Nora: K4Wa, Gerätebeschreibung

ID: 149211
Dieser Artikel betrifft das Modell: Neutrodyn K4Wa (Nora, Aron, Heliowatt; Berlin)

Nora: K4Wa, Gerätebeschreibung 
17.Sep.07 19:02
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Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

NORA K4Wa
 
Das Gerät ist ein Zweikreis-Vierröhren-Neutrodyne-Empfänger mit Wechselstrom-Netzteil, vorgesehen für den Empfang von Rundfunkwellen (Bereich I: ca. 170 - 600m ) und der Langwellen (Bereich II: ca. 560 - 2000m). Es wurde in folgenden Ausführungen produziert: 

Baujahr
Typ
HF-Rö.
Audion
NF-Rö.
Endrö.
Gleichr.
Preis+Rö.
1928/29
K4W
REN511
REN1004
REN501
REN601
RGN1503
310,- +57,-RM
1929
K4Wa
RE074n
REN1004
REN501
RE134
RGN1500
310,- +50,-RM
1929/30
K4Wd
REN804
REN1004
REN1004
RE134
/RE304
RGN504
310,- +61,-RM

Ursprünglich wurden beim Typ W in allen Stufen außer der Audionstufe die damals neuen Kurzfaden-Röhren verwendet. Da sie jedoch schnell vom Markt wieder verschwanden, sah sich Nora wahrscheinlich gezwungen, im Typ Wa einige der "herkömmlichen"  Batterieröhren einzusetzen, um die einmal angelaufene Serie zu Ende zu führen. Dieser Typ wird nachfolgend beschrieben. Der im Jahr darauf ausgelieferte Wd war dann mit "ordentlichen" indirekt geheizten Röhren (bis auf die Endröhre.) ausgestattet.
Rö 1 dient als abgestimmte HF-Stufe in Neutrodyne-Schaltung. Die beiden Antennenspulen stehen im Winkel von 90° zueinander, haben je eine Anzapfung zur Anpassung der Antenne und sind schwenkbar an den ersten Kreis angekoppelt.
Die Neutralisierung erfolgt in einer Art Dreipunkt-Schaltung von der Anodenkreisspule zum Gitter der Rö 1 . Das Neutrodon CN ist ein kleiner Metallzylinder, 24 mm hoch und 9 mm im Durchmesser, in dem sich eine Hartgummibuchse und ein Metallkern befinden, letzterer auf einer Schraube in der Höhe verstellbar. Ein weiterer C besteht aus zwei nebeneinander liegenden Schaltdrähten, die mit einigen Windungen über einen 5kΩ-Widerstand gewickelt wurden.
Der zweite Kreis ist induktiv fest angekoppelt. Dabei arbeitet Rö 2 als Anodengleichrichter mit induktiver Rückkopplung. Die beiden Rückkopplungsspulen sind schwenkbar und liegen im Anfangszustand an einer Blechscheibe (MW) bzw. taucht die LW-Spule in eine kleine Blechkammer ein, um ihre Koppelwirkung möglichst auf Null zu senken.
Über eine HF-Drossel folgen die beiden NF-Stufen in "normaler" RC-Schaltung, wobei die Koppelkondensatoren nur 1000 cm ( ~1nF) groß sind.
Nicht alltäglich ist außer Rö 3 (REN 501) die Stromversorgung. Zur Anodenspannungsgewinnung wurde der Glimmgleichrichter RGN 1500 eingesetzt. Alle 12 Siebkondensatoren befinden sich in einem Becher, ein weiterer C ist unbenutzt. Die Entschlüsselung dieser "black-box" war recht zeitaufwändig, zumal auch kein einheitlich durchgehendes Massepotential für diese C existiert.
Da Rö 1 direkt geheizt ist, besitzt sie eine eigene Heizwicklung. Für Rö 3 wurden symmetrische Anzapfungen mit Entbrummer (sitzt ziemlich improvisiert oben auf dem Netztrafo) an der zweiten 4-Wicklung angebracht.
An der Gehäuserückseite befinden sich drei Buchsen, im Schaltbild mit Bu.1, Bu.2, Bu.3 bezeichnet,  zum Anschluss eines Tonabnehmers (Elektro-Schalldose), entweder am Gitter 1 von Rö2 oder Rö 3.

Das Gerät ist in einer schwarzen Holztruhe (Kasten = K), 500 mm breit, 210 mm hoch, 270 mm tief, mit nach oben aufklappbarem Deckel untergebracht. Nach Lösen von 26 (!)  Holzschrauben und Ablöten bzw. Abklemmen von 12 Anschlüssen kann erst der Boden abgenommen und dann das Isolierstoffchassis mit der Frontplatte (Isolierpressstoff mit Messingblech hinterlegt) herausgezogen werden. Auffälligstes Teil der Frontplatte ist eine Kreisskala aus Alu mit 52 Sendernamen. In der Mitte dreht sich ein Kunststoffknopf, der auf der Drehkowelle sitzt. Zwei Kerben dienen als Zeiger. Die Senderwahl erfolgt an einem links unter der Skala sitzenden kleinen Knopf. Der gleiche Knopf rechts daneben dient der Gleichlaufkorrektur des zweiten Kreises über einen Ritzeltrieb am Drehko. Die Übersetzung ist mit 42:1 recht groß und durch Federverspannung auch spielfrei.

Der HF-Teil ist relativ weiträumig. Alle Spulen sind unabgeschirmt (kleine Korbbodenspulen), nur der wuchtige Drehko schirmt die beiden HF-Kreise ab. Erstaunlich war für mich, dass der Wellenschalter nach jahrelangem „Aufenthalt“ im Kohlenkeller seines Vorbesitzers mit seinen 16 Kontakten auf Anhieb funktionierte.
Beim Netzteil geht es sehr eng zu. Man hat den Eindruck, in ein Batteriegerät zu schauen, zwischen dessen NF-Stufen später ein Netzteil "hineinkonstruiert" wurde und der Platz nicht so richtig ausreichte. Da Netzbetrieb so langsam „modern“ wurde, sah sich auch NORA gezwungen, diesem Trend zu folgen, aber die schon vorhandenen Konstruktionen sollten doch noch genutzt werden.
Einen Berührungsschutz gibt es dadurch, dass bei eingeführtem Netzgerätestecker (Heißgerätestecker = "Bügeleisenstecker") der Deckel nicht geöffnet werden kann.
Die Empfangsleistungen sind beachtlich. Mit der eingebauten "Lichtantenne" sind tagsüber mehrere Sender trennscharf zu empfangen. Abends darf die Antennenspule. nur schwach angekoppelt werden. Kritisch ist die Einstellung des Neutrodons über den gesamtem Bereich, und auch der Gleichlauf des Doppeldrehkos muss für jeden Sender neu korrigiert werden.
Das Gerät stellt m. E. eine nicht alltägliche Konstruktion dar, besonders bezüglich der Röhren-bestückung, denn die REN 501 und die RGN 1500 sind nur in sehr wenigen Modellen zu finden und verschwanden ganz schnell wieder vom Markt, da sie sich nicht bewährten. Auch war der Preis des Geräte mit 360,- RM recht hoch.
HF-mäßig dürfte das Modell unmittelbar nach seiner Entwicklung durch die Schirmgitter-Eingangsstufen überholt worden sein.
 
Erstveröffentlichung Wolfgang Eckardt in “Mitteilungen Interessengemeinschaft Geschichte der Rundfunktechnik am Technischen Museum Dresden”, Heft 13 (1)/1987.


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Da das Schaltbild in keiner zur Verfügung stehenden Literatur zu finden war, wurde es am Gerät von mir aufgenommen und steht hier im RM zur Verfügung. Die 1986 noch ohne PC per Hand gezeichnete Version ist in der o.g. Literatur zu finden und ist auch im RM vorhanden.  Da sich die Modelle W - Wa - Wd hauptsächlich nur durch die Röhrenbestückung unterscheiden, dürften die Schaltungsunterschiede für den Signalweg nicht relevant sein. Im Netzteil /Stromversorgung der Röhren gibt es natürlich Unterschiede, die aber überschaubar sind.
Hinweis: Die Röhrenbestückung der drei Modelle in der FS-Bestückungstabelle ist fehlerhaft beschrieben, wie übrigens dieses - sonst sicher sehr nützliche - Heft  viele dieser Bestückungsfehler beinhaltet - also bitte nicht als "das Gelbe vom Ei" betrachten.
W.E.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Danke für die interessante Zusammenstellung 
21.Sep.07 08:05

Ernst Erb (CH)
Ratsmitglied
Beiträge: 5746
Anzahl Danke: 13
Ernst Erb

Lieber Wolfgang
Du hast den Nora-Sammlern mit dieser Beschreibung eine grosse Freude bereitet.
Vielen Dank, dass Du Deine Arbeiten so wieder veröffentlichst.
So findet ein interessierter Sammler Zusammenhänge. Du könntest auf andere Modelle der Familie entsprechende Verweise setzen und vielleicht gut erkennbare Unterschiede nennen oder auch gewisse wichtige Ausdrücke hier mit Fettschrift hervorheben (Struktur bringen).

Konntest Du durch Eingabe von Nora und K4 in die "Erweiterte Suche für ..." die ganze Familie überblicken und evtl. bei uns noch Fehler finden?
Tatsächlich hatte ich mich beim Erstellen des Grundfundamentes von "Radiokatalog" auf die "Funkschau-Röhrenbestückungstabelle" verlassen und erst viel zu spät entdeckt, dass diese erstens nicht die Originalbestückung, sondern Ersatzbestückung brachte und zweitens voller Fehler ist. Sicher konnte ich nicht alle Fehler und Ersatzbestückungen auf Originalbestückung ändern.

Man kann sich diese Zeit (70er nd 80er Jahre) gar nicht mehr vorstellen, als es noch keinen Radioatalog gab, der durch die Produktionsjahre führte - schon gar nicht Internet ... Ich weiss also, wie viel man an Unterlagen und Zeit benötigte, um so etwas richtig zu recherchieren ;-)

Zeigen wir mit den 9 Modellen alle?
Die Gleichstromausführungen scheinen sehr selten zu sein, denn es findet sich bei uns kein einziges Bild. Allerdings kann man wohl davon ausgehen, dass das Äussere jeweils genau gleich ist. Mit entsprechendem Hinweis auf der Bildlegende könnte man also das Frontbild auch auf die G-Versionen laden.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.