stassfurt: 5 (5 W); Lautstärke-Potentiometer mit Taumelscheibe
stassfurt: 5 (5 W); Lautstärke-Potentiometer mit Taumelscheibe
Beim Staßfurt Imperial 5W wird die Lautstärke mit Hilfe eines 500 kΩ Potentiometers geregelt. Mit Hilfe dieses Potentiometers wird die Schirmgitter-Spannung der HF Vorröhre und der ZF Röhre (beide RENS1264) variiert. Damit läßt sich die Empfangs-Lautstärke einstellen, jedoch nicht die NF Lautstärke z.B. für Tonabnehmer. In den '30er Jahren war das aber so üblich.
Ein Lautstärke-Potentiometer wird (zwangsläufig) sehr oft verstellt. Besonders auch bei diesem Modell, das keine effektive Schwundregelung besitzt.
Hochohmige Potentiometer haben Widerstands-Bahnen aus einer Kohleschicht. Früher war diese offenbar gegen Abrieb durch den Schleifarm nicht so stabil wie das möglicherweise bei neueren Potentiometern der Fall ist. Daher wurde eine Konstruktion gewählt, die das Schleifen eines Kontaktes auf der Kohlebahn vermeidet. Diese ist beim ersten Anblick zunächst verblüffend.
Dies ist ein Blick in das geöffnete 500 kΩ Potentiometer. Außerhalb erkennt man die 3 Anschlußfahnen. Im Inneren ist der Dreharm zu sehen, der isoliert auf eine Pertinax-Scheibe aufgenietet ist. Weiterhin sieht man eine Schraube, die den Kontakt (von der Taumelscheibe) zur mittleren Anschlußfahne herstellt. Das Verblüffende ist diese Taumelscheibe, die fast so aussieht, wie eine "abgehobene" Widerstandsbahn. Aber die Widerstands-Bahn liegt tatsächlich darunder.
Dreht man nun an der Achse des Potis, so erkennt man, daß die Taumelscheibe, die aus sehr sehr dünnem Stahlblech (?) besteht, vom Dreharm so verformt wird, daß er sie jeweils in einem schmalen Bereich an die Widerstands-Bahn andrückt. Dadurch hat man kein Gleiten eines Kontaktes über die Widerstands-Bahn, sondern ein Abwickeln des kontaktgebenden Teils der Taumelscheibe. Abrieb der Widerstands-Schicht wird so gänzlich vermieden.
Das Poti sollte also über die Jahre verschleißfrei arbeiten. Tatsächlich zeigte eine Widerstands-Messung, daß sich ein zu hoher - und vor allem - schwankender Wert ergab.
Also ersetzen? Aber wodurch? Von Potentiometern ist bekannt, daß diese i.a. bei Belastung durch Gleichstrom (so wie das hier der Fall ist) über kurz oder lang zu Kratzgeräuschen neigen. Ein "neues" Potentiometer ist somit keine sichere Lösung des Problems.
Also, ausbauen und Schutzdeckel abnehmen. Ergebnis siehe das obere Bild.
Mit dem Ohmmeter kann man nun auch innerhalb des Gehäuses des Potentiometers messen. Man sieht ja die inneren "Verlängerungen" der Anschlußbahnen. Und hier stimmte der Widerstandswert von 500 kΩ zwischen linkem und rechtem Anschluß!? Ja, aber an den äußeren Anschlußfahnen gibt es trotzdem schwankende Werte??! Zwischen innen und außen muß aber bei jeder Anschlußfahne 0 Ω sein. War es aber nicht, sondern ein schwankender Wert.
Das Poti ließ sich nicht vollständig zerlegen, sondern es konnte nur der Schleifer und die Achse heraus genommen werden. Eine genauere Inspektion mit Hilfe einer Lupe ergab, daß die inneren Kontakte und die äußeren Anschlußfahnen nicht ein einzges Stück darstellen, sondern daß die beiden Teile sich nur auf einer (nicht allzu großen senkrechten) Fläche berühren und durch die recht stabile schwarze Isolierschicht (Außenrand innerhalb des Gehäuses) gegen einander gedrückt werden.
Im Laufe der Jahre konnte es nicht ausbleiben, daß sich zwischen den jeweiligen Kontaktflächen eine Oxydschicht (oder sonst irgend etwas schlecht Leitendes) ausgebildet hatte. Das führte zu den schwankenden Widerstandswerten.
Als Abhilfe wurde für die beiden außeren Anschlüsse je ein 1mm Loch durch die schwarze Isolierschicht gebohrt und ein dünner Draht innen und außen angelötet. (Oszillin hatte hier nicht ganz zuverlässig gewirkt.) Nun funktioniert das Poti wieder einwandfrei.
Diese Sorte Potentiometer gab es in den '30er Jahren offensichtlich von mehreren Herstellern, wie aus dem "Handbuch der Funk-Technik, Bd. 2." zu entnehmen ist.
MfG DR
Nachtrag:
Das Potentiometer Bild 216 hat eine Kohlebahn, während das Potentiometer Bild 217 aus einem sehr dünnen Widerstandsdraht hergestellt ist, wie aus dem Bild erkennbar ist. Dieser dünne Draht könnte reißen, wenn da ein Kontakt direkt darauf schleift.
Eine gewisse Ähnlichkeit des Prinzips (Vermeidung von Abrieb) findet sich auch bei dem Silit-Stab mit veränderlichem Widerstand von 1926.
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Weitere Fundstellen
Hallo Herr Rudolph,
dieses interessante Prinzip findet sich auch im Sachsenwerk ESWE 343L, dort sind die Bahnen drahtgewickelt, und im Manufrance BA 36 mit Kohleschicht.
Im Sachsenwerk gibt es ein niederohmiges Poti, das auch heute noch funktioniert. Beim hochohmigen war der Draht am "lauten" Ende hin (Fernempfang), das ließ sich aber auf der Rückseite flicken. Ohne das Schleiferprinzip wäre davon sicher nicht so viel übrig geblieben.
Beim Manufrance drängt sich der brauchbare Lautstärkebereich auf einen winzigen Drehwinkel zusammen. Dort kam kein Kontakt mehr zustande. Polieren der Kontaktringe half nicht, deshalb habe ich schließlich vorsichtig die Bahnen gereinigt. Die Vorsicht zahlte sich aus, denn der Widerstand beider Bahnen stieg merklich an, blieb aber brauchbar - glücklicherweise gemessen und dokumentiert. Und es brachte den Kontakt wieder, wenn auch nicht hundertprozentig. Da die Gitter der nachfolgenden Röhren gleichstrommäßig über das Poti angebunden sind, führt das zu donnernden Lautsprechertests. Ich habe ausnahmsweise umgebaut und mit zusätzlichen RC-Kombinationen entkoppelt. Bahnen? Jawohl! Jede bedient eine Hälfte eines Gegentaktverstärkers.
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Hochohm-Potentiometer
In diesem Forum-Beitrag (Post 4) wird der Aufbau eines Hochohm-Potentiometers in einem Lumophon-Gerät beschrieben. Es umgeht durch seinen Aufbau ebenfalls, dass der Schleifer ständig auf der damals noch besonders empfindlichen Widerstandsschicht gleitet.
Wolfgang Eckardt
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Weitere Beispiele hochohmiger Potentiometer
Als Ergänzung noch weitere Beispiele von Hochohmpotentiometern aus dem schon zitierten Band 2 des "Handbuchs der Funk-Technik".
Zunächst 2 Beispiele, die große Ähnlichkeit (in der Lösung des Problems mit dem Abrieb der Widerstandsschicht) mit dem "Standard" Potentiometer aus dem Lumophon-Gerät haben. Bei dem "Kabi" Potentiometer ist die Ähnlichkeit sehr deutlich.
Die Fa. Preh hat konstruktiv einen größeren Aufwand betrieben, wie man auch am Bild 218 erkennt.
In Bild 224 ist noch einmal eine Ausführung mit der Taumelscheibe zu sehen, ähnlich der Abb. 217 aus Post #1.
MfG DR
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Danke für die Infos!
Das sind sehr interessante Details, die durch diese Postings in Erinnerung gerufen werden, so dass sie nicht so schnell in Vergessenheit geraten!
Mein Imperial 5 steht schon lange herum, ohne dass ich rechte Lust verspürt hätte, mich mit seiner Restaurierung zu beschäftigen. Das könnte sich aber bald ändern, denn ich habe vor kurzem solche Geräte in Betrieb erlebt und war von deren Leistungsfähigkeit angenehm überrascht. Ja, wenn man erstmal weiß, was am Ende einer Restaurationsstrecke herauskommen kann, dann wirkt das mitunter sehr motivierend...
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