Schwerin Fernsehen und Rundfunk- Geschichten

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Schwerin Fernsehen und Rundfunk- Geschichten 
14.Jun.25 13:24
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Es ist schwierig, über die vielen Jahre seit 1945 bis heute alles komplex darzustellen. 

Womit anfangen ? 

Der Landessender Schwerin konnte am 24.12.1945 ab 17,00 Uhr erstmalig ein einstündiges Programm senden. Der kleine Sender befand sich im Gebäude der Oberpostdirektion in Schwerin. Ab 25.12.1945 wurde dann 2 x täglich um 12,30 Uhr bis 13,00 Uhr und von 17,30 Uhr bis 18,00 Uhr gesendet.

Ab 4.Januar 1946 wurden diese Programme über den Berliner Rundfunk mit 20 kW abgestrahlt.

Mitte 1946 war bereits ein Zweifamilienhaus in Schwerin,  Schillerstraße 4/6 zu einem Funkhaus umgebaut worden . Von dort begann die Studiotätigkeit ab 11.August 1946. 

Das Regionalprogramm wurde in der Folgezeit ausgebaut. 

Inzwischen tauchten in der Programmzeitung "Rundfunk" eine Senderbezeichnung Sender Schwerin auf.

Tatsächlich wurde der Sender 1953 jedoch in Wöbbelin aufgebaut. Dieser Standort befindet sich ca 30 Km südlich von Schwerin.

Foto Museumsstiftung Post und Telekommunikation / Museum für Kommunikation Berlin

250 KW MW-Sender Wöbbelin Foto E. Jauch

Die Sendeanlage mit den 2x 120 m hohen  Masten entstand 1953 aus einem demontierten 250 m    hohen Sendemast, dessen Teile von Königswusterhausen zu diesem Standort umgesetzt wurden. 

Das Programm wurde von hier nunmehr mit der damaligen Programmbezeichnung "Berlin 3"  und einer Sendeleistung von 250 kW auf der Mittelwelle 728 kHz gesendet. Nach Inkrafttreten des Genfer Wellenplanes wurde die Frequenz 1978  auf 576 kHz abgeändert. Probleme gab es fortan mit dem Sender  Mühlacker der das Programm vom Süddeutschen Rundfunk sendete. Häufig gab es massive Interferenzen in den Abend- und Nachtstunden. 

Foto Museumsstiftung Post und Telekommunikation / Museum für Kommunikation Berlin

Blick im Treppenhaus auf den Spruch, welcher die Techniker motivieren sollte, ihre Arbeit noch besser zu erledigen.

Foto Museumsstiftung Post und Telekommunikation / Museum für Kommunikation Berlin

Blick auf den Antennenträger

Ein 20 kW- Mittelwellensender nimmt am 18.März 1960 auf der Frequenz 529 kHz seinen Betrieb auf und überträgt fortan das Programm von Radio DDR und das Regionalprogramm aus Schwerin.

Der 250 kW-Großsender auf nun 728 khz sendete nun das Programm vom Deutschlandsender.

Ab 1963 wurde eine Dreieckflächenantenne aufgebaut und auf 999 kHz mit 20 kW der Berliner Rundfunk gesendet. 

Mit dem 250 kW Sender konnte man mit der Tageswelle auch den Großraum Hamburg erreichen. Auf solche gesamtdeutsche Informationsleistungen war die DDR -Regierung richtig stolz.

Auch im Jahre 1990 bis zum Beitritt der DDR zur BRD am 2./3.Oktober 1990 blieben die Mittelwellensender von Radio DDR1 auf 576 kHz und die des Berliner Rundfunks auf 999 kHz in Betrieb. Die 576 kHz Übernahme bis 1994 der NDR4  und dann gab es nochmal richtig POWER. MEGARADIO startete im Juni 2000 , mußte jedoch am 4.4. 2003 abschalten...Pleite !  die 999 kHz wurden noch von Talkradio ( Infosender) genutzt.

Nun ging es um die Verbreitung des Fernsehens. Der deutsche Fernsehfunk war inzwischen 5 Jahre alt und es war schwierig im Raum Schwerin das Fernsehen aus Adlershof zu empfangen. 

Nur wenige große Antennenanlagen holten, dazu noch wetterabhängig, vom Brocken oder vom Sender Marlow das Signal.

Der Bezirk Schwerin hatte zum 1.Juni gerade mal 1297 gemeldete Empfänger. Davon waren sicher einige für das in weiten Teilen des Bezirkes bereits empfangbare Westfernsehen gekauft worden.

Mit dem auch notwendigen Aufbau der Richtfunkstrecke (Stand Dezember 1957)  war auf dem Standort Schwerin- Zippendorf die Planung angelaufen. 

Am 22.03.1956 wurde, nach intensivem Einschalten der Staatssicherheit, nachdem Bedenken zur Flugsicherheit angemeldet wurden, durch den Rat des Bezirkes Schwerin die Standortgenehmigung erteilt.

Die Tageszeitungen informieren. Einen Artikel möchte ich unseren Lesern nicht vorenthalten . Er stammt aus der Norddeutschen Zeitung vom 28.Mai 1957. Diese Zeitung wurde damals von der Blockpartei LDPD (Liberal Demokratische Partei Deutschlands) herausgegeben.

Eine recht gute Information, so finde ich. 

Am 15. August 1957 nimmt der Fernsehsender in Schwerin Zippendorf seinen Betrieb auf. Er ist fast 274 m hoch und in so kurzer Zeit gebaut worden.  VHF Kanal 11 CCIR-Norm-

Foto: Wolfgang Lill

Hier ist ein aktuelles Foto, welches am 31.Mai 2025 entstand, Der alte Eingang mit Pförtnerhaus zum Sendergelände. 

Das elektronisch zu öffnende Tor war offen und lud mich zu einem Spaziergang ein. Überall wo ich eine Klingel sah, versuchte ich einen Techniker zu erreichen, leider vergeblich.

Hier einige aktuelle Fotos, welche ich am 31.5.2025 gemacht habe. Fuß des Antennenmastes

Technikgebäude

Klimatisierung mittels Wärmepumpen

Bei dieser Höhe muss ich zwei x den Mast hier zeigen...

Wirtschaftsgebäude

Pardunenfundament mit Halteseilen

Gebäude, die von der Media Broadcast heute bewirtschaftet werden. Leider half das klingeln nicht, es war sprichwörtlich alles auf Automatikbetrieb geschaltet.

Auch die Fahrzeuge eines großen Reinigungsdienstleisters stehen auf dem Gelände. 

Aber zurück zur Technik; Erst am 1. Januar 1958 wurde der erste UKW- Sender in Betrieb genommen.  Der Deutschlandsender auf UKW 95,3 MHz. 

Am 18.Mai 1958 führt Radio DDR 1 ein eigenes Nachtprogramm ein. Dies wird abwechselnd aus den Funkhäusern der Bezirkssender gefahren. Schwerin sendete in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend in der Sendezeit  von 01,00 uhr bis 3,45 Uhr.

Zu den gestalteten Nachtsendungen zählt "Speziell für Sie- "90 bunte Minuten für Nachtarbeiter und Nachtschwärmer u.a. mit einem Operettenpreisrätsel, dem AMIGA-Schallplattenangebot und Schlagermelodien.... Der Radio-DDR UKW-Sender steht noch im Schweriner Ortsteil Neumühle.

Im Januar 1959 wurde ein zweiter UKW- Sender , der Berliner Rundfunk, auf 98,5 MHz in Schwerin- Zippendorf in Betrieb genommen. 

Foto, Stadtarchiv Schwerin, Fernsehturm um 1959

Immer mal wieder waren auch Reparaturen , Antenne Band III- am 09.06.1966 wechseln. 

Bei schönem Wetter und Windstlle war das fast ein Vergnügen, aber bei Starkregen, Eis- und Schnee wurde es manchmal auch zur großen Herausforderung.

2 x Foto. E.Jauch 

hier Arbeiten im September 1979.

Jetzt erst mal aktuell zur Bedeutung des 244 m hohen Rohrmastes.

Zum Ende der DDR wurden über den 244 m hohen Mast 5 UKW-Programme gesendet:

DDR1 89,2 MHz, DDR II 92,8 MHz, Deutschlandsender 95,3 MHz , Berliner Rundfunk 98.5 MHz, Jugendradio DT64 101,3 MHz   Das DDR-Fernsehen (Deutscher Fernsehfunk 1. Programm vhf kanal 11 CCIR Farbe PAL
und auf dem TV-Turm das 2.Programm auf UHF Kanal 29 ebenso in Farbe CCIR PAL. Umgestellt wurden die beiden Fernsehprogramme von SECAM IIIB auf PAL in der Nacht vom14./15. Dezember 1990. Am TV-Turm waren Spiegel für Richtfunk angebaut (Nordstrecke/Weststrecke).

Was läuft aktuell?

Von hier werden Fernsehprogramme mit derzeitiger Norm DVB-T2 auf Kanal 24, 26 , 36, 44, 46 und 29 ausgestrahlt.

Dazu kommen 12 UKW--analoge- Programme sowie drei DAB+Multiplexe auf Kanal 5 C, 5 D und 12 B.

Mit einem Blick auf den verwaisten Torbereich verabschiede ich mich von diesem Teil . 

Bereits im Oktober 1958 wird der Plan zur Erichtung eines Fernsehturmes mit Fernseh-Café vorgestellt.

Der Fernsehturm in Schwerin-Zippendorf ist am 17.September 1961 im Rohbau fertiggestellt.

Eigentlich sollte das der erste Fernsehturm in der DDR mit Turmcafé werden, aber der Fernsehturm auf dem Kulpenberg ( Kyffhäuser) machte das Rennen. Aber dazu später.

Mit der Planung wird beauftragt der Architekt Günther Kollmann ( 1923 - 1991) . Er war damals tätig beim VEB IPRO Berlin, später beim IHB Berlin. Er hat u.a. auch den Richtfunkturm Dequede geplant.

Foto Stadtarchiv Schwerin

Ihm wurde die Projektierung des Fernsehturmes mit Aussichtsplattform und Café als Alleinprojekt übertragen. Eigentlich war so etwas damals nicht üblich. Die meisten Projekte wurden als "Kollektivarbeit" realisiert. G. Kollmann war von Hamburg nach Ostberlin übergesiedelt.

Er hat nicht nur den Turm in Dequede und in Schwerin realisiert sondern weitere DDR-bekannte Bauten wie den "Teepott" in Warnemünde

Teepott Warnemünde Foto Wolfgang Lill

das "Ahornblatt" in Berlin, er arbeitete mit am Palast der Republik, am Fernsehturm am Alexanderplatz in Ostberlin ( 368 m) und wurde sogar mehrfach von den Planern beim Bau des welthöchsten Fernsehturmes  Ostankino (540 m) konsultiert.... 

Ein Buch über die Lebensleistung dieses herausragenden Architekten und Fachplaners habe ich noch nicht gesehen. Er hätte es wirklich verdient. 

In einem Schreiben, welches der Sohn, Carsten Kollmann, an die Stadt Schwerin im Jahre 2014 schickt, erlese ich , wie es zu der ungewöhnlichen Form der Turmgestaltung kam.

"Zur Geometrie des Schweriner Fernsehturmes: Die Idee ist simpel: Die Architektur und der gewählte Querschnitt basieren auf einem optimalen Verhältnis aus Dreieck, Kreis und Quadrat - eben dem Reuleaux- Dreieck. Die Inspiration hierzu hatte er, als er seinen Sohn mit einem Holzspielzeug beobachtete und einen optimalen Querschnitt für Dreieck, Kreis und Quadrat suchte. Damals war ja auch der "Wankelmotor" ein Novum - dieselbe Geometrie."

Der Fernsehturm steht heute mitten in einem allerdings bereits in Teilen zurückgebauten Wohngebiet.

Wohngebiet "Dreesch", die Grundsteinlegung für den ersten Wohnblock erfolgte am 11.11.1971

Foto Stadtarchiv Schwerin

Das 50 jährige Jubiläum war also am 11.11.2021. Aber auch jetzt noch sind Informationen und Material  interessant und wichtig zur Aufarbeitung der Geschichte, Stadtteilbüro Camus Am Turm,                              Hamburger Allee 124/126  Tel 03852000977.

Zunächst wurden Entwürfe erarbeitet, hier zwei davon:

2 Fotos Stadtarchiv Schwerin

Und dann wurde natürlich gebaut. Vom Bau selbst habe ich leider noch keine weiteren Bilder gefunden. Die Bautechnologie dürfte aber mit Sicherheit mit der des Turmes in Dequede und sogar in Stuttgart und in Perwenitz, wo ich tolle Bilder bei einem Sohn des ehemaligen Bauleiters erhelten konnte, vergleichbar sein. 

Der 138 m hohe Sendeturm wurde in Stahlbetonbauweise im sogenannten Gleitschalverfahren errichtet.

Doch wir haben ein Bild gefunden , wo ein Bauarbeiter im Dreesch zu sehen ist !

                                 

              

Alle Schwarz-weiß Fotos hier vom Stadtarchiv Schwerin

Inzwischen ist der Turm mit seinen 136 m fertiggstellt  und das Wohngebiet wird errichtet. Auch darauf warten die Schweriner, auf moderne Wohnungen mit Balkon, Fernheizung und Warmwasser.  Das sozialpolitische Programm in der DDR für die hauptsächlich jungen Familien.

Der TV-Turm ist nun das höchste Gebäude in Schwerin, bis dahin war es der Dom St. Marien und St. Johannis zu Schwerin, kurz Schweriner Dom, dieser wurde zwischen 1270 und 1416 errichtet. Er ist eine Bischofskirche der Evangelisch-lutherischen Kirche. Er ist 116 m hoch.    Foto Wolfgang Lill

Herr Dr. Jörg Kirchner hat einen sehr interessanten Artikel dazu geschrieben, den ich vom Landesamt für Kultur und Denkmalpflege zur Veröffentlichung erhielt.

"Ein Ort der Identifikation und Kontinuität

Der Fernsehturm im Plattenbaugebiet Großer Dreesch in Schwerin

Der 1964 fertig gestellte, 138 Meter hohe Schweriner Fernsehturm gehört zu den ältesten Bauten dieser Art in der ehemaligen DDR. Der vom Ministerium für Post- und Fernmeldewesen in Auftrag gegebene und nach einem Entwurf des Architekten Günther Kollmann (1923-1991) im Gleitschalverfahren realisierte Bau verfügt in 101 Meter Höhe über ein Turmcafé und diente ursprünglich der Abstrahlung des 2. Programms des DDR-Fernsehens (Abb. 1-3).

Seine außergewöhnliche sozialgeschichtliche Bedeutung ist dem Fernsehturm erst ab 1971 förmlich zugewachsen. Auf einer Fläche von 254 Hektar mit Wald und Ödland, aus dem allein der Fernsehturm herausragte, begann in diesem Jahr der Bau des größten Wohngebiets in Schwerin mit 20.000 Wohnungen und zugehöriger Infrastruktur. In drei Bauabschnitten rückte der neue, in Plattenbauweise errichtete Stadtteil Großer Dreesch an den Fernsehturm heran. Über 60.000 Menschen fanden hier ihre neue Heimat. Die damit einhergehende Verdoppelung der Einwohnerzahl der Stadt verlief parallel mit dem zentral geplanten Auf- und Ausbau des nahe gelegenen Industriekomplexes Schwerin-Süd.

Identifikation

Die Bewohner des neuen Stadtteils waren in der Regel aufgrund der Arbeits- und Wohnmöglichkeiten neu nach Schwerin gezogen. Sie kamen sowohl aus den südlichen Bezirken der DDR als auch als Vertragsarbeiter aus dem sozialistischen Ausland, aus Kuba, Algerien und Vietnam.

Für die neuen Schweriner ermöglichte die Aussicht aus dem Café des Fernsehturms, sich ihrer neuen Heimat zu vergewissern, sich ein Bild von der wachsenden Stadt und der umgebenden Landschaft aus Seen und Wäldern zu machen. Dieses umfasste nicht nur alte Residenzstadt mit ihren historischen Bauten und Parks mit dem Schloss im Zentrum, sondern nun auch die neuen Stadtteile, die hinzu gekommenen Industrie- und Kulturstätten.

Der Fernsehturm entwickelte sich zum Markenzeichen des neuen Schwerins, das sowohl die Ansicht der Stadt prägte und prägt als auch als Schaufenster diente. In Anspruch genommen wurde der Turm auch ganz offiziell als Vorzeigeobjekt, um dort Gedenkfeiern durchzuführen und durch den Blick von oben die Leistungen beim Aufbau des Sozialismus zu präsentieren. Er diente zudem als touristischer Anziehungspunkt für die durch das Deutsche Reisebüro organisierte Tages- und Wochenendausflüge.

Kontinuität

Auch nach der politischen Wende und der deutschen Wiedervereinigung behielt der Fernsehturm seine Funktion als Vorzeigeobjekt innerhalb eines Stadtteils, der mittlerweile nicht mehr als begehrter Wohnstandort, sondern als abgehängt empfunden wurde. Der Große Dreesch veränderte sich durch Abwanderung, Leerstand und den Abriss einzelner Hochhäuser. Er wurde zur neuen Heimat von wiederum neuen Schwerinern, häufig aus Osteuropa. Auch für sie dient der 1999 wieder eröffnete und 2017 schließlich geschlossene Fernsehturm als Identifikations- und Kommunikationsort.

Der Fernsehturm ist das positive Symbol der andauernden Identität in einem Stadtteil mit einem sehr hohen Anteil von Bewohnern, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, mit überproportionaler Jugendarbeitslosigkeit (2018: 33,5 %) und sehr hoher Kinderarmut (ca. 64 %).

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Zahlreiche Initiativen und Projekte, die in diesem Zusammenhang arbeiten, nutzen den Fernsehturm zur Identifikation und Kommunikation. Zuletzt geschah dies 2019, als im Rahmen des „Mitmach- Museum“ die Aussichtsplattform kurzfristig wieder öffnete und 3.000 Menschen die Gelegenheit nutzten, sich ein Bild von ihrer Stadt und ihrem Stadtteil zu machen. Der seit über 15 Jahren bestehende Hilfsverein für den Stadtteil, „Die Platte lebt e. V.“, zeigt in seinem Emblem die charakteristische Silhouette des Fernsehturms (Abb. 4).

Ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung

Der Fernsehturm inmitten des Schweriner Plattenbaugebiets Großer Dreesch nimmt eine beispielhafte und herausgehobene Stellung für die Sozialgeschichte in Deutschland ein. Er repräsentiert einen ungewöhnlichen Ort der Identifikation und Kommunikation für Tausende Bewohner eines zu DDR-Zeit errichteten Stadtteils, der in Kontinuität auch nach der Wiedervereinigung – unter anderen Vorzeichen - diese Aufgabe ausfüllt."

Geplant ist ein zweites Fernsehprogramm in der DDR. Das Programm selbst wird vorbereitet und soll im UHF-- Band  gesendet werden. 

Zwei Aufgaben müssen zuvor gelöst werden, die erste ist die Zuführung des Signales mittels Richtfunk. Für das erste Programm wurde es über die Helpterberger Nordstrecke zugeführt.  Die sogenannte Weststrecke war ebenfalls im Bau und das Signal gelangte dann über Dequede und Pinnow nach Schwerin.

Unklar ist zunächst das Farbsystem. die DDR-Techniker wollten natürlich das PAL-Verfahren, aber letztendlich war es eine politische Entscheidung, Die DDR übernahm das SECAM-System. Jetzt waren wir sozusagen in einer einmaligen Situation, in der DDR. 

Unsere östlichen Nachbarländer Tschechoslowakei , Polen hatten OIR System und die BRD PAL. Bei den Ostsendern ging der Ton nicht, bei BRD nur schwarz-weiß. Aber, wie Sie wissen, war es nur eine Frage der Zeit, bis diese technischen Probleme gelöst worden. Die ersten Mehrnormenempfänger kamen in der DDR aber erst offiziell 1976 auf den Markt.

Der Fernsehturm ist fertig , wir schreiben den 1.Juli 1964, da öffnet unter der Leitung von Wilhelm Freier und alle anderen sind junge Kollegen, der HO   Gaststättenbetrieb das  2. Fernsehturmcafé der DDR betreibt das Café als "Jugendgaststätte".

 

Zunächst begrüßen wir im Turmcafé offizielle Gäste von Partei, Politik und Verwaltung.

aber dann kommen auch die normalen Gäste

Zu Besuch auf dem TV-Turm kommt auch Alexei Archipowitsch Leonow, ein sowjetischer Kosmonaut. Er verließ am 18.März 1965 als erster Mensch sein Raumschiff und schwebte etwa 12 Minuten frei im All.

Alle Schwarz-weiß Fotos hier vom Stadtarchiv Schwerin

So sah es im Treppenhaus aus, als es noch bewirtschaftet wurde.

Noch einige Angaben zum Turm selbst.

Er kann bis zu 70 cm bei Sturm schwanken. Unterhalb des Cafés sind noch 5 Techniketagen, die unterste in 75 m Höhe, die oberste bei 93,75 m sowie fünf Antennenplattformen, die unterste in 6o m Höhe.

Es gibt nur einen Fahrstuhl. Bis zum Café sind es 100,80 m , bis zur Aussichtsplattform 97,5 m . Die Anzahl der Treppenstufen ist 486. Im Falle einer Havarie wurden die Gäste von den dafür geschulten Mitarbeitern des Cafés und Technikern  in kleinen Gruppen über die Treppe nach unten geführt. 

Ich habe leider keinen offiziellen Beweis, aber ich glaube, daß einer der fünf französischen CSF UHF- Sender, die wegen des Embargos nicht direkt in die DDR geliefert werden durften, seinen Weg über Leningrad nach Schwerin nahm. Die zugeteilten UHF- Frequenzen mussten ja auch bewirtschaftet werden. Weitere Informationen zu dem CSF- Sender entnehmen sie bitte diesem Link Inselsberg

Man konnte natürlich die Empfangsmöglichkeiten austesten, ausgestrahlt wurde das Programm des Deutschen Fernsehfunks. Aber als es aktuell mit dem SECAM III B wurde, war der Sender unbrauchbar !

Die Antenne war jedoch offiziell aus Frankreich importiert worden und die Montage erfolgte durch Kollegen der Deutschen Post .Dünne Plaste-Hauben wurden als Witterungsschutz aufgesetzt.

Nachfolgende 4 Fotos von Eberhard Jauch UHF-Antenne auf dem Fernsehturm, Montage im Frühjahr 1964

3 xLuftbild 1977 Archiv E.Jauch

Am 3.Oktober 1969 ( Plantermin war der 7.10.1969) ging das 2. Programm des DDR- Fernsehens auf Sendung. Die ersten vier Stationen waren der Berliner Fernsehturm Alexanderplatz, der Dresdner Fernsehturm in Wachwitz, der Fernsehturm in Dequede und Schwerin.

Schwerin: UHF Kanal 29  auf dem gleichen Kanal sendete auch der Sender in Dresden Wachwitz.

Am 3.August 1973 wird die aufgesetzte UHF- Antenne, ein Stahlgittermast,  zugunsten eines GFP-Zylinders gewechselt.

Der Fernsehturm steht mittlerweile unter Denkmalschutz. Das Café und die Aussichtsplattform wurden 1991 wegen Sanierungsbedarf geschlossen.

Am 28.11.1999 wurde das Restaurant von Susann und Katrin Melzer wieder eröffnet und bis zum 25.11.2017 betrieben. 

Seitdem ist der Turm für die Öffentlichkeit geschlossen. Der Eigentümer, die Deutsche Funkturm GmbH, sieht dringenden Bedarf in einer energetischen Sanierung, Sicherheitsstandards müssen verbessert werden  und Ausrüstungen erneuert. das geht mit den ursprünglich angedachten  1 Million Euro nicht.      Selbst eine NUR-NUTZUNG der Aussichtsplattform wird infrage gestellt. 

Seit der Umstellung auf DVB-T bzw jetzt DVB-T2 ist der GFP- Zylinder auch ohne Betrieb. Er soll demnächst zurückgebaut werden.

Im Bild habe ich den Zylinder schon mal "verschwinden" lassen.

Nach dem Rückbau der Antenne ist dann der Dom wieder das höchste Bauwerk in Schwerin.

Noch einen Blick ins ehemalige Foyer

Diese Tafel, die wohl ursprünglich über der Tür angebracht war, befindet sich abgebaut noch im Foyer.....

Eine Frage wollte ich noch beantworten. Wann und wo wurde das erste Fernsehturm-Café der DDR eröffnet ?

Foto Museum Bad-Frankenhausen - vielen Dank

Am 1.Mai 1964, also zwei Monate eher wie das Turm-Café in Schwerin. Demnächst kommt dazu ein ausführlicher Beitrag über den Turm auf dem Kulpenberg (Kyffhäuser)

 

Herr Korsch hat mir geschrieben und dafür ein großes Dankeschön.:

Sehr geehrter Herr Lill,

 

für die allumfassende Dokumentation der Geschichte des Schweriner Fernsehturmes

gebührt ihnen großer Dank und eine hohe Anerkennung.

Es wird tatsächlich immer komplizierter, sachkompetente Zeitzeugen aus unserer

anfänglichen Technikerzeit ausfindig zu machen, was bei sachlicher Betrachtung,

um welchen Zeitraum es geht, erklärlich ist.

Deshalb halte ich diese, Ihre Arbeit, für außerordentlich wichtig.

Damit komme ich zu meinem Suchen nach aussagefähigen Personen dieser Zeit.

Sie gibt es nur noch in Ausnahmefällen.

Ich, für meinen Teil, kann nur herzlichen Dank sagen, denn  der hohe qualitative

Stand senderseitig, konnte nur die Qualität unserer Produkte zur Geltung bringen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

F. Korsch

(Ehemaliger Betriebsdir. des FSGW und Stellvertr.

des GD Kombinat Rundfunk und Fernsehen Staßfurt)

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Schwerin Fernsehen und Rundfunk- Geschichten 
20.Jun.25 10:02
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Ein ehemaliger Kollege von RAFENA Radeberg hat mir etwas von seinen Erlebnissen geschrieben und die Veröffentlichung gestattet. Ich hänge hier seinen interessanten Bericht an:

Hallo Herr Lill!

Wie immer: bin entzückt, über so lange schon zurück liegende Tage noch Infos und neue Bilder zu bekommen, da tauchen auch eigene alte Bilder und Erinnerungen wieder auf! Zum Beispiel, daß Schwerin unsere erste Station mit Kopfüber-Hopas war, damit konnte die so furchtbar laute, und einen ganzen Raum füllende Luftentfeuchtungsanlage (für Hohlleiter und insbesonders für die aufrecht stehende Hopa) eingespart werden. Ganz schlimm aber war das Ausrichten dieser frei draußen hängenden Hopas, da unsere Konstukteure sich einen Sch... drum Gedanken gemacht hatten, daß wir dort keine Einrüstung oder einen Kran hatten, um die Antennen auf Soll zu schrauben. Dennoch immer alles "nach Plan" - und ohne Verluste - erledigt, egal bei welchem Wetter. Mitunter mußten wir - wie a. d. Lugstein passiert - für die Ant.-Messungen oben a.d. Plattform ein Zelt improvisieren, um uns und die Meßtechnik vor dem Kältetod zu bewahren. Ach, war'n das schöne Zeiten! .. Der Schweriner Aufzug ist mir in ~ mulmiger Erinnerung geblieben: die Seile waren - entweder zu dünn, oder "aus Gummi" - scheinbar so elastisch, daß man ohne Mühe im Korb stehend durch rhytmische Belastungen alles zum Schwingen bringen konnte, und sich der Aufzug tatsächlich daraufhin abschaltete. Und die lieben Kollegen aus dem Prüffeld hatten das schon bald erkundet und mußten das natürlich immer wieder vorführen.

Daß man mit einem dünnen Schraubendreher die Aufzugstür öffnen konnte, war allen schon seit Rhinow bekannt, ansonsten wären wir dort nie aus dem Fahrstuhl gekommen, da der immer irgendwo - aber nie ander richtigen Stelle - zum Stehen kam. 

Das Bildchen ist von ~ 1964, als wir mit Privat-Skoda dort waren, die paar Betriebs-Autos reichten nicht für alle Türme aus (und es waren viele Leute draußen auf Strecke; denn das RVG960 & Co. mußte erst draußen "fertig entwickelt" werden, also wurden von jeder Sparte: Sender, Empfänger, Mod, Demod, ES, Fü (incl. DK) spezialisierte Mannen raus geschickt) und dann wir noch 2 Trupps vom Kundendienst spez. für die Antennen/Hohleiter/Ant.-Kabel/LE/ BLG, das waren schon gewaltige Herausforderungen betr. Autos, Übernachtungen (die Bettwäsche mußte ich aus der Abteilung mitgeben, da wir eigentlich überall auf den Türmen unsere Schlafstellen hatten) und der ständige Zeitdruck von VEB Hörnchen, denn Rafena (erst später Robotron) war immer im Zeitverzug. Also Arbeiten bis spät in die Nacht waren die Regel, Überstunden waren Pflicht, bezahlt wurde alles. Es waren z.T. Leute über ein Jahr draußen, daraus ergab sich das Problem, daß - kaum waren die Streckenmessungen usw. zu Ende - die Röhren alle wieder gewechselt werden mußten, denn die Post erwartete die Übergabe der Strecke mit voller Röhren-Laufzeit; also mußte danach wieder von vorn angefangen werden mit Entzerrung, Messen, Messen, .... Und Röhren gab es zwar, wir standen ja ziemlich weit oben a.d. Dringlichkeitslisten, aber die Wanderfeldröhren! Da habe ich so manche einzeln in Berlin a.d. Fabrik abgeholt, und dann gleich a.d. entsprechenden Turm kutschiert. ... Nun ist's aber gut! 

Beschde Grüße von 
Karle

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