Mittelwellen- Kleinsender DDR
Mittelwellen- Kleinsender DDR
von unserem Gastautor; Kai Ludwig
Mit der Einführung des bis heute in Europa geltenden Frequenzplanes für den Mittelwellenrundfunk im Jahre 1978 wurde das Mittelwellensendenetz des Rundfunks der DDR um 34 Kleinsender ergänzt.
Grundlage war die Vereinbarung, in diesem "Genfer Wellenplan", die Frequenzen 1485 kHz, 1584 kHz und 1602 kHz zur freizügigen Nutzung für solche Sender bis maximal 1 KW Leistung zu reservieren.
Bei uns im ehemaligen Bezirk Dresden wurden Sender installiert in Bautzen, Kamenz, Zittau- Eckardtsberg, Ebersbach und Neugersdorf
Dabei handelte es sich in der DDR nicht, wie verschiedentlich angenommen, um eine Weiternutzung der Technik, mit der bis 1978 die Mittelwellen von RIAS Berlin gestört wurden.
Die Abschaltung dieser Störsender war Gegenstand der Verhandlungen auf der Wellenkonferenz, die 1975 in Genf stattfand.
Für den regulären Rundfunkbetrieb auf 1485, 1584 und 1602 kHz wurden stattdessen völlig neue Sendeanlagen errichtet. Deren technische Ausrüstungen waren 1976 in der Tschechoslowakei bestellt worden.
Die dortige Firma TESLA lieferte komplette Techniksätze, jeweils bestehend aus einer 36 m hohen Reusenantenne mit Dachkapazität, einem Container für die Technik und einem Sender ( 1KW)
hier die Anlage in Zittau- Eckardtsberg, Foto: Herr Rehnisch -vielen Dank -
MW- Kleinsender von Tesla Typ SRB8 , Standort beim Technikverein Wilsdruff, Foto Wolfgang Lill
Ihren Platz fanden diese Anlagen auf Grundstücken mit einer Seitenlänge von jeweils 50 m.
Einen Beitrag über diese Sender im ehem. Bezirk Dresden finden Sie hier
Die technische Erschließung der Standorte beschränkte sich auf die Anbindung an die örtlichen Niederspannungsnetze. Modulations- und Fernmeldeleitungen waren nicht vorgesehen; die Sender liefen mit Ballempfang.... d.h. als Programmquelle diente ein geeignetes UKW- Signal.
Dabei kam es mehrfach zu Unregelmäßigkeiten. An entsprechend gelegenen Standorten wurden mitunter über Stunden hinweg UKW- Programme aus der BRD umgesetzt. Konsequenz war dei Einführung einer mit dem Euphemismus "Qualitätssicherungssystem " bezeichneten Einrichtung, die im Funkhaus dem Tonsignal oberhalb von 15 kHz einen niedrig angesteuerten Pilotton zufügte und am Sender bei dessen Fehlen die Übertragung unterbrach.
Damit folgte der Rundfunk der DDR letztlich dem Vorbild des Westdeutschen Rundfunks, der nach einem Vorfall im Jahre 1970 ( für 40 Minuten lief Radio DDR1 über den Sender Langenberg, ausgelöst durch eine Ersatzschaltung bei gleichzeitiger Überreichweite , durch die der Ballempfänger den Sender Inselsberg einfing.) ähnliche Vorkehrungen traf.
Sender Langenberg, der 166 m hohe Mast stürzte am 2.9.1996 ein, bei Wartungsarbeiten war ein Kettenzug gerissen. Foto: frei
Noch vor wenigen Jahren reagierten frühere WDR- Techniker ausgesprochen empfindlich, wenn dieser Vorfall zur Sprache kam.
Bei der Frequenzplanung für die Mittelwellen- Kleinsender des Rundfunks der DDR wurde von einer Reichweite von 10 Km ausgegangen. Außerhalb der jeweiligen Versorgungsgebiete war vielfach ein Signalgemisch zu hören, was ein "Zeitzeuge" als unverständliches Gemurmel beschreibt.
Bespielt wurden die Kleinsender zumeist mit dem Programm von Radio DDR1. Eine bemerkenswerte Besonderheit gab es von ca. 1983 bis 1987 bei der auf 1602 kHz betriebenen Anlage in Güstrow, die das im Sommer aus dem Funkhaus Rostock gesendete Programm "Ferienwelle" verbreiten sollte und daher das damalige UKW- Signal 95,55 MHz Marlow als Quelle benutzte. Ebenfalls auf Mittelwelle umgesetzt wurde dadurch das seinerzeit in den Abendstunden gesendete, als "Hallo und DT64 auf Ultrakurzwelle " ( !) präsentierte Vorlaufprogramm.
Nach 1990 wurden darüber hinaus auch die Anlagen Ribnitz- Damgarten (1485 kHz), Pasewalk, Heringsdorf, Stralsund ( alle 1584 kHz ) sowie Ueckermünde ( 1602 kHz) auf die Ferienwellen- Kette umgestellt.
Wie damals kursierenden Hörerbeschwerden zu entnehmen war, lief über diese Kette in dieser Phase statt Eigenprogramm zeitweise eine Übernahme von NDR2 aus Hamburg.
Eine weitere Umstellung betraf die Sender Spremberg (1485 kHz), Cottbus und Weißwasser ( 1584 kHz) sowie Forst und Bautzen (1602 kHz). Unterlagen aus der Nachwendezeit verzeichnen hier Programmfolgen mit der Bezeichnung " Sorbischer Rundfunk- Sender Lausitz", die ansonsten über den Sender Lausitz ( Hoyerswerda sowohl Mittelwelle 999 kHz und auch auf UKW 100,4 MHz, Calau hier auf 95,1 MHz und Reichenbach auf MW 1188 KHz liefen.
Foto; Sender Reichenbach 1188 kHz Wolfgang Lill
Kern waren hier die Sendungen in Sorbischer Sprache, für die 1987 die gesonderte vom Volksmund umgehend mit der Bezeichnung "Sorbensender" belegte UKW- Frequenz beim Mittelwellensender in Hoyerswerda in Betrieb gegangen war. Über den etablierten Sendebetrieb aus dem Funkhaus Cottbus hinaus gab es hier ab 1989 ( noch unter der Regierung Honecker) auch zusätzliche Sendungen aus dem Studio Bautzen.
Deren Mantel war ursprünglich das Programm der Calau- Frequenz 98,6 MHz ( Regionalsendungen aus Cottbus und Radio DDR2 ). Genaue Angaben, wie sich das in der Nachwendezeit verhielt, liegen bislang nicht vor. Die hinzugenommenen 1- KW- Sender auf 1485, 1584 und 1602 kHz hatten zuvor das Programm von Radio DDR1 übertragen, während die Frequenzen 95,1 MHz sowie 999 kHz und 1188 kHz aus der Kette des Berliner Rundfunks herausgelöst wurden.
Keiner der Kleinsender auf 1485, 1584 und 1602 kHz ist noch von den Landesrundfunkanstalten der ARD übernommen wurden. Die beim ursprünglichen Radio DDR1 (zuletzt Radio Aktuell ) belassenen Sender dürften mit dem Ende von dessen Mittelwellenverbreitung abgeschaltet worden sein, die übrigen zum Jahresende 1991.
Der Abriss dieser Anlagen erfolgte bis Ende 1992.
Alle von Tesla gelieferten Kleinanlagen wurden mit der Anlagenbezeichnung; SRV 1 T ( deren Enstufe mit einer sowjetischen Röhre GU-47B bestückt war) in die DDR geliefert.
Ein solcher Sender ist im Funkmuseum in Königs- Wusterhausen zu besichtigen, der andere, mir bekannte, in Wilsdruff im Technikmuseum Rosenstraße.
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Mittelwellen- Kleinsender DDR
Standardkabine des 1- KW Füllsenders .
Kopie; Bundesarchiv Dokumentennummer, BA DM 303/1124
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Mittelwellen- Kleinsender DDR
Herr Hajo Böhme hat mir noch seine Informationen zu den Kleinsendern und den Grund der Aufstellung übergeben.
"Im Oktober/November 1975 tagte in Genf die 2. Session der Regionalen Verwaltungskonferenz für den LW- und MW-Rundfunk des Internationalen Fernmeldevereins für die Regionen 1 und 3 (Europa, Afrika, Asien, Australien), um über einen neuen Wellenplan zu entscheiden.
Der neue Frequenzverteilplan tritt 23.11.1978 in Kraft. Er ersetzt u.a. den Kopenhagener Plan von 1948.
Für die DDR erfolgte die Aufnahme von 16 MW- und 2 LW-Frequenzen und damit erstmals international koordinierte und bestätigte Frequenzen mit insgesamt 8.000 kW Sendeleistung und der Koordinierung von 34 MW-Kleinsendern.
Zum Termin des Inkrafttretens des Genfer Wellenplanes am 23.11.1978 gehen 28 der geplanten 34 MW-Kleinsender mit dem Programm Radio DDR I auf den Frequenzen 1485 kHz, 1584 kHz und 1602 kHz in Betrieb.
Als Antennen kamen 36 m-Gittermasten aus korrosionsträgem Stahl zum Einsatz, an denen senkrecht gespannte Seile als Strahler dienten (Reusenantenne mit Dachkapazität)."
1485 kHz:
Ribnitz-Damgarten, Anklam, Prenzlau,
Spremberg, Kamenz, Zittau, Erfurt,
Mühlhausen
1584 kHz:
Stralsund, Heringsdorf, Pasewalk, Schwedt,
Guben, Cottbus, Weißwasser, Ebersbach,
Rudolstadt
1602 kHz:
Güstrow, Ueckermünde, Senftenberg,
Neugersdorf, Saalfeld,
Heiligenstadt, Saßnitz,
Frankfurt/Oder, Forst, Bautzen,
Schwarzenberg
Wegen fehlender Sendermontage durch den tschechischen Partner gingen die Sender
Sonneberg (1485 kHz),
Eisenach (1584 kHz),
Gotha (1602 kHz)
erst später in Betrieb.
Wegen fehlender Baubilanzen für 1978 konnten die Sender
Annaberg-Buchholz (1485 kHz),
Johanngeorgenstadt (1584 kHz),
Eisenhüttenstadt (1602 kHz)
nicht termingemäß in Betrieb genommen werden
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