siemens: TL953; Der Motorkanalwähler

ID: 310558
siemens: TL953; Der Motorkanalwähler 
03.Feb.13 12:40
2000

Pius Steiner (CH)
Redakteur
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Der Motorkanalwähler bei Luxus-Fernsehgeräten

Die Luxus-Fernsehgeräte der Typen TL953/SL953, FT195/FS195 und FT216 sind mit einem motorisch angetriebenen Kanalwähler ausgerüstet. Dieser Antrieb ermöglichte die Entwicklung der Gehäuseform zum Nur-Bild-Gerät ohne seitlich angebrachten Schalterknopf, da die Lage des Tuners nunmehr ohne Rücksicht auf den Antrieb nur nach räumlichen und elektrischen Gesichtspunkten bestimmt werden konnte. Die leichte Auslösung des Kanalwählers mittels Tastendruck an der Frontseite sowie über die Fernbedienung und die einstellbare Kanalvorwahl brachten eine erhebliche Steigerung des Bedienungskomforts mit sich. Für den Techniker allerdings trat an die Stelle des sonst üblichen Schalterknopfes ein kompliziertes mechanisches und elektrisches Antriebssystem.

Detailzeichnung des motorisch angetriebenen Kanalwählers bei den Siemens-Luxus-Fernsehgeräten TL/SL 953, FT/FS 195 und FT 216


In der folgenden Beschreibung soll das funktionelle Zusammenwirken anhand einer Detailzeichnung veranschaulicht werden, um bei der Beseitigung auftretender Störungen am Motorantrieb zu helfen.
Das Antriebsaggregat sitzt über der Achse des Trommeltuners. Ein selbstanlaufender Asynchronmotor treibt über ein entsprechendes Untersetzungsgetriebe ein Malteserkreuz an, das für die schrittweise Drehung der Trommelachse von Kanal zu Kanal sorgt. Ein darüber-sitzendes Kegelradgetriebe dreht den Schalter für die Kanalvorwahl und die Beleuchtungslämpchen der optischen Kanalanzeige. Auf der Achse des Zahnrades, an dem sich der Treibzapfen für das Malteserkreuz und der Sperrzylinder für die Arretierung der Kanaleinstellung befinden, betätigt außerdem eine Kontaktnocke einen Schalter. Dieser Überbrückungsschalter schließt zusätzlich den Motorstromkreis während der Dauer des Drehvorganges und überbrückt damit die Unterbrechung des Vorwahlschalters in seinen Zwischenstellungen.
Eine kleine Nocke auf der Achse des Tuners schaltet ferner in der Stellung "UHF" einen Umschaltfedersatz von VHF-auf UHF-Empfang. Der als Hubanker ausgebildete Läufer des Motors wird beim Einschalten des Motorstromkreises gegen leichten Federdruck nach unten gezogen und drückt mit seiner Achse auf einen besonderen Umschaltkontakt, der sowohl den Ton-ZF-Teil als auch die Abstimmautomatik während des Drehvorganges sperrt.

Das von der Fabrik gefertigte Gerät wird ohne Vorwahl eines bestimmten Kanals ausgeliefert, so daß bei kurzzeitigem Drücken der Taste «Kanal« das Antriebs-aggregat den Tuner um jeweils eine Kanalstellung weiterdreht. Werden nunmehr die Einstellschrauben der nicht benötigten Kanäle eingedreht — in unserem Zeichnungsbeispiel sind es alle Schrauben außer Kanal 10 und UHF —, so läuft der Antrieb über alle Kanäle hinweg zu jeweils einer dieser beiden vorgewählten Stellungen. In der Zeichnung und in den Stromlaufskizzen ist der Vorgang leicht zu verfolgen:
Beim Drücken der Taste »Kanal« wird der Stromkreis des Antriebsmotors geschlossen, und das Aggregat beginnt zu laufen. Beim Drehen der Trommelachse dreht sich auch der über Kegelräder angetriebene Schleifer des Kanalvorwahl-schalters von einer Schalterrast zur anderen. Um den beim Loslassen der Taste und in den Zwischenstellungen des Vorwahlschalters unterbrochenen Motorstromkreis zusätzlich zu schließen, wird ein rotierender Überbrückungskontakt wirksam, dessen Öffnungszeiten genau in der Kanalrast liegen. Die von den eingedrehten Stellschrauben angehobenen Kontaktfedern kontaktieren jeweils mit dem Schleifer und schließen wiederum den Stromkreis. Der Motor dreht dabei über diesen Kanal hinweg. Kommt nun der Schleifer jedoch in eine Stellung, bei der die nicht angehobene Kontaktfeder den Stromkreis unterbricht, bleibt der Antrieb bei diesem vorgewählten Kanal stehen.

Arbeiten am Kanalwählerantrieb

Alle Arbeiten an diesem mechanisch komplizierten Aggregat müssen mit entsprechender Sorgfalt durchgeführt werden. Gewaltanwendung führt leicht zum Bruch der aus Kunststoff gespritzten Montageplattform. Beim Zusammenbau ist immer auf den richtigen Eingriff des Schaltrades Antrieb/Trommelachse zu achten. Die Kegelräder für den Antrieb des Vorwahlschalters müssen ebenfalls im richtigen Eingriff stehen und die Achsen fluchten. Gegebenenfalls kann nach dem Lösen der Madenschrauben an den Kegelrädern die Einstellung durch horizontale oder vertikale Verschiebung entsprechend korrigiert werden. Sollten Kanal- und Schleiferstellung versetzt sein — dabei kann der Antrieb fortwährend durchlaufen —, stellt man am einfachsten den an der Umschaltnotcke optisch leicht kontrollierbaren Kanal-UHF ein, ebenso den Schleifer des Vorwahlschalters vorsichtig auf das entsprechende Feld UHF (Mitte oben); zuvor ist ein Kegelrad zu lösen und aus dem Eingriff zu bringen. Danach bringt man das Kegelrad wieder in den Eingriff und sichert es.

Überlaufen eines vorgewählten Kanals

Diese Erscheinung tritt unter Umständen bei mangelnder Übereinstimmung von Kanal- und Schleiferstellung (siehe vorhergehenden Absatz) ein, die durch die Versetzung des Überbrüdkungsschalters auch die Unterbrechung des Kanalvorwahlkontaktes überbrückt. Ferner kann bei Umschaltung auf UHF das Überlaufen aufgrund der Schwungmasse und mangelnder Bremswirkung eintreten. Hiergegen kann man sich durch Einsetzen eines Leerkanalstreifens in Kanal 12 (UHF) der Trommel schützen, da normalerweise die Spulenstreifen beim Gleiten über die Kontakte genügend abbremsen. Auch eine Gummi-Unterlagscheibe geeigneter Größe und Stärke, aufgeschnitten und zwischen Anker und oberes Lager geschoben, bremst den Antrieb — falls erforderlich — genügend ab.

Auslösen der Thermo-Sicherung

Die Geräte der Serie FT 216 haben eine Thermo-Sicherung. Sie soll den Motor vor unzulässiger Überlastung schützen und spricht normalerweise erst bei etwa 4 Minuten Dauerbetrieb an. Löst sie einmal ohne Überlastung infolge nicht einwandfreier Lötbrücke aus, so sollte sie in jedem Fall durch eine neue Sicherung und nicht durch eine einfache Behelfsbrücke ersetzt werden.

Justieren der Kontakte

Kontaktschwierigkeiten können ganz vereinzelt durch die Vorwahlscheibe entstehen, wenn die Einstellschrauben in ihrer anfangs der Serie verwandten Länge zu knapp bemessen sind. In diesem Fall kann man die 4 Gewindestücke, an denen die Platte mit den Einstellschrauben befestigt wird, mit einer entsprechenden Feile in ihrer Stärke um etwa ½ mm verringern. Danach heben die Einstellschrauben die Kontaktfedern wieder genügend an. Einfacher ist es natürlich — falls vorhanden —, die Platte gegen eine neue auszutauschen.

Das richtige Arbeiten der Federsätze für Überbrückungsschalter, Ton- und Automatiksperre sowie UHF-/VHFUmschaltung ist gegebenenfalls zu überprüfen und — wenn nötig — vorsichtig nachzujustieren. Dies kann bei Montageeingriffen durchaus einmal notwendig sein.
Wie bei allen Schaltern kann bei starker Verschmutzung und Oxydation eine Reinigung der Kontakte erforderlich werden. Hierfür darf nur ein einwandfreies, neutrales Reinigungsmittel verwendet werden. Anschließend sind die Kontakte mit einem säurefreien Fettüberzug zu schützen. Diese Arbeit kann durchaus auch bei den Kontakten der Spulenstreifen erforderlich werden.
 

Quelle: Siemens Werkstatt-Praxis März 1962

Anlagen:

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