'Social networking' und 'Peer production' - und wir

ID: 166215
'Social networking' und 'Peer production' - und wir 
21.Jun.08 16:07
1642

Ernst Erb (CH)
Ratsmitglied
Beiträge: 5751
Anzahl Danke: 2
Ernst Erb

Hier ist ein interessanter Vortrag (teilweise als Video) über "Social networking" und "Peer production" (gegenüber Printmedien). Das ist eigentlich das, was wir beim www.radiomuseum .org (RMorg) tun, nur gab es diese Begriffe noch nicht, als ich das 1999 begonnen hatte. Zudem: Unser Interessensgebiet ist eine zu kleine Nische, hat zu wenig Verbreitung, um von anderen wahrgenommen zu werden - und ist auch zu technisch. Darum wird uns Professor Dr. Miriam Meckel sicher nicht kennen, die bei Ringier diesen Vortrag zum 175ten Jahr des Bestehens gehalten hat. Darum wird auch "behavior advertisation", also Einnahmen durch gezielte Werbung bei uns nie eine grössere Rolle spielen können.

Eigentlich geht es im Vortrag um die Zukunft der Printmedien - aber sehr gut beschrieben ist das, was solche Sites wie RMorg tun. Auch wenn vor allem sehr bekannte Sites, z.B. mit Wiki-Programmen (z.B. Wikipedia) oder Sites wie Youtube, Myspace, Facebook, OhmyNews (Citizen Journalism aus Südkorea) etc. angesprochen sind. Der für uns interessante Teil beginnt allerdings erst etwa dann, wenn der kleine Cursor den Namenstext erreicht und über dem ersten "o" steht (ca. bei 30% - weitere 10%). Die Gedanken gelten auch für unser Projekt, zumindest was unsere Motivation und unsere Ziele der Zusammenarbeit angeht. Das zeigt auch die Aussage: "Communities koordinieren die Herstellung informations- und kommunikationsbasierter Güter in einem selbst organisierenden und emergenten Prozess". Von Emergenz spricht man, wenn sich bestimmte Eigenschaften eines Ganzen nicht aus seinen Teilen erklären lässt. Einzelne Elemente (wir) bringen ganz neue Inhalte und Strukturen.

Wir bauen an etwas für was man uns zu Beginn ausgelacht hätte, weil unmöglich erscheinend: Einem internationalen Nachschlagewerk über Geschichte, Technik und Auswirkungen des Mediums Radio und der dazu notwendigen Geräte etc. Ein grosser Teil davon ist ein Radiokatalog und ein Röhrenkatalog, nun auch Halbleiterkatalog.

Die Rednerin zeigt, dass ein solches Zusammenwirken nicht entsteht, weil man etwas tun muss, sondern weil man etwas tun möchte und miteinander tun möchte. Zwischen dem "jeder kann mitmachen" und der "klassischen Redaktion" haben wir einen Mittelweg gewählt. Der Grund ist der Anspruch an eine gewisse Qualität. Dieser Weg der "emergenten Vernetzung" kann nur durch eine Erkenntnis entstehen, nämlich:
"Jeder profitiert davon, dass der andere mitmacht."
Dazu kommt aber auch ein Grund zur Motivation: "Öffentlich beobachtbarer Tauschprozess von Aufmerksamkeit gegen Beachtung". Besonders letzteres bedingt, dass wir eine grosse Ausstrahlungskraft innerhalb der prinzipiell an unseren Themen interessierten erreichen. Das können wir durch möglichst vollständige und gute Information, die leicht erreichbar ist.

Es gibt Menschen, sagt Frau Meckel (cursor steht da über ihrem Fam. Namen), die nicht daran glauben, dass viele Menschen zusammen etwas besseres erreichen können als ein Einzelner. Sie meint, dass sich solche Menschen selbst nicht vertrauen. Es gibt aber etwas wie "Weisheit der Vielen" (collective thinking). Sozialkontrolle ist aber notwendig. Der ganz demokratische aber viel längere Weg zu einer gewissen Vollkommenheit ist, alles offen zu halten und daran glauben, dass sich das selbst regelt. Obwohl wir einen direkteren Weg wählen, mit dem Prüfen durch Fach-Administratoren, die einzelnen Mitglieder als Last vorkommen, gibt es abseits stehende, die dem Gedanken einer Fokussierung auf ein Gemeinschaftswerk kritisch der gar ablehnend gegenüber stehen. Leider gibt es nicht nur die Hemmschwelle wegen der "notwendigen aber vorübergehenden Unvollkommenheit / Fehlerhaftigkeit", die wir nicht vermeiden können. Viele Radio-Fachleute der Röhrentechnik machen einen Bogen um das Internet.

Dabei gibt es nur einen positiven Weg: Statt sich an Problemen zu stossen, diese lösen zu helfen.
Das können auch Gäste über das Kontaktformular, dem man auch drei Anlagen mitgeben kann.

Natürlich bauen einige lieber an einem eigenen Werk, ganz verständlich und wünschenswert. Man kann sich auf bestimmte Sachen konzentrieren, Themen weiter vertiefen als wir das heute tun. Da gibt es aber zweierlei Arten von Mitmenschen: Die einen, die sich - wie z.B. Gerhard Heigl - auch sehr für RMorg einsetzen und Spezialwissen einbringen. Andere wollen sich einen Vorteil verschaffen, dass sie bessere Daten nur bei sich zeigen, wohl nicht wissend wie wenig Aufmerksamkeit sie trotz z.T. besserer Daten (auf schmalem Gebiet) haben. Das ist natürlich legitim.

Zum Glück können wir aber von einer auf unserem Gebiet beispiellosen Zusammenarbeit sprechen.
Immerhin hat Google 235 000 Seiten von uns verlinkt und indiziert und unser Server muss jeden Tag mehr als 150 000 Seiten ausliefern, davon etwa 85 % für Gäste, also die Allgemeinheit.


Die Vorteile unserer besonderen Applikation und unseres Inhalts inkl. Verknüpfungen sind so hoch, wie sich Menschen ohne Internet nicht vorstellen können. Für interessierte Menschen gilt: "Ich will finden, was ich brauche - und auch neue Sachen finden, von denen ich meinte, sie nicht zu brauchen." Dem steht gegenüber: "Menschen suchen, was sie wissen wollen, wissen aber oft nicht, was sie suchen könnten. Menschen brauchen soziale Anschlussfähigkeit und dadurch auch Substanz an Informationen."

Die Schlagworte des Vortrages: Partizipation, Vernetzung, Transparenz, User generated content, Kampf um Aufmerksamkeit sind auch unsere Themen, wenn man unser Tun untersucht. Zum Schluss zitiert Frau Meckel David Weinberger (Internet philosopher) mit: "We are the true "small pieces" of the Web, and we are loosely joining ourselves in ways that we're still inventing".

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.