Jupiter 761 – ein Radio hat seine UKW wieder
Der folgende Bericht ergibt sich als Folge einer Reihe von Reparaturen an den letzten Philips-Röhren-Geräten der späteren 60er. Diese Geräte der „nordischen“ Gehäuseform sind als Vollstereo-Geräte mit Stereodecoder, zwei Eintakt- oder Gegentaktendstufen sowie zwei seitlich angebrachten Konus-Lautsprechern konzipiert, wobei auch reine Receiver dabei waren, die keine eingebauten Lautsprecher besitzen. Alle Geräte sind auf Platinen aufgebaut.
Aufbau auf Platinen: hier der HF-Teil, links UKW-Tuner, Mischteil, EAF801, EF184, ganz rechts Stereodecoder
Wie bei anderen Firmen findet man bei dieser Gerätegeneration ausgesprochene Standardfehler, da sich auch hier weite Teile des technischen Aufbaus gleichen. Mittlerweile habe ich einen Uranus Tonmeister 752, einen Saturn 851, mehrere Saturn 641 und den aktuellen Jupiter 761 zu reparieren versucht.
Bei fast allen Geräten krankte der UKW-Teil (davon hörte ich auch von anderen Sammlerfreunden) mitsamt den Anzeigeröhren sowie bei den Geräten mit ELL80-Röhren die Endstufe. Dies dürften bei diesen Geräten auch die hauptsächlich belasteten Teile sein. Der UKW-Teil war bei den meisten Geräten dabei gleich ganz ausgefallen, während AM lief. Die genannten Geräte sind im HF-Teil mit einer ECC85, der ECH81 sowie einer EAF801 und einer EF184 bestückt. Die Besonderheit besteht darin, dass die EF184 für UKW noch eine eigene Stufe vor der Demodulation und Weiterleitung an den Stereo-Decoder bildet, während die AM-Signale an der EAF801 Richtung NF-Stufe geleitet werden. Wenn also diese Stufe aus irgendeinem Grund nicht mehr arbeitet, bleibt UKW stumm. Die Fehler sind an der Röhre selbst oder deren Beschaltung zu suchen. In einem Fall war tatsächlich die Röhre selbst defekt, während der Hauptfehler in drei weiteren Fällen der hochohmige bzw. unterbrochene Schirmgitterwiderstand war.
Auch beim hier zu besprechenden Modell war der UKW-Teil „tot“, nur ein mittellautes Brummen war zu vernehmen. Zusätzlich saß der Skalenzeiger UKW schief und ließ sich nur hakelig bis schwer betätigen. Alle anderen Funktionen waren einwandfrei, die Spannungen stimmten soweit alle und waren brummfrei, der Klang und AM-Empfang war sehr gut. Kondensatoren waren wie meist bei diesen Geräten kein Problem.
Also war zunächst die letzte UKW-Stufe durchzumessen.
UKW-Demodulationsstufe, defekter Schirmgitterwiderstand 120k
Etwas Probleme bereitet dem Reparateur möglicherweise die Befassung mit den Platinen. Man muss die Bauteile von beiden Seiten lokalisieren, dazu hilft in der Regel der beim Modell vorhandene Plan des Layouts. Ansonsten bleibt die Betrachtung von unten eventuell ein längerer Blindflug. Auch ich hatte zunächst Probleme, den Schirmgitterwiderstand der EF184 zu finden, denn ich hatte am Schirmgitter nur ganze 13 Volt statt der geforderten 45 Volt gemessen, ferner lag die Anodenspannung bei 220V statt 130 V, ein Zeichen, dass die Röhre nicht korrekt arbeitete. Der Widerstand von 120 k fand sich schließlich direkt neben dem letzten Bandfilter.
Die Abdeckung dieses Filters lässt sich übrigens bequem abnehmen und wieder aufstecken, man kommt so auch leicht an den vorn sitzenden Ratioelko heran, der mit unter dem Gehäuse sitzt. Nach dem Auswechseln des Widerstandes kam nun aber gar keine Spannung mehr am Schirmgitter an, hier war zusätzlich noch ein Leiterbahn-Riss im Spiel, der überbrückt wurde.
von unten betrachtet: Lage EF184, des defekten Widerstandes und Leiterbahnrisses (Pfeil)
Überhaupt sind Platinenfehler bei diesen Geräten keine Seltenheit, dazu später mehr. Nun war immerhin schon ein lautes Rauschen über UKW zu hören. Die Betätigung des Variometers im Tuner brachte jedoch keinerlei Veränderung, ein Zeichen, dass weiter vorn im UKW-Tuner wohl noch ein Fehler vorlag. Die Einspeisung eines mit 1kHz modulierten ZF-Signals ergab dann auch, dass die ZF-Stufen alle korrekt arbeiteten. Nächster Schritt war die Überprüfung der ECC85 im Tuner, diese war in Ordnung, allerdings brachten Messungen an der Röhrenfassung an beiden Anodenkontakten (Pin 1 und 6) keine Spannung. Somit konnte auch nichts schwingen. Verdächtig waren wieder die Vorwiderstände, zumal am Tunereingang über 200V Spannung anlagen. Das hatte nun doch weitreichende Folgen, denn der Tuner musste zum Öffnen ausgebaut werden, dies erfordert u. a. das Lösen des Skalenseils.
Wegen des problembehafteten Skalenzeigers war es mir sowieso beschieden, das Skalenseil zu prüfen, allerdings heißt dies auch, das Chassis auszubauen. Und damit hat man eine Menge Arbeit, denn man muss einen Lautsprecher ausbauen, weil die Skalenscheibe sonst nicht nach hinten durch das Gehäuse zu bringen ist. Dabei kommt man an die vorderen Schrauben des Lautsprechers sehr schlecht heran. Ferner sind die Lautsprecherkabel abzulöten.
Vor dem Chassisausbau muss ein Lautsprecher raus, rechts: Hochtonkegel des Lautsprechers
Am ausgebauten Chassis lässt sich dann gut arbeiten, der Tuner ist mit vier Schrauben gesichert, Antennen- und zwei weitere Kabel müssen abgelötet werden. Das Gehäuse ist dann noch seitlich durch Kupferprofile verschlossen, die man aufschiebt.
ausgebauter und geöffneter Tuner
Im Tuner selbst sind die beiden Widerstände von 3,3k und 27k schnell zu erkennen und leicht zu wechseln.
beide Anodenwiderstände der ECC85 waren defekt
Beide Widerstände waren hier defekt! Tuner eingebaut und sofort lief das Radio auch ohne weiteren Abgleich auf UKW wieder mit tollem Stereo-Empfang. Nun galt es noch das Skalenseil wieder aufzuziehen. Wegen des Zeigers musste nun auch noch die Skalenscheibe abgebaut werden. Dabei zeigte sich, dass der FM-Zeiger unten am Seil einseitig angebrochen war, somit schief saß und schlecht lief. Er wurde gegen einen anderen ausgetauscht. Bei dieser Gelegenheit wurden alle Teile rund um den Tastensatz sowie die Skalenscheibe außen (!) gründlich mit Kunststoffreiniger gereinigt.
der angebrochene Skalenzeiger lief nicht rund
Die Radios dieser Baureihe arbeiten mit zwei Anzeigeröhren EM87, eine davon als Abstimmanzeige, die andere als Stereoindikator. Meist darf man beide tauschen, hier hatte ich Glück, denn die Abstimmanzeigeröhre war durch einen weiteren defekten Anodenwiderstand offenbar längere Zeit geschont worden. Routinemäßig wechselte ich auch die anderen Anodenwiderstände der Anzeigeröhren.
Zweimal EM87: links als Stereoindikator, rechts als Abstimmanzeige
Dann erfolgte der Einbau, beim Anschrauben des Lautsprechers gehe man mit Gefühl vor, die Lautsprecher sind bei vielen Geräten der 50/60er Jahre absichtlich nur locker festgeschraubt (gewisse Entkopplung vom Gehäuse)!
Das Gerät bekam noch etwas helle Politur auf das Holz und wurde mit voller Funktion wieder zum Schmuckstück!
Fertig!
Abschlussbemerkung
Abschließend sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die defekten Widerstände nahezu alle der Gattung mit den breiten Ringen und der leicht „speckig glänzenden“ Konsistenz angehören. Bereits in der NF-Vorstufe der SABA-Konstanz-18 Radios und deren Verwandten Meersburg 19/SRI-18/SRI-16 etc. waren diverse dieser Widerstände als Anodenwiderstände der ECC83 ausgefallen.
Konvolut defekter Widerstände gleicher Bauart
Bezüglich der Qualität des verwendeten Platinenaufbaus sei noch bemerkt, dass mir die Reparatur eines Uranus Tonmeister 752 seinerzeit unmöglich war, weil große Teile der Platine im Bereich der NF-Endstufe offensichtlich mit Übergangswiderständen leitend geworden waren, eine Korrektur des Aufbaus erschien mir dabei zu aufwändig. Schnell lösen sich auch Leiterbahnen ab, man löte daher schnell und umsichtig.
Nachtrag vom 25.01.09
Danke für die positiven Rückmeldungen zu diesem Beitrag, Boris Witke ergänzt diesen Bericht noch um zwei Punkte:
1. Treten beim Betrieb von Geräten dieser Baureihe laute mechanische Störgeräusche auf? Das Gerät führt Netztrafo und Übertrager in Schnittbandkern-Technik. Die beiden Kernhälften dieser an sich sehr hochwertigen Technik (wenig Streufeld) werden mittels Spannband und Schraube zusammen gehalten. Diese können sich nach und nach gelockert haben. Ein Nachziehen der Spannbänder beseitigt diesen Effekt.
2. Man beachte unbedingt den Stereodecoder! Dieser befindet sich auf einer voll transistorisierten Steckplatine innerhalb eines Alubechers. Auf der Lötseite dieser Platine ist eine Schaumgummimatte eingebracht. Diese verfällt u. U. in Laufe der Zeit in eine klebrige Masse, die obendrein Säure abspaltet und Platine und Lötstellen zerfrisst. Die Schaumstoffreste sollten daher bei Bedarf oder auch routinemäßig entfernt und die Platine mit Spiritus oder Benzin gereinigt werden.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.