Schaltungsanalyse Stassfurt Mikrohet W - Problem gelöst

ID: 178321
Schaltungsanalyse Stassfurt Mikrohet W - Problem gelöst 
02.Dec.08 21:10
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Gerald Gauert (D)
Redakteur
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Ich bin dabei einen Mikrohet W zu restaurieren. Der vorgefundene Zustand ist folgender:

- alle zwischen Messingfedern geklemmte Widerstände und Kondensatoren fehlen,
- Kippschalter zur Wellenbereichsumschaltung mit einer zusätzlichen L/C-Kombination fehlt,
- Drahtpoti für Lautstärkeeinstellung fehlt
- Blockkondensator mit 2x 1-2µF fehlt.
- einige Drähte sind abgekniffen worden

Durch die freundliche Unterstützung eines Sammlerkollegen war es möglich, die Werte und Anordnung aller fehlenden Bauelemente zu ermitteln. Allerdings ist mir ein Schaltungsdetail der selbstschwingenden Mischstufe mit REN704d unklar. Im folgenden Bild zeige ich einen Ausschnitt der, von Herrn Walz erstellten Schaltung, aus der Stassfurt-Chronik. Die Induktivität am Umschalter habe ich entsprechend Innenfoto eines anderen Mikrohet ergänzt.

 

Nun zu meiner Frage. Der Schalter dient der Umschaltung der Oszillatorfrequenz für den Wellenbereich 200m-700m in Stellung 1 und 1000m-2000m in Stellung 2. Für Schalterstellung 1 ist alles klar, der Drehko liegt an Masse und bildet mit der Spule einen Parallelschwingkreis. Die zweite Spule liefert das Rückkopplungssignal von der Anode. In Schalterstellung 2 verändert sich die Schaltung wesentlich und die Funktionsweise ist für mich vollkommen unklar. Liegt hier ein Schaltungsfehler vor oder kann mir jemand die Funktion erklären?

Gerald Gauert

Ergänzung 4.Dez.2008:

Ich habe telefonisch den Hinweis bekommen, dass diese Schaltung für Langwelle schon Sinn macht, wenn die Induktivität der zusätzlichen Spule bedeutend größer ist als meine geschätzten 50µH. Die Schätzung basierte auf folgendem Foto:

Angenommen, die dargestellte Spule mit 45mm Durchmesser hat ca. 500µH(Wert zu groß, siehe unten), dann bildet sie zusammen mit der Schwingkreisspule für Mittelwelle und dem Drehkondensator einen Serienresonanzkreis für die Langwellenfrequenz. Das Gitter der REN704d liegt bei dieser Betrachtung an einer "Anzapfung" der Gesamtinduktivität. Der 4nF Kondensator dient der gleichstrommäßigen Entkopplung. Inwieweit die Rückkopplung als Voraussetzung für die Oszillatorschwingung weiterhin über die Rückkopplungsspule erfolgt oder auch über die Ankopplung am kalten Ende des ZF-Filters ist mir noch nicht klar.
Hier einige Messwerte:

  • Schwingkreisinduktivität (MW): 280µH
  • Rückkopplungsspule:               172µH
  • Drehko - Anfangskapazität:       40pF
  • Drehko - Endkapazität:             560pF

05.12.2008: Rechenfehler korrigiert , die Oszillatorfrequenz liegt um die ZF von 124khz höher als die Empfangsfrequenz, deshalb sollten ca. 500µH als Verlängerungsspule ausreichend sein.

11.12.2008: Problem gelöst
Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich für die fachliche Unterstützung per e-Mail und Telefon durch Herrn Leber und Herrn Stadler bedanken.

Die erste Erkenntnis besteht in der Tatsache, dass bei Mittelwelle ein Parallelschwingkreis, bei Langwelle ein induktiv angezapfter Serienschwingkreis wirkt.
Der zweite wichtige Hinweis, die in Reihe geschalteten Spulen sind ja induktiv gekoppelt! Daraus folgt, dass die Gesamtinduktivität nicht etwa der Addition der Einzelinduktivitäten entspricht
sondern:

Zitat aus Wikipedia: "Bei magnetisch eng gekoppelten Induktivitäten (zum Beispiel eines Transformators) erhöht sich die Gesamtinduktivität mit dem Quadrat der Windungszahl-Zunahme. Zwei gleiche Induktivitäten auf einem gemeinsamen Kern liefern daher bei Reihenschaltung die vierfache Gesamt-Induktivität."
Somit ist die Gesamtinduktivität ausreichend groß, um die Oszillatorfrequenz für Langwelle zu erzeugen, die im Foto dargestellte Spule dient nur zum Feinabgleich.

Heute habe ich in der Zeitschrift "Die Sendung" vom November 1928 die Schaltungsbeschreibung eines Stassfurter Mikrohets gefunden. Die Wellenbereichsumschaltung ist mit dem Nachfogetyp Mikrohet_W identisch. Hier nun ein Auszug aus dem Schaltplan und der Beschreibung:

  

"Besonders interessant ist die Umschaltung für die beiden Wellenbereiche. Für kurze Wellen liegt der Drehkondensator C parallel zur Schwingkreisspule L. Die Rückkopplungsspule ist induktiv gekoppelt. Will man auf lange Wellen umschalten, so wird der Rotor des Drehkondensators C, der vorher mit der Heizleitung verbunden war, über einen 1000cm-Blockkondensator CB1 mit der Anodenkreisspule verbunden. Der Langwellenoszillatorkreis besteht nun aus der Serienschaltung des Drehkondensators C mit dem Blockkondensator CB1 und der Serienschaltung der Oszillator- und Rückkopplungsspule, denn die Anodenbatterie kann man für Hochfrequenz als Kurzschluss betrachten. Voraussetzung bei dieser Schaltung ist natürlich, dassdie Rückkopplungsspule so groß gewählt wird, dass die Serienschaltung der beiden Spulen den Bereich der großen Rundfunkwellen überdeckt."

Das Problem der Schaltungsdimensionierung ist gelöst. Ich werde das Gerät zuerst auf Mittelwelle zum Laufen bringen und erst einmal ohne Verlängerungsspule die Oszillatorfrequenz für Langwelle ermitteln. Der letzte Schritt ist dann der Feinabgleich mittels Verlängerungsspule.
Nach Abschluss der Restaurierung werde ich Gerätefotos und Schaltplan zum Modell laden.

Gerald Gauert

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