen Elektrodenabständen.
Das heisst, bei geringen Kathoden-Anodenabstand und normalen Anodenspannungen
treten ebenso schnelle Elektronen auf. Für die Glaselektrolyse spielen
Sekundärelektronen keine Rolle, weil sie zu langsam sind. Bei bestimmten
Systemanordnungen kann es sein, dass ein Teil der schnellen Elektronen
an der Anode vorbei fliegt und auf die Glaswand trifft. Da die Glaswand
ein schlechter Leiter ist, sammelt sich hier eine starke negative Ladung
und verbleibt längere Zeit dort. Innerhalb des Glases baut sich eine hohe
elektrische Spannung auf, die es elektrolytisch zerlegt. Dabei wird Blei
ausgefällt, das kristallin wächst. Bei flachem Auftreffwinkel der Elektronen
gibt es fächerförmige Braunfärbungen (von der Kathode weg), bei senkrechtem
Aufprall dunkle Streifen. Diese Verfärbungen sind praktisch ein Abbild der
Ladungsverteilung im Kolbeninneren.
Die Bleiausfällungen haben innerhalb von Quetschfüssen oder Presstellern
folgende negative Auswirkungen. Dass durch die Bleibäume zwischen den
Drahtzuführungen der Isolationswiderstand nachlässt ist relativ selten
und kommt bei neueren Röhren wegen der besonderen Glassorten nicht vor.
Das grösste Problem ist aber die Veränderung des Glases selbst.
Die verschiedenen Stellen erhalten unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten;
das Glas kann schlimmsten Falls reissen. In der Kolbenwandung haben die Bleibäume
keine negativen Auswirkungen, ausser, dass die Röhre nicht mehr so gut aussieht.
In älteren grösseren Röhren wurde die Kolbeninnenseite oft mit Graphit beschichtet,
weil die Kolbenwandladung oft so stark wäre, dass sie den Elektronenflug
innerhalb des Systems unkontrollierbar beeinflusst. Als die Röhren dann
in den Abmessungen stark verkleinert wurden, war das Graphitisieren nicht mehr nötig.
Literaturhinweise:
Glaszusammensetzung: Werkstoffkunde der Hochvakuumtechnik, Band II, Werner Espe, Seiten 1...24.
Hochvakuumtechnik, Prof. Dr. G. C. Mönch, Seiten 38...44
Glaselektrolyse: Werkstoffkunde der Hochvakuumtechnik, Band II, Werner Espe, Seiten 118...121
Hans-Thomas
Gruß, Paul
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Dank
Wie in einer Zeitschrift, wo man auch nicht in der nächsten Ausgabe den einzelnen Autoren einen Dank schreibt - oder als grosse Ausnahme, -gibt es das bei uns auch nur, wo einem in persönlichen Fällen besonders gut geholfen wurde ("manchmal" bleibt er auch aus ...).
Wolfgang Holtmann und Paul Heussner danke ich hier aber einmal exemplarisch für das Einbringen von Allgemeinwissen bzw. besonderer Erfahrung im Zusammenhang von Kriechströmen - selbst bei Glasröhren, was man erst später als Problem entdeckte und in den Griff bekam.
Besonders die beiden perfekten und direkt integrierten Bilder sind von hohem Wert für die Leser. Vielleicht zeigt auch mal jemand die Gefahren von Kriechströmen bei Pertinax (durch "Staubansammlung") an praktischen Beispielen? Das führte schon zu manchem Hausbrand! Das wäre natürlich in einem neuen Thread zu "besprechen".
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Keine Glaselektrolyse
vielen Dank für diesen interessanten Beitrag. Es gibt doch immer wieder Neues zu entdecken.
Dass es sich hier um Glaselektrolyse handelt, glaube ich nicht, weil doch einige Tatsachen dagegen sprechen.
1. Die bläuliche Verfärbung hat eine andere Farbe als die bräunlich bis grünlichen Bleibäume. Wenn die bläuliche Färbung in Aufsicht irisierend wäre, müsste sie durch das Glas betrachtet, orange-rötlich sein. Bei einer irisierenden bläulichen Schicht müsste die Schicht auch überall gleich stark sein, da sie sonst in allen Farben wie Benzin in einer Pfütze schillern würde.
2. Die Schicht läßt sich mit chemischen Mitteln von der Glasoberfläche entfernen.
3. Es fehlen die kristallinen Auswüchse, die unter dem Mikroskop zu erkennen sind.
Ich halte jedoch eine andere, aber ähnliche Möglichkeit für wahrscheinlicher: Das anfänglich verwendete Glas war stark hygroskopisch. Neben Wasserdampf wurde auch Tabakrauch und Küchendämpfe angezogen. Dieses legte sich als Schicht auf dem Röhrenfuss ab und wurde an Stellen mit großem Spannungspotential in Kohlenstoff und andere Reste elektrolytisch zersetzt. Der Kohlenstoff bildet dann die feinen ohmschen Übergänge zwischen den Kontakten. Nicht von ungefähr erinnert die Farbe an "blauen Dunst".
Die von mir im benannten Forum beschriebenen Bleibäume (braunen Schlieren) sind auf der Innenseite der Glaskolben und verändern dort das Glas selbst. Man kann sie nicht abkratzen oder wegätzen. Ausserdem treten Bleibäume noch in älteren Quetschfüssen mit hoher Strombelastung auf. Sie haben eine ausgeprägte kristalline Struktur und verändern die Eigenschaften des Glases erheblich. So finden sich bei starker Glaselektrolyse sehr feine Haarrisse im Glas, die durch veränderte Wärmeausdehnungskoeffizienten entstehen, aber durchaus noch lange vakuumdicht sein können.
Beste Grüße, Hans-Thomas Schmidt
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zwei verschiedene paar Schuhe
Nehme an, dass Du im Urlaub war'st. Daher Deine späte Reaktion?
Ich bin mit Dir der Meinung (so steht's auch geschrieben): es ist keine Elektrolyse im Glas, wie bei den "braunen Schlieren" an Zeilenendröhren usw. feststellbar. Paul hatte in seinem Folgeposting die Vermutung, dass vielleicht der Bleigehalt in den verwendeten Glassorten für Röhren, der gemeinsame Faktor sein könnte?
Gruß, Wolfgang
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es ging mir in dem Beitrag nicht um die braunen Schlieren, dafür sahen Deine Bilder eindeutig anders aus. Es war die Kombination aus hoher Spannung, und dem Glasmaterial nur einiger Röhren, die mich an diese Bleiauswüchse erinnerte. Damit an das Blei als mögliche Ursache in Verbindung mit einem unbekannten externen Einfluß. Evtl. der Theorie von Hans-Thomas entsprechend.
Wunschgemäß habe ich noch einen entsprechenden Titel hinzugefügt.
Gruß, Paul
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doch eher Küchendunst?
Anlagen:
- Funkschau (209 KB)
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Artikel FUNKSCHAU 56/13
Ich habe den Originalartikel hier mal kopiert und als Anlage beigefügt.
Ich kann mich noch schwach an eine andere Vermutung für die Ursache dieser Erscheinung erinnern: Irgendwo stand mal geschrieben, dass die Ausdünstungen der Pertinaxfassung -in Zusammenhang mit der Luftfeuchtigkeit- diesen Isolationsfehler verursacht. Anlagen:
- Funkschau 1956/13 (32 KB)
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Auch ich halte die Ausdünstungen von Pertinaxfassungen als Hauptursache für diese Belagbildung. Oft sind diese billigen Fassungen von End- und Gleichrichterröhren auch dunkel verschmort und brüchig. In diesem Zustand kann man kaum noch Vertrauen in die Isolationsfähigkeit dieser Fassungen haben. Es war schon ziemlicher Leichtsinn, Pertinaxfassungen für Röhren mit hoher Erwärmung zu verwenden. Da wurden bedenkenlos die Gebräuche aus der Stiftröhrenära oder, außerhalb Deutschlands von den Octalröhren, fortgeführt, ohne zu bedenken, dass die Hitzequelle nun in geringster Entfernung über der Fassung liegt.
Leider haben wir nun Parallelarbeit geleistet, da ich hier den rekonstruierten Text aus der FS 13, 1956 angefügt habe.
MfG JR
Anlagen:- 1956-FS13-S564 (24 KB)
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Glaselektrolyse
diese Glaselektrolyse interessiert mich besonders.
Die zitierten Seiten 118 bis 121 von Espe
würde ich gerne lesen. Könnten Sie die vielleicht
scannen und mir mailen oder hier als Anhang
einstellen?
Grüße
Georg Schön
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Artikel über Glaselektrolyse
leider kann ich aus rechtlichen Gründen den Artikel hier nicht hineinstellen.
Eine Mail zu Ihnen ist aber unterwegs.
Grüße, H.-T. Schmidt
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Funkschau 56/16: Brücken am Pressglasboden der EL41
Liebe Kollegen,
von unserem Mitglied Marc Gianella erhielt ich folgende Informationen zum Thema, die ich hier gerne in seinem Auftrag poste:
In einem weiteren Leserbrief in der Funkschau 16/1956 wird über mehrere Empfänger berichtet, die infolge verzerrter Wiedergabe zur Reparatur kamen. Alle hatten zu hohen Anodenstrom der Endröhre EL41. Bei fast allen untersuchten EL41 wurden zwischen den Kontaktstiften leitende Brücken und zudem stark oxidierte Stifte festgestellt. Aufgrund der hohen Betriebstemperatur der EL41 wurde ein Verdampfen der auf den Stiften aufgebrachten Schicht vermutet. Die beobachteten Effekte sind wie von Herrn Holtmann in Post 1 beschrieben.
Interessant sind die unterschiedlichen Stellungnahmen von Telefunken (elektrolytische Zersetzung der Silberschicht der Kontaktfedern infolge Feuchtigkeit, insbesondere in Autosupern) und Valvo (Bleiniederschlag infolge hoher Verschmelzungstemperatur).
Freundliche Grüße
Marc Gianella
P.S.: Attachment zum Lesen bitte auf 100% vergrößern.
- Stellungnahmen der Hersteller (45 KB)
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