saba: Versionen bei der Skala

ID: 501294
Dieser Artikel betrifft das Modell: Saba S-442WLK 442WLK (SABA; Villingen)

saba: Versionen bei der Skala 
06.Dec.18 20:37
333

Manfred Rathgeb (D)
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Für den Markt in Frankreich, wo Saba vor und nach dem Krieg nicht unbedeutend vertreten  war, wurden offenbar Skalen in der Landessprache produziert. Auf der Skala meines Saba (siehe bei den Bildern, derzeit das letzte) steht an Stelle von Wellenbereiche Gamme d'ondes und die Stationsnamen sind ebenfalls in französich ( Strasbourg, ....P.T.T. etc).  Die Bezeichnungen der Wellenbereiche der unter dem Fenster Gamme d'ondes angebrachten Trommel  sind aber deutsch, überhaupt scheinen ansonsten keine Abweichungen zu bestehen. In den Prospekten der Modelle 1938/39 (452, 453, 456, 580 etc) sind die Stationen gleichfalls in französich gehalten, die  Sprache beim Fenster vermag ich nicht sicher  zu erkennen.

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Saba: Skalen mit und ohne russische Sender 
05.Apr.19 17:53
333 from 1860

Hans RODT (D)
Redakteur
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Hans RODT

Hallo Herr Rathgeb,

Sie haben eine sehr interessante Beobachtung gemacht. Sie haben gezeigt, dass auf der Skala des nach Frankreich exportierten Radios eine Anpassung der Sendermarkierungen an lokale Verhältnisse festzustellen ist und das an Stelle der Bezeichnung „Wellenbereiche“ die französische Bezeichnung „Gamme d'ondes“  zu finden ist.

Es bestehen aber noch weitere Unterschiede im Vergleich zu den Geräten für den deutschen Markt, die in einem historisch politischen Kontext sehr interessant sind.

Unterschiede der Skalen Im Langwellenbereich (Saba S-442WLK)

Für die Auswertung haben mir Ihr Bild der Skala des französischen Exportgeräts (Abb. 1) und das Bild der Skala des Geräts für den deutschen Markt (Abb. 2) zur Verfügung gestanden. Das Skalenbild des deutschen Geräts wurde mir freundlicherweise von Karlheinz Gützlaff überlassen.

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3 zeigt eine Gegenüberstellung des rot ausgeführten Langwellenbereichs beider Skalen, die deutschen Skala (oben) und der französischen Skala (unten). Auf der Skala des französischen Exportgeräts befinden sich russische Sender, an zwei Stellen Moskau und an einer Stelle Leningrad. Die russischen Sender wurden von mir mit gelben Pfeilen markiert. Auf der Skala der deutschen Ausführung sind alle drei russischen Sender weggelassen und die entsprechenden Positionen leer.

Historischer Hintergrund für die Skalenunterschiede

Der Verzicht auf eine Positionierung der russischen Sender auf dem Gerät für den deutschen Markt hat historisch-politische Gründe, die weit zurückreichen (1, 2, 6). Am 7. November 1929, 12 Jahre nach der Oktoberrevolution, begannen über einen Langwellensender des sowjetischen Zentralrates der Gewerkschaften die ersten Sendungen in deutscher Sprache, die auch mit deutschen Rundfunkgeräten  empfangen werden konnten. In der Folge wird berichtet, dass zwei Sender in Moskau und der Sender in Leningrad in Deutschland mit guter Lautstärke und fading- und schwankungsfrei zu empfangen waren. Die Sendungen waren von Anfang an stark propagandistisch gefärbt und zielten letztlich auf eine politische Veränderung der Weimarer Republik. Nach einer gewissen Verzögerung machte sich in der deutschen Regierung großer Unmut breit, man sah diese Sendungen als Eingriff der Sowjetunion in die inneren Verhältnisse der deutschen Republik, den es abzuwehren galt. Man fürchtete, dass diese Sendungen letztlich einen Umsturz zum Kommunismus begünstigen könnten, zumal die innerdeutschen Verhältnisse alles andere als stabil waren und die Sendungen bei einem bestimmten Hörerkreis in Deutschland mit Interesse empfangen wurden. Die Reichsregierung der Weimarer Republik einigte sich 1931 auf eine Reihe von Gegenmaßnahmen:                                                                                      

  1. *Gegenvorstellungen bei der russischen Regierung zu unternehmen
  2. *Störversuche der russischen Sender zu versuchen, was allerdings nicht           unbestritten war                                                                                                  
  3. *Über den Berliner Sender die deutsche Öffentlichkeit über die wahren       Zustände in Russland aufzuklären

Erfolg oder Misserfolg dieser Maßnahmen im Einzelnen wurden in verschiedenen Gremien lebhaft diskutiert (2).

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung setzte die neue Regierung alles daran, den Empfang der deutschsprachigen Rundfunksendungen aus Russland zu unterbinden (3, 4). Unter anderem waren auf den Rundfunkskalen der seit der Machtübernahme hergestellten Geräte die Markierungen  für russische Sender verschwunden. Siehe dazu auch meinen Bericht zu den Rundfunkskalen von Loewe Radios (5). Von nun an begann ein Tauziehen zwischen den Radioherstellern und verschieden Organen der nationalsozialistischen Regierung. So wurde z.B. 1935 von der geheimen Staatspolizei moniert, dass auf Geräten der Firmen Telefunken und Lorenz auf der Sender Skala Moskau markiert war. Die Anweisung, die Markierungen sofort zu entfernen, führte zu Auseinandersetzungen. Die Firmen machten erhebliche finanzielle Belastungen  und für den  Export nachteilige Komplikationen geltend. Daraufhin wurde festgelegt, dass die Geräteindustrie Restbestände mit Markierung ausverkaufen durfte. Im Gegenzug verpflichteten sich die Radiofirmen, Geräte mit russischen Sendern auf der Skala künftig nur noch für das Auslandsgeschäft herzustellen. Dennoch wurde in der Folge versucht, auch den Verkauf der Restbestände zu unterbinden. Ein Problem war allerdings, dass die kundigen Rundfunkhörer nun an Hand der aufgetretenen Lücken auf der Skala in etwa die Position der russischen Sender vermuten konnten. Ab 1936 verschärfte sich die Situation: Das Abhören der russischen Sender wurde vom Volksgerichtshof als Vorbereitung zum Hochverrat gewertet, es kam zu Zuchthausstrafen und Beschlagnahmungsaktionen der Geräte.

Bewertung der Unterschiede der Senderskalen für Inland- und Exportgeräte

Auf Grund der obenstehenden Darstellung der Verhältnisse hat man augenscheinlich aus politischen Gründen auf den Skalen der Saba S-442WLK Radios für den deutschen Markt die Markierungen für russische Sender weggelassen, sie aber auf den Exportgeräten für den französischen Markt beibehalten. Ich habe daraufhin einige Skalen von verschiedener Saba-Modellen, die bei Ebay angeboten wurden, untersucht. Alle Skalen waren deutsche Ausführungen, auf allen Skalen fehlten die Markierungen für russische Sender (Abb. 4).

Es wäre interessant, ob man auf den von Herrn Ratgeb genannten Prospekten der verschiedenen Saba Export-Modelle erkennen kann, ob die russischen Sender auf den Skalen markiert waren. Es wäre auch schön, wenn Besitzer von Saba-Exportgeräten diese Unterschiede bestätigen könnten.

Referenzen:

  1. Das Bundesarchiv                                                                                              „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik” online                                        Nr. 273 Chefbesprechung vom 27.März 1931 / Rundfunkfragen
  2. Diller, Ansgar                                                                                  Deutschsprachige Rundfunksendungen aus der Sowjetunion                            Die Reaktion in Deutschland. Teil 1: 1929 – 1933                                        Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte.                                                                                             Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv 29, 109-1020, 2003
  3. Diller, Ansgar                                                                                             Moskau auf der Radioskala im „Dritten Reich“ unerwünscht                       Studienkreis Rundfunk und Geschichte                                                   Mitteilungen 20, 220 – 222, 1994
  4. Diller, Ansgar                                                                               Deutschsprachige Rundfunksendungen aus der Sowjetunion                           Die Reaktion in Deutschland. Teil 2: 1933 – 1939                                        Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte.                                                                                             Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv 30, 5-14, 2004
  5. Rodt, Hans                                                                                                          Das Verschwinden russischer Sendermarkierungen auf den Skalen von Loewe Radios                                                                                                     RMorg Forum, 12.10.2016                                                                                
  6. Theobald, Josef                                                                                       Ätherkrieg zwischen der Sowjetunion und Deutschland                                     Rodena Heimatkundeverein, 21.02.2016

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