telefunken: Telefunken D860WK - Technische Beschreibung und Reparatur

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17.Jun.21 12:19
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Harald Giese (D)
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Harald Giese

Telefunken D860WK - Technische Beschreibung und Reparatur

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 1.   Einführung

Seitdem mir ein Freund vor vielen Jahren einen EKCO PB510 mit defektem Motorantrieb geschenkt hat, faszinieren mich Radiogeräte mit Drucktastenabstimmung. Mit Unterstützung des "Radioman" Philip Knighton in Wellington / Somerset / UK, gelang es mir damals das Radio wieder in Stand zu setzen. Damals verwendete man zur "Stationsprogrammierung" noch eine Sektorscheibe mit Kontaktreitern auf der motorgetrieben Achse des Abstimmdrehkos. Die Sektorscheibe hatte 2 voneinander isolierte Kontaktbahnen, die mit den Linkslauf - / Rechtslauf - Anschlüssen des Motors verbunden waren. Der jeweils mit einer Taste angewählten Kontaktreiter wurde mit der Spannungsversorgung verbunden. So begann der Motor je nach gedrückter Taste in die eine oder andere Richtung zu drehen, bis der Reiter auf das zwischen den Sektoren liegende Isolierstück traf. Für die Programierung genügte es einen Sender einzustellen, eine Taste zu drücken und den zu dieser Taste gehörigen Kontaktreiter auf die stromlose Stelle zwischen den Kontaktbahnen der Sektorscheibe setzen.

Diese Methode der Senderabstimmung mit Hilfe von motorgetriebenen Drehkos hatte sich in der 2. Hälfte der 30er Jahre noch über einige Jahre hin gehalten (z.B. beim Blaupunkt 11W78) und wurde ja interessanterweise von Grundig (z.B. 5050W/3D) und Philips (Capella 753)  in den 1950er Jahren für ihre Geräte mit Sender - Abstimmung über Speichertasten wieder aufgegriffen.

Der Hersteller SABA beschritt mit seiner Motorabstimmung einen anderen Weg und verband bereits 1937 beim 950WLK den motorischen Sender-Suchlauf mit einer automatischen motorischen Scharfabstimmung. Das Prinzip wurde ab 1954 mit dem Freiburg Automatic sehr erfolgreich wieder aufgegriffen. Natürlich wurde der Motor dabei nicht über eine Sektorscheibe sondern über einen Phasendiskriminator angesteuert. Stationsspeicher gab es dagegen nicht.

Heutzutage geht das natürlich alles viel einfacher: man verwendet in den abgestimmten Kreisen Varicap - Dioden, die man über Trimmpotentiometer oder spezielle ICs mit stabilisierten Gleichspannungen beaufschlagt und die Oszillatorfrequenz mit Hilfe einer PLL - Steuerung "festklemmt".

Letztenendes blieb man aber bei der kapazitive Abstimmung. Schon seit langem gab es aber auch Bestrebungen, die Sendersbstimmung nicht auf kapazitivem sondern auf induktivem Weg durchzuführen und anstelle des Drehkos Festkondensatoren zu verwenden. Dies bot sich insbesondere für Drucktastengeräte an, da die ganze Motorsteuerung viel Raum beanspruchte, komplex, fehleranfällig und kostspielig war. Natürlich kennt man die Methode der induktiven Abstimmung aus Autoradios der 1950er Jahre, bei denen die Senderprogrammierung durch manuell betätigte Spulen - Variometer erfolgte. Man stellte einen Sender ein, zog die zu programmierende Taste heraus, und drückte sie wieder hinein. Beim Herausziehen löste man die Arretierung einer Wippenmechanik, die die Eintauchtiefe der Kerne in die HF - Spulen bestimmte, bei Wiederhineindrücken der Taste legte sich ein Riegel an die Wippe und sie wurde in dieser Position fixiert. So wurden bei jedem Drücken der Taste die Spulenkerne gleich weit eingefahren - der Sender war programmiert.

Es ging aber noch viel einfacher: Jemand hatte in den 30er Jahren die Idee, für jede Stationstaste einen eigenen Vor- / Oszillatorkreis vorzusehen, der - laiensicher - durch manuell verstellbare Spulenkerne auf die gewünschte Senderfrequenz abgestimmt werden konnte.

Das klangt zunächst einmal ganz einfach, konfrontierte die Entwickler aber mit einer ganz neuen Aufgabe: der optimalen Wahl der Temperaturkoeffizienten (TK) der Schwingkreiskondensatoren zur Vermeidung von Frequenzdrift. Der mit einer Stationstaste angewählte Sender durfte nämlich auf gar keinen Fall "weglaufen". Während man bei der normalen Abstimmung den Sender notfalls ein wenig mit dem Senderknopf nachstellen konnte, musste man das bei den Feststationen unbedingt vermeiden. Die Einstellspindeln für die Spulenkerne waren nämlich (i) kniffelig einzustellen und (ii) durch Zierblenden verborgen und man konnte dem Kunden unmöglich zumuten, wiederholt die Blenden abzuschrauben und die Spindeln neu einzustellen.

Natürlich stellt sich die Frage: Warum hatte man das Problem der Frequenzdrift nicht auch schon früher?

Die Antwort: Bei der Abstimmung mit einem Drehkondensator gleichen sich die Temperaturkoeffizienten der Schwingkreiskomponenten  ungefähr aus: Beim Drehkondensator vergrößert sich bei Erwärmung der Plattenabstand ⇒ die Kapazität sinkt ⇒ der TK ist negativ. Bei Erwärmung der Spule erfährt diese zwar ebenfalls eine Volumenausdehnung. Da ihre Induktivität aber quadratisch mit dem Spulendurchmesser ansteigt, aber nur linear mit der Länge abnimmt  ⇒ ist der TK positiv.

Soll die Senderabstimmung nun durch Induktivitätsänderung der Schwingkreisspule erfolgen, so muss man folglich im Interesse hoher Frequenzstabilität Festkondensatoren mit passendem negativem TK einsetzen um den positiven TK der Spule zu kompensieren.

Es gab 2 Wege aus dieser Problematik:

Den 1. Weg beschritt Körting mit seinem Spitzenmodell von 1939/40, dem Dominus 40WK zum Preis von 495 RM. Um ganz sicher zu gehen, tüftelte man nicht länger an der optimalen Temperaturkompensation der Drucktastenkreise, sondern versah das Gerät mit einer automatischen Scharfabstimmung, die den Oszillator über eine Reaktanzröhre (damals als "Schubrohr" bezeichnet) "festhielt".  Hier noch einmal die Schaltung:

 

 

Den 2. Weg beschritt Telefunken mit seinem ebenfalls 1939/40 erschienenen Modell D680WK, das man fast zum gleichen Preis wie den Körting Dominus 40WK erwerben konnte: 500 RM.

Telefunken ersparte sich den Aufwand der automatischen Scharfabstimmung für die Stabilisierung der Senderabstimmung und investierte dafür mehr Entwicklungszeit in die geschickte Wahl der Temperaturkoeffizienten der in den Drucktastenkreisen verwendeten Kondensatoren. Dabei kam den Entwicklern zugute, dass die Firma HESCHO seit kurzem keramische Kondensatoren aus dem "CONDENSA N" getauften Material herstellte, die negative Temperaturkoeffizienten hatten und mit deren Hilfe man den postiven TK der Abstimmspulen kompensieren konnte. Die Dimensionierung der Komponenten in der Drucktasten-Senderwahl gelang den Entwicklern tatsächlich so gut, dass Telefunken für den D860WK eine Stabilität von 300 Hz versprach.

Neben den 3 üblichen Wellenbereichen KW, MW und LW verfügte das Modell D860WK über 9 Drucktasten, mit deren Hilfe man zwei LW - Sender und sieben MW - Sender anwählen konnte. Die Einstellschrauben für die Stationswahl befanden sich diskret versteckt hinter der Zierblende mit dem TELEFUNKEN - Namenszug. Weitere Extras waren das Magisches Auge (EM11) mit zwei unterschiedlich empfindlich reagierenden Leuchtsektoren und die Bandbreitenregelung mit kombinierter Tonblende.

Zwangsläufig fragt man sich, warum das Telefunken Modell angesichts seiner einfacheren Technik nicht preisgünstiger war. Der Grund dafür dürfte - neben dem Markennamen Telefunken - darin liegen, dass der Körting Dominus 40WK aussah wie ein Radio, eben genauso wie Radios schon lange aussahen. Der Telefunken D860WK hingegen, mit seinen 5 seitlich angestrahlten, quasi von innen heraus leuchtenden Glasstreifen - Skalen und dem ebenfalls beleuchteten Skalenzeiger sah aus wie ein Kunstobjekt, das jedem gutbürgerlichen Salon zur Zierde gereichen konnte. 

Vor einiger Zeit hatte ich das große Glück einen D860WK zu erwerben und werde ihn in diesem Bericht näher beschreiben.


 

2. Äußeres und Bedienung

 

 

 Gehäuseaufkleber, Chassis - Prüfstempel (8.Sept. 1939) und Fabrik Nummer (i 12850 t):

 

 Skalen und Bedienspindeln der Drucktasten - Spulenkerne:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


2.1     Bedienelemente und Anschlüsse

Das Gerät verfügt über die folgenden Bedienelemente:

Front:

(i) Links: Zug-/Druckschalter Ein/Aus kombiniert mit Lautstärkeregler

(ii) Mitte: 10 Drucktasten, davon 9 für die Anwahl vorprogrammierter Sender, 1 Taste zur Umschaltung von Radio- auf Grammophonbetrieb

Mittig zwischen den Drucktasten der Knebelknopf für die Änderung der Bandbreite; Linksanschlag → schmal, Rechtsanschlag → breit

(iii) Rechts: Senderabstimmung: Kann "GROB" über den großen Knopf, oder "FEIN" über den koaxialen kleinen Knopf erfolgen, der über einen Planetentrieb mit dem äußeren großen Knopf gekoppelt ist..

Rechte Seitenwand:

(i) Oberer Knopfschalter: Klangfarbe, unterer Knopfschalter: Skalenscheibenbeleuchtung Ein/Aus

(ii) Wellenbereichsschalter: 4 Stellungen: KW, MW,LW, Drucktasten-Senderwahl. Je nach angewähltem Wellenbereich leuchtet die zugeordnete Skalenscheibe. Aufgrund der großen Senderzahl wurde die MW - Skala auf 2 Skalenscheiben verteilt.

In der 4. Schaltstellung des Wellenschalters (Rechtsanschlag) leuchtet die kleine Scheibe rechts oben mit dem Drucktastensymbol. In dieser Stellung ist die normale Senderabstimmung außer Funktion. Die Sender werden nun mit Hilfe der Drucktasten angewählt (siehe unten). Die Frequenzbelegung der verschiedenen Drucktasten war ursprünglich bereits werksseitig voreingestellt. Die Belegung kann aber nachträglich geändert werden. Siehe Abschnitt 2.2.

Rückseite:

 

(i) Kippschalter "Stationswähler" für den Wechsel von  Normalbetrieb auf Drucktastenprogrammierung

 

 

(ii) Schalter für externen Lautsprecher

 


 

2.2 Senderprogrammierung der Drucktasten

Dazu muss man zunächst wissen, dass die Tasten 1 und 2 von links für die Programmierung von Sendern ausschließlich im LW - Bereich vorgesehen sind. Die Tasten 3 - 9 für Sender ausschließlich im MW Bereich. Taste 10 schaltet das Gerät von Radioempfang auf Grammophon - Wiedergabe um.

Auf S. 9 der Bedienanleitung ist dargestellt, welche Frequenzbereiche durch die verschiedenen Tasten erfasst werden.

 

 

 

Will man die Stationsvorwahltasten für bestimmte Sender programmieren, so existieren hierfür im Prinzip zwei Möglichkeiten:

 

2.2.1     LW - Sender Programmierung

Man schaltet zunächst den Wellenbereichsschalter auf die Position 4 (Rechtsanschlag). In dieser Schalterstellung wird die kleine Scheibe rechts oben mit dem Drucktastensymbol angestrahlt.

Nun schraubt man die Frontblende mit dem Telefunken - Namenszug ab. Dahinter werden die Spindeln für die Sendereinstellung sichtbar. Ursprünglich gab es zum Einstellen der Spindeln einen speziellen Steckschlüssel, der allerdings meistens nicht mehr vorhanden ist. Ein kleiner Schraubenzieher verrichtet denselben Dienst.

In der Telefunken Bedienanleitung wird die Vorgehensweise für die Programmierung von LW - Sendern folgendermaßen beschrieben:

 


 

2.2.2     MW - Sender Programmierung

Für die Programmierung von MW - Sendern schlägt Telefunken eine kompliziertere Methode vor. Bei dieser Methode wird, wie später noch detailliert beschrieben, die Eingangsstufe so umgeschaltet, dass sie als Hilfsoszillator auf dem MW- Berich fungiert. Dieser Hilfsoszillator ist so geschaltet, dass er exakt synchron zur MW - Abstimmung läuft.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

3.  Die Schaltung

3.1   Überblick

Für die folgende Schaltungsanalyse verwende ich das Originalschatbildbild aus dem Telefunken Werkstattbuch 1938 / 39, da es mir am übersichtlichsten erscheint. 

 

 

 

Beim D860WK handelt es sich um einen 8-Kreis, 6- Röhren Vorstufensuper mit einer Zwischenfrequenz von 468 KHz (473 KHz bei der Ausgabe "WEST" zwecks Reduktion von Interferenzpfeifstellen), der als Vorverstärkerröhre die rauscharme, regelbare HF - Vorstufenpentode EF13 verwendete.

Als Oszillator- / Mischröhre fand die regelbare Triode-Hexode ECH11 Verwendung. Mit dem Ziel einer variablen ZF - Bandbreite wurde zwischen der Mischröhre und der ZF - Verstärkerröhre, der Pentode / Duodiode EBF11 ein Zweikreisbandfilter mit variabler Kopplung eingefügt. Auf die EBF11, die neben der Funktion als ZF - Verstärker auch die NF - Demodulation und die Erzeugung der Schwundregelspannung übernimmt, folgt ein ebenfalls mit variabler Kopplung ausgerüstetes  Dreikreisbandfilter. Der  Kopplungsgrad zwischen den zwei bzw. drei Schwingkreisen der beiden Bandfilter und somit die Breite der ZF - Durchlasskurve kann synchron über ein gemeinsames Exzentergestänge verstellt werden.

Für die NF - Verstärkung wurden die Stahlröhren EF11 und die Leistungspentode EL12 eingesetzt, deren 8 W Sprechleistung in Kombination mit dem 30 cm Durchmesser Breitbandlautsprecher und einem fein abgestimmten Gegenkopplungsnetzwerk eine erstaunlich Klangfülle liefert.

Unerlässlich für einen Spitzen - Super dieser Epoche war der Einsatz eines Magischen Auges mit 2 Empfindlichkeitsbereichen: hier die damals erst kürzlich auf dem Markt erschienene EM11.

Für die Anodenstromversorgung wurde die erst im März 1938 auf dem Markt erschienene Zweiweg-Gleichrichterröhre  AZ12 eingesetzt, die mit ihrem max. zulässigen Anodenstrom von 200 mA (@ Utr = 300 Veff) die Nenn - Stromaufname des D860WK von 120 mA problemlos bewältigt.

 

3.2     Detaillierte Schaltungsanalyse

3.2.1     HF- Vorverstärkung und Mischstufe / Oszillator

Vorweg eine wichtige Anmerkung: Der Wellenschalter hat 4 Schaltpositionen! Aus dem Schaltbild gewinnt man den Eindruck, dass manche Schalterebenen über eine zusätzliche 5. Schaltpostion verfügen. Bei diesem  zusätzlichen 5. Kontakt handelt es sich um Stützpunkte, die nicht vom Schleifer angefahren werden.

Das von der Antenne kommende Eingangssignal wird nach der Passage durch eine ZF - Sperre durch die Schalterebene II A wahlweise auf die Antennenkoppelspulen des KW-Vorkreises, des MW - Vorkreises oder auf die Vorkreisspulen des Drucktastenaggregats unten links im Bild gelegt.

Die Antennenkopplung für LW und MW wurde naürlich hochinduktiv ausgelegt, damit der Resonanzpunkt der Antennenkreise auch bei kurzen Antennenlängen (kapazitive Fußpunktimpedanz) noch weit unterhalb des empfangenen Bandes lag und damit die Empfindlichkeit über das Band hin i.w. konstant blieb.

Die Antennenkoppelspule des LW - Vorkreises bleibt unabhängig von der Schaltstellung von II A immer mit dem Antenneneingang verbunden.

Die in allen Schaltpositionen mit dem Abstimmdrehko (Pos. 20) verbundene Schalterebene II B  legt wahlweise den Hochpunkt des KW -, MW- oder LW - Vorkreises an das Steuergitter der Vorverstärkerröhre EF13.

In der vierten Schaltposition von II B wird das Steuergitter der EF13 auf den Hochpunkt des Kreises Pos 37 / 22 gelegt. Dieser Kreis ist ein genaues Abbild des MW - Vorkreises und wird für die alternative Funktion der Vorröhre als Hilfsoszillator für die Drucktastenabstimmung verwendet. Siehe Abschnitt 3.2.4.

Das in der EF13 vorverstärkte Signal wird über die Schaltebenen  III A auf den Zwischenkreis, und von dort über III C kapazitiv (100 pF Pos. 40) auf das Steuergitter der Mischröhre gekoppelt. 

Schalterebene III B verbindet den Abstimmdrehko nur in den drei Wellenschalter - Stellungen für normale manuelle Absimmung mit dem Zwischenkreis - Hochpunkt. In der 4. Schaltstellung wird der Drehko abgetrennt und das vom Drucktastenaggregat kommende Signal führt auf die Mischröhre.

Wie man sieht, erfolgt die Signalweiterführung von den Vorkreis - Hochpunkten der Drucktasteneinheit nicht auf das Gitter der Vorverstärkerröhre EF13 sondern über 200 pF (Pos. 147) über die Schalterebene III C und weitere 100 pF (Pos. 40) direkt auf das Steuergitter der Mischröhre ECH11. Das ist der Grund dafür, dass LW -, bzw. MW - Sender, die mit der normalen Abstimmung eingestellt werden, am Magischen Auge einen deutlich größeren Ausschlag bewirken, als bei Anwahl desselben Senders über die Drucktasten.

Offensichtlich wurden damals werksseitig ausschließlich starke, lokale Sender auf den Drucktasten programmiert, sodaß die Notwendigkeit einer Signal - Vorverstärkung entfiel.


Oszillator: Schalterebene IV A legt entweder die Koppelspulen der KW-, MW- oder LW - Oszillatorkreise oder die Kreise des Tastenaggregats an das Gitter der Oszillatortriode, Ebene IV B entsprechend die jeweiligen Kreispulen an deren Anode. Ebene IV C trennt in der Stellung 4 des Wellenschalters (Drucktastenempfang) den Drehko von den Hochpunkten der Oszillatorkreise. Die Ankopplung der Drucktasten - Oszillatorkreise an die Triode der ECH11 erfolgt über kapazitive Dreipunktschaltung (Colpitts - Schaltung)


Schaltungsdetails der Drucktasten-Sektion

Wie bereits einleitend erwähnt, wurde bei der Senderabstimmung mit Hilfe des Drucktasten - Aggregats von der gewohnten kapazitiven auf die platzsparende induktive Abstimmung übergegangen, d.h. die Resonanzfrequenz - Verstellung der Kreise erfolgte hier durch Variation der Eintauchtiefe von Spulenkernen.

Das Drucktasten - Aggragat verfügt über 9 Vorkreisspulen mit den Pos. 151, 153, 155, 157, 163, 165, 167 für MW und den Pos. 169, 171 für LW, die in Kombination mit den Kondensatoren Pos. 146, 148, 173 die Vorkreise bilden. Der Trimmkondensator 15 - 45 pF Pos. 146 dient in Verbindung mit dem eigentlichen Kreiskondensator 360 pF Pos. 173 zur Feinjustage der Kreiskapazität.

In der Ruhestellung der Tasten werden die LW - Vorkreisspulen des Drucktastenaggregates (Pos. 169 und 171) durch zusätzliche Schaltkontakte kurzgeschlossen werden. Bei den MW - Spulen hat man von dieser Maßnahme abgesehen.

 

Die Einkopplung des Antennensignals in den Vorkreis erfolgt durch kapazitive Stromkopplung auf den 3 nF Kondensator Pos. 148. Ich weiß nicht wie es anderen Kollegen geht, aber bei der kapazitiven Stromkopplung habe ich immer Verständnisschwierigkeiten. Man hat immer den Eindruck, als würde das Antennensignal über den 3 nF Kondensator nach Masse kurzgeschlossen werden: Am oberen Frequenzende der MW hat dieser Kondensator schließlich einen kapazitiven Widerstand von nur  Rc = 1 / 2πfC = 33 Ω) . Das ist natürlich die falsche Sichtweise!

Daher hier zur Hilfe ein Ausschnitt aus H .Pitsch: "Lehrbuch der Funkempfangstechnik". Abb. 266 entspricht der Schaltung im D860WK.:

 

In demselben Lehrbuch findet man auch eine detaillierte Beschreibung der Gesamtfunktion der Drucktasteneinheit, die ich als Ergänzung anfüge:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Der mechanische Aufbau des Drucktasten - Aggregats wird weiter unten in Abschnitt 4.1.3 beschrieben.

 


 

3.2.2     ZF - Teil und Demodulator

Auf die Mischröhre folgt das 1. ZF - Filter, ein Zweikreisfilter mit Bandbreitenregelung durch  variable induktive Kopplung.  Hier wurde eine Schaltungsvariante eingesetzt, die für besonders niedrige Frequenzverwerfung der Mittenfrequenz bei Veränderung der Kopplung bekannt ist. Die Schwingkreisspule des Sekundärkreises wurde hierfür in 2 Sektionen (Pos. 65 und 66) aufgeteilt, wobei der untere, kleinere Spulenteil durch einen "Fahrstuhl" dem Primärkreis mehr oder weniger genähert werden kann. Größere Distanz beinhaltet schwächere Kopplung und daher schmalere Bandbreite. In Abschnitt 4 werden Bilder des Innenaufbaus dieser Bandfilter gezeigt. Zwecks Reduktion der Bedämpfung des Sekundärkreises wurde das Steuergitter der Folgeröhre EBF11 an eine Anzapfung der Schwingkreisspule gelegt.

 

Nach Passieren des Zweikreisfilter wird das ZF - Signal im Pentodenteil der EBF11 verstärkt und auf ein Dreikreisfilter mit ebenfalls regelbarer Kopplung gegeben. Der Vorteil dieser Staffelung von Zweikreis - und Dreikreisfilter liegt in der höheren Selektivität (steilere Resonanzflanken) bei gleichzeitig geringer Welligkeit der Durchlasskurve. Weitere Kommentare zu diesen Filtern in Abschnitt 4.

Das ZF - Signal wird aus einer Anzapfung der tertiären Schwingkreisspule (Pos. 82) über 2 gleiche Kondensatoren von 50 pF (Pos. 80 und 81) ausgekoppelt und den Demodulatordioden der EBF11 zugeführt, von denen die Regelspannungerzeugung und die NF - Demodulation vorgenommen werden.

 


 

Da die Leitungsführung an dieser Stelle in der originalen Telefunken - Schaltung etwas schwer zu überschauen ist, habe ich sie herausgezeichnet:

Die vom oberen 50 pF Kondensator angesteuerte rechte Diodenstrecke der EBF11 dient der NF - Demodulation und der Ansteuerung des Magischen Auges. Letztere erfolgt wie üblich über das Triodengitter der EM11. Die Abtrennung der NF - Komponente vor dem Gitter der EM11 erfolgt durch ein Tiefpassglied  1,5 MΩ / 5 nF. Die Zeitkonstante dieses  Gliedes liegt bei τ = RC = 7,5 ms, die Grenzfrequenz entsprechend bei fg = 1/ 2πRC = 21 Hz und damit ausreichend unterhalb der tiefsten übertragenen NF - Frequenz.

Der untere 50 pF Auskoppelkodensator führt auf das linke Diodensystem, welches für die Erzeugung der Schwundregelspannungen (AVR) zuständig ist. Interessanterweise verlassen diese Diode 2 getrennte AVC - Leitungen (blau gezeichnet) über jeweils 1,5 MΩ / 20 nF ( Regelzeitkonstante τ = 30 ms → fg = 5,3 Hz). Der Grund für die doppelte Ausführung der AVR - Leitung ist folgender: Die für die Röhren EF13, ECH11 und EF11 gemeinsame AVR - Leitung wird bei Eichung der Stationstasten nach Masse kurzgeschlossen. Das ist zwingend notwendig, da die EF13 in diesem Betriebsmodus als MW - Hilfsoszillator betrieben wird (Abschnitt 3.2.4)! Da die ZF - Verstärkerröhre EBF11 auch in diesem Betriebsmodus weiterhin geregelt werden sollte, musste man die AVR auf 2 individuelle Zweige verteilen.

Die im D860WK gewählte Schwundregelschaltung enthält einige weitere Besonderheiten, auf die hier noch einmal im Detail eingegangen werden soll

(i) Zwecks Verbesserung der Schwundregelwirkung wird hier nicht nur eine Rückwärtsregelung auf die Röhren EF13, ECH11 und EBF11, sondern zusätzlich eine Vorwärtsregelung auf die NF - Vorverstärkerröhre EF11 angewandt!

Eine Rückwärtsregelung kann allein bekanntlich Signalschwankungen nie vollkommen ausregeln. Das hat folgenden Grund: Produziert die Schwundregelung z.B. bei einem starken Antennensignal eine hohe Regelspannung, so werden die Röhren folgerichtig in ihrer Verstärkung weit heruntergefahren. Als Folge fällt der Signalpegel an der Schwundregeldiode und es wird eine kleinere Schwundregelspannung erzeugt, die die Verstärkung wieder anhebt. Es handelt sich also um eine Regelschleife, bei der sich ein Gleichgewicht zwischen Signalpegel und Regelspannung einstellt.

Will man dafür sorgen, dass die Signalschwankungen vollkommen ausgeregelt werden, gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Man zweigt einen Teil der ZF - Spannung bereits vor der letzten ZF - Röhre ab, gewinnt aus dieser die Regelspannung und steuert die letzte ZF - Röhre (die dann nicht in der Regelschleife liegt) zusätzlich zu den anderen Röhren mit dieser Spannung.
  • Man greift nicht in den ZF - Verstärker ein, sondern regelt die Verstärkung der NF - Vorverstärkerröhre mit derselben Regelspannung wie die anderen Röhren. So ist man beim D860WK vorgegangen. Die nachfolgende Abb. 428 aus F. Vilbig: "Lehrbuch der Hochfrequenztechnik, Bd. 2, 4.A., VAG, 1943" zeigt das Prinzipschaltbild einer solchen kombinierten Vorwärts- und Rückwärtsregelung:

(ii) Durch die Verwendung einer RC - Kombination (700 Ω , 20 nF) in der Kathodenleitung der EBF11 und dadurch dass die Arbeitswiderstände der beiden Diodenstrecken nicht auf Masse sondern auf die Kathode der Röhre führen, "reiten" die AVR - Leitungen auf einem positiven Spannungssockel (Hilfsspannung). Wie Diefenbach in seinem Buch "Standardschaltungen der Rundfunktechnik" erläutert, hat dies beim D860WK in Kombination mit der Steuerung des Bremsgitters der HF - Vorverstärkerröhre dieselbe Wirkung wie eine verzögerte Schwundregelspannung. 

 

Obwohl das alles plausibel klingt, fragt man sich doch wie es sein kann, dass man hier auf der Regelspannungsleitung mit positiven Spannungen arbeitet. Das ist aber ein Fehlschluss denn man vergisst dabei die Tatsache, dass die Steuergitter der Röhren einem negativen Elektronen  - Anlaufstrom unterworfen sind. Diese wirkt wie eine Stromquelle die an den 2 MΩ (1,5 MΩ + 500 KΩ) Widerständen in der AVR - Leitung einen Spannungsabfall verursacht, der gerade so groß ist, dass ohne Antennensignal die Steuergitter der Röhren doch wieder auf ungefähr 0 V liegen.

 

Zur Veranschaulichung habe ich die DC - Spannungsverhältnisse an verschiedenen Punkten der Schaltung bei verschiedenen Antennensignalpegeln auf MW 1 MHz mit URU BN1080 (Re = 100 MΩ) nachgemessen:

 

Wie man sieht, ändert sich die Spannung an der Kathode des Regelspannungsgleichrichters EBF11 trotz des großen Signalhubs relativ wenig. Eine Folge der stromgesteuerten Spannungsgegenkopplung durch den 700 Ω Kathodenwiderstand.

Die Steuergitterspannungen relativ zur Kathode der Röhren EF13, ECH11 und EBF11 liegen ohne Signal am Antenneneingang trotz der positiven Hilfsspannung zwischen 0 und -1,4 V. Mit steigendem Signalpegel steigen sie deutlich zu negativen Werten hin an.

 

Die Spannung am G3 der EF13 liegt ohne Antennensignal auf +0,3 V und geht mit steigenden Signalpegel auf -7,7 V.

Um sicherzustellen, dass die aus hochohmigen Quellen (Zeitkonstanten - Widerstände in der AVR - Leitung!) gespeisten Messpunkte bei der Spannungsmessung nur geringfügig belastet werden, wurden alle Spannungswerte in der 3 V bzw. 10 V - Stellung des URU, d.h. mit einem Eingangswiderstand von 100 MΩ gemessen. Das führte natürlich dazu, dass die abgelesenen Werte bei niedrigen Spannungen mit einer hohen Ungenauigkeit belastet sind.


 

Auch zur Thematik der Bremsgitterregelung findet man bei H. Pitsch "Lehrbuch der Funkempfangstechnik" interessante Informationen

 

 


 

3.2.3    NF - Teil und Netzteil

Der NF - Verstärker zeigt wenige Besonderheiten.

Der Koppelkondensator zwischen zwischen der Anode der EF11 und dem Steuergitter der EL12 ist in 2 separate Kondensatoren aufgeteilt; 250 pF (Pos. 114) und 20 nF (Pos. 115) . Bei dem Schalter über dem 250 pF Kondensator handelt es sich um den oberen Druckschalter an der rechten Gehäuseseite. Bei geöffnetem Schalter bildet der 250 pF Kondensator mit dem 700 kΩ Widerstand (Pos. 117) ein Hochpassglied mit einer unteren Grenzfrequenz von fg = 1/ 2πRC = 909 Hz. Es wird also nur der höhere, für gute Sprachverständlichkeit maßgebliche Anteil des Audio - Frequenzspektrums weiterverstärkt.

Ist der Schalter geschlossen, liegt die untere Grenzfrequenz bei fg = 11 Hz und die für optimale Musikwiedergabe notwendigen tiefen Frequenzen werden ebenfalls weiterverstärkt.

Die von der Anode der EF11 nach Masse führende Tonblende 8 nF / 1 MΩ (Pos. 118 / 119) ist mechanisch mit dem Bandbreitenregler gekoppelt und reduziert den Höhenanteil synchron mit der Reduktion der ZF - Bandbreite. Bei Verwendung des D860WK zur Schaltplattenwiedergabe kann diese Tonblende zur Reduktion der damals noch massiv auftretenden Nadelgeräusche verwendet werden.

Von der Anode der Endstufenröhre EL12 führt ein frequenzselektives Gegenkopplungsnetzwerk (Pos. 108 ... 113) zur Anode der Vorstufenröhre EF11, das für die optimale Klangwiedergabe über den großen ( 30 cm Durchmesser), elektrodynamischen Lautsprecher dimensioniert ist. Die Drossel (Pos. 129) in der Anodenspannungsleitung repräsentiert die Erregerwicklung des Lautsprechers.

Parallel zum Primärwickel des Ausgangstrafos liegt ein Saugkreis für 9 KHz, bestehend aus den Pos. 124, 125.

Die Beleuchtungslampen für die Skalenstreifen (Pos. 141 ... 144) sind hier nur einfach gezeichnet, aber jeweils doppelt vorhanden, da die Skalen beidseitig angestrahlt werden. Es handelt sich um Speziallampen mit Kugelkopf, deren unterer Teil zwecks besserer Strahlungsbündelung weiß lackiert ist.  Der Schalter I A wählt je nach gewähltem Frequenzband die dazu gehörigen Lampenpaare aus.

Die einzeln gezeichnete Lampe (Pos. 145) repräsentiert die Beleuchtung des Skalenzeigers. Bei Umschaltung des Gerätes von Normalempfang auf "Drucktastenprogrammierung"  (Kippschalter auf der Geräterückseite) öffnet der Schalter 140c und die Skalenzeigerbeleuchtung erlischt.


 

3.2.4    Hilfsoszillatorschaltung für die Drucktastenprogrammierung

Wie bereits oben erwähnt, bestehen für die Programmierung der Stations-Drucktasten zwei Möglichkeiten.

Die einfachere besteht darin, dass man den Wellenschalter in die Postion 4 (Rechtsanschlag) stellt, die Telefunken - Frontblende demontiert, die mit einer Station zu belegende Taste drückt und die Einstellspindel solange dreht, bis man den gewünschten Sender empfängt. Diese Vorgehensweise erscheint sofort plausibel und wird in der Betriebsanleitung für den Empfang von LW - Stationen auch so empfohlen (Abschnitt 2.2.1).

Die zweite, nur für die Programmierung von MW - Stationen verwendbare Methode besteht in folgenden Schritten:

(i) Man stellt das Radio auf den MW - Empfangsbereich, stellt den Bandbreitenregler auf Linksanschlag ("schmal")  und sucht sich den Sender, den man zu programmieren wünscht.

(ii) Man stellt den Wellenschalter von MW auf Drucktasten-Abstimmung (Rechtsanschlag - Position 4)

(iii)  Nun stellt man zusätzlich den mit "Stationswähler" gekennzeichneten Kippschalter auf der Geräterückseite von der Stellung "Normal" auf das Drucktatsensymbol. Daraufhin verschwindet der Empfang des Senders.  Danach wird eine dem MW - Frequenzbereich entsprechende Taste gedrückt (siehe Bild der Frequenzbereich - Zuordnung der MW - Tasten in Abschnitt 2.2) und die zugehörige Spindel solange gedreht, bis das Magische Auge maximalen Ausschlag zeigt.

Wie kann das funktionieren? Man verwendet folgenden Schaltungstrick: Bei Umstellen des "Stationswählers" wird die  Leitungsführung in der Eingangsstufe so abgeändert, dass die zuvor als Vorverstärkerröhre fungierende EF13 nun als "MW - Hilfsoszillator" arbeitet.

 

Im linken Bild sieht man die normale Verdrahtung der Eingangsstufe mit den rot eingekreisten Kippschalter - Kontakten 140 a, b, d, im rechten Bild die verbleibende Verdrahtung nach Umschalten des Stationswählers. In Stellung "Drucktastensymbol" öffnet Kontakt 140a und hebt damit die Überbrückung der Rückkoppelspule (Pos. 23) des Hilfsoszillators auf. Kontakt 140 d schließt den Antennenanschluß nach Masse kurz, damit die Schwingung des Hilfsoszillators nicht über die Antenne abgestrahlt wird. Kontakt 140 b schließt die Schwundregelleitung der EF13, ECH11 und EF11 nach Masse kurz. Kontakt 140 c liegt im Netzteil und unterbricht die Stromzufuhr für die Beleuchtung der Skalenzeigers.

Die Schaltung der EF13 in diesem "Hilfsoszillator" entspricht im Prinzip dem eines rückgekoppelten Audions mit über den Schwingeinsatz hinaus angezogener Rückkopplung.

Wo ist denn nun eigentlich der wesentliche Trick? Er besteht darin, dass die Induktivität der Spule Pos. 22 und die Kapazität des Trimmers Pos. 37 so eingestellt werden, dass sie bei Zuschalten des Abstimmdrehkos Pos. 20 einen Schwingkreis bilden, mit dem derselbe Frequenzbereich überstrichen wird, wie mit dem MW - Vorkreis.

Schaltet man den Kippschalter um, so schwingt also dieser Schwingkreis auf der gleichen Frequenz, auf der man zuvor den zu programmierenden Sender auf der MW - Skala empfangen hatte. Dieser "Hilfsoszillator" hat eine ausreichend hohe Schwingungsamplitude, dass er ohne Einfügung zusätzlicher Bauteile kapazitiv auf das Steuergitter der Mischröhre einkoppelt, an den der Vorkreis des Drucktasten-Aggregats angeschlossen ist. Drückt man nun eine Taste für den MW - Frequenzbereich, innnerhalb dessen der gewünschte Sender liegt, kann man die zu dieser Taste gehörende Spindel so justieren, dass man den gewünschten Sender - der ja auf der gleichen Frequenz wie der Hilfsoszillator liegt - empfängt. Dabei richtet man sich einfach nach dem maximalen Ausschlag des Magischen Auges.

Zum Schluss stellt an den Kippschalter wieder auf "Normal" zurück und kann dann noch Feinkorrekturen an der Sendereinstellung vornehmen, so wie es auch in der Bedienanleitung S. 6 (Abschnitt 2.2.2) vorgeschlagen wird. 

Warum diese komplexe Methode bei der Programmierung von MW - Stationen? Die Antwort ist folgende: Auf MW existierten zu der damaligen Zeit sehr viele starke Sendestationen des Reichsrundfunks - z.B. Berlin und Breslau -, die das gleiche Programm sendeten, und es wäre schwierig gewesen, den gewünschten Sender ohne jegliche Frequenzüberwachung einfach durch mehr oder weniger zielloses Drehen einer Spulenspindel zu suchen. Sehr viel zuverlässiger war es, den gewünschten Sender zunächst wie gewohnt auf der MW - Skala aufzusuchen und dann mit Hilfe der Spindelverstellung zu "reproduzieren".

Auf LW existierten dagegen nur wenige Sender und man konnte sich bei der Spindeleinstellung kaum irren.

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4.    Der mechanische Aufbau

4.1    Überblick

4.1.1     Chassisoberseite

Im Telefunken Werkstattbuch ist die Chassisoberseite so dargestellt:

 

Hier verschieden Ansichten der Chassisoberseite meines Gerätes:

 

 

 

Im letzten Bild erkennt man die komplexe Skalenseilführung mit den 2 großen Skalenseilrädern und den mitlaufenden Umlenkrollen.

 

4.1.2     Chassisunterseite

Zunächst zwei Bilder aus dem Telefunken Werkstattbuch:

 

 

Die Verdrahtung meines Gerätes im Fundzustand:

 

Gegenüber dem Originalzustand wurden von den Vorbesitzern nur die 3 Elkos in der Anodenstromversorgung (linke Chassis-Seitenwand) und der Kathodenelko der EL12 ausgetauscht - Ein großer Glücksfall!

Hier noch 2 Detailbilder der Verdrahtung im Fundzustand:

 

Unten im Bild liegend der Ersatz des EL12 Kathodenelkos.

 


 

4.2     Die Drucktasten - Baugruppe

In den nachfolgenden Bildern sieht man Nahaufnahmen der Drucktasten - Baugruppe und den entsprechenden Schaltungsausschnitt.

 

Man erkennt 10 Spulenkörper, von denen fünf auf der linken und vier auf der rechten Seite jeweils 2 Spulen tragen. Oben im Bild jeweils die Oszillatorspule, unten die zugehörige Vorkreisspule.

Die beiden Spulenkörper links außen tragen die Spulen (Pos. 169, 170, 171, 172) für die beiden LW - Feststationen .

Während alle MW - Spulen als einlagige Zylinderspulen gewickelt sind, mussten die LW - Vorkreisspulen 169 und 171 aus Platzgründen mehrlagig ausgeführt werden. Um trotzdem die Wickelkapazität niedrig zu halten, hat man sie als  Kreuzwickelspulen ausgebildet.

Darauf folgen nach rechts hin die zu den Tasten MW1, MW2 und MW3 gehörigen MW - Spulenkörper.

 

Der mittlere Spulenkörper, also der ohne Verstellspindel, trägt die 4 Spulen Pos. 159, 160, 161, 162 die so geschaltet sind, dass sie bei den MW - Tasten als Verkürzungsspulen agieren, bei den LW - Bereichen hingegen als Verlängerungsspulen. Die nach rechts hin folgenden Spulenkörper gehören zu den Tasten MW4, MW5, MW6 und MW7.

Die unten nachfolgenden Bilder zeigen Nahaufnahmen der für minimale Temperaturdrift (Telefunken gibt max. 300Hz an!) selektierten HESCHO Rohrkondensatoren. Die gelben verwendeten das Material "CONDENSA N" mit einem negativen TK = -340 ...-480 10-6 / °K, die beiden dunkelgrünen das Material CALIT mit einem niedrigen positiven TK = +90 ...+160 10-6 / °K.

 

Oszillatorkondensatoren

rechts: HESCHO 350pF. Der Aufdruck NCor bedeutet: CONDENSA N Röhrchenkondensator. Die darauf folgende Zahl 392 charakterisiert weitere Parameter der verwendeten Keramik.

links: HESCHO 2 x 150 pF. Der Aufdruck Cir bedeutet: CALIT - Röhrchenkondensator.

 

Vorkreiskondensatoren 

oben: JAHRE 3000 pF induktionsfrei (Antennenkoppelkondensator)

unten: HESCHO 360 pF, CONDENSA N

 

 

Die nebenstehende Aufstellung stammt aus dem HESCHO - Katalog von 1939: "Feste Rundfunkkondensatoren".

 

Einen Vergleich zwischen verschiedenen Fabrikaten keramischer Kondensatoren inklusive Angabe der TK-Werte, Dielektrizitätskonstanten ε und Verlustwinkel tanδ findet man in Tafel 10 in  "Siforow, W.I.: Funkempfangsgeräte, VT, 1957":

 

 

Da die Kerne von Vor- und Oszillatorkreis synchron verstellt werden, hat jeder Spulenkörper nur eine Verstellspindel. Durch Lösen der Arretierschrauben an den Spindeln können die Kerne übrigens im Bedarfsfall gegeneinander verschoben werden... was man besser unterlassen sollte, um den Abgleich nicht zu verstellen.

In folgendem Bild aus dem "Handbuch für Funktechnik, Fortschritte Bd. 8" sieht man den Aufbau noch einmal detaillierter.

 


4.3      Zweikreis - und Dreikreis - ZF - Filter

Mit dem Ziel der Optimierung der ZF - Durchlasskurvekurve - flaches Dach kombiniert mit steil abfallenden Flanken - verwendete der D860WK eine Kombination von einem Zweikreis - Bandfilter mit einem Dreikreis - Bandfilter und dazwischen liegender Verstärkerstufe.

Zwecks besserer Trennung dicht beieinanderliegender Sender (insbesondere auf KW) sollte der D680WK  über eine regelbare Bandbreite verfügen. Hierfür gibt es zahlreiche unterschiedliche Strategien. Blaupunkt verwendete z.B. in seinem 7W77 die kapazitive Hochpunkt - Kopplung mit Hilfe eines speziellen Drehkondensators der eine Verstimmung der ZF - Kreise bei Kopplungsvariation verhinderte. Bei dieser im Prinzip geschickten Lösung stösst man aber bei Verwendung mehrerer synchron zu steuernder Bandfilter auf Gleichlaufprobleme.

Telefunken hat sich hier für eine Lösung entschieden, bei der die induktive Kopplung der ZF - Bandfilterkreise variiert wird. Man unterteilt eine der beiden Kreisspulen in 2 Teilspulen, in der eine Spule die Hauptinduktivität trägt und die andere mit deutlich weniger Windungen für die induktive Kopplung eingesetzt wird. Mit Hilfe eines "Spulenfahrstuhls" wird diese Kopplungsspule der anderen Bandfilterspule mehr oder weniger genähert. 

Hier die Innenansicht des Zweikreisfilters nach abgenommener Abschirmhaube aus zwei Perspektiven (Das Dreikreis - Bandfilter sitzt leider an einer Position auf dem Chassis, in der man keine Photos machen kann):

Man erkennt oben und unten im Bild die beiden fest installierten Bandfilter - Kreuzwickelspulen, die über zwei flexible grüne Litzendrähte mit der oberen Spule verbundene Koppelspule und den Fahrstuhl durch den die letztere axial auf - und abgefahren werden kann.

 

Als Kreiskondensatoren wurden hier nicht mehr die wegen ihrer Alterungsfehler berüchtigten HESCHO Glimmer - Scheibenkondensatoren mit genieteten Kontakten, sondern bereits Styroflex Kondensatoren verwendet, die sich nach einer Zeitspanne von über 80 Jahren immer noch durchgehend als intakt erwiesen.

Die Anordnung der verschienen Komponenten erkennt man sehr klar in folgendem Bild, das dem Buch "Fortschritte der Funktechnik Bd. 3, FV1938" entnommen wurde.:

Wie man sieht, wurden hier noch genietete Glimmerkondensatoren der Firma HOGES verwendet.

Der Aufbau des des Dreikreis - Bandfilters enspricht dem des Zweikreis - Filters mit der Ausnahme, dass die Filter zur Reduktion des kapazitiven Übersprechens in zwei separaten Abschirmbechern untergebracht sind - hier durch die roten Rahmen angedeutet:

 


Die mechanische Vorrichtung zum synchronen Verfahren der Koppelspulen - Fahrstühle sieht man auf den folgenden Bildern aus 3 verschiedenen Perspektiven: 

 

 

Der zur Bandbreitenverstellung dienende Knebel - Knopf zwischen den Stationsdrucktasten betätigt eine Achse, die durch das ganze Chassis führt und auf der Chassisrückseite mit dem Tonblendenpotentiometer gekoppelt ist. Auf dieser Achse sitzen 2 Exzenterscheiben, die die Spulenfahrstühle betätigen.


 

Als Ergänzug zum Thema der Bandbreitenverstellung sei noch erwähnt, dass die Firma Körting in ihrem Modell Dominus 40WK ebenfalls eine variable induktive Kopplung einsetzte, die Koppelspule zum Erzielen unterschiedlicher Kopplungsgrade aber gegenüber den anderen Bandfilterspulen verdrehte, anstatt sie zu nähern bzw. zu entfernen. In der praktischen Umsetzung sah das dann so aus (Quelle: "Fortschritte der Funktechnik, Bd. 5, FV, 1940")  

 

In Abb. 80 sind auch die bei den verschiedenen Kopplungsgraden zu erwartenden Bandbreiten angegeben; "breit"  ⇒ ± 8 KHz, "mittel"  ⇒ ± 4,5 KHz, "schmal" ⇒ ± 2,5 KHz. In Abschnitt 6 dieses Berichts wird man sehen, dass die Bandbreiten im D860WK generell etwas schmaler sind.


4.4    Die Skalenscheiben - Druck und Aussehen

Ein weiteres interessantes Konstruktionsdetail stellen die Skalenscheiben dar, über die ich hier berichten möchte.

 

Der D860WK verfügt im Originalzustand über 4 breite und einen kleinen, seitlich rechts oben angeordneten Skalenstreifen.

Die 4 breiten Skalenstreifen dienen der Sendereinstellung: der oberste für LW, die beiden darunter liegenden für MW, der unterste für KW. 

Der kleine zeigt ein Bild der Drucktastenklaviatur mit ausgestrecktem Zeigefinger. Er wird beleuchtet, wenn die Drucktasten - Senderwahl aktiviert wurde.

Alle Skalenstreifen werden durch Skalenbirnen beleuchtet, die hinter dem Schallwandrahmen versteckt sind.

Ein näherer Blick auf die Skalenstreifen meines Gerätes offenbarte ein überraschendes Ergebnis:

Die Sendernamen und Positionsmarkierungen sind auf den oberen 3 Skalenstreifen (LW und MW) aufgedruckt, auf dem untersten (KW) und der Drucktastenanzeige jedoch ins Glas eingeprägt.

Hier zunächst ein Bild von den im Verlauf der Reparatur demontierten Scheiben in der Draufsicht, in der die Unterschiede noch nicht so ins Auge springen.

 

Deutlicher wird der Unterschied in der Nahaufnahme. Die beiden oberen Scheiben sind geprägt, die untere gedruckt:

 

Hier noch einmal separate Nahaufnahmen der geprägten und der gedruckten Scheibe.

 

Offensichtlich wurden die bedruckten Scheiben erst nach Kriegsende nachgerüstet, denn sie zeigen Radiostationsnamen wie NWDR, Rias-Berlin und AFN Berlin.

 

 

 

Eine bisher nicht geklärte Frage ist die nach der Produktionsverfahren der ursprünglichen geprägten Skalenscheiben, bei denen die in der Tiefe liegenden Beschriftungen sehr viel heller und prägnanter strahlen als die aufgedruckten. Möglicherweise wurde die Prägung in die noch heißen Skalenscheiben im halbzähen Zustand eingewalzt. Ein Ätzprozess erscheint mir aufgrund der Tiefe der Prägung, der filgranen Konturen und des aufwendigen Flußsäureprozesses weniger wahrscheinlich.

 


5. Die Reparatur

 

5.1 Demontage:  Skalenseilklammer und Kabelbaum

Wie bereits in früheren Forumsbeiträgen erwähnt, müssen vor der Demontage des Chassis folgende Arbeisschritte erfolgen: 

  1. Den von den seitlichen Druckschaltern und Skalenlampen zu einer auf der Chassisunterseite installierten Lötleiste führende Kabelbaum ablöten!
  2. Den Erdungsdraht vom Skalenrahmen zu einer Lötfahne am Eisenpaket des Ausgangstrafos ablöten.
  3. Verbindungsdrähte vom Lautsprecher ablöten.
  4. Den von der Lötösenleiste zum "Stationswähler" - Kippschalter ablöten.
  5. Die Halteklammer des Skalenzeigers mit Hilfe eines Steckschlüssels (SW 5,5) vom Skalenseil lösen!

 


5.2     Komponentenerstz

Neben dem standardmäßigen Ersatz von Rollenkondensatoren und Elkos mit prohibitiv erhöhten Leckströnen oder Kapazitätsverlust, existierten in diesem Gerät Probleme mit sämtlichen keramischen Trimmkondensatoren. Neben den häufig vorkommenden Unterbrechungen zwischen der Rotorschraube und der Rotormetallisierung, gab es teilweise auch Unterbrechungen zwischen dem Hohlniet und der Metallisierung des Stators. Diese Defekte kann man bekanntlich mit einigem Geschick mit Hilfe von Leitsilber reparieren (siehe z.B. hier).

Neben diesen Standarddefekten gab es bei einigen Keramiktrimmern dadurch einen Totalausfall, dass die Metallisierung von Rotor und Stator vollkommen verschwunden war. An deren Stelle war nur noch ein dunkler Belag erkennbar. Offenbar hatte man zu Kriegsbeginn die Order erhalten, bei Unterhaltungselektronk am Verbrauch von Silber zu sparen. Gezwungenermaßen begnügte  man sich mit der Aufdampfung von sehr dünnen Metalliserungsschichten, die dann über die Jahre durch den korrosiven Einfluss der Atmosphärenluft verschwanden.

Um sicher zu sein, dass nach Abschluss der Restaurationsarbeiten an diesem Gerät später nicht doch wieder Probleme wegen eines Trimmerausfalls auftreten, wurden sämtliche Trimmer ersetzt:

Oszillator

Zunächst Bilder der Oszillatorplatte vor (linkes Bild) und nach dem Trimmerersatz. Bei allen jetzt verwendeten Trimmern ist der Hohlniet für die Kontaktierung der Statormetallisierung mit dieser verlötet:

 

Erstaunlicherweise waren die beiden in der Platine senkrecht stehenden Scheibenkondensatoren, die Paddingkondensatorn Pos.61 (530pF) und Pos. 62 ( 206 pF) noch intakt und werthaltig! Erstaunlich nach über 80 Jahren!

Vor - und Zwischenkreise

Unglücklicherweise waren auch die im Vor - und Zwischenkreis verwendeten Keramiktrimmer defekt. Der Austausch gestaltete sich schwieriger als auf der Oszillatorplatte, da die Trimer schwerer zugänglich sind.

Vorkreis

Spulen: oben LW, mittig MW, unten KW. Man blickt auf die Spulen der hochinduktiven Antennenankopplung.

Trmmer: links: KW, rechts MW. Linkes Bild: Originalzustand, rechtes Bild: Trimmer ersetzt.

 

Zwischenkreis

Spulen: vertikale Reihenfolge wie Vorkreis. Bei der mittleren Spule erkennt man die auf MW verwendete kleine Koppelspule (Pos. 30). Auf LW führt die Anode der EF13 an eine Anzapfung der Zwischenkreisspule, auf KW direkt auf den Kreishochpunkt.

Trmmer: links: KW, rechts MW. Linkes Bild: Originalzustand, rechtes Bild: Trimmer ersetzt.

 

Wie bereits zu erwarten, war auch der Trimmer des Hilfskreises (Pos. 37) für die Drucktasten-Sendereinstellung defekt und wurde ersetzt.

 

5.3 Die Korrosion des Schallwandrahmens. Demontage. Neulackierung

Die aus Aluminium gegossenen Seitenwangen des Schallwandrahmens zeigten bei meinem Gerät unangenehm auffällige weiße Ausblühungen. Eine Reinigung und Neulackierung war im eingebauten Zustand nicht möglich, da man riskiert hätte, den Lautsprecherstoff zu beschädigen.  So wurde die Schallwand komplett demontiert - hier die Ansicht mit abgeklappten Beleuchtungsleisten:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hier sieht man die korrodierten Seitenwangen:

 

 

 

Das Abschrauben der Seitenwangen von der Schallwand gestaltete sich extrem schrierig, da die M3 Schrauben durch Korrosion extrem fest in den Gewinden des Aluminiumrahmens saßen.

5.4 Die Skalenlampen

Wie man an diesen Bildern erkennt, waren die Skalenlampen - vermutlich schon öfter - ausgetauscht worden. Es fand sich ein Melange unterschiedlichster Lampentypen:

 

 

Die originalen Kugelkopflampen waren 6,3 V / 0,3 A Typen mit weiß lackierter Unterseite für bessere Abstrahlung in Richtung der Skalenstreifen. Diesen Lampentyp findet man auch heute noch, allerdings ohne  die Lackierung. Falls man auf perfekter Restauration besteht, kann man diese Lackierung selbst mit spezieller Lampenfarbe aufbringen.

Wie ich im Verlauf der Reparatur festgestellt habe, ist die korrekte Positionierung des kleinen Skalenstreifens beim Wiederzusammenbau des Skalenrahmens etwas diffizil. Sitzt er zu weit von der Skalenlampe entfernt, wird er nur ungenügend angestrahlt, sodass man beim Betrieb des Gerätes kaum bemerkt, dass er überhaupt leuchtet. Der Grund hierfür ist die etwas versetzte Position der betreffenden Skalenlampe, wodurch sie nicht direkt in den kleinen Streifen strahlt. Durch laterales Verschieben des Glasstreifens kann man die Position jedoch weitgehend optimieren. 

 

 

 

 

 



 

6    Der Neuabgleich

 

6.1      ZF - Mittenabgleich gemäß Telefunken Abgleichbuch

In einem ersten Schritt wurde der ZF - Abgleich entsprechend dem Telefunken Abgleichbuch durchgeführt. Hier der Wortlaut:

 

 

Die vollständigen Messbedingungen sind aus den Beiträgen "Abgleich TFK D860WK" und "Abgleichbuch von Telefunken" ersichtlich.

 

Es wird empfohlen, einen auf 468 KHz (bzw. 473 KHz) abgestimmten mit 400 Hz / 30% amplitudenmodulierten Messsender zu verwenden und dessen Ausgangssignal aperiodisch in das Steuergitter der Mischröhre einzuspeisen. Der Bandbreitenregler ist auf Stellung "Schmal" zu stellen! Weiterhin sollte die AVR - Leitung zwecks Unterdrückung der Schwundregelung über einen 50 KΩ Vorwiderstand auf eine Hilfsspannung von -4,5 V gegen Masse gelegt werden.

Im vorliegenden Fall wurde ein Leistungsmesssender SMLR von R&S in Kombination mit einem 50 Ω Stufenabschwächer "Telonic TG-950" verwendet. Das Zwischenschalten des Abschwächers zwischen SMLR und Einspeisung in den D680WK war notwendig, da während der Abgeichprozedur die Frequenzstabilität des SMLR ständig digital überwacht werden sollte. Da die Eingangsempfindlichkeit meines Frequenzzählers bei nur etwa 100 mV liegt, die Einspeisung in den D860WK aber mit einer um ca. 40db niedrigeren Spannung erfolgte um Übersteuerung zu vermeiden, war die Einschleifung des Abschwächers zwingend notwendig.

Da die interne AM - Modulation des SMLR auf 1 KHz festgelegt ist, wurde der Sender mit Hilfe eines  externen NF - Generators mit 400 Hz / 30 % moduliert.

Im Prinzip könnte natürlich auch die interne 1 KHz Modulation des SMLR verwendet werden. Da aber die Bandbreite des D860WK in der Stellung "schmal", in der der ZF - Abgleich vorgenommen wird, nur bei etwa 3 KHz liegt (-3 db - Punkt), fallen die Seitenlinien (467 KHz und 469 KHz) des modulierten HF - Signals bereits auf der abfallenden Flanke der ZF - Durchlasskurve, was zu Fehlmessungen führen kann. Dazu mehr in Abschnitt 6.3.

Die Ausgangsspannung des SMLR wurde bei 468 KHz auf 500 mVss eingestellt, mit Hilfe des Abschwächers um einen Faktor 100 (40 db) heruntergeteilt und über einen Kondensator von 10 nF mit dem G1 der Mischröhre ECH11 verbunden. Letzteres wurde über 20 KΩ auf Masse gelegt. Das in die Mischröhre injizierte Signal hatte somit einen Pegel von ≈ 5 mVss.

Für die Verbindung zwischen Abschwächer und Ankoppelkondensator wurde Koaxkabel vom Typ RG-174U verwendet. Um parasitäre Einstreuung des Messsignals in die ZF - Verdrahtung zu vermeiden, erfolgte die Anbindung des Kabels an den Koppelkondensator über eine LEMO - Steckverbindung dicht am Röhrensockel.

 

Der vom Hochpunkt des Zwischenkreises zum G1 der ECH11 führende 100 pF Koppelkondensator (Pos. 40) wurde während der Messungen einseitig abgetrennt. 

 

Wie üblich wird für den Abgleichvorgang der ZF - Filter empfohlen,  die Amplitude des Modulationssignals - hier also der 400 Hz Schwingung - an der NF - Endstufe auf Maximum zu trimmen.

Bei dieser Methode störte mich schon immer, dass man die Lautstärke relativ weit aufdrehen muss, um einen, für die Beobachtung auf dem Oszilloskop ausreichend hohen Signalpegel zu erhalten. Man muss also über den ganzen Abstimmzeitraum hinweg einen 400 Hz Ton über sich ergehen lassen.

Ich wähle daher eine alternative - "geräuschfreie" - Methode. Ich messe den 400 Hz Pegel vor dem zum Lautstärkeregler führenden Koppelkondensators (10 nF Pos. 100) mit einem Oszilloskop. Da an diesem Messpunkt noch HF - Reste anstehen, filtere ich das Messignal mit einem passiven 400 Hz - Filter heraus.

 

Da die 175 pF Kondensatoren in den ZF - Bandfiltern noch intakt waren, liess sich die im Telefunken - Abgleichbuch angegebene Prozedur problemlos durchführen.

Wichtiger Hinweis: Bei allen Abgleicharbeiten am D860WK sollte das Gerät auf keinen Fall über längere Zeit auf die linke Seitenwand, sondern unter Verwendung einer weichen Unterlage auf die Frontseite gelegt werden. Längere Positionierung auf der linken Seitenwand führt dazu, dass die Endröhre EL12 das unmittelbar daneben liegende ZF - Filter so stark erwärmt, dass sich die Mittenfrequenz verschiebt!


6.2      Punktweise Aufnahme der ZF - Durchlasskurve

Nach abgeschlossenem ZF - Mittenabgleich wurden die Durchlasskurven des ZF - Teils bei 3 Stellungen des Bandbreitenreglers aufgenommen: Linksanschlag ("schmal"), Mittenstellung und Rechtsanschlag ("breit"). Obwohl hierfür im Prinzip der gleiche Messaufbau wie beim ZF - Mittenabgleich verwendet wurde, waren einige kleinere Änderungen nötig:

  • Die Modulation wurde abgeschaltet, d.h. nur der HF - Träger wurde in die Mischstufe des D860WK eingekoppelt.
  • Wegen der fehlenden Modulation konnte die Selektionskurve des ZF - Verstärkers nun nicht mehr anhand der Amplitude des am Messpunkt  anstehenden 400 Hz - Signales ermittelt werden. An Stelle dessen wurde nun mit Hilfe eines R&S URU Röhrenvoltmeters (Re = 100 M Ω) der DC - Pegel am oben erwähnten Messpunkt gemessen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass der DC - Pegel nicht gegen Masse gemessen werden darf, sondern relativ zur Kathode der EBF11. Wie oben erwähnt, "reiten" die Arbeitswiderstände der Diodenstrecken, auf einem von der Signalstärke abhängenden Gleichspannungssockel (Hilfsspannung).

Würde man den DC - Pegel gegen Masse messen, so würde man die Summe aus dem eigentlichen Messsignal, also dem Spannungsabfall über dem 200 KΩ Arbeitswiderstand Pos. 71 und dem variablen Spannungssockel messen und fehlerhafte Resultate erhalten. Das R&S URU Röhrenvoltmeter eignet sich für diese Messungen in besonderer Weise :

  • Alle Eingänge liegen von Masse hoch.
  • Hoher Eingangswiderstand von 100 MΩ bei DC - Spannungsmessungen in Bereichen >1 V Endausschlag.
  • Präzise, ruckfreie Anzeige durch Aufhängung der Drehspule an einem Torsionsband (keine Lagerreibung!)

Hier zwei Bilder des Messaufbaus:

 

Das Digital Oscilloscope Tektronix 2430 links im Bild zeigt das Signal am Injektionspunkt, also am Steuergitter der ECH11. Die Tatsache, dass man hier keinen sauberen Sinus sieht liegt daran, dass das eingkoppelte Messignal vom Triodensystem der ECH11 her mit dem Oszilatorsignal überlagert wird.

Die vertikale Auslösung lag hier bei 2 mV/div, was der maximalen Auflösung des Tektronix 2430 enstspricht.

Um beim Durchfahren der Durchlasskurven eine möglichst hohe Auflösung zu erzielen, wurde der SMLR in 250 Hz Stufen verfahren, und die Frequenz dabei digital überwacht. So wurden die folgenden Durchlasskurven erhalten. Links in linearem, rechts in halblogarithmischem Maßstab. Da die Maximalwerte bei den unterschiedlichen Bandbreiten etwas variierten, wurden sie auf 10 V normiert. 

 

Resultate:

  • Obwohl die ZF - Bandfilter nach Telefunken Abgleichvorschrift getrimmt wurden (Abschnitt 6.1), sind die blaue (mittlere BB) und rote Kurve (breite BB) gegenüber der grünen (schmale BB) um ca. 1 KHz zu höheren Frequenzen verschoben. Der Grund für diese Verschiebung konnte bisher nicht geklärt werden. Um die Symmetrie der Kurven zu verbessern, könnte man versuchen, die Kerne der ZF - Filter nachzujustieren, wovon aber aufgrund der komplexen Kopplungsverhätnisse eher abzuraten ist.
  • Die Bandbreiten (-3 db Breiten ⇒ 0,708 x Max. Wert) liegen niedriger als bei Körting: 3,1 KHz, 6 KHz und 13 KHz ( Körting: 5 KHz, 9 KHz und 16 KHz). Wegen der stark gewellten Dächer der Durchlasskurven sind das natürlich nur Näherungswerte. Betrachtet man die Körting Abbildung des Dreifach - Bandfilters (nächstes Bild) mit den Durchlasskurven noch einmal genauer, so hat man den Eindruck, als wären hier die Halbwertsbreiten anstatt der -3 db Breiten angegeben, was natürlich größere Breiten zur Folge hat und den Unterschied zum D860WK zumindest teiweise erklären würde.

 

Mittelhöcker

Ein essentieller Punkt sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden. Auch wenn ein flaches Dach der Resonanzkurve in "breit" Stellung im Prinzip wünschenswert ist, da dann alle Frequenzen der Seitenbänder innerhalb der Bandbreite gleichberechtigt übertragen werden, hat es bei der Einstellung der Sender einen gewissen Nachteil.

Hier ein Beispiel: Stellt man einen Sender in der Stellung "breit" ein, um die volle Klangfülle der Übertragung zu genießen, so beobachtet man logischerweise am Magischen Auge über einen relativ weiten Abstimmbereich nahezu konstanten Ausschlag, ohne dass sich die Wiedergabequalität merklich ändert.

Stellt man nun aber den Bandbreitenregler auf "schmal", z.B. um einen plötzlich aufgetretenen Störsender auszublenden, so kann es passieren, dass der zuvor empfangene, gewünschte Sender nicht mehr korrekt empfangen wird. Die Trägerfrequenz des empfangenen Senders hatte in diesem Fall offenbar nicht exakt in der Mitte der ZF - Durchlasskurve, sondern am Rand derselben gelegen. Nach Einengen der Resonanzkurve durch den Bandbreitenregler lag der Sender dann plötzlich auf der Flanke der Durchlasskurve und wurde verzerrt wiedergegeben.

Für die genaue Senderabstimmung bei Radios mit Dreikreisfiltern hatte man sich deswegen etwas besonderes einfallen lassen: Durch geschickte Dimenionierung der Filterparameter erreichte man, dass die Resonanzkurve in der Stellung "breit" in der Mitte einen "Höcker" hatte - so wie es auf der nebestehenden Abb. 80 zum Körting Filter angedeutet wird.

Durch diesen Trick zeigt das Magische Auge auch in Stellung "breit" einen eindeutigen Maximalausschlag in der Mitte der Durchlasskurve und die korrekte Abstimmung bleibt bei Übergang auf "schmal" erhalten.

 

Wie man an den oben gezeigten Diagrammen (lin - Darstellung) sieht, ist der Mittelhöcker bei den von mir am D860WK aufgenommenen Durchlasskurven nur sehr schwach ausgebildet, was zwar die Übertragungsgüte erhöht, aber die korrekte Sendereinstellung erschwert.. 

Zur Thematik der Dreikreisfilter gibt es bei H.Pitsch: " Lehrbuch der Funkempfangstechnik" eine interessante Abhandlung: 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



 

6.3    Messung der ZF - Selektionskurven mit moduliertem Träger

Nach den in Abschnitt 6.2 beschriebenen Messungen der ZF -Durchlasskurve könnte man sich natürlich die Frage stellen, warum man nicht dieselbe Messmethode anwendet wie in Abschnitt 6.1, nämlich die Messung des Amplitudenverlaufs der 400 Hz Schwingung. 

Dafür muss ich etwas weiter ausholen:

Wahrscheinlich hat sich der eine oder andere schon manchmal gefragt, warum die Wiedergabe beim Verstellen eines Senders nicht einfach leiser wird, sondern verzerrt. Obwohl das zunächst nicht auf der Hand liegt, hat dies mit demselben Effekt zu tun, den man beobachtet, wenn man beim Einjustieren der Mittenfrequenz der Bandfilter nach der in Abschnitt 6.1 beschriebenen Methode die Kreise verstimmt: Je nach Verstimmung verändert sich nicht nur die Amplitude sondern auch die Form der hinter dem Demodulator beobachteten Sinusschwingung ein wenig.

Die Ursache hierfür legt in der Tatsache, dass bei der Modulation einer hochfrequenten Trägerschwingung - in unserem Fall 468 KHz - mit einer niederfrequenten Sinusschwingung - in unserem Fall 400 Hz - auf der Frequenzskala 3 Signale erscheinen: die Trägerschwingung bei 468 KHz und zwei Seitenlinien (Seitenfrequenzen) bei 467,6 KHz und 468,4 KHz. Die Amplituden der Seitenlinien sind gleich groß und ihr Verhältnis zur Trageramplitude wird durch den Modulationsgrad bestimmt.

Liegt das Maximum der Durchlasskurve des ZF - Bandfilter - Verstärkers exakt  auf der Trägerfrequenz und ist die Resonanzkurve breit genug um die beiden Seitenfrequenzen ungeschwächt passieren zu lassen, so wird bei der Demodulation das ursprüngliche NF - Signal - also die 400 Hz Simusschwingung exakt reproduziert, und man erhält eine saubere Wiederegabe.

Dasselbe gilt für eine Modulation der Trägerschwingung mit einem Frequenzspektrum, so wie das bei einer Radioübertragung der Fall ist. Je höher die Frequenz der Modulation, umso weiter vom Träger entfernt sind die Seitenlinien und umso breiter muss der horizontale Teil der Resonanzkurve sein, damit das gesamte Spektrum der Seitenfrequenzen korrekt übertragen wird.

Kompliziert wird die Sache, wenn die Resonanzkurve so schmal ist, dass die Seitenfrequenzen / Seitenbänder bereits auf den Flanken der Kurve liegen. Ihre Amplituden werden dann geschwächt, was einer scheinbaren Reduktion des Moduationsgrads entspricht. Man hat es mit linearen Verzerrungen zu tun. Wird ein ganzes Frequenzspektrum übertragen so werden die höheren Frequenzen von den Flanken der Durchlasskurve abgeschnitten ⇒ die Wiedergabe klingt zwar dunkel - ist aber nicht verzerrt..

Liegt nun aber die Trägerfrequenz nicht mehr mittig in der Durchlasskurve, sondern seitlich verschoben, so tritt eine neue Situation ein.

Ist die Durchlasskurve ausreichend breit, sodass die Seitenfrequenzen auch dann noch innerhalb des flachen Teils der Kurve liegen, bleibt die Wiedergabe sauber. Ist das aber nicht der Fall, so werden die Seitenfrequenzen an den Flanken der Resonanzkurve unsymmetrisch gedämpft oder gekappt. Dadurch passen die Amplituden der Seitenfrequenzen auf der einen Seite der Trägerfrequenz nicht mehr zu denen auf der anderen Seite. Die Demodulatorstufe kann das ursprüngliche Signal nun wegen der differierenden Amplituden links und rechts des Trägers nicht mehr korrekt zusammensetzen. Das ist der Auslöser für nicht - lineare Verzerrungen.

Im Fall des Mittenabgleichs der ZF-Filter macht sich dieser Effekt dadurch bemerkbar, dass das  demodulierte 400 Hz Signals umso mehr von seiner ursprünglichen Sinusform abweicht, je mehr man ein Filter vom Resonanzpunkt verstimmt. Entsprechend wird die Radiowiedergabe verzerrt, wenn die Senderabstimmung an die Flanken der Resonanzkurve stößt.

Hier zu dieser Thematik ein Ausschnitt aus "Woschni, E.G.: "Informationstechnik, 1.A, VEB, 1973", bzw. 2.a. 1976:

 


 

 

Praktisches Beispiel

Nach dieser Einleitung kann man vielleicht schon vorausahnen, welche Komplikationen sich bei Aufnahme einer ZF - Durchlasskurve mit moduliertem Träger ergeben können. Hier die Resultate bei Verwendung eines Trägers mit 400 Hz bzw. 1 KHz. Gemessen wurde wieder in den 3 Stellungen des Bandbreitereglers:  "schmal" (Linksanschlag), "mittel" und "breit" (Rechtsanschlag). Die mit unmoduliertem Träger gemessenen Referenzverläufe sind fett eingezeichnet:

 

Resultate:

  • 400 Hz Modulation: Gegenüber dem Referenzverlauf sind die unrealistisch tiefen Einbrüche und die viel schmalere Kontur besonders auffällig. In denjenigen  Bereichen in denen die Durchlasskurve einen stark gewellten Verlauf zeigt, kommt es zu starken Abweichungen vom korrekten Amplitudenverhältnis zwischen Träger und Seitenlinien. Die Demodulation schafft es offensichtlich nicht mehr daraus ein korrektes Ergebnis zu erzeugen: 
  • 1 KHz Modulation: Führt man dieselbe Messung mit einer Modulationsfrequenz von 1 KHz durch, ergeben sich vollkommen andere Resultate. Es fehlen die tiefen Einbrüche und die Konturen sind deutlich breiter als bei den Referenzverläufen

Schlussfolgerung:

Offensichtlich sollten ZF - Kurven mit unmoduliertem Träger aufgenommen werden, um bei stark strukturierten Verläufen und an den Flanken der Durchlasskurven bei der Demodulation Konflikte zwischen der Trägeramplitude und den Seitenlinienamplituden zu vermeiden.


 

6.4      Wobbeln der ZF - Durchlasskurve

Abschließend habe ich versucht, die ZF -  Durchlasskurven nicht durch schrittweise, mühsame Veränderung der Frequenz sondern durch Wobbeln zu erhalten. Die folgenden Bilder zeigen den hierbei verwendeten Gerätepark:

 

Rechts unten auf dem Tisch ein SIEMENS - Pulse generator D2101. Darauf stehend ein Prüfgenerator PG2, der auch als Wobbler betrieben werden kann. Auf letzterem der geeichte Stufen - Abschwächer Telonic TG-950. In der Mitte mein Homebrew - Anzeigegerät für X-Y-Darstellungen - gemessen wurde gerade die ZF - Durchlasskurve bei Stellung "schmal". Links daneben das bereits oben erwähnte Tektronix 2430 Oszilloscope, das hier den Spannungsverlauf für die Wobblung des PG2 zeigt: Vertikal: 5V / Div, Horizontal: 20 ms / Div. Der Siemens D2101 produziert eine Dreieckspannung mit nahezu identischen Anstiegs - und Abfallzeiten von 50 ms, einer Pausenzeit von ca. 20 ms und einer Amplitude von 20 Vss., mit dem die Frequenz des PG2 gewobbelt wird. Im Regal mein achtstelliger Homebrew - Frequenzzähler.

Hier noch einmal Nahaufnahmen:

 

Die beim Wobbeln erhaltenen Durchlasskurven wurden vom Bildschirm abphotographiert und sowohl der Kurvenverlauf als auch die Helligkeitswerte invertiert. Das ergab die folgenden Kurvenläufe:

 

Um die bei der punktweisen Aufnahme der ZF - Resonanzkurve erhaltenen Verläufe mit denen der Wobbelmessungen zu vergleichen, mussten beide entsprechend skaliert werden. Das folgende Bild zeigt die Superpostion der nach den beiden Methoden aufgenommenen Durchlasskurven. Die farbigen Linien entsprechen den punktweise gemessenen Resultaten, die schwarzen den Wobbelresultaten in den üblichen 3 Bandbreitenstellungen.

 

Resultate:

  • Normiert man die Verläufe aus der punktweisen Aufnahme der Durchlasskurven mit den gewobbelten in der Bandbreitenstellung "breit" (rechtes Diagram) auf die gleichen Halbwertsbreiten, so sind die Wobbelverläufe in den Stellungen "schmal" und "mittel" merklich schmaler als die punktweise gemessenen Kurven. Allerdings sollte man anmerken, dass die Resultate für die Stellung "mittel" nicht sehr belastbar sind. Da der zur Bandbreiteneinstellung dienende Knopf keine Raststellung (mehr) hat, ist diese Stellung nur mit mäßiger Genauigkeit reproduzierbar.
  • In der Bandbreitenstellung "breit" zeigt die gewobbelte Durchlasskurve deutliche tiefere und gegenüber den punktweise gemessen Resultaten leicht nach rechts (in Richtung höherer Frequenzen) verschobene Einbrüche. 

Schlussfolgerung:

Obwohl die Anstiegszeit der für die Frequenzwobblung verwendeten Spannungsrampe mit Rücksicht auf die lange Einschwingzeit der verschiedenen Kreise mit 50 ms sehr tief gewählt wurde, zeigen die gewobbelten Durchlasskurven deutliche Abweichungen von den punktweise gemessenen Referenzkurven. Dies trifft insbesondere auf das mit großen Niveaueinbrüchen behaftete "Dach" der  Durchlasskurve bei großer Bandbreite zu. Der Grund wurde noch nicht näher untersucht.



Mein Dank geht wie immer an die Kollegen Hans M. Knoll und Dietmar Rudolph für ihre unermüdliche Hilfe beim Erstellen dieses Beitrags. 

Dank ihrer Unterstützung habe ich einen tieferen Einblick in die ausgefeilte Technik dieser Gerätegeneration gewonnen und hoffe in wenig davon an die Leser des Forums weitergeben zu können.

Harald Giese

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telefunken: Telefunken D860WK - Technische Beschreibung und Reparatur 
17.Jun.21 22:18
129 from 2797

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
Beiträge: 755
Anzahl Danke: 3

Eine sehr schöne und hilfreiche Arbeit, vielen Dank!

1. Zum Herstellungsprozess der Skalenstreifen kann ich nichts beitragen, aber die Ätzmethode geht in Sammlerkreisen sehr herum, meines Wissens allerdings ohne Beleg. Als Reparaturmethode soll es sich anbieten, ausgefallene Schriftfarbe durch Plaka-Farbe reichlich aufzufüllen, um dann die überschüssige Farbe im trockenen Zustand mit einer Tischler-Ziehklinge wieder vorsichtig zu entfernen. Gemacht habe ich das noch nicht.

2. Zu der Zuordung der richtigen Skalenstreifen zu den Telefunken-Modellen (T898WK bzw, D860WK):
Die originalen Streifen sind die mit der Farbe in den Vertiefungen. Diese Skalen tragen immer an der linken Zeigerendstellung (von vorne betrachtet) einen kleinen Großbuchstaben, der die Skalen-Serie angibt. Alle vier Skalen eines Satzes sollten aus derselben Serie stammen:

Serie A: Modell T898WK

Serie B: frühe Modelle D860WK  *)

Serie C: spätere Modelle D860WK

*) möglicherweise auch spätere Modelle T898WK, da bin ich mir nicht ganz sicher

Die Serien unterscheiden sich weder hinsichtlich der Maße, noch der Optik, noch der Frequenzlage. Insofern wären sie prinzipiell sogar einzeln gegeneinander austauschbar. Allerdings kann man das nur sehr bedingt empfehlen, denn es gibt z.T. sehr auffällige Unterschiede bezüglich der vorhandenen Stationsnamen. Zumindest die beiden MW-Skalen sollten deshalb aus derselben Serie stammen.

3. Auch hier sieht man wieder, dass die Wobbelgeschwindigkeit fast immer zu hoch gewählt ist. Meine Erfahrung zeigt, dass die Wobbelfrequenz bei asymmetrischem Sägezahn nicht über 10 Hz liegen sollte, was mit 100 ms immerhin der doppelten Zeit im Vergleich zu obigem Bericht entspricht. Da ist dann leider meistens schon ein extra nachleuchtender Oszilloskopschirm erforderlich.

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telefunken: Telefunken D860WK -T898 Skalenscheiben 
18.Jun.21 13:48
215 from 2797

Wolfram Zylka (D)
Redakteur
Beiträge: 614
Anzahl Danke: 2
Wolfram Zylka

Grüße Sie Herr Steinmetz

Die Anordnung der Buchstaben auf den Skalenstreifen beim D 860 kann ich bestätigen.

Auf meinem Exemplar des Telefunken T 898  Serien Nr. K20525t mit Datumsstempel vom 05. Dezember 1938 kann ich allerdings keine solche Bezeichnung auf den Skalenscheiben finden. Ab wann wurde die Bezeichnung angebracht? Ab der ersten Serie, oder erst später?

Gruß Wolfram Zylka

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telefunken: Telefunken D860WK - Technische Beschreibung und Reparatur 
18.Jun.21 15:42
236 from 2797

Harald Giese (D)
Redakteur
Beiträge: 303
Anzahl Danke: 1
Harald Giese

Lieber Herr Steinmetz,

vielen Dank für Ihre Anmerkungen!

Bei meinen Skalenscheiben hat nur die KW - Skala versenkten (geprägten) Druck und einen Buchstaben "A" am linken Skalenende gleich links neben den Kalibriermarken.

Auf den bedruckten Skalenscheiben sieht man keinen Buchstaben. Es war aber aufgrund der Stationsnamen sowieso klar, dass sie aus Nachkriegsfertigung stammen.

Hier Ausschnitte aus der KW- und MW - Skala.

Bilder zum Vergrößern bitte Anklicken!

 

Bezüglich der Wobbelgeschwindigkeit haben Sie sicher Recht. Ich habe die Geschwindihkeit lediglich so lange erniedrigt, bis die vom Anstieg und Abfall der Dreieckkurve produzierten ZF - Durchlasskurven übereinanderfielen. Danach fing das Bild an zu flackern.

Schaut man sich die Übereinstimmung in der BB - Stellung "breit" an, so sieht man, dass die Flanken ganz gut mit den punktweise aufgenommenen Referenzkuren übereinstimmen. Erst bei den Einbrüchen gibt es Probleme. Da müsste man noch langsamer wobbeln, als die z.Zt. verwendete Geschwindigkeit von ca. Δf /t  = 20 KHz / 50 ms = 1 KHz / 2,5 ms.

Eigentlich hatte ich diesen Abschnitt 6.4 nur deswegen in den Bericht aufgenommen, um zu demonstrieren, welche Schwierigkeiten einen erwarten, wenn man sich das Leben einfacher machen und die Kurven nicht mühselig punktweise aufnehmen will, sondern die schnellere Methode des Wobbeln vorzieht.

Gruß, Harald Giese

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telefunken: Skalenstreifen D860WK -T898WK 
18.Jun.21 16:41
251 from 2797

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
Beiträge: 755
Anzahl Danke: 1

Auf dem linken Bild von Post #4 kann man den Buchstaben A links neben der Zeigerendstellungs-Markierung (zwei Punkte) erkennen (, besonders, wenn man weiß, dass es ein A sein soll). Die Buchstaben B und C der späteren Serien sind besser lesbar. Herr Zylka wird das sicher bestätigen können (ggf. mit Foto?).

Mit der Skalenstreifen-Thematik habe ich mich vor Jahren aus gegebenem Anlass (diverse Glasbrüche) mal intensiv beschäftigt und etliche Geräte und Skalenstreifen untersucht. Leider habe ich derzeit keinen Zugriff auf meine damaligen Notizen, aber was ich hier poste, erfolgt aus guter Erinnerung heraus.

Nach meinem Kenntnisstand haben die originalen Skalenstreifen immer den Serien-Buchstaben gehabt, jedenfalls habe ich das nie anders erlebt. Dafür spricht auch, dass bei meinem T898WK, den ich definitiv aus erster Hand unverbastelt erworben habe, Skalenstreifen mit dem Aufdruck A installiert sind. Dieses Gerät mit der Seriennummer K10877t trägt innen im Gehäuse einen Kontrollstempel vom 31. August 1938. Die Filterbecher sind gestempelt zwischen dem 31. August und 10. September 1938; auf der Lautsprecher-Membran ist der Stempel leider unleserlich. Damit ist mein Gerät zumindest früher gebaut worden als das von Herrn Zylka, vmtl. ist es sogar ein sehr frühes Gerät.

Vielleicht können wir ja beizeiten mal einen Extra-Thread zum Thema dieser Skalenstreifen, idealerweise mit Fotos dokumentiert, aufmachen.

Edit:
Um den Thread nicht weiter aufzublähen, ergänze ich hier kurz, was mir Herr Zylka mitgeteilt hat: Die Skalenstreifen von seinem T898WK tragen tatsächlich doch den Buchstaben A, und in der Tat ist dieser deutlich schwerer lesbar als bei den Varianten B und C. Die Idee, einen separaten, bebilderten Thread extra für die Skalenstreifen zu eröffnen, werden wir beizeiten in die Tat umsetzen.

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Achtkreis-Sechsröhren-Superhet mit Drucktasten 
19.Jun.21 18:12
361 from 2797

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
Beiträge: 2492
Anzahl Danke: 1
Dietmar Rudolph † 6.1.22

In "Diefenbach, W.W.: Standardschaltungen der Radiotechnik, Funkschau-Verlag, 1942" wird im Kapitel 12. "Achtkreis-Sechsröhren-Superhet mit Drucktastenabstimmung" ein Radioempfänger vorgestellt, der "sehr viel Ähnlichkeit" mit dem D860WK von Telefunken hat. Diefenbach vermeidet allerdings jegliche Angabe bezüglich des Typs und des Herstellers dieses Gerätes, was er allerdings auch bei den anderen in diesem Buch vorgestellten Geräte tut.

Hier also der Text und das Schaltbild; Ähnlichkeiten mit dem D860WK sind somit "rein zufällig".

MfG DR

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Skalenstreifen 
23.Jun.21 13:52
586 from 2797

Rüdiger Walz (D)
Ratsmitglied
Beiträge: 743
Anzahl Danke: 1
Rüdiger Walz

Hier noch als zusätzliche Info:

Die Skalenstreifen wurden in den 1980/90er Jahren von Sammlern im Siebdruckverfahren nachgefertigt. Es standen eine begrenzte Anzahl Sätze zur Verfügung, die leider vergriffen sind. Diese Nachfertigungen hatten natürlich auch keine eingeprägten Beschriftungen. Soweit ich mich erinnern kann, gab es sie auf Glas und auf Plexiglas.

Rüdiger Walz

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Skalenstreifen 
23.Jun.21 17:43
626 from 2797

Harald Giese (D)
Redakteur
Beiträge: 303
Anzahl Danke: 1
Harald Giese

Lieber Herr Walz,

vielen Dank für den Hinweis! Ich hatte mich auch noch vage daran erinnert, dass es einmal vor langer Zeit so eine Aktion gegeben hatte. Vielleicht habe ich ja Glück und finde noch bessere Skalenstreifen, obwohl die jetzigen auch nicht so schlecht sind - lediglich teilweise etwas verwischt. 

Noch schöner wären natürlich die originalen LW- und MW - Streifen. Aber da hofft man wohl vergebens. In der Leuchtkraft und Prägnanz sind die einfach unübertroffen.

MfG, Harald Giese

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Ergänzung zu den Skalenstreifen 
14.Jul.21 11:48
835 from 2797

Steffen Thies (A)
Redakteur
Beiträge: 287
Anzahl Danke: 2

Hallo Herr Steinmetz,

Ihre Skepsis zum Ätzen der Skalen teile ich. Alle Beiträge dazu reden von Mattierung. Dagegen gibt das Prägen von Glas glatte Oberflächen. Das müßte man den Streifen ansehen können. Auch der Columbus aus Neuseeland hat so eine ungewöhnliche Skala. Die Vertiefungen sind bei ihm eindeutig glatt.

Zum Auffüllen defekter Bereiche eignet sich im Prinzip jede Farbe. Wegen der Übereinstimmung des Farbtons habe ich billigen gelblichen Heizkörperlack und einen giftig grünen Modellbaulack verwendet. Sonst ist Künstleracryl wegen Farbauswahl und Verarbeitung zu empfehlen, allerdings habe ich das noch nicht auf Glas ausprobiert.
Die Farbe zieht man wegen der Gefahr von Kratzern nicht mit einer Klinge ab (was wegen des gewölbten Glases gar nicht ginge), sondern läßt sie etwas antrocknen und entfernt den Überschuß mit einem lösemittelgetränkten Lappen. Bei dem schnelltrocknenden Modellbaulack war das schwierig, Acryl auf Bakelit ließ sich im rechten Moment spielend mit Wasser abziehen.

Grüße,

Steffen Thies

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