siemens: 46W; ein Restaurationsbericht
siemens: 46W; ein Restaurationsbericht
Liebe Sammlerkollegen,
vor ein paar Tagen stellte mir ein Bekannter, der sich mit der Reparatur moderner TV- Geräte bestens auskennt, dieses Radio mit der Bemerkung auf den Tisch: „ Das kannst Du besser als ich – das ist mir zu kompliziert.“
Für mich eine Herausforderung! Mendegeräte und viele Geräte anderer Firmen habe ich schon restauriert, aber Siemens? Ein wenig kann ich nun zur Dokumentation dieses Gerätes hier im RMS noch beitragen.
Als erstes habe ich die Metallrückwand abgebaut und nach dem Lösen der Bodenschrauben sowie dem Ausbau des Skalenbeleuchtungssegments das Chassis aus dem Bakelitgehäuse genommen. Auf den ersten Blick waren alle Teile vorhanden . Ein sehr robust und stabil aufgebautes Chassis! Das Skalenseil war zerrissen und der Skalenzeiger … weg!
Auf den zweiten Blick waren aber noch viele Teile, wie Kondensatoren und Widerstände, zusätzlich eingebaut worden.
Beim genaueren Hinsehen war die Ursache dafür schnell gefunden. Der 6-fach-Blockkondensator war mit seinen Einzelkapazitäten nach und nach gestorben und hat die dazugehörigen Widerstände mit entschärft.
Zum Schluss blieb ein unübersichtliches Wirrwarr an zusätzlich eingebauten Kondensatoren, Widerständen und neu gezogenen Drähten übrig. Davon war wiederum zwischenzeitlich einiges kaputtgegangen …
Das Wichtigste bei der Instandsetzung ist nach wie vor ein ordentlicher Schaltplan bzw. ordentliche technische Unterlagen! Was man da bei Lange und Anderen so findet ist nicht immer optimal, gut und richtig, aber ausbaufähig. So habe ich mich als zweites darangemacht, einen solchen überarbeiteten Plan parallel zur Restauration zu erstellen und, wenn der 46 W wieder spielt, mit all den dazu gewonnenen Daten hier ins Radiomuseum zu stellen.
Der nächste Schritt war nun der Ausbau aller dazugekommenen Teile und der teilweise sehr deformierten Block-Kondensatoren. Die verpressten 100 - und 200 cm – Kondensatoren waren nicht mit Feinschlüssen behaftet und konnten somit im Gerät verbleiben.
Alle Papierkondensatoren wurden durch MKC-Kondensatoren mit mindestens 630 Volt Spannungsfestigkeit ersetzt und wieder eingebaut. Um den großen aus lila Kartonpapier bestehenden und gut mit Teer und Wachs vergossenen Blockkondensator wieder ansehnlich „hinzubekommen“ bedurfte es etwas mehr handwerklichen Geschicks. Unter anderem besteht nun der Gründkörper dieses Kondensators aus zugeschnittenem Styropor, in das die dazugehörigen Kondensatoren eingelassen sind.
Für mich ist die Optik des restaurierten Chassis wichtig (obwohl es hinterher keiner mehr so richtig sieht), eine stabile Funktionalität ist natürlich Voraussetzung . Man möchte ja dann das fertige Gerät zu jeder Tages - und Nachtzeit Interessenten problemlos vorführen können !
Der isoliert auf eine M 3 - Gewindestange aufgefädelte Anodenspannungsteiler musste aus mechanischen Gründen so belassen werden. Nur am Ende dieser konnte der defekte 2,5k / 4Watt-Widerstand durch einen Bauformgleichen ersetzt werden. Die anderen defekten Widerstände in dieser Kette wurden durch neue überbrückt.
Beim Anbau des Skalensegmentes an das Chassis ist auf eine korrekte Verlegung der Drähte zur Skalenbeleuchtung zu achten , da sonst das Seilrad mit diesen in Berührung kommt, was unweigerlich zum Kurzschluss führt. Das Skalenseil, durch ein Stück 0,6mm -Perlonsehne ersetzt , hat den Vorteil, über Jahre hinweg dauerelastisch zu bleiben. Dadurch erübrigt sich das Vorspannen des Seiles mit einer Feder. Das Reinigen der Glasskala ist mit äußerster Vorsicht durchzuführen, da der rückseitig aufgebrachte Farbaufdruck sehr empfindlich ist und sich sofort ablöst! Ich habe die Originalscala eingescannt, bearbeitet und hier ins RMS eingestellt. Die Unterteilung ist in kHz ausgeführt. Da die Skala in meinem zu restaurierenden Gerät in einem sehr schlechten Zustand war kann ich nicht sagen, ob die Farben stimmen! Die Maße aber in jedem Falle! Den Scalenzeiger musste ich neu erfinden, da der alte nicht mehr vorhanden und ein orginaler nicht zu besichtigen war.
Nach dem alle Teile ordnungsgemäß eingebaut und angeschlossen worden sind, konnte das Gerät nun in Betrieb genommen werden .
In meiner Werkstatt findet das nur mit einem Trennregeltrafo statt, der unter ständiger Kontrolle der Gesamtstromaufnahme und der sich dabei „entwickelnden Anodenspannung“ langsam auf die am Netztrafo eingestellten 220V~ hochgefahren wird (wie schon beim Mende-Oszi beschrieben)! Dabei muss die lange Rückwandschraube eingeschraubt sein – sie bedient den Sicherheitsnetzschalter! Zum Schluss wurden die Anoden – Gleichspannungen gemessen und in den neuen Plan übertragen. Das Gerät spielt im Lang – und Mittelwellenbereich mit einer 30m-Langdrahtantenne wieder einwandfrei, sofern überhaupt noch auch tagsüber Sender mit entsprechender Leistung und Entfernung in diesen Bereichen vorhanden sind!
Ihr Volker Martin
Anlagen:- Scala_siemens_46w (20 KB)
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.