Selengleichrichter defekt?

ID: 27159
Selengleichrichter defekt? 
30.Jun.04 10:17
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Klaus Pahr (D)
Beiträge: 186
Anzahl Danke: 15

Hallo zusammen,
zuerst einmal vielen Dank an alle, die an RM.org mitgearbeitet haben und mitarbeiten. Ich bin fasziniert von der Vielfalt an Know How und Information, welche ich hier vorfinde. Begeisternd! Aber nun zu meiner Frage: Ich repariere gerade ein Grundig Tonband TK 17. Nach einigen Prüfungen und anschließenden Messungen hat sich herauskristallisiert, dass der Selengleichrichter GL (Flachgleichrichter Bauart Grundig B250 C75 K4) eine Macke hat. Die Geräteprobleme waren mit Austausch des GL behoben. Was konkret ist los? Gerät ist stromlos: Ich habe zwei Voltmeter angeschlossen, mit dem einen messe ich die Eingangs-Wechselspannung, mit dem anderen die Ausgangs-Gleichspannung des GL bei angeschlossenem Gerät, also unter Last. Nach dem Einschalten der Netzspannung liegt eine stabile Wechselspannung von 257 V am GL. Die Gleichspannung verhält sich jetzt merkwürdig: Gleich nach dem Einschalten messe ich eine Spannung von rund 80 V, die dann langsam, aber stetig bis auf 190 V ansteigt, um dann wieder ziemlich steil auf 80 V abzusinken. Dort bleibt sie dann stehen. Die 190 V werden zeitlich betrachtet erreicht, kurz nachdem das Magische Auge EM 84 deutlich zu leuchten beginnt. Danach geht die Leuchtkraft verloren, verursacht durch die abfallende Spannung. Wie gesagt, der Fehler ist eindeutig der Gleichrichter, weil dieses Phänomen mit einem anderen GL nicht auftritt und das TK 17 dann einwandfrei in allen Funktionen arbeitet. Nun würde mich zweierlei interessieren: Warum macht der GL das? Gibt es dafür eine Erklärung? Und: Gibt es eine Möglichkeit, den GL zu reparieren oder ist das ein Fall für www.ab-in-die-tonne.de? Können Sie mit dieser Beschreibung was anfangen, oder benötigen Sie weitere Infos, Messungen, etc? Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihren Rat und Erklärung. Ich freue mich darauf, dazulernen zu dürfen. Viele Grüße Klaus Pahr

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Ersatzteile gesucht ? 
30.Jun.04 11:58

Hans Kamann (D)
Beiträge: 438
Anzahl Danke: 9
Hans Kamann

Mich würde interessieren, wie gross der Gleichstrom ist, der hinter dem Gleichrichter zu messen ist, sowohl mit dem alten als auch mit dem neuen GL. Vielleicht hat ein Elko einen Defekt und der alte GL kann diesen Strom nicht liefern ? Dann würde allerdings der GL ziemlich warm werden. Aber das ist reine Spekulation !

Ich habe ein TK17L kostenlos zum Ausschlachten abzugeben, bei Interesse einfach melden.

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Innenwiderstand zu hoch 
30.Jun.04 16:53

Jacob Roschy (D)
Redakteur
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Jacob Roschy

Hallo Herr Pahr,

den relativ schnellen Anstieg auf 80 V kann ich mir nicht so recht erklären, es könnte vielleicht sein, dass die Siebkondensatoren noch vom Betrieb zuvor teilgeladen waren.

Ansonsten aber sieht es danach aus, dass der Selengleichrichter wegen seines zu hoch gewordenen Innenwiderstandes defekt ist, insbesondere, da ein anderer Gleichrichter einwandfrei funktioniert.

Der Spannungsverlauf erklärt sich so:

Beim Einschalten sind die Röhren noch kalt und verbrauchen daher noch keinen Strom. Die Siebkondensatoren sind aber noch leer und werden über den hochohmigen Gleichrichter langsam aufgeladen bis zu den erwähnten 190 V.

Sobald die Röhren erwärmt sind und Strom aufnehmen, bricht die Spannung auf 80 V zusammen.

Selengleichrichter haben keine endlose Lebensdauer wie z. B. Silizium- Halbleiter. Durch chemische Einflüsse aus der Luft können sie zerstört werden. Der Selengleichrichter ist daher ein Fall für den Wertstoffhof oder gar Sondermüll.

Falls Sie das Aussehen erhalten möchten, können Sie diesen aushöhlen und 4 Dioden 1N4007 als Brücke geschaltet einsetzen.

Beachten Sie bitte, dass mit einem neuen Gleichrichter die Spannung unzulässig hoch werden kann. Diese muss dann mit einem Widerstand ca. 50....200 Ohm, ca. 2...5 W, verringert werden. Tipp: mit 200...500 Ohm - Drahtpoti austesten und gefundenen Wert durch Festwiderstand ersetzen.

MfG JR

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01.Jul.04 07:36

Klaus Pahr (D)
Beiträge: 186
Anzahl Danke: 6

Hallo zusammen,
vielen Dank für die schnellen Antworten und Erklärungen. Zuerst sollte ich klar stellen, dass ich aus einem anderen Ausschlacht-Tonband einen Selen-Gleichrichter mit den gleichen Daten als Ersatz verwendet habe.
Dann kann ich mit Strom-Meßwerten dienen: Beim alten Selen-Gl. messe ich nach dem Aufwärmphase einen Strom von 14 mA und rund 80 V, beim neuen Selen-Gl. von 51 mA bei 255 V. Als "Laie" würde ich tippen, es ist eindeutig der alte Gl. Wie gesagt, wenn der neue Selen-Gl. verwendet wird, klappt das Tonband einwandfrei in allen Funktionen. Sehen Sie das auch so?
Gibt es eine Möglichkeit, den Innenwiderstand des "defekten" Selengleichrichter zu verbessern, z. B. durch Kontaktspray oder Kontaktpflege mittels Radiergummi etc.? Ich habe schon einmal einen solchen Gleichrichter zerlegt. Er besteht aus 4 Kammern, in denen selenbedampften Plättchen eingelegt und mittels eines Drahtbügels kontaktiert sind. Man käme also ran an den Ort des Übels.
Viele Grüße und Danke für Ihre Hilfe!
Klaus Pahr

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02.Jul.04 16:37

Jacob Roschy (D)
Redakteur
Beiträge: 1771
Anzahl Danke: 7
Jacob Roschy

Hallo Herr Pahr,

Ihre Messwerte bestätigen eindeutig den "alten" Gleichrichter als Fehlerquelle.

Die Sperrspannung von Selenzellen ist relativ gering, nur ca. 20...24 V, daher müssen für einen 250 V- Gleichrichter eine Anzahl solcher Plättchen in Reihe geschaltet werden.

Die Erfolgsaussichten für eine Reparatur sind äußerst gering, ich hatte noch nie davon gehört, dass so was je gelang, bzw. überhaupt erst versucht wurde. Dagegen wurde der Einbau von Si- Dioden in das Gehäuse des Gleichrichters anstelle der Selenplättchen schon öfter praktiziert.

MfG JR

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