philips: "Philettina B1D92A" Beschreibung und Reparatur

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ID: 656312
Dieser Artikel betrifft das Modell: Philettina B1D92A /00 (Philips Radios - Deutschland)

philips: "Philettina B1D92A" Beschreibung und Reparatur 
28.Apr.24 15:18
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Harald Giese (D)
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Harald Giese

 

PHILIPS "Philettina B1D92A" Beschreibung und Reparatur

Alle Bilder können durch Anklicken vergrößert werden!

1     Einführung

Als ich im letzten Herbst über den Karlsruher Flohmarkt schlenderte, fiel mir ein hübsches Radio ins Auge, das mich mit seiner großen Rundskala eher an ein Kofferradio erinnerte, als an einen Netzempfänger: eine "PHILIPS Philettina B1D92A". Da das Äußere noch recht ansehnlich war, habe ich das Gerät für wenig Geld erworben.

Bei der Philettina handelt es sich um einen zwischen 1959 und 1961 für 138 DM vertriebenen PHILIPS - Netzempfänger für MW- und UKW - Empfang. Zum Vergleich: Eine von PHILIPS im gleichen Zeitraum vertriebene  Philetta B2D93A kostete knapp 200 DM, Spitzengeräte wie der Jupiter Stereo 494 B4D94A etwa das Doppelte. Die Philettina lag somit im unteren Teil des Preisspektrums für damalige Rundfunkempfänger.

Hier einige Bilder des Gerätes im Fundzustand:

 

 

Abgesehen von einem nachträglich in die Rückwand gebohrtem Loch (rechts oben) für die Aufnahme eines externen Netzschalters, war das Gerät also äußerlich in einwandfreiem Zustand.

Ganz anders präsentierte sich das Innenleben.

 

 

Das Chassis war von einer dicken, nach Zigarettenrauch und ranzigem Frittierfett riechenden Staubschicht bedeckt. Meine Frau war entsetzt und verbannte das Radio zum Auslüften auf die Gartenterrasse.

Nach ausgiebigen Lüften und noch vor der ersten Reinigung wurde die Philettina dann probeweise kurz in Betrieb genommen. Abgesehen von Kontaktschwierigkeiten an Sicherungshaltern und Wellenschalter funktionierte das Gerät auf Anhieb - allerdings nur auf MW. Da ich schon zahlreiche UKW - Radios - insbesondere die UKW - Tuner - repariert habe, machte ich mich siegessicher ans Werk.

Aber wie sich bald herausstellte, erwies sich die Reparatur dieses kleinen Radios als viel schwieriger,  als ich erwartet hatte, und wenn ich ganz ehrlich bin, gibt es immer noch unklare Punkte. 

Trotzdem habe ich mich dazu entschlossen, hier über dieses interessante Gerät zu berichten.


 

2     Die Schaltung der "Philettina B1D92A"

2.1     Übersicht

Hier zunächst die hochaufgelöste Gesamtschaltung, die von Bernhard Nagel aus zwei Teilschaltbildern zusammengesetzt wurde. Danke Bernhard!

 

Die Philettina verwendete eine interessante Mischbestückung aus E - und U - Röhren: ECC85, ECH81, EF89, UABC80, UL84 und UY85. Dies führte dazu, dass mit viel niedrigeren Anodenspannungen gearbeitet wurde, als bei reinen E - Röhren Geräten: die Endstufe lief hier z.B. mit nur  145 V, der UKW - Teil mit 135 V.

MW - Empfang: Das MW - Eingangssignal gelangt von der "Platten - Antenne", einer kleinen auf die Gehäuse - Innenseite aufgeklebten Aluminiumfolie, bzw. von den UKW - Antennenbuchsen über C44 = 15 pF auf den induktiv abgestimmten Vorkreis (kein Ferritstab!) und von dort über den Wellenschalter auf das Hexoden - Steuergitter der geregelten Mischröhre ECH81. Der ebenfalls induktiv abgestimmte Oszillator verwendet in standardmäßiger Schaltung das Triodensystem der ECH81. Der Mischstufenausgang führt auf die Serienschaltung eines 10,7 MHz und eines 460 KHz ZF - Bandfilters. Hierbei handelt es sich um die bekannten PHILIPS - Microbandfilter, über die im RM - Forum schon öfter berichtet wurde. Die Sekundärseite des 10,7 MHz Bandfilters wird bei MW - Empfang kurzgeschlossen. Da das Filter vom Wellenschalter aus gesehen auf der gegenüberliegenden Seite des Chassis liegt, wurde ein kleiner zusätzlicher Schalter direkt neben dem Filter angeordnet, der über einen Seilzug mit Umlenkrollen von Wellenschalter "aus der Ferne" betätigt wird.

Das gefilterte ZF - Signal wird in der folgenden geregelten Verstärkerstufe mit der EF89 verstärkt, nach Passieren des 2. Bandfilters der Demodulatordiode der UABC80 zugeführt und das erhaltene NF - Signal im Triodensystem der UABC80 vorverstärkt. Die Endverstärkung des NF - Signal erfolgt in dem mit der UL84 bestückten Leistungsverstärker. Während die Arbeitspunkteinstellung der UL84 über eine Kathodenkombination erfolgte, nutzte man bei der Triode der UABC80 den durch den Gitteranlaufstrom an einem 4,7 MΩ Widerstand bewirkten Spannungsabfall, was zu extremer Brummempfindlichkeit dieser Schaltungspartie führte. Um diesen Störeffekt einzudämmen, hatte man den Gehäuseboden unterhalb der UABC80 mit Alufolie ausgelegt und diese über eine Kontaktfeder mit Chassis - Potential verbunden.


UKW - Empfang

Das von den Dipol - Antennenbuchsen bzw. der "Platten - Antenne" kommende Signal wird über eine Zwischenbasis - Schaltung in die linke Triode der ECC85 eingekoppelt und dort vorverstärkt. An der Anode dieser Triode liegt der mit S58 induktiv abgestimmte Zwischenkreis, dessen Hochpunktspannung über die Kondensatoren C90 = C91 = 8,2 pF symmetrisch in die Gitterkreisspule S55 der rechten, als Oszillator und Mischer arbeitenden Triode der ECC85 eingespeist wird. Von deren Anode führt der Rückkoppelkondensator C87 = 8,2 pF auf den Hochpunkt des mit S57 induktiv abgestimmten Oszillatorkreises, der induktiv auf die Gitterspule S55 koppelt. Der Ausgang der rechten Triode führt auch auf das erste 10,7 MHz ZF - Filter und wird bei UKW - Empfang auf das Steuergitter der AM - Mischstufenröhre ECH81 geschaltet.

Alle Komponenten des UKW - Tuners sind in einer abgeschirmten Box untergebracht, die gemeinhin als UKW - Box bezeichnet wird. Im Verlauf des Berichtes werde ich beide Bezeichnungen verwenden.

Nach zweistufiger Verstärkung gelangt das ZF - Signal auf den Ratiodetektor mit der UABC80. Für die NF  - Verstärkung des demodulerten Signals wird der gleiche Schaltungsteil benutzt wie bei MW - Empfang.

Die Regelspannungsleitung der ECH81 und EF89 liegt bei UKW - Empfang über 330 KΩ auf Masse. Die benötigten Gitterspannungen werden dann durch die jeweiligen Gitter - Anlaufströme generiert.

Eine sehr detailllierte Erläuterung der Funktionsweise der hier gewählten Zwischenbasis - Eingangsschaltung findet man in H. Pitsch: "Lehrbuch der Funkempfangstechnik": Für interessierte Leser habe ich im Anhang dieses Berichtes eine Kopie des Buchausschnitts angefügt.

 


 

Netzteil

Die Philettina kann wahlweise an 100V~, 127V~ oder 220 V~ betrieben werden. Zur Anodenspannungserzeugung diente eine Einweg - Gleichrichterröhre UY85. Aufgrund der Mischbestückung mit E - und U - Röhren, gestaltete sich die Heizspannungsversorgung etwas kompliziert. Eine 6,3 V Anzapfung des Netz - Spartrafos versorgte die parallel geschalteten Heizungen der drei E - Röhren sowie die Skalenlampe, eine weitere Anzapfung bei 110 V versorgte die Heizung der drei U - Röhren in Serienschaltung. Bei Betrieb am 110 V Netz wurde diese Anzapfung direkt mit dem Netzeingang verbunden.

Wie üblich wurde aus Gründen der Brummreduktion die Heizung der UABC80 in der Heizfadenkette  am nächsten zum Chassispotential angeordnet.

 


 

3     Mechanischer Aufbau der Philettina B1D92A

 

Einige Bilder der Außenansicht im Fundzustand hatte ich bereits oben in der Einführung gezeigt. Hier nur noch einmal die Frontansicht und ein Bild der Gehäuse - Innenseite auf dem man die "Platten - Antenne" und die zwecks Brummreduktion auf dem Gehäuseboden unterhalb der UABC80 aufgeklebte  Abschirmfolie erkennt:

 

Die einzigen Bedienelemente bestanden aus dem Senderknopf mit großer Kreisskala auf der rechten Frontseite, dem Lautstärkeregler auf der linken Seite und zwei Tasten am unteren Rand der Frontplatte: links eine Tonblende und rechts der Wellenschalter.

Die gesamte Elektronik war auf einem dünnen Pertinax - Chassis aufgebaut, das sich aufgrund fehlender Stützstrukturen und der ungleichmäßigen Gewichtsverteilung (Netztrafo und UKW - Tuner auf einer Seite des Chassis) beim Hantieren nach Entfernen aus dem Gehäuse stark deformiert. Im Verlauf der recht langwierigen Reparatur ist es daher zu mehreren, schwer aufzufindenden Leiterbahnrissen gekommen. Um solchen Problemen vorzubeugen ist es ratsam, sich für die Reparatur dieses Gerätes einen geeigneten Halterahmen zu bauen.

Vom Originalzustand nach einer ersten Reinigung des Cassis sind leider nur wenige, schlecht aufgelöste Bilder vorhanden (im weiteren Verlauf des Berichts folgen noch bessere Aufnahmen):

Chassisansichten

 

 


 

Netzsicherungen

 

Die Philettina verwendete für den Betrieb am 220 V Netz drei Netzsicherungen, bei 127 V und 110 V nur noch zwei:

 


Der UKW - Tuner 

Oberseite

Man erkennt den über ein Zahngestänge angetriebenen Variometer - Fahrstuhl, sowie die ursprüngliche Pertinaxfassung der ECC85 mit den Klemmfedern für die Kontaktierung und Fixierung des Abschirmzylinders. Die Variometer - Spulenkerne werden von den hier in Richtung Betrachter zeigenden in die Fahrstuhlzungen eingelöteten Stahldrähten gehalten. Eine Änderung der Eintauchtiefe der Spulenkerne konnte nur durch Öffnen der Lötpunkte vorgenommen werden.

 

Unterseite

Hier zunächst Bilder der Unterseite der geschlossenen UKW - Box und des Antenneneingangs:

 

Die Abdeckhaube wurde von einer 1mm starken Federstahlspange in Position gehalten. Diese Spange zeichnete sich durch einen extrem strammen Sitz aus, was sich bei den Reparaturarbeiten mit häufigem Abnehmen und Aufsetzen der Haube als äußerst nachteilig erwies. Die aus der Box - Oberseite ragenden Enden der Spange drohten nähmlich die dort liegenden Bauteile zu beschädigen. Es wurde daher beschlossen, die Spange durch eine ebenfalls sehr stramm sitzende, aber leichter zu hantierende Spiralfeder zu ersetzen.

Nach Abnehmen der Abschirmhaube erkennt man die für UKW - Tuner notwendige gedrängte  Verdrahtung. Links hinter dem 10 KΩ Widerstand liegt das erste 10,7 MHz ZF - Filter in offener Bauweise, rechts daneben die UKW - Oszillatorspule mit Kreis- und Ankopplungswickel und von dort in Richtung Betrachter den oberen Teil der UKW - Zwischenkreisspule.

Ungewöhnlich ist hierbei die offene Anordnung aller Spulen, eine Konstellation die man normalerweise durch Einbau einer Abschirmwand umgeht, um parasitäre Kopplungen zwischen den einzelnen Schaltungssektionen zu unterbinden.

Auf der rechten Seite außerhalb der UKW - Box sieht man die unteren Enden der beiden MW - Variometer (hellbrauner Kunststoff).

 

MW - Variometer

Im Gegensatz zum UKW - Variometer mit zwei getrennten Spulenkörpern hatte man für MW einen standardmäßigen PHILIPS - Micro  Bandfilterkörper verwendet. Die Führungsdrähte der Tauchkerne wurden von dem gleichen Fahrstuhl betätigt wie bei UKW. Vor dem linken Drahtzug erkennt man einen kleinen, aus dem Bandfiltergehäuse herausragenden Ferritstift für die Feinjustierung der Induktivität des MW - Oszillatorkreises.

 


Phonoanschluss

Die Phono - Eingangsbuchsen waren in eine unter der Gehäusedecke befestigten Pertinaxplatte eingelassen. Da das Gerät im Netzteil einen Spartrafo verwendete und somit keine Netztrennung aufwies, musste der Phonoeingang durch spannungsfeste Kondensatoren entkoppelt werden. Der kleine schwarze Klotz auf der linken Seite der Halteplatte ist die Umschaltbuchse von Radio - auf Phono - Betrieb.

 


 

Weitere Bilder folgen in der Beschreibung der Reparaturarbeiten


 

4     Anfängliche Reparaturarbeiten

4.1     Reinigung des Chassis

Nachdem das Gerät bei der ersten Inbetriebnahme nur auf MW funktionierte, wurde zunächst das Chassis gereinigt. Da lokales Reinigen der einzelnen Bauteile mit Äthanol nicht zum gewünschten Erfolg führte, wurde das ganze Chassis mit Backofenreiniger eingesprüht und nach halbstündiger Einwirkungszeit ausgiebig mit klarem Wasser nachgespült.

Nach einwöchiger Trocknungszeit wurde ein weiterer Betriebsversuch unternommen. Zwar fehlte nach wie vor der UKW - Empfang, aber immerhin war nun eine optische Beurteilung der einzelnen Bauteile möglich.

4.2     Austausch von Komponenten

Da einige Widerstände und Kondensatoren ihre Werte stark verändert hatten, letztere auch teilweise zu hohe Leckströme zeigten, wurde beschlossen, diese zum größten Teil zu erneuern.

Die Fassung der UL84 war durch Überhitzung so stark geschädigt, dass permanent Kontaktprobleme auftraten und das verkohlte Pertinax beim Röhrenwechsel in mehrere Stücke zerbrach. Nach Erneuern der Fassung lief die NF - Endstufe stabil.

Versuchsweise wurden auch alle Röhren inklusive der ECC85 erneuert - ohne Erfolg.

Nachdem der AM - Empfang nach wie vor einwandfrei funktionierte, aber unklar war, ob in den nur für UKW - Empfang aktiven Komponenten der Hauptplatine (10,7 MHz ZF - Filter, Ratio-Detektor, Wellenschalter) ein Defekt vorlag, wurde zunächst sichergestellt, dass das Gerät mit intaktem UKW - Tuner funktionierte. Da kein originaler Ersatztuner verfügbar war, wurde ein ganz ähnlicher Tuner aus dem Schrottchassis eines B5DZ94A verwendet. 

 


 

5     Probeweiser Austausch des UKW-Tuners:  Philettina  B5DZ94A

5.1     Schaltungsvergleich

Das Chassis B5DZ94A war im PHILIPS High-End Musikschrank "Regina Luxus" verbaut, der im Jahr 1960 erschien, also im gleichen Produktionszeitraum wie die Philettina (1959 - 1960). Vergleicht man die Schaltung des UKW -Tuners der beiden Modelle so erkennt man, abgesehen von der induktiven Abstimmung im Fall der Philettina und der kapazitiven Abstimmung bei der B5DZ94A, nur geringfügige Unterschiede.

Hier die Schaltbilder der beiden Modelle im direkten Vergleich. Da mir das oben in Abschnitt 2.1 gezeigte PHILIPS Originalschaltbild für diesen Vergleich ungeeignet erschien, habe ich es so umgezeichnet, dass analog zum B5DZ94A der Signalweg wie üblich von links nach rechts verläuft: 

 

 

Abgesehen von der bereits erwähnten unterschiedlichen Abstimmung fallen folgende Unterschiede ins Auge:

  • Die unterschiedliche Eingangsschaltung am Gitter der ersten Triode.
  • Die bei der Philettina fehlende DEZI - Sperre (R6 II S11) in der Anodenleitung der ersten Triode.
  • Die unterschiedliche Anbindung des Brückenkondensators C84 = 4,3 pF bzw. C6 = 3,5 pF von der Anode der ersten Triode zu deren Kathode.
  • Die unterschiedliche Anodenspannungszuführung der ersten Triode.
  • Die unterschiedliche Einkopplung des Oszillatorsignals von der Anode der zweiten Triode in den Oszillatorkreis: über C87 = 8,2 pF an den Kreishochpunkt, bzw. über C15 = 12 pF an eine Anzapfung der Oszillator - Kreisspule.
  • Die etwas unterschiedlichen Widerstandswerte in den Anodenzuleitungen.

 


.5.2      Funktion mit Ersatztuner

Ein Funktionsvergleich gestaltete sich im vorliegenden Fall besonders einfach, da die ZF - Auskopplung auf die nachfolgende ECH81 beim UKW - Tuner der Philettina und dem des B5DZ94A ganz ähnlich erfolgten, sodass für einen groben Vergleich der ZF Ausgangskreis beim Wechsel von einem auf den anderen Tuner nicht nachgestimmt werden musste. Lediglich die Anschlüsse für Heiz - und Anodenspannung, sowie der Antenneneingang und der ZF - Ausgang mussten umgelötet und die ECC85 umgesteckt werden. . 

Das Resultat war überzeugend! Obwohl der Tuner des B5DZ94A im Vergleich zum Originalgerät mit 100 V Unterspannung (135 V anstatt 236 V) betrieben wurde, hatte die Philettina nun ausgezeichneten UKW - Empfang und die folgenden Arbeiten konnten sich auf ihren UKW - Tuner konzentrieren.


 

6     Untersuchungen am Philettina UKW - Tuner

Zunächst wurde eine neue ECC85 mit sehr guter Emission ohne Abschirmhaube eingesetzt und das Vorhandensein einer Oszillatorschwingung mit Hilfe eines magnetischen Pick-up überprüft. Diese Testmethode wurde schon früher erfolgreich bei der Fehleranalyse eingesetzt und in diesem Beitrag beschrieben: Defekte und Reparaturansätze bei UKW - Tunern

Nicht sehr überraschenderweise wurde keine Oszillatorschwingung festgestellt. Dies bedeutet, dass die Bedingung für den Start der Oszillatorschwingung - also für die Schwingungsaufschaukelung nicht erfüllt war. Hierfür können unterschiedlichste Gründe verantwortlich sein. Hier einige Beispiele:

  • Unzureichende Verstärkung der ECC85 ⇒ kann ausgeschlossen werden, da neue Röhre
  • Falscher Arbeitspunkt der ECC85 durch defekte Gitter- oder Anodenwiderstände ⇒  wurden überprüft und für intakt befunden
  • Zu große dielektrische Verluste oder Kontaktprobleme in der Röhrenfassung
  • Defekte Kondensatoren (keramische Röhrchen und Rohrtrimmer)
  • Unzureichende Güte des Oszillatorkreises ⇒ zu niedrige Resonanzamplitude

usw.


 

6.1     Röhrenfassung

Da das genze Gerät inklusive der Innereien der UKW - Box anfangs extrem verschmutzt war, wurde  beschlossen, zunächst die Pertinax - Röhrenfassung der ECC85 zu ersetzen. Ihre dunkle Verfärbung hatte sich auch nach der gründlichen Reinigung nicht geändert, und ich hatte den Verdacht, dass das Fassungsmaterial durch die Verschmutzung zu hohe dielektrische Verluste aufwies, oder der Andruck der Kelchfedern über die Jahre nachgelassen hatte und dadurch ein Aussetzen des UKW - Oszillators verursachte.

Nach mehreren Versuchen habe ich mich für eine keramische Fassung mit metallischem Flansch entschieden, die ausgezeichnete Kontaktgabe garantierte und für die eine passende Abschirmhaube vorhanden war. Da der Stift - Lochkreis bezogen auf die Befestigungslöcher um einige Winkelgrade gegenüber der Originalfassung versetzt war, konnte die Fassung nicht verschraubt, sondern musste eingelötet werden.

Im Zusammenhang mit dem Tausch der Röhrenfassung sollte man folgenden wichtigen Punkt beachten. Pertinax und Keramik verfügen natürlich über unterschiedliche dielektrische Eigenschaften, was sich auf ihr Verhalten im Bereich hoher Frequenzen auswirkt.

Zwar liegen die Kapazitätswerte zwischen benachbarten Kontakten bei beiden Fassungsmaterialien im gleichen Bereich (0,6 - 0,8 pF, genauer kann ich nicht messen), aber die dielektrischen Verluste. von Pertinax übersteigen deutlich diejenigen, der für Röhrenfassungen verwendeten Al2O3 Keramik (Calit). Beim Wechsel des Röhrenfassungsmaterials ändert man somit einen Parameter mit schwer prognostizierbaren Konsequenzen.

Enttäuschenderweise führte diese erste Modifikation - der Tausch der Röhrenfassung - noch nicht zur Funktion des UKW - Tuners.

 


 

6.2     Rückkopplungskondensator C87

Da eine Überprüfung sämtlicher Kondensatoren - alle Röhrchen- und Trimmkondensatoren wurden dazu ausgebaut und auf KARU nachgemessen - gezeigt hatte, dass alle intakt und werthaltig waren, wurde probeweise der Rückkopplungskondensator C87 = 8,2 pF um 50% auf 12 pF erhöht und sofort setzten die Oszillatorschwingungen ein und die Philettina empfing an meiner Standardantenne (Dipol unter dem Dach) alle Ortssender recht zufriedenstellend. Ein Punkt war allerdings überraschend: Der Oszillator schwang unterhalb der Empfangsfrequenz, anstatt wie üblich oberhalb. Wie konnte das sein?

Den verwendeten Messaufbau zeige ich später in Abschnitt 8.5.

Nun könnte man auf dem Standpunkt stehen, dass es wichtiger ist, dass das Radio überhaupt funktioniert, als dass die Oszillatorfrequenz den richtigen Frequenzbereich überstreicht und für die Funktion der Rückkopplungskondenstaor erhöht werden musste. 

Mit diesem Resultat wollte ich mich aber nicht zufrieden geben und habe die Sache weiter untersucht.

6.3     Trimmspule S57

Bei näherer Inspektion der UKW - Box fiel mir auf, dass der Wickelkörper der Trimmspule S57, also der  Parallelinduktivität zur Oszillatorspule S56 stark beschädigt und ein Spulendraht abgerissen war. Das erklärte also, dass die Induktivität im Oszillatorkreis zu groß war und die Oszillatorfrequenz folglich zu niedrig. Während Parallelkondensatoren in Schwingkreisen deren Frequenz erniedrigen, bewirken Parallel - Induktivitäten das Gegenteil ⇒ sie erhöhen die Schwingungsfrequenz

Offensichtlich hatte also jemand versucht, den Abstimmbereich des UKW - Oszillators in Richtung höherer Frequenzen zu erweitern oder zu  verschieben  - er reicht ja im Originalzustand nur bis ca 100 MHz- und dabei war die Spule zerstört worden. Nachdem der Grund für die Fehllage der Oszillatorfrequenz nun geklärt war, wurde zunächst versucht, die Spule provisorisch zu reparieren.

 

Hier sieht man das Provisorium, das aber zu keinem akzeptablen Ergebnis führte, da man den Kern nicht mehr verstellen konnte.

Also wurde beschlossen, eine neue Spule zu wickleln.

 

Hier noch zwei Bilder des alten, beschädigten Spulenkörpers und des ungewöhnlichen Kerns mit Flachgewinde.

Der Spulenkörper hatte einen Außendurchmesser von 4,6 mm und eine Wandstärke von nur 0,25 mm, der Kern einen Außendurchmesser von ca. 4,1 mm. Da der Kern mit Wachs fixiert war, scheint es nicht überraschend, dass der filigrane Spulenkörper beim Versuch des Vorbesitzers seine Eintauchtiefe zu verstellen zerbrach.

Abgesehen von der geringen Wandstärke weist der Spulenkörper noch eine weitere Eigenschaft auf, die sich beim Versuch der Kernverstellung als äußerst fatal erweist. Erhitzt man die Spule beim Versuch das Fixierwachs zu schmelzen zu stark, so schrumpft der Kunststoff wie ein moderner Schrumpfschlauch, und  schnürt sich um so fester um den Kern, sodass sich dieser nicht mehr entfernen lässt. Vor einem Nachgleichen der Kerne muss man die Spule also sehr vorsichtig erhitzen, damit das Wachs zwar erweicht, der Spulenkörper sich aber noch nicht deformiert. Eine heikle Aufgabe!
 

Da der alte Spulenkörper nicht mehr verwendet werde konnte, musste eine alternative Lösung gefunden werden. Glücklicherweise wurden die gleichen Spulenkörper und Kerne auch in den 10,7 MHz PHILIPS Micro - Bandfiltern verwendet.

So wurde ein 10,7 MHz Einzelkreisfilter aus meinem B5DZ94A Schrottchassis kannibalisiert und durch Aufbringen unterschiedlicher Windungszahlen und Variation des Paralleltrimmers C88 erreicht, dass  der Oszillator den korrekten Frequenzbereich überstrich. Hierbei wurde wie beim originalen Wickel Kupferlackdraht mit Ø = 0,24 mm verwendet .  

 

Beim Vergleich der Oszillatorspule mit der parallel liegenden Trimmspule fragt man sich unwillkürlich, wie es denn sein kann, dass man die Schwingkreisspule aus Stabilitätsgründen und zwecks Reduktion der Skin - Verluste aus dicken Draht, die Trimmspule aber aus dünnem Kupferlackdraht (CuL) wickelte, obwohl doch bei diesem Aufbau die Verluste viel größer und die Spulengüte viel niedriger sein müssen. Die Antwort liegt in der hochfrequenen Stromverteilung auf die beiden Spulen. Die Schwingkreispule hat abhängig von der Eintauchtiefe des Variometerkerns eine Induktivität zwischen 95 - 135 nH, die Trimmspule S57 dagegen bei voll eingedrehtem Kern ca. 600 nH, also um einen Faktor 6 mehr! Entsprechend geringer ist also der durch RL=2π f L bestimmte hochfrequente Schwingstrom durch die Trimmspule. Verluste spielen hier also eine weit weniger gewichtige Rolle als bei der Schwingkreisspule und so konnte man sie bedenkenlos aus dünnem CuL Draht wickeln.

 

Ein Punkt auf den ich später beim detaillierten Vergleich mit dem B5DZ94A Tuner noch zurückkommen werde, ist der in der Philettina für die UKW - Schwingkreisspulen gewählte Drahttyp. Während der Durchmesser mit ca. 1 mm dem üblichen Wert für solche Spulen entspricht, scheint es sich bei der stumpfen Oberfläche eher um eine Verzinnung oder Vernickelung, als um die übliche Versilberung zu handeln.

 



Nach Reparatur der Trimmspule überstrich der Oszillator des UKW - Tuners nun zwar den richtigen Frequenzbereich oberhalb der Empfangsfrequenz,.aber die Empfindlichkeit schien mir doch zu gering.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich noch einmal den UKW - Tuner des B5DZ94A angeschlossen und tatsächlich zeigte sich, dass letzterer bei der gleichen Sendereinstellung die ca. dreifache Spannung am Ratiodetektor lieferte: Bei einem Ortssender 20 V anstatt 7 V mit dem Philettina Tuner. Dieses Ergebnis ist auch insofern bemerkenswert, als, wie bereits oben erwähnt,  der Tuner des B5DZ94A normalerweise mit Ua = 236 V betrieben wird, an der Philettina aber mit nur Ua = 135 V!

Ein anschließender Rücktausch des Rückkopplungskondensators C87 von 12 pF auf den originalen Wert von 8,2 pF erbrachte sogar noch schlechtere Ergebnisse

Wie konnte es zu einem solch drastische Empfindlichkeitsunterschied kommen? Um dieser Diskrepanz auf die Spur zu kommen, wurden die beiden Tuner nun detailliert inspiziert.

 


 

7    Vergleich des Außen - und Innenaufbaus der beiden UKW - Tuner

7.1     Außenansicht

Beide Tuner sind etwa gleich groß - nur der Variometerfahrstuhl der Philettina sorgt für eine etwas größere Aufbauhöhe. In der Rückansicht des Philettina Tuners sieht man die frei hängenden Tauchkerne der AM - Variometers

             Philettina                       B5DZ94A

 

 

 

In den Tuner der Philettina hatte ich zum Zeitpunkt der Aufnahmen zwischenzeitlich eine andere keramische Fassung eingebaut und die Trimmspule S57 war noch nicht erneuert worden.

 


7.2    Innenansicht

                                        Philettina                                                     B5DZ94A

 

 

Im Wesentlichen fallen dem Betrachter hier 3 Details ins Auge. Beim Tuner des B5DZ94A (rechts) wurden

  • zwischen den Komponenten des Zwischenkreises und der Oszillatorsektion eine Abschirmwand eingefügt,
  • eine DEZI - Sperre zum Verhindern von parasitären Schwingungen im Dezimeterwellen - Bereich verwendet und
  • die Schwingkreispulen aus versilbertem Kupferdraht CuAg gewickelt. Bei dem Spulendraht der Philettina scheint es sich eher um Draht mit verzinnter oder vernickelter Oberfläche zu handen.

 


 

8     Abschließende Arbeiten

8.1     Abschirmwand

Ein Effekt, den ich bei der bisherigen Beschreibung noch nicht erwähnt hatte war folgender:  Beim Abgleich des Zwischenkreises mit dem Trimmkondensator C95 = 6 pF verschob sich die Oszillatorfrequenz geringfügig. Das ist eigentlich durch die kapazitive Neutralpunkt - Einspeisung über C90 = C91 = 8,2 pF in die Gitterspule des Oszillators ausgeschlossen, aber der Effekt war deutlich spürbar.

Der Vergleich mit dem Aufbau des B5DZ94A motivierte mich also, auch in den Tuner der Philettina eine Abschirmwand einzusetzen. Die folgenden beiden Bilder zeigen die Postion der aus 0,5 mm verzinntem Stahlblech gefertigten Zwischenwand (blau umrahmt).

.

 

Das Nachrüsten der Abschirmwand erwies sich zwar insofern als erfolgreich, als der Zwischkreisabgleich nun tatsächlich keinen merklichen Einfuss mehr auf die Oszillatorfrequenz hatte, aber es stand die Frage im Raum, warum der UKW - Tuner ja früher offensichtlich auch ohne die Abschirmwand funktioniert haben muss.

Auf die schlechte Empfangsempfindlichkeit hatte der Einbau der Abschirmwand jedenfalls keinen Einfluss und sie wurde wieder entfernt.


8.2     DEZI - Sperre

Versuchsweise wurde in den Philettina Tuner auch eine DEZI - Sperre eingebaut: Wie in B5DZ94A ein mit wenigen Windungen CuL - Draht umwickelter 100  Ω Widerstand.

Da diese auf die Funktion keinerlei Auswirkungen hatte, wurde die DEZI - Sperre wieder entfernt.


8.3     Spulendraht 

Falls es sich bei dem Draht der Philettina UKW - Schwingkreisspulen tatsächlich um verzinnten oder vernickelten Kupferdraht handeln sollte, hätte dies drastische Folgen für die Kreisgüten. Durch die Stromverdrängung bei hohen Frequenzen wird nicht mehr der volle Querschnitt eines Leiters vom Strom durchflossen sondern nur noch eine dünne Oberflächenschicht. Die sogenannte Eindringtiefe δ, bei der die Stromdichte auf 1/e abgefallen ist, berechnet sich zu 

δ = 1 /  √ π f µo µr σ 

f   ⇒  Frequenz,  µo  ⇒  Vakuumpermeabilität  µr  ⇒  relative Permeabilität,  σ ⇒  elektr. Leitfähigkeit

Die Leitfähigkeitswerte der in elektronischen Anwendungen verwendeten Metalle liegen bei

Silber: 6,1 ∗ 107 S/m, Gold: 4,5 ∗ 107 S/m, Kupfer:  5,8 ∗ 107 S/m,

Zinn: 0,87 ∗ 107 S/m, Nickel: 1,6 ∗ 107 S/m

Daraus ergeben sich bei 100 MHz die folgenden Eindringtiefen:

Silber: 6,4 µm, Gold: 7,5 µm, Kupfer: 6,6 µm,

Zinn: 17 µm, Nickel: 13 µm.

Die elektrische Leitfähigkeit von Silber ist um einen Faktor ≈ 7 besser als von Zinn, und um einen Faktor ≈ 4 besser als Nickel. Die Eindringtiefe eines hochfrequenten Stroms mit 100 MHz um einen Faktor ≈ 3 (Zinn) bzw. 2 (Nickel)  geringer.

Nimmt man an, dass die Dicke der Verzinnung ≥ 17 µm ist, so fliesst der hochfrequenze Strom ausschließlich in einer Schicht schlechter Leitfähigkeit. Das würde im Vergleich zu der Spule mit versilbertem Kupferdraht zu einer markanten Verschlechterung der Spulengüte führen und man fragt sich, ob PHILIPS diesen Nachteil bei einem Billiggerät wie der Philettina wissend in Kauf genommen hat. 

Natürlich könnte man nun die UKW - Spulen der Philettina mit versilbertem Kupferdraht neu wickeln und dann einen erneuten Empfindlichkeitsvergleich vornehmen. Das ist aber bisher nicht geschehen.


8.4     Spulenkerne

Eine Komponente, die bisher nicht angesprochen wurde, die aber ebenfalls die Güte der Schwingkreisspulen beeinflusst, sind die Spulenkerne.

Trimmspule S17

So wurde zunächst überprüft, um welches Material es sich beim Kern der Trimmspule S57 handelte. Dazu wurde der Kern aus einem 10,7 MHz Filter entnommen, beide Kerne mit der gleichen Anzahl Windungen Schaltdraht umwickelt und die Induktivität gemessen. 

Nach Abzug der Messklemmen - Induktivität ergaben sich für beide Kerne Werte um 470 nH. Trimmspule und ZF - Filter verwendete also nicht nur die gleichen Wickelkörper, sondern auch dieselben Spulenkerne. 

Variometer

Dem äußeren Anschein nach wurde für die Tauchkerne in den AM- und FM - Variometern das gleiche Ferrit - Material verwendet. Um festzustellen, ob die Verwendung von Kernen mit besseren HF - Eigenschaften die Spulengüten und damit die Empfindlichkeit verbessern würden, wurden die Haltedrähte aus den Variometerzngen ausgelötet und händisch Vogt - Spulenkerne mit grünem Punkt für den höherer KW - Bereich eingeschoben. Tatsächlich verbesserte sich die Empfindlichkeit des    Philettina Tuners. Der Punkt wurde aber bisher nicht weiterverfolgt.


8.5     Variation und Auswirkung des Rückkopplungskondensators C87

Mehrfach wurde in diesem Bericht schon über den massiven Einfluss des Rückkopplungskondensators C87 gesprochen. Verwendete man den originalen Wert von 8,2 pF so hatte sich gezeigt, dass die Empfindlichkeit des Philettina Tuners weit hinter der des B5DZ94A zurückblieb.

Etwas besser stellte sich die Situation dar, wenn man dessen Wert auf 12 pF, also auf den 1,5 fachen Wert erhöhte. Der Empfindlichkeitsunterschied lag immerhin nur noch bei einem Faktor 3.

Das führte mich zu der Frage,  welche Auswirkung wohl eine weitere Erhöhung des Wertes von C87 haben würde.

Es wurde also noch einmal derselbe Messaufbau zusammengestellt und C87 auf 22 pF erhöht:

 

 

Das Oszillatorsignal wurde wieder durch eine Koppelschleife um die ECC85 induktiv ausgekoppelt, und in einem VHF-UHF - Breitband - Antennenverstärker mit 2 x BFX89 um 12 db bei 50 Last vorverstärkt. Da mein Frequenzzähler nur bis ca. 70 MHz arbeitet, wurde die Frequenz des vom Vorverstärker gelieferten Signals in einem ECL - Teiler um einen Faktor 10 heruntergeteilt.

Bei Empfang eines Ortssenders lag die Spannung am Ratio -. Detektor nun immerhin bei ca. 15 V, was fast dem Wert bei Verwendung des B5DZ94A Tuners entspricht. Allerdings liegt die Oszillatorfrequenz mit 86,25 MHz nun wieder um 10,7 MHz unterhalb der Empfangsfrequenz und liess sich weder durch Verstellen der Trimmspule S57 noch des Paralleltrimmer C88 zur Spiegelfrequenz verschieben.

9     Schlussbemerkungen

Ich habe versucht zu zeigen, wie schwierig es sein kann, einen defekten UKW - Tuner zu reparieren, insbesondere dann, wenn nicht klar ist, wie gut die Empfangsempfindlichkeit des Gerätes ursprünglich war.

Zwar sieht das Chassis nach den beschriebenen Arbeiten wieder sehr respektabel aus, aber unglücklicherweise ist das Ganze in eine Aura von Ungewissheit gehüllt:

 

 

Geht man nämlich davon aus, dass die Oszillatorfrequenz des UKW - Tuners ursprünglich oberhalb der Empfangsfrequenz lag, so liegt die Empfindlichkeit meiner Philettina B1D92A  mit der originalen Bauteildimensionierung trotz aller Reparaturversuche deutlich unter der des UKW - Tuners aus einer PHILIPS High - End Musiktruhe "Regina Luxus" mit dem Chassis B5DZ94A.

Verändere ich aber willkürlich die Rückkopplung im Oszillatorkreis, so erreiche ich mit zunehmendem Wert des Rückkopplungskondensators eine schrittweise Annäherung an die Empfindlichkeit des B5DZ94A. Mit dem größten bisher verwendeten Rückkopplungskondensator von 22 pF (anstelle von 8,2 pF)  sind kaum noch Unterschiede zur Empfangsqualität des B5DZ94A festzustellen. Allerdings liegt die Oszillatorfrequenz dann unterhalb der Eingangsfrequenz, was vermutlich ursprünglich nicht vorgesehen war. 

Logischerweise muss die Philettina ja ursprünglich auch ohne solche willkürlichen Modifikationen gearbeitet haben, sonst hätte sie ja niemand gekauft!

Man stellt sich zwangsläufig die - vielleicht etwas absurde - Frage, ob der Hersteller bei diesem Billiggerät absichtlich zu etwas preiswerteren Komponenten gegriffen und die dadurch bewirkte Qualtätseinbuße wissend in Kauf genommen hat, um damit den potentiellen Kundenkreis zum Kauf eines teureren Gerätes zu bewegen?

Auf jeden Fall habe ich bei diesen Arbeiten etwas über die Probleme von induktiv abgestimmten UKW - Tunern hinzugelernt.

Falls ich in den Besitz einer weiteren Philettina kommen sollte, werde ich diese natürlich untersuchen und hier im Forum über die Erkenntnisse berichten.

Viel Spaß bei der Lektüre,

Harald Giese

 



Anhang: Zwischenbasis - Schaltung

Eine sehr detailllierte Erläuterung der Funktionsweise der beim UKW - Tuner der Philettina gewählten Zwischenbasis - Eingangsschaltung findet man in H. Pitsch: "Lehrbuch der Funkempfangstechnik":

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
"PHILETTINA B1D92A" Reparatur Teil 2 
09.Jun.24 09:45
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Harald Giese (D)
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Harald Giese

 

Alle Bilder können durch Anklicken vergrößert werden!

1     Stand der Arbeiten im April 2024

Wie in Teil 1 dieses Berichtes erläutert wurde, war es mir trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen, die PHILETTINA B1D92A auf dem UKW - Bereich zu korrekter Funktion zu bewegen.

Zwar gelang es, durch willkürliche Vergrößerung des Rückkopplungskondensators C87 (rot eingekreist) vom originalen Wert von 8,2 pF auf 22 pF die Empfindlichkeit soweit zu verbessern, dass sie mit der eines B5DZ94A konkurrieren konnte, jedoch schwang der Oszillator dann unterhalb der Empfangsfrequenz, was sicherlich ursprünglich nicht so vorgesehen war.

In den Schlussfolgerungen hatte ich in Aussicht gestellt, über den Fortgang der Reparaturarbeiten  zu berichten, falls ich ein funktionierendes Zweitgerät erhalten sollte. Nach Lektüre des Berichtes erinnerte sich der RMorg Kollege Gerald Lippert daran, in seinem Fundus noch einen funktionierenden UKW -Tuner aus einer PHILETTINA zu besitzen, den er mir überlassen konnte. 

So konnten die Untersuchungen fortgesetzt werden. Nach Anschluss des Ersatztuners funktionierte die PHILETTINA auf Anhieb einwandfrei und der Oszillator schwang - wie eigentlich zu erwarten war - oberhalb der Empfangsfrequenz. Nach dieser Erkenntnis habe ich noch einmal meinen ehemaligem UKW - Tuner überarbeitet und auch tatsächlich den ausschlaggebenden Fehler gefunden.

Darüber werde ich nun berichten.


 

2     Die Ersatz UKW - Box

 

Um zu dokumentieren, wie der originale Aufbau dieser UKW - Box aussieht, habe ich eine kleine Bildergalerie erstellt:

 2.1     Außenansicht

 

 

Wie man sieht, hatte ein Vorbesitzer den mittleren Teil der Halterung des Variometer - Fahrstuhls herausgesägt um letzteren leichter demontieren zu können.

Die Fehlstelle liess sich leicht durch Einlöten eines 1 mm starken Messingblechs reparieren.

Das eingefügte Blech wurde mit einer passenden, angesenkten Bohrung für die Aufnahme der Führungskugel versehen.

 

Nun konnte der Fahrstuhl wieder eingehängt werden und wurde korrekt geführt:

 


 

2.2     Die originale Verdrahtung

 

 

Ein Vergleich mit der Verdrahtung meines ursprünglichen Tuners zeigte nur geringfügige Abweichungen:

 - Die Position der Kondensatoren war etwas anders - nicht überraschend nach den zahlreichen Reparaturversuchen!

- Die kleine Luftspule S34 am Antennen - Eingangstransformator sah etwas anders aus.

- Die Wicklung der Oszillatortrimmspule S57 hatte einen etwas weiteren Windungsabstand.  

 

Es bestanden also keine wirklich gravierenden sichtbaren Unterschiede. Wie konnte es dann sein, dass ein Tuner korrekt funktioniert, der andere nicht?


2.3     Die ECC85 des Ersatztuners

Natürlich habe ich nun die Anodenwiderstände R62 = 1 KΩ, R63 = 10 KΩ, den Gitterwiderstand R61 = 1 MΩ sowie auch die ECC85 des Ersatztuners überprüft. Dabei habe ich etwas ganz erstaunliches festgestellt: Während die Anodenwiderstände werthaltg waren, zeigte der an Pin 7 liegende Gitterwiderstand R61 bei gesteckter Röhre einen viel zu niedrigen Wert.

Als ich die Röhre zog, sprang der Wert auf den Sollwert von 1 MΩ. Offenbar hatte die Röhre einen hochohmigen Elektrodenschluß, der einen Leitpfad parallel zum Gitterwiderstand nach Masse erzeugte.

 

Messungen an der gezogenen Röhre zeigten dann auch tatsächlich zwischen den Pins folgende Widerstände

Pin 7 (g1,2) ⇒ Pin 2 (g1,1) ⇒ R = 6 MΩ

Pin 7 (g1,2) ⇒ Pin 3 (k1,1) ⇒ R = 3 MΩ.

Nun interessierte mich natürlich die Emission der Röhre. Auf meinem geeichten FUNKE W20 zeigte sie auf beiden Systemen nur noch knapp 40 % Emission.

Die zweite Zeile des Ätzcodes der Röhre lautet "Δ9G", sie wurde also in Heerlen / NL im Juli 1959 hergestetll - nach 65 Jahren offenbar immer noch die Erstbestückung!

Durch jahrelange Abdampfung von Elektrodenmaterial und Kondensation auf den Glimmerplättchen und dem Glaskörper der Röhre haben sich hochohmige Leitpfade gebildet, die aber die Funktion der Röhre im hier behandelten UKW - Tuner erstaunlicherweise nicht merklich beeinflussten. Ein probeweiser Austausch der Originalröhre gegen ein Exemplar mit nomineller Emission (Ia = 10 mA @Ua = 250 V) führte zu keiner dramatischen Besserung des Empfangs.

Da somit sichergestellt war, dass die korrekte Funktion des Ersatztuners nicht auf eine stärkere Röhre zurückzuführen war, habe ich beschlossen, meinen eigenen Tuner ein letztes Mal zu überarbeiten und dabei den Ersatztuner als Referenz zu verwenden.

 


 

3     Rückbau und Neuaufbau meines urspünglichen Tuners

3.1     Rückbau

Zunächst wurde das Innenleben meines Tuners inklusive der keramischene Fassung größtenteils entfernt und wieder eine Pertinax - Fassung eingebaut. Glücklicherweise fand ich in meinem Fundus noch eine dem Original entsprechende Fassung mit der richtigen Pinanordnung, sodass die Position der umgebenden Bauteile gegenüber dem Original nicht geändert werden musste: 

 

 

Danach wurden die Bauteile wieder eingesetzt. Um ganz sicher zu sein, habe ich dem Ersatztuner die Trimmspule S57 entnommen und ein originalgetreues Duplikat angefertigt. Das Duplikat wurde in den Ersatztuner eingebaut, die Spule aus dem Ersatztuner in mein Gerät.

Nach vollständigem Rückbau waren nun wirklich kein Unterschiede mehr zu erkennen und mit Spannung wurde das Resultat erwartet.

Unglücklicherweise schwang der Oszillator auch nach all diesen Revisionen immer noch unterhalb der Empfangsfrequenz.

 

Geht man davon aus, dass die keramischen Röhrchenkondensatoren intakt waren, blieben nun eigentlich nur noch folgende Komponenten als Fehlerquelle übrig:

  1. Das ZF - Filter
  2. Die Paralleltrimmer von Zwischen - und Oszillatorkreis
  3. Die Spulen von Zwischen - und Oszillatorkreis

Natürlich hätte ich jetzt die entsprechden Komponenten Stück für Stück aus dem Ersatztuner in meinen Tuner umsetzen können. Der Gedanke, den, abgesehen von der ersetzten Trimmspule  noch im Originalzustand befindlichen Ersatztuner zu kannibalisieren widerstrebte mir aber. Wichtiger erschien es mir, den Ersatztuner als Referenzbaustein zu erhalten und weiterhin nur in meinem eigenen Tuner Änderungen vorzunehmen.

3.2     ZF - Filter

Irgendwo hatte ich gelesen, dass die in PHILIPS - Geräten häufig anzutreffende, teerartige Vergussmasse bei Schwingkreiskomponenten über lange Zeiträume zu einer Gütereduktion führen kann.

Während beim Ersatztuner (links) mit dieser Vergussmasse sehr sparsam umgegangen worden war, waren in meinem Tuner große Teile der ZF - Kreisspule mit dieser Masse bedeckt (rechts - leider auch bei Vergrößern wegen des davor liegenden Widerstands nicht gut erkennbar).

 

 

Das ZF - Filter wurde also ausgebaut, zunächst mit Reigungsbenzin und danach mit Äthanol gewaschen. Trotz dieser Prozedur sind bei Vergrößerung immer noch Reste der schwarzen  Vergussmasse zwischen den Windungen zu erkennen. Um die HF  Litze der Schwingkreisspule nicht zu verletzen, habe ich aber von weiterer Reinigung abgesehen. Man hätte natürlich die Schwingkreisspule mit passender HF - Litze neu wickeln können.

In diesem Status habe ich meinen Tuner  - bereits etwas entmutigt - wieder in Betrieb genommen.

Leider war der Fehler immer noch vorhanden. 

 


 

3.3     Paralleltrimmer

So habe ich die Arbeiten mit dem Ersatz der Zwischen- und Oszillatorkreis - Paralleltrimmer fortgesetzt. Da ich keine passenden Trimmer in originaler Bauform im Fundus hatte, habe ich an Stelle dessen die in Amateurfunkkreisen bekannten TRONSER - Trimmer eingebaut. Diese Trimmer haben ein Montageplatte aus Calit - Keramik und selbst im Bereich mehrere Hundert MHz noch ausgezeichnete Güten.

Die elektrischen Daten aus dem neuesten TRONSER - Katalog 2024:

Isolationswiderstand: > 25 GΩ

Typische Werte der Güte: 

@1 MHz: 8000,  @50 MHz: 6000

@ 100 MHz: 4000, @ 200 MHz: 1500.

 

Hier die frühere (links) und die jetzige Bauform (rechts) der Tronser - Trimmer, beide mit 12 pF Endkapazität, im Vergleich zu den in der PHILETTINA eingesetzten keramischen Rohrtrimmern.

.

Aufgrund der stark abweichenden Bauform wurden die Trimmer nicht mit Schrauben, sondern mit  2K - Kleber befestigt. Dies geschah so, dass sie durch das ursprüngliche Befestigungsloch der Trimmer hindurch von oben bedient werden konnten.

Der Tuner wurde nach diesem Umbau erneut in Betrieb genommen und funktionierte plötzlich einwandfrei: Der Oszillator schwang oberhalb der Empfangsfrequenz. Der schon öfter angesprochenene Oszillator - RK - Kondensator konnte bei seinem originalen Wert von 8,2 pF belassen werden. Zwar war die Empfindlichkeit immer noch etwas schlechter als die des Ersatztuners, aber offensichtlich war das ein Schritt in die richtige Richtung.

Da die hochfrequenten Verluste der TRONSER - Trimmer vernachlässigbar klein sind (s.o.), kann diese Verbesserung nur eine Ursache haben:

Während die Verluste der keramischen Rohrtrimmer ursprünglich in tolerablen Grenzen gelegen haben müssen - sonst hätte der Oszillator ja nie korrekt gearbeitet - hatten sie über die Jahre so hohe Werte angenommen, dass der Oszillator im korrekten Frequenzbereich 99 ... 111 MHz, also oberhalb der Empfangsfrequenz, nicht mehr anschwang. Im unterhalb der Empfangsfrequenz liegenden Bereich 77 ...89 MHz - also ca. 20 MHz tiefer - schwang er zwar an, lief aber mit ausreichender Amplitude nur mit vergrößertem Rückkopplungskondensator

Da man Alterungsprozesse der Keramik der Trimmkondensatoren vermutlich ausschließen kann, bleibt als Auslöser die angestiegenen Verluste nur die extreme Verschmutzung der Kondensatoren durch Ablagerung von Fett und Rauchrückständen. Dabei ist es belanglos, ob die Kontaminanten nur auf der Oberfläche hafteten und durch meine Reinigung nicht entfernt wurden, oder auch in oberflächennahe Schichten des Dielektrikums eingedrungen waren. 

Nun fragt man sich zwangsläufig, wie es sein kann, dass mir dieses Problem bisher nicht aufgefallen war, obwohl im Laufe der Reparaturarbeiten die  Kapazitätswerte aller Kondensatoren - auch die der Trimmer -  mehrfach verifiziert wurden.

Die Antwort ist einfach:

3.4     Kapazitätsmessungen mit dem R&S KARU (BN 510)

Alle Kapazitätswerte wurden mit Hilfe meines sehr zuverlässigen, nach der Resonanzmethode arbeitenden R&S KARU (BN 510) gemessen. Dessen Messfrequenz liegt im niedigsten Messbereich (0 - 100 pF)  zwischen 175 KHz und 1,5 KHz. - also weit unterhalb der Arbeitsfrequenz von ca. 100 MHz, mit der die Kondensatoren im UKW - Tune betrieben werden.

Abgesehen von der Ermittlung des Kapazitätswerts erlaubt das KARU auch eine qualitative Aussage über die Güte bzw. die Verluste eines Kondensators. Stark verlustbehaftete Kondensatoren führen zu einer flachen Resonanzkurve und zu einem entsprechend geringen Maximalausschlag des die Resonanzspannung anzeigenden  Messinstruments. Essentiell ist nun die Tatsache, dass die Messung kleiner Kondensatorwerte bei ca. 175 KHz erfolgt!

Würden die Verluste von Kondensatoren nur durch Leckstrom ausgelöst. - also quasi von einem durch schlechte Isolationseigenschaften bewirkten Parallelwiderstand, wäre es im Prinzip belanglos, ob die Messung in KARU bei 175 KHz oder bei 100 MHZ erfolgte.

Unglücklicherweis sind Kondensatoren aber neben den - meist geringen - Ohmschen Verlusten auch mit dielektrischen  Verlusten behaftet die frequenzabhängig sind. Da KARU hier mit einer Messfrequenz arbeitet, die um einen Faktor 100000 KHz  / 175 KHz ≈ 600 tiefer liegt als die Arbeitsfrequenz des Tuners, erhält man hinsichtlich der dielektrischen Verluste keine realistische Aussage. So ist zwar die Messung der Kapazität korrekt, der Ausschlag des Messinstruments würde aber bei Verwendung der realistischen Betriebsfrequenz abhängig von den dielektrischen Verlusten viel tiefer ausfallen und so schon ein erstes Indiz für hohe Verluste geben.

Die niedrige Messfrequenz des KARU führte also dazu, dass mir die dielektrischen  Verluste der Trimmkondensatoren bei hohen Frequenzen nicht aufgefallen waren.

Natürlich stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, in welchem Maß die dielektrischen Eigenschaften der keramischen Röhrchenkondensatoren unter der Verschmutzung gelitten hatten. Diese sind zwar im Verlauf der Reparaturarbeiten ebenfalls oberflächlich gereinigt worden, aber es kann überhaupt keine Aussage über die Effizienz dieser Reinigung gemacht werden.


Hier noch einmal eine Zusammenfassung der Verlustbeiträge, die ich der WIMA Homepage 2024 entnommen habe:

  • a) Ohmsche Verluste: Man unterscheidet zwischen dem Isolierwiderstand = Innerer Widerstand Ri (Stromfluß durch das Innere des Isolators) und dem Oberflächenwiderstand = äußerer Widerstand Ra (Stromfluß über die Oberfläche des Isolators infolge von Feuchtigkeit oder Verschmutzung). Beide zusammen ergeben den Gesamtwiderstand: Rges = (Ri * Ra) / (R1 + Ra) und die Verlustrleidstung Pohm:

Pohm = I2 * Rges

Die Ohmschen Verluste führen zu einer oft nicht unbeträchtlichen Erwärmung des Isolators. 

  • b) Dielektrische Verluste   enststehen infolge der durch Wechselfelder bedingten Umpolarisation der Elementarteilchen des Dielektrikums. Sie werden in Schwingungen versetzt (wie kleine Kompassnadeln) und erzeugen dabei Reibungswärme. Auch hier geht ein Teil der elektrischen Energie als Wärme verloren. Die Verlustleistung betragt Pdiel

Pdiel = Ueff2  * 2 * π * f * C * tanδ

tanδ heißt Verlustfaktor; er ist ein Maß für die dielektrischen Verluste.


 

3.5     Zwischenkreis - und Oszillatorspulen

Wollte man jetzt überprüfen, ob sich auch die die dielektrischn Eigenschaften der Spulenkörper (auch dies sind Kondensatoren parallel  zum Spulenwickel!) geändert hatten, müsste man entwder die Spulen auf neue Körper wickeln, oder sie aus dem Ersatztuner umsetzen - was ich im Interesse der Erhaltung des Originalzustandes vermeiden wollte.

Der Punkt wurde daher nicht weiterverfolgt.

Da der UKW - Tuner aber nach der letzten Änderung funktionierte, habe ich von weiteren Aktivitäten abgesehen. Wahrscheinlich hätte man seine Funktion durch weiteren Teiletausch noch weiter optimieren können - das war aber eigentlich nicht das Ziel der Untersuchungen.


 

4     Einbau des Ersatztuners

Um die PHILETTINA vor der Aufnahme in die Radiosammlung wieder weitmöglist in den Originalzustand zurückzuversetzen, habe ich abschließend den Ersatztuner eingebaut. Die folgenden Bilder zeigen den endgültigen Zustand.

 

Interessant für die Demontage der Abdeckhaube ist Folgendes. Die Haube wird durch eine sehr starke Klemmfeder aus Federstahl in Position gehalten. Bei anfänglichen Arbeiten war ich davon ausgegangen, daß diese Feder zum Abnehmen der Haube von dieser mit einem Werkzeug heruntergehebelt werden muss. Das war eine falsche Annahme!

Die Feder wird in Richtung der roten Pfeile geschoben, bis sie von der Haube abgleitet.

 


 

5     Schlussbemerkungen

Wie schon in einem früheren Beitrag über UKW - Tuner beschrieben, kann man die meisten Defekte durch systematische Suche identifizieren und unter Einhaltung der im UKW - Bereich geltenden Vorschriften hinsichtlich Komponentenwahl und Leiterlänge beseitigen.

Mit einer ganz anderen Situation ist man jedoch dann konfrontiert, wenn sich die Güte der verwendeten Bauteile verschlechtert hat, also die hochfrequenten Verluste im hier betroffenen Frequenzbereich um 100 MHz zugenommen haben. Dann hilft nur noch die Überprüfung jedes Bauteils mit Hilfe eines Gütemessgeräts entsprecheden Frequenzumfangs oder ein sukzessiver Austausch der potentiell geschädigten Komponenten. 

Interessant war für mich die Erfahrung, dass eine stark verbrauchte ECC85, im voliegenden Fall mit einer Emission von gerade noch 40 % des Nominalwertes, in einem UKW - Tuner immer noch gut funktionieren kann .- selbst dann, wenn durch Metallisierung des Inneren zwischen den Elektroden schon erhöhte Leckströme auftreten.

Offenbar hatten die Entwickler schon mit dem "Schlimmsten" gerechnet und durch geschickte Schaltungsauslegung dafür gesorgt, dass die UKW - Tuner auch bei zeitlich fortschreitender Verschlechterung der Bauteileigenschaften immer noch akzeptabel funktionierten.

Das bedeutete verständlicherweise nicht, dass man die einwandfreie Funktion eines Gerätes über längere Zeiträume auch dann noch garantieren konnte, wenn es einer "aggressiven" Atmosphäre wie z.B. den Küchedünsten eines Raucherhaushalts ausgesetzt war.

Zufällig hatte ich bei dem Flohmarktbesuch im September 2023 das Pech, genau so ein Gerät zu erwerben, dessen Reparatur mich dann unerwartet viel Zeit gekostet hat - aber die Fehlersuche stellte sich auch in diesem Fall als zeizvolle Detektivarbeit heraus.

 

Harald Giese

Danksagung

Dem Kollegen Gerald Lippert bin ich für die Überlassung des originalen UKW - Tuners zu großem Dank verpflichtet.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.