stassfurt: 44W; Imperial: Funktionsbeschreibung

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stassfurt: 44W; Imperial: Funktionsbeschreibung 
13.Jan.15 23:15
1975
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Der Staßfurt Imperial 44W fand sich zu Beginn der '90er Jahre auf dem Flohmarkt "Straße des 17 Juni". Das Chassis war ausgebaut. Röhren, Knöpfe und Rückwand fehlten. 

Sehr imposant war das Chassis allerdings nicht, insbesondere wegen der Größe der Spulenbecher und auch des Drehkos. Immerhin, eine (relativ seltene) Hexoden-Fassung  war drauf und ein Netztrafo, also für kleines Geld mitgenommen.

Die erste Restauration erfolgte kurze Zeit später. Defekte Kondensatoren und Elkos getauscht. Damals auch "Wimas" verwendet, die aber noch heute brauchbar sind, weil das Gerät "artgerecht gehalten" wurde, also ein Plätzchen im Wohnzimmer hatte.

Nach nunmehr über 20 Jahren wird das Interesse an diesem (damals unspektakulären) Gerät erneut geweckt, aufgrund eines Prospekts der Staßfurter Produkt-Palette von 1934.

Aber funktioniert ein Gerät nach über 20jähriger Betriebspause noch, auch wenn es "artgerecht gehalten" wurde? Richtig, es funktioniert leider nicht mehr. Zudem sollte man sowieso erst überprüfen, ob zwischenzeitlich weitere Kondensatoren "undicht" geworden sind, speziell bei "Wimas" dieser Bauart.

Die Überarbeitung des Gerätes förderte nun einige interessante Erkenntnisse zu Tage, die so in der Beschreibung aus dem "Handbuch der Funk-Technik" nicht zu entnehmen sind. An dieser Stelle gilt mein Dank  Hans Knoll für Diskussionen und Hinweise.

Das Gerät von vorne. Man sieht daß die Knöpfe nicht original sind. 

Ein Blick ins "Innenleben"läßt erkennen, daß die "Binode" REN924 ersetzt wurde duch eine REN904 und eine AB1. Gemäß Datenblatt paßt das und es funktioniert auch. Auffällig sind die großen Spulenbecher und auch der große Drehko, wenn man die (nicht gerade kleinen) Stiftröhren als Vergleichsmaßstab nimmt.

Das nächste ist ein Blick von oben auf das ausgebaute Chassis.

Hier fallen ebenfalls die großen Spulenbecher und der große Zweigang-Drehko auf, auch im Vergleich zur Größe des Netztrafos. Zwischen Drehko und Netztrafo wurde ein Ausgangs-Übertrager 7kΩ/4,5Ω nachgerüstet, damit das Gerät auch mit einem niederohmigen Lautsprecher betrieben werden kann.

Weiterhin ist es bei Truhen mit Endpentoden durchaus nicht unkritisch, wenn der Lautsprecher abgeklemmt wird, weil dann der gesamte Emissions-Strom der Pentode zum Schirmgitter fließt, wodurch dieses i.d.R. überlastet wird und "verglüht". Abhilfe schafft z.b. ein ausreichend großer Vorwiderstand im Schirmgitter. Allerdings verringert sich dadurch die Sprechleistung. Eine weitere Möglichkeit ist eine Schaltbuchse, die bei der Entfernung des Lautsprecher-Steckers die Ausgangsbuchse kurz schließt. Dies ist bei Pentoden zulässig, weil die Größe des Anodenstromes (fast nur) durch die Spannung am Schirmgitter bestimmt wird (für konstante Steuergitter-Spannung).

Die Lösung mit der Schaltbuchse wurde hier gewählt, wobei diese bei diesem Exemplar nicht beschaltet war.

Einen Blick unter das Chassis zeigt das nächste Bild.

Die zu Beginn der 90'er Jahre verbauten "Wimas" sind gut zu erkennen. Der Becher-Block zeigt als Datum 10.34. Auf einem Poti steht allerdings ein Datum vom Frühjahr '35.

Ob die Kondensatoren noch ausreichend "dicht" sind, wurde wie folgt gemessen. Das Chassis ohne Röhren wurde mit Hilfe eines Netzgerätes mit 250V Anodenspannung versorgt und gleichzeitig die Stomaufnahme kontrolliert. An den Gitter-Pins der Röhrensockel läßt sich dann mit Hilfe eines hochohmigen Voltmeters feststellen, ob da eine (geringe) positive Spannung meßbar ist. Wenn nicht, sind die betreffenden Kos noch brauchbar. (Es ist auch möglich, die Anodenspannung mit der RGN1064 zu erzeugen. Die Messung des Stromes ist dann aufwändiger.)

Die Kos waren noch i.O., also sollte das Gerät spielen. Tat es aber nicht.

Angeregt durch die Funktionsbeschreibung im "Handbuch der Funk-Technik" war nun die Gelegenheit gegeben, einiges zu untersuchen.

Als "neuartig" waren dort die "Eisenspulen" beschrieben. Man findet diese im Vorkreis und in den Bandfiltern.

Hier zunächst der Vorkreis.

Die obere Spule ist die (mit dünnem Draht gewickelte) LW-Spule, die zusätzlich dicht am oberen Deckel des Abschirmtopfes ist. Beide Maßnahmen sorgen dafür, daß die Kreisgüte nicht zu groß und damit der LW-Kreis keine zu geringe Bandbreite erhält.

Die MW-Spule ist in der Mitte angeordnet. Man sieht hier darüber (ewas unscharf) den Zylinder aus Eisenpulver. Das nächste Bild zeigt die MW-Spule deutlicher.

Der "Zahn der Zeit" hat den Zylinder aus Eisenpulver etwas "angeknabbert". Nicht so deutlich ist auf dem Bild zu sehen, daß der Zylinder auch noch unterhalb der Spule etwas herausragt.

Nun ein Blick auf das 1. Bandfilter (nach der Mischröhre AK1).

Man erkennt 2 "Etagen", jeweils mit einem ZF-Kreis. Dazwischen ist eine Trennwand. Die Kopplung der Kreise erfolgt kapazitiv mit Hilfe von 2 (grünen) Scheiben-Kondensatoren (wenige pF). Die Serienschaltung dieser beiden Kondensatoren sorgt für eine streng symmetrische Anordnung. Die Schirmwand kann allerdings nicht das Magnetfeld der beiden Spulen abschirmen. Damit keine (zusätzliche) magnetische Verkopplung entsteht, sind die beiden Spulen so angeordnet,  daß sie sich magnetisch nicht "sehen". Die Kreis-C's waren marode und mußten ersetzt werden, hier durch eine besonders hochwertige Ausführung.

Detailaufnahmen der beiden Kreise lassen den Zylinder aus Eisenpulver gut erkennen.

Zu sehen ist auch der "Quetscher" zum Frequenzabgleich des Kreises.

Im nächsten Bild der untere Kreis.

Im Unterschied dazu hat der Oszillator-Kreis keine "Eisenspulen". Vielmehr ist die Spule sehr ähnlich zur Oszillatorspule des Imperial 5W (ausgenommen die Padding-Kondensatoren).

Oberhalb der Spule sind die beiden (orange farbigen) hochwertigen Padding-Kondensatoren (Marke: Hescho) und darüber jeweils ein Quetscher.

Detailaufnahme der Paddings.

Nun zeigte es sich, daß der Rotor des Drehkos wackelte. An der Seite, wo die Achse mit einer Kugel gelagert ist, hatte er mehrere mm Spiel. Na ja, das Gehäuse ist aus Zink-Druckguß. Aber glücklicherweise nicht rissig. Aber "ausgewichen" ist es schon, wie man bei genauem Hinsehen erkennt.

Da der Plattenabstand recht groß ist (verglichen mit modernen Drehkos), ließ sich das Lager nachjustieren, ohne daß dabei Plattenschluß entstand.

Um an das Lager heran zu kommen, mußte allerdings zunächst auch noch das Sperrfilter ausgebaut werden.

Das Filter hat 3 Anschlüsse und eine zentrale Befestigung mit einer Schraube in der Mitte. Es gibt aber nur eine Möglichkeit, das Filter wieder einzubauen, weil die Abstände der Anschlüsse nicht gleichmäßig sind.

Der elektrische Fehler, weshalb das Radio keinen Empfang hatte, lag jedoch bei den Potentiometern. Diese zeigten (meßtechnisch) zu hohe Werte.

Zunächst das Poti der Tonblende.

Hier genügte es, die Lötfahnen zu reinigen (Stahlbürste) und es wieder anzulöten. Man beachte die montagefreundlichen Aussparungen am Chassis. 

Viel schwieriger war das Doppel-Poti am Antennen-Eingang und für den Anodenstrom der ZF-Röhre RENS1294. Beide mit 20kΩ Gesamtwiderstand, jedoch + logarithmisch für die Antennenspannung und - logarithmisch für den Anodenstrom.

Auch dieses mußte ausgebaut werden. Während beim vorderen Teil (+ log) die Reinigung der Anschlüsse genügte, war beim hinteren Teil (- log) das nicht ausreichend. Dieser Teil zeigte mit dem Ohmmeter alles Mögliche an, wobei die gemessenen Werte undefiniert schwankten. Folglich mußte das Poti geöffnet werden.

Man erkennt eine Pertinax-Scheibe mit einem Bolzen (unten) zur Betätigung des Netzschalters und oben den Kohle-Pin des Schleifers.

In zerlegtem Zustand sieht das dann so aus:

Wenn der Widerstandswert schwankt, sind irgend welche (undefinierten) Übergangswiderstände im Spiel. Die Kohlebahn zeigt Spuren, aber auch der Schleifer.

Kurz und knapp: Reinigen ist erfolglos geblieben, Kontakte nachbiegen ebenfalls.

Die Kohlebahn wurde bei der ersten Restaurierung zu Beginn der '90er Jahre ersetzt, weil sie korrodiert war. Dies ist ein wohlbekannter Effekt, der häufig entsteht, wenn über ein Poti ein Gleichstrom fließt, so wie bei diesem Radio, bei dem der Anodenstrom der ZF-Röhre und der Schirmgitter-Strome, sowie der Strom durch den Teiler darüber fließt. Die jetzt hier vorhandene Kohlebahn hat auch nur (nominell) 10kΩ statt 20kΩ. Schließlich mußte eine gefunden werden, die sowohl elektrisch, wie auch mechanisch (halbwegs) paßt.

Zu Beginn der '90er Jahre spielte das Radio. Was ist also jetzt mit dem Poti los? Nun schließlich zeigte es sich, daß die Kohlebahn ca. 0,2mm Abstand vom Boden des Gehäuses hat. Sobald nun der Schleifer darauf drückte, verbog sich die Bahn (kaum wahnembar) und damit offenbar die Nietung zwischen Kohlebahn und Anschluß. Abhilfe brachte schließlich, den Zwischenraum mit Hilfe einer dünnen Pappe  auszufüllen. Nun geht das Radio wieder.

Eine Bemerkung noch zu den Schaltbildern.

Regelin hat einen Fehler an der Stelle, wo das Sperrfilter für LW sitzt. Auch Lange-Nowisch ist nicht fehlerfrei. Die Pläne von ART und aus dem Handbuch der Funktechnik stimmen (fast); hier ist auch ein Originalplan von Stassfurt dabei.

Der Schaltkontakt für die Lautsprecherbuchse ist in keinem Plan verzeichnet. Ebenfalls sind die Trimmer parallel zu den Padding-Kondensatoren nicht vermerkt. In dem Gerät mit der Nr. 12942 ist zusätzlich die Tonblende anders als in den Plänen, nämlich nicht an der NF-Vorröhre (REN904) sondern an der Anode der Endröhre (RES964).

Einen Plan, bei dem diese Änderungen  eingetragen sind, ist hochgeladen und hier in klein zu sehen.

Zum Abgleich des Gleichlaufs ist hier eine Besonderheit zu beachten. Der Eingangskreis kann nur über den Trimmer auf dem Drehko justiert werden (am oberen Ende, bei hohen Frequenzen). Die Spulen für LW und MW haben keine Abgleichmöglichkeit. Dafür können die Padding-Kondensatoren mit Hilfe der Quetscher verändert werden. Das wirkt sich am unteren Ende (bei niedrigen Frequenzen) aus, weil da der Drehko seine maximale Kapazität hat. Das also statt L-Abgleich der Spulen. Nachteil ist dabei, daß sich die Oszillatorfrequenz und damit die Skalierung der Skala (etwas) verschiebt.

(Diese Methode des Abgleichs findet sich häufig bei US Geräten, insbesondere dann, wenn diese eine Rahmenantenne haben.)

MfG DR

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.