Von Lieben, genau Robert von Lieben - nicht Erfinder Triode!

ID: 371
Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

Von Lieben, genau Robert von Lieben - nicht Erfinder Triode! 
17.Apr.03 11:06
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Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

Von Lieben, genau Robert von Lieben hat die Triode nicht erfunden?
Aber die Radioröhre? Nein, hat er nicht - letzteres haben Ambrose Fleming, genau (später) Sir Ambrose Fleming (1849-1945) mit der Röhrendiode, Patentanmeldung 16. November 1904 und Lee de Forest (1873 - 1961), Patentanmeldung des Audions (Triode) 25. Oktober 1906 mit dem Wortlaut «Device for amplifying feeble electrical currents». Davor hatte Lee de Forest verschiedene Patente zur Röhrendiode eingereicht. Von Lieben hatte "seine" Liebenröhre erfunden, nach der nicht weiter entwickelt wurde, sondern nach der Triode des Lee de Forest, die ohne Quecksilberdampf arbeitete und schon zu Beginn mit bedeutend kleineren Massen arbeitete - auch als NF-Verstärker.

Obwohl Robert von Lieben (1878-1913) während einigen Jahren mit seinem «elektronischen Relais» auf dem «Holzweg» war, gilt er in den deutschsprachigen Ländern zumindest nach 1933 (!) als Erfinder der Triode (obwohl er Jude war) oder wenigstens der Radioröhre. Der späte Schwenker im Dezember 1910 zur Liebenröhre als Triode wurde einfach übersehen, damit man das Jahr 1906 schreiben konnte statt Spätzünder 1910. Aber seine u.a. auch von Max Dieckmann und Gustav Glage verwendete Vorrichtung der magnetischen Ablenkung eines Ionen- oder Elektronenstrahls auf zwei verschiedene Anoden bleibt in Deutschland bis 1910 Forschungspunkt, wobei man während Jahren wertvolle Zeit verschwendet. Dies obwohl man Kenntnis von der Erfindung des Lee de Forest hat, wie aus der Patentanmeldung vom Dezember 1910 zu ersehen ist. De Forest hat die Triode ja z.B.in Paris öffentlich vorgestellt und wenn man Patente anmeldet, studiert man immer die Prioritäten, wenn man nur einigermassen sorgfältig vorgeht.

Robert Von Lieben, Eugen Reisz und Siegmund Strauss als Team kommen erst Ende 1910 von diesen erfolglosen Versuchen weg, nachdem sie es noch mit einer elektrostatischen Ablenkung versucht haben - Patent DRP 236716 vom 4. September 1910. Man lehnt sich damit an Dieckmann und Glage an! Das aber hatte mit der späteren Liebenröhre nichts zu tun. Es gibt aber noch heute sogenannte Röhrenkenner, die brav alte Unterlagen abschreiben, wo man später schreibt, dass man nur noch ein Gitter eingefügt hätte, um auf die Liebenröhre zu kommen. Welcher Quatsch! Das Internet erlaubt aber alles ...

"Reisz schlägt danach vor, dass man analog zur Röhre von Lee de Forest ein Gitter anbringt", was schliesslich zur Patentanmeldung vom 20. Dezember 1910 führt - heisst es manchmal und auch "in Unkenntnis der Arbeit von Lee de Forest". Tatsache ist aber, dass man die Priorität der Triode von Lee de Forest in der Patentschift erwähnt hatte, weil sonst gar kein Patent (auf nun weitere Ansprüche daraus) hätte erteilt werden können. Man setzt also weitergehende Patentansprüchen ein als Lee de Forest, was dann ein Patent rechtfertigt. Das Patent erhält das Team Von Lieben - Reisz - Strauss (erst) am 12. Juli 1912 als DRP 249142. In Tat und Wahrheit ist es eine ganz andere Idee bei der Liebenröhre (die von Lee de Forest) als beim Lieben-Relais und auch die Konstruktion hat nichts mit dem mannshohen Relais zu tun.

Im August 1911 demonstriert Robert von Lieben seine gemeinsam mit Reisz und Strauss entwickelte Liebenröhre im Institut für physikalische Chemie der Universität Berlin einer Gruppe von Vertretern der grössten deutschen Elektrofirmen, was schliesslich zum «Lieben-Konsortium» führt, denn: Die Firmenvertreter sind von der Röhre so beeindruckt, dass vier Unternehmen - AEG, S&H, Felten & Guilleaume Carlswerk AG und Telefunken - das sogenannte Lieben Konsortium als Laboratorium bilden. Daneben entwickelt S&H Röhren in ihrem eigenen Laboratorium. Für das gemeinsame Laboratorium (bei AEG in Oberschönweide) ist Eugen Reisz verantwortlich. Am 15.10.12 meldet man die LRS-Verstärkerröhre zum Patent an (DRP 264554). Es handelt sich bei der Lieben-Röhre um eine Quecksilberdampfröhre, die bereits seit drei Monaten im Test steht. Das Patent für diese NF-Verstärkerröhre übernimmt Telefunken. Die Liebenröhre kommt als Telefonverstärker in Betrieb, befriedigt jedoch nicht. Erst 1914, umschlossen durch einen Käfig mit Temperaturregulierung (DRP 293460), zeigt sie stabilere Resultate. Zu diesem Zeitpunkt stellt man in den USA Hochvakuumröhren her und es ist erstaunlich, dass auch führende Firmenvertreter - wenigstens in jener Zeit - sowenig Ahnung von Entwicklungen in anderen Ländern besitzen [1-203]. Die Liebenröhre ist eigentlich schon bei der Patentanmeldung veraltet, doch kann man damit Ansprüche ableiten, die De-Forest damals nicht interessierten und er sie nicht als Anspruch in die Patentanmeldung nahm - obwohl er von Verstärkung schreibt! Nun: Auch Heinrich Hertz hatte kein Patent zu seiner Beweisführung angemeldet ...

Seit 1989 suche ich den Irrtum in der aus brauner Aera stammenden Literatur zu korrigieren - siehe z.B. «Radios von gestern» Seite 200ff, doch wenn auch heute selbst ein Professor auf der Patentabbildung nicht zwischen einer Triode und einer braunschen Röhrenanordnung zu unterscheiden weiss, kämpfe ich gegen Windmühlen ... Sie könnten wenigstens einmal die Möglichkeiten dieser «riesigen» Quecksilberdampfröhre bezüglich Hochfrequenz berechnen... und wenn es auch nur bei der kleinen Ausführung wäre.

Goebel schreibt 1950 in [290] dazu: «1910 führten auch v. Lieben und Mitarbeiter eine siebartige Steuerelektrode zwischen Kathode und Anode ein, und zwar ohne Kenntnis der sehr ähnlichen Anordnung beim Audion, das erst 1912 in Europa bekannt wurde.» In der Patenturkunde steht jedoch wörtlich zu lesen:

«Eine weitere Methode wurde von de Forest vorgeschlagen, welcher in der Entladungsröhre eine von der Gleichstromquelle durch einen Kondensator isolierte Hilfselektrode anordnete, die gitter- oder siebförmig ausgebildet war. Die zu verstärkenden Ströme wurden dabei über die Kathode und die erwähnte Elektrode geleitet; die diesen Strömen annähernd proportionale Ionisierung im Entladungsrohr bewirkte entsprechende Stromschwankungen in den von der Anode zur Kathode gehenden Strömen.

Eine derartige Anordnung hat den offenbaren Nachteil, dass infolge der Ventilwirkung der glühenden Kathode nur Halbwellen zwischen der Kathode und den andern Elektroden übergehen können, weshalb es unmöglich ist, Wechselströme gleicher Frequenz und Kurvenform wie die zu verstärkenden Ströme zu entnehmen...»

Das ist auch der Kern der Sache: Lee de Forest wollte «nur» ein Audion, d.h. eine HF-Empfangseinrichtung mit Detektion des NF-Signals erreichen. Zumindest zu Beginn hat Dr. Lee de Forest nicht als wichtig erachtet oder verkannt, dass bei anderer Beschaltung - auch ohne Detektion - beliebige Verstärkung zu erzielen ist - unterstellt man ihm vielleicht zu Recht. Doch im Jahr 1906 und 1907 verstand noch niemand genau, was da passierte. Interessanterweise gibt es auch in den USA Stimmen, die gegen Lee de Forest sprechen oder schreiben - also Leute, die der Sache nicht auf den Grund gehen oder nicht gehen können ... Schliesslich war Dr. Lee de Forest wohl krankhaft ehrgeizig und geschäftlich eine Nuss, womit er sich viele Feinde gechaffen hatte. Tatsache bleibt, dass erst Ende 1910 jemand anders als Lee de Forest die Triodenanordnung verwendet hat, wärend er schon hunderte von Empfangstrioden lieferte. Diese ist ab Oktober 1906 bekannt [1-29, 36, 44ff, 199ff]. 

Jetzt können Sie gegen diesen Artikel (oder auch dafür) Stellung nehmen, doch antworte ich (hoffentlich) auf keine Entgegnungen, die nicht auf die Patentlage (Bilder und Beschreibung) verweisen, sondern lediglich auf die Tatsache, dass etwas automatisch «wahr» wird, wenn genügend oft wiederholt ... Bin ja gespannt, was da kommt. Testauszüge bringe ich noch im Textforum zu diesem Thema Liebenröhre.

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von Lieben / deForest ... und die Praxis 
15.May.04 16:43

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

Ja, die überall verbreiteten nationalen Scheuklappen...

Während  die Liebenröhre als Telefonieverstärker noch immer keine befriedigenden Resultate zeigte, stellte A.T.&T. am 18.Oktober 1913 in Philadelphia einen Telefonverstärker in Dienst, bestückt mit einer Hochvakuumtriode mit beheizter Katode. Es handelte sich um das "Type A telephone repeater element", das von B.W.Kendall für diese Apparatur eingesetzt wurde auf einer Fernleitung zwischen New York und Washington über Philadelphia.

 

 

"Type A telephone repeater element" (aus Tyne, Saga of the vacuum tube) 1913

 

Der erste Hochvakuumverstärker als Versuchsmodell war schon am 27.Januar 1912 von Fritz Loewenstein bei A.T.&T. vorgestellt worden, und zwar in einer verschlossenen Box. Das Verhalten war zunächst unbefriedigend und es dauerte 1 Jahr, ehe Loewenstein bereit war, sein Geheimnis zu lüften: Es war ein deForest Audion in einer Schaltung ohne Gitterkondensator, wobei das Gitter eine negative Vorspannung gegen die Kathode bekam. Loewenstein reichte das US-Patent No.1.231.764 am 24.April 1912 ein und bekam es am 3.Juli 1913 erteilt. Dieses "C-bias-patent" (Gittervorspannungspatent) wurde  von A.T.&T. erworben.

In all der Zeit ärgerte man sich bei uns in Deutschland noch immer mit der Liebenröhre herum !

Dabei waren die deForest-Trioden in USA frei verkäuflich, weshalb Paul Pichon von Telefunken auch Mitte 1914 einige Exemplare erwarb, die er aber nach seiner Rückkunft wegen Ausbruchs des Weltkriegs nicht mehr bei Tfk ablieferte, sondern in Frankreich bei Ferrié, der daraus die Entwicklung der modernen europäischen Trioden anstiess (TM , R , einschließlich Europasockel!). Aber das ist eine andere Geschichte.

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Wahrheit und Dichtung - auch zu Heinrich J. Goebel 
18.Jan.05 11:24

Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

http://www.radiomuseum.org/dsp_forum_post.cfm?thread_id=42019
Zeigt das gleiche Thema von
Wahrheit und Dichtung bezüglich Heinrich J. Goebel und den eigentlichen Erfindern und Entwicklern der Glühlampe lange vor ihm.

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Das erste Patent zur bekannten Lieben-Röhre 
01.Jul.05 16:01

Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

Weil es immer noch genügend Skeptiker gibt hier die erste Patentschrift zur Bekannten Liebenröhre vom Dezember 1910
http://www.radiomuseum.org/tubes/tube_lieben-roehre.html
Sie können die Patentseite gross klicken - auch als Gast.

Hier einige Fotos meiner Liebenröhre Serie Nr. 132:
http://www.radiomuseum.org/tubes/tube_lieben-roehre_aeg_gross.html

Gerade kürzlich habe ich wortwörtlich in einem Museum mit 250.000 Besuchern pro Jahr den folgenden Text unter einer Liebenröhre gelesen:

"Liebenröhre (erfunden 1905). Erste industriell hergestellte Triode der Welt."

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Bezüglich Goebel kann man nun die Wahrheit lesen 
22.Apr.07 11:59

Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

Noch ist es bei Robert von Lieben bei Wikipedia nicht soweit, dass wir eine objektive und relativ gut dokumentierte Darstellung zu diesem Teil Technikgeschichte haben, doch für Heinrich J. Goebel ist das nun bei Wikipedia endlich der Fall. Kürzlich wurde ich wegen meiner Ausführungen in einem anderen Forum verlacht ... Statt dass jemand mal richtig recherchierte - aber das ist zum Glück nun geschehen - und wie gut!

Für Robert von Lieben müssen wir wohl warten, bis jemand so im Detail recherchiert, dass er ebenfalls ein Buch herausbringen kann, das sich nur dieser falschen Legendenbildung widmet. Er muss aber eine Diode/Trode von einem Elektronenstrahlrelais unterscheiden können. Offensichtlich können das wenige Menschen, sonst kämen sie nicht nach 100 Jahren noch immer zum Nachplappern von Unwahrheiten.

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Die Liebenröhre in der Station Nauen 
07.Jan.14 19:46
8071 from 14111

Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

Mitglied Andre Schmeets hat mir netterweise einen Scan aus "La Télégraphie sans fil", Herausgeber Hachette & Cie Paris, A. Berget, Ausgabe 1914, Bild 15 zu Seite 53 erstellt und zugesandt.

Ich bringe nur einen Ausschnitt, damit man die Geräte besser erkennt. Total wären es 4 Liebenröhren.

Auf Französisch lautet der Text: Station de T.S.F. de Nauen, Salle des appareils de réception d'un poste Marconi: on voit à gauche un récepteur Morse: à adroite, les bobines d'accouplement. (Cl. de la Gesellschaft für Drahtlose-Telegraphie.)

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