saba: Phönix aus der Asche - Saba 452WK (452 WK)
ID: 163761
Dieser Artikel betrifft das Modell: S-452WK 452WK (SABA; Villingen)
saba: Phönix aus der Asche - Saba 452WK (452 WK)
08.May.08 17:30
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Phönix aus der Asche - Saba 452WK
vorher - nachher
Dieses Gerät stammt aus einer Auktion und ging für moderate 35 EUR in meinen Besitz über. Was sich auf den Bildern im Auktionshaus nicht so deutlich zeigte: Das Gerät war ekelhaft verdreckt, eine unheilvolle Mischung aus Teer, Staub und Fett hatte sich innen und außen über die Oberflächen gelegt. Die weitere Bestandsaufnahme erbrachte einen ausgetauschten Netztrafo ohne die Anzapfungen des Originales für verschiedene Spannungen bei der Primärwicklung und nur 2 statt 3 Heizungswicklungen.
Auch der Lautsprecher mit dem Übertrager entspricht in Größe und Daten nicht dem Original. Die Erregerwicklung hatte 3000 statt 2000 Ohm. Die "Wimabonbons" zur Entstörung an der Sekundärwicklung und ihr Zustand lassen vermuten, dass das Gerät einige Jahrzehnte nicht mehr funktioniert haben konnte.
hier droht Gefahr, unbedingt still legen!
Das Gehäuse war zwar in einem schlechten Zustand, allerdings ohne irreparable Schäden. An eine probeweise Inbetriebnahme war in diesem Zustand nicht zu denken. Normalerweise ein klarer Fall zum Ausschlachten der mechanischen Teile und vielleicht der Widerstände und Bandfilter.
überall ekelhafter, schmieriger Staub
Restauration
Ich entschloss mich dennoch zur Restauration. Ich riskierte nicht viel, es gab eigentlich nichts zum Kaputtbasteln. Ich begann also nach einer ausführlichen Grundreinigung die ersten Papierkondensatoren auszutauschen. Dabei überprüfte ich gleich die Widerstände und wurde bei zwei äußerlich einwandfreien Drahtwiderständen mit Unterbrechung fündig.Ich machte sehr viele Fotos aus verschiedenen Blickwinkeln, um später eine Chance zu haben, alles wieder richtig zu verbinden. Allmählich leerte sich das Chassis von immer mehr Bauteilen. Zu allem Überfluss entdeckte ich auch noch, dass eine Kontaktzunge am Wellenbereichsschalter abgebrochen war. Ohne Ausbau des mittleren Bandfilters war da nicht ranzukommen. Als das Chassis nun ziemlich leergeräumt war, legte ich jeweils Teile davon für mehrere Stunden so in ein Bad von Zitronensäure, dass keine elektronischen Bauteile benetzt wurden. Es gelang so, es weitgehend von Rost und Dreck zu befreien. Die restlichen Stellen wurden mit Kunststoff-Schleifffließ und einer Dremelmaschine vom Rost befreit. Anschließend wurde es abgeklebt und mit silberfarbenem Felgenspray lackiert.
Reparatur einer Kontaktzunge
Die Kontaktzunge ließ sich nicht reparieren, ich benutze daher nun einen danebenliegenden, noch freien Kontakt. Dieser stimmte allerdings in der Schaltfolge nicht mit dem ursprünglichen überein. Also wurde die Nockenwelle an dieser Stelle mit Epoxydharz aufgebaut und eine passende Nocke mit Schlüsselfeilen zurechtgefeilt. Dies funktionierte überraschend gut.Kondensatoren
Die Kondensatoren bestehen aus einem Wickel in einem Glas- oder Papierröhrchen und lassen sich nach Erwärmung mit einem Heißluftföhn gut herausziehen. Die neuen Kondensatoren kommen hinein und die Öffnungen habe ich mit schwarzem Hartwachs verschlossen. Dieses lässt sich optisch vom originalen Teer nicht unterscheiden, klebt aber nicht so unangenehm wie Teer oder Silikon. Es lässt sich mit einem auf 150°C geheizten Lötkolben bequem in die seitlichen Öffnungen träufeln und erkaltet innerhalb einer Minute ausreichend und ist dann sofort fest.Die alten Papierkondensatoren hatten wie erwartet Isolationswiderstände von wenigen MOhm und mäßig erhöhte Kapazitätswerte(mit Messbrücke gemessen, um keine Verfälschung durch den niedrigen Widerstand zu haben) Ich habe daher alle getauscht, auch wenn der ein oder andere an spannungsloser Stelle vielleicht noch seine Aufgabe einigermaßen erfüllt hätte.
(Wieder-)Aufbau
Der Aufbau der elektrischen Schaltung geschah nun in der klassischen Reihenfolge: Zuerst das Netzteil, wobei Schritt für Schritt geprüft wurde, ob die bisherige Schaltung fehlerfrei erfolgt war. Die Wahrscheinlichkeit, dass man einmal einen Draht oder ein Bauteil falsch einbaut, ist bei einer solchen weitgehenden Demontage der Bauteile doch recht hoch. Es wird hier im Forum nicht zu Unrecht immer wieder gewarnt, bei Reparaturen mal eben alle üblichen Verdächtigen zu tauschen. Die fehlende 3. Wicklung für die Heizung der HF-Röhren wurde von mir nachträglich auf den Trafo aufgewickelt, was bei 23 Windungen kein großes Problem war. Ich konnte so die ursprüngliche Schaltung rekonstruieren.Netzteil
Das Netzteil funktionierte auf Anhieb wie erwartet mit noch zu hoher Spannung auf der Sekundärseite, da die Belastung durch die Röhren noch fehlte. Um die Netzteilelkos nicht zu gefährden, wurde die Primärspannung dabei durch einen Regel-Trenntrafo auf zunächst 150V begrenzt. Nun ging es an die Endstufe, dabei wurden auch die anderen Röhren eingesteckt. Als beim vorsichtigen Hochfahren nichts rauchte, wurden rasch die Spannungen am Widerstandsteiler überprüft. Diese waren gleichmäßig zu niedrig. Eine Überprüfung des Widerstandes der als Drossel funktionierenden Erregerwicklung des Lautsprechers ergab hier einen zu hohen Widerstand. Dies läst sich aus der angegebenen Spannungsdifferenz und dem angegebenen Gesamtstrom leicht errechnen. Als Abhilfe wurde der erforderliche Parallelwiderstand zu dieser Wicklung berechnet (6,7kOhm) und am Lautsprecher angelötet. Anschließend stimmten Spannungswerte und Ströme zu den Röhren erfreulich gut. Eine Überprüfung des TA-Einganges lockte die ersten unverzerrten Töne aus dem Gerät.Die ZF-Filter
Nun kam der ZF-Teil an die Reihe. Ich setzte am Gitter der AF3 an (Kappe abziehen) und überprüfte mit einem Messsender (Grundig AS2), bei welcher Frequenz das letzte Filter seinen Durchlass hatte. Es waren enttäuschende 780kHz und nicht die erforderlichen 485kHz. Als Ursache kam als erstes der Glimmerkondensator von 220 pF des Kreises in Frage, der dann tatsächlich auch nur noch 130pF hatte. Dieser wurde durch einen Mica mit 220 pF ersetzt. Anschließend konnte ich 478 kHz messen, Bingo. Ich versuchte noch, die Spule nachzustimmen, was mir leider nicht gelang. Der Kern besteht aus einer Eisenpulver/Kunststoffmischung und ist mit Wachs verklebt. Vorsichtiges Erwärmen mit einem Föhn brachte keinen Erfolg, ich hatte schließlich Bedenken, hier mehr zu zerstören als Gutes zu tun und beließ es dabei.Als nächstes den Messsender an das Gitter 4 der AK2, um das erste ZF-Filter zu testen. Hier ging gar nichts durch - große Enttäuschung. Dieses Filter steckt in einem Alurohr unter dem Chassis und war von mir bisher nicht ausgebaut worden. Der Ausbau war dann letztlich nicht so schwierig, wie befürchtet. Auch hier waren die Glimmerkondensatoren in runder Bauform von Hescho mit 220pF die Übeltäter, die zwischen 0pF und 120pF Restkapazität hatten. Auch diese wurden gegen ausgemessene Micas ausgetauscht. Nach dem Einbau funktionierte auch diese Filter wieder, ich konnte es ebenfalls auf 478kHz abstimmen. Auch die Bandbreite des Filters lässt sich nun wieder einwandfrei verstellen.
durch Oxidation der Beläge an den Anschlussstellen und den Rissen in der Vergussmasse verlieren diese Glimmerkondensatoren ihre Kapazität bis zur völligen Unterbrechung!
Oszillator und Vorkreise
Als letztes kam HF an den Antenneneingang. Die Mittelwelle funktionierte auf Anhieb, Lang- und Kurzwelle brach im langwelligen Bereich in der Empfindlichkeit ein. Beim Überprüfen der Schaltung fand ich schließlich zwei beim Zusammenbau vertauschte Drähte als Ursache heraus. Die um 7 kHz verminderte ZF erweist sich als kein großes Problem, der Skalenzeiger wurde im Mittelwellenbereich einfach entsprechend verschoben. Die Übereinstimmung der Skala mit den Frequenzen erwies sich als so gut, dass ein Abgleichen von Oszillator und Vorfilter unnötig war. Um hier nicht mehr Schaden als Nutzen anzurichten, verzichte ich auch hier auf einen Abgleich. Das Gerät funktioniert nun wieder in allen Bereichen, die Trennschärfe kann ich dank des einstellbaren ZF-Bandfilters als sehr gut bezeichnen.Der Skalenzeiger aus rotem Kunststoff erwies sich als extrem brüchig. Ich habe perfekten Ersatz in Form eines Ausblasröhrchens eines Kontaktsprays gefunden.
Fazit
Ich hatte anfangs nicht unbedingt erwartet, erfolgreich zu sein, zumal ich keine berufliche Erfahrung mit der Rundfunk-Technik habe. Die ganze Prozedur erforderte jedoch, alle Details der Schaltung zu verstehen und zuzuordnen. Ich habe dabei eine ganze Menge gelernt.Saba versieht seine Schaltpläne aus dieser Zeit leider mit Bauteilnummern, die Kondensatoren darüber hinaus mit davon abweichenden Teilenummern, anstatt die Werte anzugeben. Um eine bessere Zuordnung der Schaltung und des Chassis zu ermöglichen, habe ich mir die Mühe gemacht, Werte und Teilenummern in den Schaltplan einzutragen. Diese Version habe ich beim Modell hochgeladen und damit für alle nutzbar gemacht, die sich mit dem Modell befassen.
Das Gehäuse war zwischenzeitlich auch renoviert worden und strahlt in alter Schönheit (nun ja, das ist natürlich Geschmackssache) und Frische. Der Aufwand der Reparatur war in diesem Fall nur gerechtfertigt, wenn man den Weg als Ziel sieht und Spaß daran hat, auch langwierige Projekte zu Ende zu bringen..
Belohnt wurde ich mit einem gut aussehenden Gerät, welches funktioniert und doch noch einen großen Teil seines originalen Aussehens behalten hat.
Wer einen passenden Trafo oder einen originalen Lautsprecher übrig hat, kann ihn mir gerne anbieten. Vielleicht gewinnt das Gerät so noch ein bisschen mehr an Originalität zurück
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.