Rundfunksender Reichenbach ( Oberlausitz)
Rundfunksender Reichenbach ( Oberlausitz)
Die endgültige Abschaltung des Mittelwellensenders Reichenbach,
aktuelle Frequenz 1188 KHz = 253 m, erfolgte am 06.05.2013 gegen 10,00 Uhr.
Ein paar Stunden arbeitete der Sender noch ohne Modulation, bis sicherlich dann ein sachkundiger Kollege kam und den Strom abschaltete.
So wurden auch noch so kleine Hoffnungen der regionalen Mittelwellenfans zerstört.
Der Sendestandort wurde am 2.Mai 1937 in Probebetrieb genommen, ab 8.Juli 1937 dann der offizielle Betrieb.
Arbeiten auf dem 100 m hohem Holzmast: ein Ingenieur der Firma Telefunken im Vordergrund, dahinter links: Sendermitarbeiter Helmut Paul und rechts: Alfred Jeschke
Blick in den Sendersaal der 30iger Jahre, Telefunkensender
Der Sendemast ist 100 m hoch , als Baumaterial wurde Nadelholz verwendet. Oben ist ein achteckiger Ring aus Bronzematerial mit einem Durchmesser von 11 m. Das Antennenkabel wurde senkrecht vom Fuß bis zur Antennenspitze geführt.
Der Telefunkensender leistete 5 KW und die erste Sendefrequenz war 1231 KHz.Der Sender galt damals als technisch und baulich modernster Sender des Deutschen Reiches.
Der Sender war ein beliebtes Fotomotiv und ist auch auf einigen Postkarten zu sehen. Einen großen Zaun, Sicherheitsbereiche usw kann man zumindestens auf diesen Fotos nicht erkennen.
Der Sender in Reichenbach strahlte das Mittelwellenprogramm als Sender Görlitz ab
( Aussenstelle des Senders Breslau ). Im Görlitzer Ständehaus, Görlitz, Promenade Nr.15 befand sich das Regionalstudio Görlitz. Die Sendefrequenz war eine Gleichwelle des Senders Breslau.
Als im Oktober 1938 das Sudetenland "angeschlossen" wurde, kam zum Sender Breslau auch der Sender Troppau (Opava). Dem Redaktionsteam des Görlitzer Senders hatte man kurzfristig die Produktion von Sendungen "völkischer Propaganda" für das Sudetenland befohlen. Mit dem Sender Reichenbach war das Gebiet bis hinter Reichenberg ( Liberec), die spätere "Hauptstadt" des Sudetengaues, gut zu erreichen.
Dieses Zeitdokument fand ich im Museum in Reichenbach.Für die Möglichkeit einer Fotokopie bedanke ich mich.
Bis zur Gleichschaltung des Rundfunks zum "Großdeutschen Rundfunk" am 9. Juli 1940 wurden hier regionale Sendungen produziert.
Die Übertragungen des Großdeutschen Rundfunks erfolgten bis Ende April 1945.
Ende Januar 1945 verlegte man die Redaktion Hals über Kopf wegen drohenden Fliegerangriffen in Görlitz in das sogenannte Lehrerseminargebäude in Reichenbach, wo die Mitarbeiter bis zur Einstellung der Sendungen tätig waren.
Foto: Herr Steinmann aus Reichenbach /Ol. Vielen Dank.
Der Sender Reichenbach war einer der letzten funktionierenden des Großdeutschen Rundfunks.
( neben Flensburg 9.Mai 1945 und dem Reichssender Böhmen
Er überträgt die letzte große Rede von Goebbels aus der Stadthalle in Görlitz am 9.März 1945.
Der letzte Sendeleiter im 3. Reich war Herr Tzschoppe.
Von der Wehrmacht, wurde der Sendeturm am 7.Mai ca 21,00 Uhr gesprengt. Die sowjetischen Truppen hatten bereits den Ort Reichenbach erreicht. Die Studioanlagen wurden nicht vernichtet. Diese fielen dann sowjetischen Truppen unversehrt in die Hände.
Im März 1946 wurde diese Technik auf Befehl der sowjetischen Militäradministration demontiert und nach Berlin Tempelhof verschickt. Mit diesen Teilen wurde der Landessender Potsdam des Berliner Rundfunks in Betrieb genommen.
Im Jahre 1950 nahm wieder ein kleiner Sender mit 500 Watt Leistung in Reichenbach seinen Betrieb auf. Er übertrug die Sendungen des neu gegründeten Mitteldeutschen Rundfunks.
Ab 22.03.1953 strahlte man Sendungen in Sorbischer Sprache aus. Das Sorbische Studio mit Sitz in Görlitz unter Leitung von Klaus Hemmo produzierte zunächst wöchentlich 70 min Sendungen in Obersorbisch und im Jahre 1954 kamen dann weitere 20 min Sendezeit in Niedersorbisch dazu.
In diesem Gebäude produzierte man die sorbisch sprachigen Sendungen in Görlitz, Heinzelstraße 4
Auf der rechten Seite, wo die hohen Fenster zu sehen sind, war das Studio eingerichtet. Immerhin beträgt im Innern die Raumhöhe 7 m. Dank einer privaten Initiative wurde das Gebäude und das Grundstück bestens vorgerichtet. Technische Gegenstände oder Dokumente aus dieser Studiozeit sind leider nicht mehr vorhanden.
Der Sender war auf 912 KHz zu hören. Leider habe ich aus dieser Zeit und auch bis zum Ende der DDR keine Fotos von dem Sender gefunden.
Es war gut abgeriegeltes militärisches Sperrgebiet mit aussen Stacheldrahtzaun und einem inneren Zaun. Fotografieren war verboten.
Das Foto ist bereits der neue Sendemast, dazu später, aber im Vordergrund sieht man den Stacheldrahtzaun "Made in DDR" die Beleuchtung des gesamten Geländes, da kamen sicher zu den 5 KW Sender nochmal soviel Strom für die Sicherheit dazu.
In den 50iger Jahren wurden 2 Stark´sche Sender á 3,2KW eingebaut, der eine übertrug das Programm des Berliner Rundfunks, der andere soll ( bislang noch offiziell nicht bestätigt) den RIAS Berlin auf 989 KHz gestört haben.
Gut dokumentiert waren jedoch die Programme. Mit der Gründung von Radio DDR ,kommt, in dem Sinne, der zentrale Sender, der den Mitteldeutschen Rundfunk ablöst.
Die Übertragung des Programmes Berliner Rundfunk erfolgt fortan über den Sender Reichenbach auf Mittelwelle 912 KHz, später 657 KHz und dann 1170 KHz. So bleibt es bis zum Ende der DDR. Ab Juli 1990 überträgt vorübergehend Sachsenradio seine Sendungen auch über Reichenbach.
Ab 1.1.1992 übernimmt der wieder gegründete Mitteldeutsche Rundfunk die Sendeanlagen in Reichenbach. Ausgestrahlt wird MDR Info.
Durch die günstigen Ausstrahlungbedingungen ist der Sender auch noch weit in Polen und der tschechischen Republik zu empfangen. Davon profitieren die deutschsprachigen Einwohner in Westpolen und Nordböhmen sowie Reisende, die den MDR schon lange vor Grenzübertritt im Autoradio empfangen können.
1999 wird der selbst strahlende Sendemast mit Dachkapazität erneuert, die neue Frequenz ist seitdem 1188 KHz.
Unten im Bild ist der Sendecontainer zu sehen.
Die Einspeisung erfolgt über SAT.
Die restlichen Bauwerke, ursprünglich genutzt von Reichspost, Deutsche Post und später Telekom, haben ihre Bedeutung gänzlich verloren.
altes Sendergebäude in Reichenbach
Straßenansicht
Historischer Blick ( vergleiche Farbbild von 1937 ), Dank Post und Telekom blieben die Bauwerke bis auf die Dacheindeckung unverändert. Da das Ensemble nicht unter Denkmalschutz steht, werden wohl diese Anblicke bald Geschichte sein.
Der Mittelwellensender Reichenbach mit seinen 3 KW Leistung und vollautomatisiertem Betrieb ist ein ( so MDR Info) erheblicher Kostenfaktor und wird deshalb zum 30.04.2013 eingestellt.
Die Reichweite dieses Kleinsenders beträgt je nach Strahlrichtung am Tage 70 ...80 Km, wo er noch sicher und gut zu empfangen ist. Das ist in der Tat sehr erstaunlich.
Inzwischen ist DAB+ installiert auf dem Fernsehturm in Löbau. Zunächst sendet man mit 8 KW für die noch wenigen Hörer.
Der Löbauer Sender auf dem Schafberg.
Zum Schluß meine Bitte: wer noch Fotos oder Informationen zum Sender Reichenbach aus den Jahren 1950 bis 1999 besitzt, soll sich bitte melden. Dann könnten wir diese Zeit noch ergänzen.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.
Das Ende des Mittelwellensenders Reichenbach O.L.
Anlässlich der Grundsteinlegung 1937 gab die Deutsche Reichspost einen Sonderstempel heraus: Foto Herr Steinmann , Reichenbach
Der Sender war natürlich damals für viele auch ein schönes Objekt zur künstlerischen Betätigung.
Am 22.07.2013 cirka 16,00 Uhr sieht man den Mast noch idyllisch in der Landschaft stehen
Das ehemalige Betriebs- und Verwaltungsgebäude der Reichspost aus dem Jahre 1937 , am heutigen 22.07.2013 um cirka 16.00 Uhr etwa 28 Grad plus, Sonnenschein, ruhiges Wetter...
Noch zögern Besucher, die Anlage zu betreten
Die Abruchfirma nimmt jedoch nun unerschrocken Ihre Arbeit auf.
Um 16,15 Uhr zuckt der Mast
Kurz danach geht er in die Schräge
Wenige Sekunden später neigt er sich!
Und hier noch ein Video des Rückbaus, dankenswerter Weise aufgenommen von Herrn Steinmann vom Heimatverein Reichenbach, Oberlausitz:
Video Herr Steinmann, Reichenbach
Der Mast liegt am Boden, danke Herrn Steinmann vom Heimatverein Reichenbach für das Foto!
Die Verspannung des Mastes wurde von der Abrissfirma an mehreren Stellen gelöst, so das er kippte
Nochmal ein Blick auf die liquidierte Sendetechnik
Wir blicken noch einmal auf ein altes Fundament, dies trug den Holzturm im Jahre 1937
Ein Wahrzeichen von Reichenbach O.L. ist verschwunden, wir schreiben den 22.Juli 2013 cirka 16,40 Uhr.
Die Geschichte des Mittelwellenrundfunksenders Reichenbach ist damit ( leider ) endgültig besiegelt.
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Beitrag wurde durch Herrn Lill erweitert
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Reichenbach O.L. renaturiert sich
Der Mittelwellensender Reichenbach wurde am .6.05.2014 abgeschaltet.
Am 22.07.2013 wurden der Sendemast und die technischen Sendeanlagen abgebaut.
Wie sieht es nun ein Jahr danach dort aus ? Ich konnte am 10.08.2014 , wieder an einem schönen Sommertag, einige Aufnahmen machen, welche ich Interessenten nicht vorenthalten will:
Die alte Einfriedung mit Stacheldrahtzaun und den typischen Lampen ist noch vorhanden.
Mystisch ist der Anblick des ehemaligen Sendesaales
Erste Zerstörungen könnten der Anfang vom Ende sein
Ein Blick in die Zufahrt. Keine Problem das Tor zu öffnen und hineinzugehen, was sicher "Interessenten schon taten..
Der beste Anblick bietet sich von Südosten..aber es ist sicher nur ein Frage der Zeit, bis alles in sich zusammenstürzt... schade, das sich niemand für diese historisch interessante Anlage interessiert.
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Mittelwellensender Reichenbach
Ein Foto von dem zuvor vorhandenem Sendemast suchte ich noch. Jetzt hat der Ortschronist Herr Steinmann von Reichenbach /Oberlausitz doch noch ein Bild in seinen Unterlagen gefunden, das er dem Radiomuseum zur Verfügung stellt. Das ist der Sendemast, der in der DDR errichtet und 1999 ersetzt wurde.
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Mittelwellensender Reichenbach
noch eine Korrektur zum Sender Reichenbach, die mir freundlicherweise ein sehr aufmerksamer Leser übermittelte:
Der Sender arbeitete von Anfang an auf Gleichwelle mit dem Sender Gleiwitz auf 243,7 m .
Im sogenannten "Verwirrungsgebiet" , in dem sich reichenweitenbedingt beide Gleichwellen überschneiden, wurde der Empfang des Senders Breslau garantiert.
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