Triode Junot Detecteur – Eine französische Röhren-Diva
Triode Junot Detecteur – Eine französische Röhren-Diva
Triode Junot Detecteur
Einleitung
Vorherrschend im Röhrenaufbau war Anfang der 20er Jahre auch in Frankreich die Rohr-Bauform, die durch ein Patent von Michel Peri und Jaques Biguet [6] patentiert war. Nach diesem Patent, deren Ur-Röhrenaufbau in Frankreich durch die Verwendung in der Telegraphie-Militaere (TM) auch von fast allen damaligen Röhrenherstellern in Frankreich und auch in Europa in dieser Bauart nachgebaut wurden.
Es ist nicht belegt, ob die in der Triode Junot Detecteur gewählte Aufbauform der Anode aus Gründen einer Patentumgehung gewählt wurde. Dies wird erhärtet durch die Tatsache, dass François Peri auch ein Patent für eine Scheibenanode besitzt [1]. Es ist nicht sicher belegt, ob François Peri und Jules-Edouard Junot ein gegenseitiges Abkommen über diese Röhrenbauart mit Scheibenanoden hatten.
Als dann die „Röhren-DIVA“ in Frankreich Anfang 1924 auf den Markt kam, war sie schon zu alt. Die Heizer-Technologie war im Umbruch von Wolfram auf thoriertes Wolfram und auch schon in Richtung Bariumoxide. Die Technik der Wolframheizer von 1914 hatte 1924 kaum noch Chancen, zumal die Type TM weit verbreitet war und die Trioden Junot nicht als Ersatzbestückung für die Type TM verwendet werden konnten. Die entsprechenden Gründe, die den Trioden Junot keine lange Marktpräsenz bescherten, werden in diesem Beitrag verdeutlicht.
Die patentierten Ideen einer Röhre mit Scheibenanode
Die Scheibenanode von François Pèri
Bereits am 7.10.1922 patentierte François Pèri u.a. die Idee, eine Anode in Scheibenform zu realisieren [1].
Erläuterungen:
13 Blechring
14 Abstandshalter, röhrenförmig
15 mögliche Perforation
16 Abstandshalter, aus dem Blechring geschnitten und rechtwinklig gebogen
17 Abstandshalter, dito
Bild 1: aus Patent FR569222
Die Vorteile dieser speziellen Anodenkonstruktion mit Scheiben:
Vergrößerung der Anodenfläche, dadurch mehr Leistung (höherer Strom) und mehr Wärmeabstrahlung.
Die anderen Gesichtspunkte dieses Patents haben für die „Triode Junot Detecteur“ keine Bedeutung. Diese Konstruktion nach Peri ist auch bei Tyne auf Seite 197 erwähnt. Allerdings wird bei Tyne der Eindruck erweckt, es wäre der Konstrukteur Michel Peri, Villeurbanne, Rhone, der 1915 zusammen mit Jacques Biguet die Konstruktion der TM-Röhre patentiert hat. Dies ist aber nicht so. Obiges Patent ist von François Pèri, Neuilly, s/Seine, nicht zu verwechseln mit Michel Peri.
Die Scheibenanode, patentiert von Jules-Edouard Junot
Am 27.12.1922 patentierte Jules-Edouard Junot die Idee einer Diodenbauart (Gleichrichter), bei der die Anode in Scheibenform ausgebildet ist [2].
Erläuterungen:
b Heizer
k Abstandshalter für die Anodenabstände
l Scheibenanoden
n Heizerhalter
p Anodenelement
q Anodenelement, wie p
x Anodenhalterung
Bild 2: aus Patent FR571787
Neben der Möglichkeit nur mit einer Anodenscheibe und einem Heizer nebst entsprechenden Befestigungen schon eine Diode (Gleichrichter) realisieren zu können, ist die Aneinanderreihung von Anoden zu einem Anodenpaket, wie im Bild dargestellt, beschrieben. Durch Einbau eines geeigneten Gitters zwischen Heizer und Anode sind Trioden realisierbar. In den Patentskizzen ist keine Variante mit Gitter gezeichnet, im Patent-Text aber erwähnt. Eine mögliche Gitterkonstruktion hat J. E. Junot in einem weiteren Patent dargestellt, siehe die folgende Patentbeschreibung.
Die im Patent genannten Vorteile dieser Erfindung:
“Possibilité de fabrication d’une lampe à filament très court, c'est-à-dire à très bas voltage. Possibilité d’augmenter la surface active de la plaque sans augmenter la distance moyenne de la plaque à la source du flux électronique. Enfin augmentation de la surface de la plaque favorisant son refroidissement, condition importante pour les tubes puissants.”
Es geht um eine Vergrößerung der aktiven Anodenoberfläche und damit verbundene Vorteile wie die Möglichkeit von höheren Anodenströmen und bessere Abkühlung der Anoden bei Realisierung von kurzen Baulängen eines Röhrensystems. Auch sind so kurze Heizerlängen möglich und damit niedrige Heizspannungen realisierbar.
Das Stanzgitter, patentiert von Jules-Edouard Junot
Am 20.4.1923 patentierte Jules-Edouard Junot eine Gitterkonstruktion, bei der das Gitter aus einem besonders gestanzten Blech geformt wird [3]. Diese Konstruktion soll hinsichtlich Mikrofonie stabil sein und soll Vorteile bei der Röhrenherstellung haben um eine relative Gleichmäßigkeit des Systemaufbaus von Röhre zu Röhre zu erreichen und so auch eine Gleichmäßigkeit der technischen Daten von Röhre zu Röhre ermöglichen.
Das Stanzgitter in dieser Ausführung ist nicht eine Besonderheit im Zusammenhang mit der Scheibenanode. Dieses Prinzip der Steuergitterherstellung kann auch bei jeder Rohr-Bauform verwendet werden. Statt den hier gewählten Begriff Stanzgitter wird auch der Begriff Formgitter verwendet.
Erläuterungen:
1 Gitterdurchbruch
2 Gittersteg
2‘ Gittersteg
3 Befestigungssteg
4 Steg mit Anschlußfahne
Fig. 1 Gestanztes Gitterblech
Fig. 2 Einbaufertig geformtes Gitter
Fig. 3 Gitter-Querschnitt
Bild 3: Skizze aus Patent FR578528
Bei Verwendung von gestanzten Blechteilen innerhalb von Elektronenröhren muss besonders auf eine sorgfältige Entgratung der Kanten geachtet werden. Es entstehen sonst durch hervorstehende Gratteile Nichtlinearitäten in den Kennlinien durch inhomogene elektrische Felder zwischen den Elektroden. An herausragenden Spitzen, besonders zwischen Anode und Gitter, können Feldverzerrungen mit Neigung zu Überschlägen auftreten. Die praktische Umsetzung obiger Patentideen sind dann zusammengefasst in der Anfang 1924 auf dem Markt gebrachten „Triode Junot Detecteur“ realisiert. Erstmalig wurde die Triode Junot am 3. Dezember 1923 in der Zeitschrift „La Nature“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Textteil dieser redaktionellen Darstellung wird die Triode Junot als neuartige Detektor-Röhre mit zwei Heizfäden präsentiert. Ein Bild zeigt die Triode Junot Detecteur auf einer Montageplatte, in dem auch ein neuartiges Kurzwellen-Variometer von der Fa. G. Pericaud mit abgebildet ist. Als Konstrukteur der Triode wird „La Maison Pericaud, 85 boulevard Voltaire in Paris genannt. Dies ist aber keine korrekte Information in diesem Bericht. Tyne gibt als Lieferant die Firma GMR, 8 boulevard de Vaugirard, Paris, an [5, S. 414]
Bild 4: Aus „La Nature“ vom 3. Dezember 1923
Bild 5: Fa. GMR, Paris
Eine weitere redaktionelle Vorstellung erfolgte in er Zeitschrift „La Science et la vie“ Janvier 1924, Nr. 79, Seite 89-90 unter der Überschrift: „Lampes de T.S.F. a deux filaments ( „T.S.F. Röhren haben zwei Heizer). Neben den Vorzügen von zwei Heizern wird die bessere Wärmeabstrahlung der Anodenanordnung genannt. Die Reduzierung der Gitter-Anodenkapazität wird erwähnt sowie die stabile Ausführung des Gitters. Als Anwender wird der Amateurfunker hervorgehoben, der die Vorzüge sehr schätzen wird. Ein Produzent oder Lieferant wird in diesem Beitrag nicht genannt.
Der Patentinhaber ist Jules-Edouard Junot, siehe oben bei den Patentbeschreibungen. Als Produzent der Röhren „Triode Junot Detecteur“ und der „Triode Junot Amplificateur“ wird im Radiomuseum:
Établissement J. E. Junot, 161 Rue Saint-Charles, Paris 15e (1924) angegeben.
Hier kann man vermuten, dass es sich um dieselbe Person handelt. Der Patentinhaber ist auch der Produzent.
Werbung für die „Triode Junot“
Eine Werbeseite in der Zeitschrift „La Science et la vie“ von 1924 beschreibt dann Details dieser Röhrentype. Einige Werbeaussagen sind schon aus den Patenten ableitbar. Eine wichtige Aussage zum möglichen Einsatzgebiet im Frequenzbereich der Kurzwellen führt dann auf eine wichtige Eigenschaft dieser Röhrenbauart – ein verbessertes Hochfrequenzverhalten.
Werbeaussagen zur „Triode Junot:
Die Neue Röhre hat zwei Heizfäden. Bei Bruch eines Heizfadens ist die Röhre weiter verwendbar.
Überlegene Leistung.
Diese Anordnung hat den Vorteil einer deutlich reduzierten Kapazität zwischen Anode und Gitter und dadurch erhebliche Vorteile für den Empfang von Kurzwellen.
Verbindungen im Glas aus reinem Platin, dadurch Vakuumsicherheit.
Anoden aus Nickel
Es werden zwei Varianten angeboten:
Röhre zur Anwendung als Detektor
Röhre zur Anwendung als Verstärker
Bild 6: Zeitgenössische Werbung für die „Triode Junot“ [4]
Bild 7: Aus einer zeitgenössischen Bild 8: Foto von einem heutigen
Werbung [4] Sammlerobjekt
Die praktische Realisierung der „Triode Junot detecteur“
Bild 9: Foto vom System Bild 10: Maßskizze vom System
Konstruktive Details der „Triode Junot detecteur“
Welche Vorteile bringt dieser damals neue Systemaufbau und welche Nachteile sind mit diesem Aufbau evtl. verbunden?
Durch den scheibenförmigen Aufbau reduziert sich die Kapazität zwischen Anode und Gitter. Es wirkt so, als wäre die Anodenlänge reduziert auf die Summe der Scheibendicken aller Anodenscheiben. Die sich gegenüberstehenden Flächen, die den Kondensator „Gitter-Anode“ bilden, sind wesentlich geringer als dies eine durchgehende rohrförmige Anode hätte. Daraus resultiert die bessere Eignung der Röhre für höhere Frequenzen.
Bild 11: Plattenanoden mit Vorteile für Wärmeabstrahlung und Reduzierung der Kapazität Anode-Gitter
Auch die bessere Wärmeabstrahlung durch die größere Anodenfläche ist verständlich. Dadurch kann die Anode eine höhere Verlustleistung verkraften.
Auffällig ist das hoch stehende System. Das Rohr mit dem Quetschfuß ragt zu weit in die Röhre. Dadurch entstehen unnötige Kapazitäten die einen Teil der Kapazitätsreduzierung durch die Platten-Anoden wieder entgegen stehen. Das System könnte wesentlich tiefer gesetzt werden und die Gesamtbauhöhe könnte dadurch deutlich geringer sein.
Der Heizer der „Triode Junot detecteur“
In der „Triode Junot“ sind zwei Heizfäden eingebaut. Dadurch könnte die Katode bei intakter Heizung doppelt so viel Strom emittieren, wenn beide Heizfäden angeschlossen sind. Die Röhre kann dadurch eine höhere Leistung zur Verfügung stellen, welche dann auch durch die höhere Wärmeabstrahlung der Anoden verkraftet werden kann.
Brennt ein Heizfaden durch, kann durch den noch intakt gebliebenen Heizfaden die Röhre weiter betrieben werden. Zu diesem Zweck werden die Heizfadenenden lose durch den Sockel nach außen geführt. Brennt der in Betrieb genommene Heizer durch, kann das andere herausgeführte Ende des Heizers mit dem entsprechenden Sockelkontakt verbunden werden.
Bild 12: Zwei Heizfäden herausgeführt
Durch die beiden Heizer ist der Abstand zum Gitter geringer, als bei einem mittig angeordneten Einzel-Heizer. Eine federnde Heizerauf-hängung, die den Heizfaden auch im Betrieb gespannt hält, ist in der „Triode Junot Detecteur“ realisiert, wie dies auf den folgenden Fotos ersichtlich ist.
Details zu den besonderen Konstruktionsmerkmalen
Das Stanzgitter (Formgitter)
Bild 14: Das Stanzgitter realisiert
Bild 13: Das Stanzgitter [3]
Die Heizdraht Befestigung
Bild 15: Heizer oben Bild 16:Heizer unten
Bild 17: Heizer-Spannfedern Bild 18: Befestigung Heizer-Spannfedern
Die Art der Heizeraufhängung und die Art der mechanischen Heizer-Vorspannung kann nur bei dem relativ dicken Heizerdraht, hier von ca. 80 Mikron, angewendet werden.
Die Gitterbefestigung
Bild 19: Gitteranordnung im System Bild 20: Befestigung des Stanzgitters
Die Befestigung des Gitters erfolgt durch mechanisches Zusammendrücken der S-förmig geformten Metallenden, siehe Bild 20. Im oberen Bereich ist das Gitter nicht befestigt. Es steht frei im Innenteil der Anodenscheiben. Das ist keine günstige Gitteranordnung um Mikrophonie sicher zu verhindern.
Bild 21: Stanzgitter auch bei der Triode Junot Amplificateur
Kennlinien der „Triode Junot detecteur“
Bild 22: Kennlinie der „Triode Junot detecteur“
Die Rekonstruktion der Röhrendaten und der Kennlinien erfolgt aus den Abmessungen des Systems, siehe dazu die Maßskizze vom System. Besonderen Einfluss auf die Röhrendaten haben die Abmessungen des Gitters und die Lage des Gitters zur Kathode.
Daten der Triode Junot Detecteur:
Heizspannung: ca. 4V
Heizstrom: ca. 0,65 A
Anodenspannung: 40…80V
Steilheit : 0,72 mA/V I
nnenwiderstand: 8 kΩ
Durchgriff: 0,19
Verstärkung: 5
Bild 23: Sockelschaltbild
Die Angabe der niedrigen Anodenspannung ist bedingt durch die damals maximal erreichbare Möglichkeit der Vakuumerzeugung. Höhere Anodenspannungswerte könnten zu Glimmentladungen führen, deshalb sollte immer ein begrenzender Anodenwiderstand in eine Schaltung eingebaut werden auch bei einer Röhrenprüfung.
Zusammenfassung
Die „Triode Junot detecteur“ ist heute ein begehrtes Sammlerobjekt nicht zuletzt wegen dem ungewöhnlichen Anodenaufbau. Während der relativ kurzen Marktpräsenz wurden nicht viele Exemplare verkauft. Eine Begründung ist in den relativ bescheidenen technischen Daten zu sehen.
Die max. mögliche Spannungsverstärkung dieser Röhre beträgt ca. 5. Vergleicht man diesen Wert mit damals üblichen Röhren wie z.B. der Type TM, mit einer Spannungsverstärkung von ca. 10, wird dieser Nachteil deutlich. Drei Röhren „Triode Junot Detecteur“ haben eine max. Gesamtverstärkung von 125, drei Röhren der Type TM haben eine max. Gesamtverstärkung von 1000. Hierin besteht der entscheidende Nachteil bei der Verwendung der „Triode Junot Detecteur“.
Auch der niedrige Innenwiderstand von 8 kΩ ist für eine Verwendung als Detektor nicht von Vorteil.
Der besonders hervorgehobene Vorteil der niedrigen Gitter-Anodenkapazität für den Frequenzbereich der Kurzwelle, hatte 1924 noch keine breite Bedeutung.
Bedingt durch den niedrigen Innenwiderstand ist die „Triode Junot Detecteur“ besser als Endröhre für NF-Verstärker zu verwenden oder als Endröhre bzw. Treiberstufe in Kleinsendern.
Der Trend zur Ablösung der Heizer-Technologie – weg vom Wolfram, hin zu Werkstoffen mit verbesserten Emissionseigenschaften – hatte zum Zeitpunkt der Markteinführung für die „Triode Junot Detecteur“ keine positiven Verkaufsargumente. Auch der etwas höhere Verkaufspreis gegenüber damals aktuellen Typen wird diesen Trend zu Ungunsten der „Triode Junot Detecteur“ verstärkt haben.
Die in der Werbung genannte günstige Wärmeableitung durch die offene Anordnung der Anodenscheiben wird keinen entscheidenden Vorteil gebracht haben. Die offene Bauweise der Anode begünstigt die Einkopplung von magnetischen und elektrische Feldern in den Gitterkreis der Röhre.
Auch ist die Möglichkeit von Aufladungen im Röhreninnern durch Sekundärelektronen bei dem offenen inneren Aufbau ist nicht zu vernachlässigen.
Der Röhrenaufbau der „Triode Junot Detecteur“ birgt deshalb mehr Nachteile als Vorteile!
Von einem belgischen Hersteller ist eine Variante als Lizenz-Version bekannt.
Die Variante mit vergleichbarem Heizeraufbau aber mit damals üblichem Rohrsystem – die Type „Triode Junot Amplificateur“ – dürfte ein vergleichbares Schicksal gehabt haben wegen dem identischen Stanzgitter-Aufbau.
In der Literatur tauchen beide Typen ab 1925 nicht mehr auf.
Patent- und Literaturhinweise:
[1] FR569222 vom 7.10.1922, Francois Péri, Tube à vide á trois èlectrodes
[2] FR571781 vom 27.12.1922, Jules-Èdouard Junot, Perfectionnement aus plaque des triodes ou des redresseurs à filament chaud
[3] FR578528 vom 20.4.1923, Jules-Èdouard Junot,Mode d‘ètablissement des grilles de triodes
[4] Zeitschrift “La Science et la Vie”, Januar 1924 und weitere Ausgaben von 1924
[5] Saga of the vacuum tube, Gerald F. J. Tyne, Howard W. Sams & Co., Indianapolis, 1977
[6] FR492657 vom 23.10.1915, Michel Peri, Jacques Biguet, Dispositif de montage des elements des tubes a vide genre Audion
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.