blaupunkt: Radio spielt voll aufgedreht in Flüsterton-Lautstärke
? blaupunkt: Radio spielt voll aufgedreht in Flüsterton-Lautstärke
Hallo zusammen,
mein Derby 670 spielt sehr leise. Der Tipp mit dem ElKo C958 hat bei mir leider keinen Erfolg gebracht. Auch habe ich nahezu alle Elkos ab dem Lautstärkeregler erneuert, da die alten optisch unschön aussahen. Der Abschlussdeckel kam bei mehreren Elkos aus dem Gehäuse, manche hatten verschwommene Aufschriften, als sei Feuchtigkeit dran gekommen. Die Dinger sind jetzt über 50 Jahre alt. Da war mir die pauschale Tauschaktion durchaus recht. Hat alles kein Ergebnis gebracht. Mit meinem Hameg Bauteiltester die Halbleiter gecheckt. Sehen in Ordnung aus. Also nachfolgende Messungen durchgeführt:
Die Spannung an den Elkos 972 und 978 (Glättungs-Elkos bei der Stromversorgung) beträgt 8,24 V, sowohl beim defekten Teileträger, wie auch beim UKW-funktionstüchtigen „Museumsradio“. Die Eingangsspannung kommt vom Labornetzgerät und beträgt genau 9,0 V.
Ich habe dann die Transistoren V906 (AC151, dem Lautstärkeregler nachgeschaltet) und V907 (BC108) gemessen (Minus-Eingang Messgerät auf +12V Versorgungsspannung angeklemmt, Pluspol mit Messspitze an das Messobjekt). Hier die Messwerte:
Defekter Ersatzteilspender: V906/AC151: Emitter: -1,25 V / Basis: -1,35 V / Kollektor: -8,33 V
Funktionstüchtiges Gerät: V906/AC151: Emitter: -1,40 V / Basis: -1,50 V / Kollektor: -8,40 V
Defekter Ersatzteilspender: V907/BC108: Emitter: -8,99 V / Basis: -8,33 V / Kollektor: -0,79 V
Funktionstüchtiges Gerät: V907/BC108: Emitter: -8,96 V / Basis: -8,40 V / Kollektor: -1,02 V
Zwei Werte fallen auf: AC151 Emitterspannungen und BC108 Kollektorspannungen weichen deutlich ab. Was schließen Sie daraus, wo liegt der Fehler? Wer kann und möchte helfen mit einer zündenden Idee?
Besten Dank für Ihre Mühe!
Viele Grüße
Klaus Pahr
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blaupunkt: Radio spielt voll aufgedreht in Flüsterton-Lautstärke
Im Prinzip sind die gemessenen Spannungen an den beiden Transistoren (AC151 und BC108) okay - also im Toleranzbereich.
Prinzipiell gilt:
Die Basis-Emitterspannungen einer Stufe im Analogbetrieb sind Dioden-Schleusenspannungen in Durchlassrichtung - also abhängig von Technologie und Kollektorstrom.
Bei pnp-Ge-Transistoren (AC151) beträgt diese Spannung ca. 0,1V - 0,3V. Die Basis-Spannung muss immer negativer sein als der Emitter.
Bei npn-Si-Transistoren (BC108) beträgt diese Spannung ca 0,55V - 0,75V. Die Basis-Spannung muss immer positiver sein als der Emitter.
Einen Transistor-Funktions-Schnelltest können Sie im (eingebauten Zustand) derart durchführen, dass Sie Basis und Emitter kurzschließen. Dann muss im linearen Betrieb die Kollektor-Spannung ansteigen.
Ich denke, Sie sollten erst mal wirklich die defekte Stufe belastbar einkreisen.
Dazu sollten Sie - auch für weitere Projekte - Ihre Fehlersuchmethode erweitern.
Ich habe einen Vorschlag:
Eine ganzheitliche Methode zu Fehlereinkreisung:
Fehlersuche durch Signalverfolgung und/oder Signalzuführung. Ziel dieser Methode ist, die defekte Stufe einzukreisen und dann gezielt diese Stufe mit Ihren möglichen Mitteln genau zu untersuchen. Voraussetzung ist, dass die Stromversorgung des Gerätes geprüft und in Ordnung ist.
Zu dieser Methode gibt es reichlich (meist ältere) Literatur, die in antiquarischen Buchhandlungen aber auch im Netz bei Ebay&Co noch erhältlich ist.
Eine Kurzbeschreibung dieser Methode von Eike Grund finden Sie hier.
Für diese Methode benötigen Sie allerdings ein Gerät, einen sogenannten Signalverfolger. Dies ist im Prinzip ein NF-Verstärker mit einem sehr großen Verstärkungsfaktor - ca. 60dB = 1000fach. Ein aktiver PC-Lautsprecher reicht hier nicht aus! Mit diesem Gerät können Sie Fehler im NF-Verstärker durch Abtasten von Eingang (z.B. Basis einer Transistorstufe) und Ausgang (Kollektor) akustisch auf seine Verstärkungeigenschaft testen. Voraussetzung ist natürlich, dass das HF-Teil in Ordnung ist und ihnen ein Testsignal (Sender oder Rauschen) liefert. Das scheint bei Ihnen ja gegeben zu sein!
Sie können aber mit dem Signalverfolger auch HF-Stufen - insbesondere ZF-Stufen, auch im UKW-Betrieb (Flankengleichrichter) - prüfen, dazu ist als Reserve oft die 60dB-Verstärkung erforderlich. Zu diesem Zweck wird dem Eingang des Signalverfolgers ein einfacher GE-Dioden-Demodulator vorgeschaltet. Oft ist dieser in einem Tastkopf eingebaut, und man kann mit einem Schalter zwischen HF und NF umschalten.
Signalverfolger gibt es im Netz bei Ebay&Co immer wieder. Bei Kauf sollte man aber darauf achten, dass der zugehörige Tastkopf dabei ist.
Signalverfolger kann man aber auch mit etwas Geschick selbst bauen:
Eine weitere Methode ist die Signalzuführung, falls das Gerät "stumm" ist. Dies ist in der Regel ein ca. 1kHz-Rechteckgenerator, mit dem man auf Grund seiner Oberwellen auch HF-Stufen untersuchen kann.
Als Beispiel ein Gerät, das sowohl Signalverfolgung, einen internen HF-Demodulator, als auch einen Rechteckgenerator an Bord hat. Dies finden Sie hier.
Ich vermute den Fehler in Ihrem Derby im NF-Verstärker. Diesen können Sie auch schon mit einem aktiven PC-Lautsprecher oder einem Tonabnehmer-Verstärker eines bliebigen Radios untersuchen, indem Sie ab Lautstärkepoti den NF-Signal-Weg in seinen Verstärkungseigenschaften untersuchen.
Sobald Sie zu geringe Verstärkung einer Stufe vermuten, können Sie das in Ihrem Fall einfach mit dem Signalverfolger durch Vergleich mit Ihrem "funktionierenden Gerät" verifizieren. Erst dann macht eine genauere Untersuchung dieser Stufe Sinn - einschließlich Spannungmessungen und Bauteletests.
Viel Erfolg!
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blaupunkt: Radio spielt voll aufgedreht in Flüsterton-Lautstärke
Hallo Herr Neuhaus,
besten Dank für Ihre Mühe und die umfangreichen Tipps. Auf die Signalverfolgung hätte ich eigentlich auch kommen können, zumal ich ja einen Eico Signal Tracer 147A mein Eigen nennen kann. Der ist mir mal so zugeflogen. Bisher habe ich mich noch nicht damit beschäftigt. Das Radio bietet den besten Grund dafür. Werde aber frühestens am Wochenende dazu kommen.
Zu gegebener Zeit werde ich von meinen Erfahrungen berichten.
Gute und gesunde Zeit an alle!
Viele Grüße
Klaus Pahr
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blaupunkt: Radio spielt wieder fehlerfrei
Hallo Herr Neuhaus, verehrte Sammlergemeinde,
das Radio spielt wieder laut, so wie es soll. Ursache hierfür war der defekte Elko C959. Elko getauscht und schon ist wieder alles gut. Danke Ihnen nochmals für Ihren Rat mit der Signalverfolgung.
Ich bin wie folgt vorgegangen: Mit meinem Signalgenerator habe ich einen 1-kHz-Rechteck eingestellt. Diesen habe ich über den Phono-Eingang eingespeist. Da kam das Signal laut, wenn ich über Pin1 reingegangen bin und leise bei Pin 5. So ist mir der C959 aufgefallen. Den hatte ich bis dato nicht vorsorglich gewechselt.
Anbei drei Fotos. Dem Elko sieht man es optisch nicht an, dass er nicht mehr gut ist. Die Messwerte mit meinem Hameg-Baueiltester bestätigen dies jedoch. Außerdem gibt der Erfolg Recht.
Allen Lesern weiterhin viel Freude mit unseren geliebten Schätzchen.
Viele Grüße
Klaus Pahr
Anlagen:- Defekter Elko C959 (235 KB)
- Elko_C959_defekt (156 KB)
- Elko_C959_gut (238 KB)
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