wells-gard: A11; Series - Verstärkungsbrumm beseitigen ?

ID: 346356
Dieser Artikel betrifft das Modell: Series A11 (Wells-Gardner & Co.; Chicago)

? wells-gard: A11; Series - Verstärkungsbrumm beseitigen ? 
18.Apr.14 10:37
44

Tim Küpper (D)
Beiträge: 99
Anzahl Danke: 4

Liebe Radiogemeinde,

ich restauriere gerade dieses hübsche amerikanische Kleinradio (wenn es fertig ist, lade ich natürlich auch Bilder hoch). Aufgrund des Alters war die Technik fast komplett marode, so dass der technische Aufbau trotz der wenigen Bauteile sehr zeitaufwendig war. Nach dem Ersatz diverser Kondensatoren (auch Lade/Siebelko) und diverser Widerstände sowie der fehlenden Gleichrichteröhre habe ich den Empfänger erst einmal nach Gehör mit dem Meßsender abgeglichen. Einen Abgleich mit dem Voltmeter nehme ich erst am Ende vor. Betriebsspannungen der Röhren laut Schaltplan passen alle.

Der Empfang ist mit einer guten Antenne der Schaltung (wenn ich richtig gezählt habe 4 Kreise: Vorkreis, Oszillatorkreis, 2 ZF-Kreise; laut Schaltplan 180 uV Empfindlichkeit) angemessen gut, finde ich.

Die Skalenlampe schien bereits ersetzt worden zu sein und war durchgebrannt. Daten waren nicht lesbar. Ich habe provisiorisch eine mit 7 V, 0,3 A eingesetzt. Damit läuft das Radio, die Heizspannungen der Röhren stimmen.

Von Anfang an habe ich allerdings stets einen "Verstärkungsbrumm", der bei größeren Lautstärken bei oder über Zimmerlautstärke nicht hörbar ist, da er von der Musik übertönt wird, bei kleinen hingegen sehr - auch bei vollständig abgedrehter Lautstärke. Das Brummen ist also immer gleich laut - unabhängig von der Lautstärkeregelung.

Das Brummen hört sich an wie bei einem Radio, dessen Lautstärke voll aufgedreht ist, das aber kein Signal auf der Endstufe hat. Also nicht tief, sondern eher höher.

Lade/Siebelko sind wie gesagt neu - zum Test habe ich auch kurzzeitig welche mit doppelter Kapazität eingesetzt - keine Veränderung. Ich habe alle Bauteile einzeln überprüft (sind ja nicht so viele), auch die Röhren mittels Röhrenprüfgerät. Die End- und Gleichrichterröhre habe ich auch durch andere aus einem Radio ersetzt, das einwandfrei funktioniert. Auch habe ich die beiden 6J7 gegeneinander getauscht. Das Brummen bleibt aber bestehen. Jedoch ist es mit der anderen Gleichrichterröhre etwas leiser, genauso bei einem Tausch der 6J7 gegeneinander. Ich denke aber, das ist verstärkungsbedingt, da die generelle Verstärkung nicht mehr optimal ist - erkennbar am schlechteren Empfang bzw. der geringeren einstellbaren maximalen Lautstärke (Gerät nicht auf Tausch der 6J7 abgeglichen, Gleichrichterröhre/Endröhre aus anderem Radio etwas schlechter).

Provisorisch habe ich auch mal die Betriebsspannung von 110 V auf 90 V (beides Wechselspannung) gesenkt. Der "Verstärkungsbrumm" wurde zwar leiser, aber natürlich auch die Empfangsleistung/maximal mögliche Lautstärke.

 

Meine Fragen an die Experten wäre:

1) Kann es sein, dass diese Art von Brummen aufgrund der Schaltung bzw. Schaltungsaufbau technisch bedingt ist und damit hingenommen werden muß ?  Der ZF-Filter (auf dem Bild hinter der Skalenscheibe quer eingebaut) hat auch keine Abschirmung (scheint auch werksbedingt so zu sein aufgrund der Kabelführung). Eine provisorische Abschirmung der beiden 6J7 (für die zweite von links ist wohl eine Abschirmung vorgesehen, die fehlt) mit Alufolie brachte auch keine Besserung.

2) Vielleicht hat auch jemand unabhängig vom technischen Sachverstand Erfahrungswerte mit mehreren solcher einfachen US-Empfängern und kann sagen, ob dieser "Verstärkungsbrumm" normal ist ? Das ist mein erster 4-Kreis-Super und ich habe keinen Vergleich.

3) Kennt jemand die Daten der Skalenlampe, wie sie ab Werk vorgesehen ist ? Im Schaltplan steht nur #44 ?

4) Kann ich die Schaltung (natürlich würde ich das reversibel tun) einfach modifizieren (2-3 Widerstände und/oder Kondensatoren an der richtigen Stelle), um den Brumm zu senken - aber möglichst ohne Verlust von Empfindlichkeit und maximaler Lautstärke ?

 

Herzlichen Dank im voraus und schöne Ostertage

 

Tim Küpper

 

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
Lämpchen 
18.Apr.14 13:30
44 from 2755

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
Beiträge: 2333
Anzahl Danke: 9
Konrad Birkner † 12.08.2014

 3
Danke bis hierhin schon mal! 
19.Apr.14 09:43
130 from 2755

Tim Küpper (D)
Beiträge: 99
Anzahl Danke: 4

Hallo Herr Birkner,

vielen Dank für die Antwort. Das ist sehr hilfreich. Beruhigenderweise waren die 7 V, 0,3 A wenigstens gar nicht so verkehrt. Durch den genauen Wert kann ich jetzt sogar eine noch passendere Birne einbauen. Die Fassung müßte ich dann eigentlich aus Originalitätsgründen auch ersetzen (aktuell ist eine E10er eingebaut, wohl vom Vorbesitzer). Da ich aber nicht die Originalbajonettfassung kenne, stelle ich das erstmal zurück und notiere es in den Notizen, die ich für jedes Gerät unterhalte. Meiner Meinung nach eine nicht originale Bajonettfassung und eine E10er-Fassung auf dassselbe heraus (beides nicht original). Herzlichen Dank bis hierhin !

Derweil habe ich das Skalenseil repariert (interessanter Mechanismus mit dem Stahlbügel oben als Spannfeder - er ist im Bild oberhalb der Skalenlampe zu sehen, kannte ich bisher so nicht) und die Lautsprecherbespannung wieder am Lautsprecher auf Spannung fixiert. Als nächstes werde ich noch eine Sicherung in die Netzleitung im Gerät einbauen und die Kabel der Heizungen neu machen (Kunstoffisolierung bröckelig). 

Da ich Ihren fachlichen Rat immer sehr schätze - was meinen Sie zu den anderen Punkten, insbesondere auch 4) (der Schalplan liegt ja auf dem Modell) ?

 

Herzliche Grüße und noch ein schönes Osterwochenende

Tim Küpper

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 4
Brumm 
19.Apr.14 10:03
136 from 2755

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
Beiträge: 2333
Anzahl Danke: 6
Konrad Birkner † 12.08.2014

das ist anhand des Schaltbildes schwierig, weil es sich nicht um einen klar lokalisierbaren Fehler handelt. Ich müsste da meine eigenen systematischen Messungen machen. Das ist per Hin-und Herschreiberei zu umständlich.

Falls Sie mich besuchen würden (wäre schön, wenn man sähe wo Sie wohnen und auch Ihr Alter, Beruf und Bild sichtbar wäre) oder das Gerät per Post schicken (evtl. ohne Gehäuse), kann ich Ihnen sicher weiterhelfen. Sie müssten nur das Hin-und Rückporto bezahlen und evtl. Teile falls nötig.

Die erwähnten Leitungen bitte vorher ersetzen, aber bitte keine Schaltungsänderungen! Letztere sollten nur nach Feststellung der Fehlerursache vorgenommen und dokumentiert werden.

Ohne Fehleranalyse ist es nur ein Stochern aufs Geratewohl.

Überlegen Sie es sich.
Gruß
KoBi

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 5
Verstärkerbrumm beseitigen 
19.Apr.14 22:11
203 from 2755

Heinz Höger (D)
Redakteur
Beiträge: 76
Anzahl Danke: 6
Heinz Höger

Hallo Herr Küpper,

Ändert sich der Brumm, wenn Sie den Netzstecker umdrehen ? Das würde mich interessieren.

Den Lade-Elko im Netzteil sollte man nicht vergrößern, das  könnte der Gleichrichter übel nehmen.

Frohe Ostern wünscht

Heinz Höger

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 6
Herzlichen Dank für das Angebot! 
20.Apr.14 09:54
252 from 2755

Tim Küpper (D)
Beiträge: 99
Anzahl Danke: 4

Hallo Herr Birkner,

herzlichen Dank für das sehr freundliche Angebot ! Ich habe Ihnen diesbezüglich eine email geschickt.

Herzliche Grüße und schöne Ostern

Tim Küpper

 

Hallo Herr Höger,

vielen Dank für den Hinweis. Ich werde es heute Abend ausprobieren. Das mit der Größe des Ladeelkos war mir bekannt (trotzdem Danke für den Tip). Oft genug habe ich leider bei der Reparatur von Radios zu große Ladeelkos gefunden, die nachträglich eingebaut wurden. Ich wollte nur in einem Schnelltest ausprobieren, wie sich die Kapazitätserhöhung auswirkt (ich benutze auch immer einen Trenntrafo, um die Betriebsspannung langsam zu erhöhen und so Spannungsschocks zu vermeiden).

Schöne Grüße und schöne Ostern

Tim Küpper

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 7
Netzstecker-Polung egal 
21.Apr.14 11:05
325 from 2755

Tim Küpper (D)
Beiträge: 99
Anzahl Danke: 7

Hallo Herr Höger,

ein Umdrehen des Netzsteckers brachte keinen Unterschied. Freundlicherweise schaut sich Herr Birkner das Chassis an. Wenn Herr Birkner das Chassis untersucht hat, werde ich hier die Ergebnisse schreiben.

 

Schöne Grüße und noch einen schönen Feiertag

Tim Küpper

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 8
Brumm beseitigt 
23.Apr.14 18:23
430 from 2755

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
Beiträge: 2333
Anzahl Danke: 9
Konrad Birkner † 12.08.2014

Die Ursache: kapazitive Netzbrummeinstreuung auf das Gitter der 2.Röhre (ZF-Audion). Dabei sind die Oberwellen natürlich stärker gekoppelt als die Grundfrequenz 50 Hz. Daher auch der "heller" klingende Brumm. Natürlich hat auch der kleine Lautsprecher sein Problem mit tieferen Frequenzen.

Das Gitter liegt über 4 MOhm am ZF-Kreis und ist damit sehr empfindlich gegen Einstreuung, während das kreisseitige Ende des Widerstandes völlig unempfindlich ist gegen Brumm. Der Draht zwischen Kreis und Audionkombination braucht darum auch keine Abschirmung.

Im Original ist eine Gesamtabschirmung für die Röhre vorgesehen, wobei die Audionkombination innerhalb des Abschirmgehäuses zu liegen kommt. Die Kombination ist direkt mit der Gitterkappe verbunden.

Abhilfe: Da mir die Anfertigung einer Komplettabschirmung zu aufwendig schien (das kann man jederzeit nachholen oder versuchen, ein Original zu erwerben), wurde die Gitterkombination abgeschirmt.
Zunächst ein Stück Schrumpfschlauch übergezogen, darüber Schirmgeflecht, das in sich verlötet  und über eine Schaltlitze mit dem Chassis verbunden wurde. Für den Gitteranschluss ist eine Öffnung frei gehalten, um auf den Obenanschluss der 6J7 stecken zu können.

Am Gerät wurde sonst nichts verändert. Dass es über einen Trenntrafo betrieben werden sollte, liegt aus Gründen der Sicherheit auf der Hand.

Es war mir ein Vergnügen,
KoBi
 

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 9
Vielen, vielen Dank - hätte ich nie gefunden 
23.Apr.14 20:08
457 from 2755

Tim Küpper (D)
Beiträge: 99
Anzahl Danke: 6

Hallo Herr Birkner,

das ging ja wirklich schnell! Darauf wäre ich nie gekommen - ich habe bisher noch kein Radio gehabt, das so empfindlich gegen Einstreuung ist. Nie hätte ich gedacht, dass die Abschirmung hier so einen großen Einfluß hat. Mein Versuch mit Alufolie (siehe oben) zeigte auch keine Wirkung – das war wohl Murks von mir. Vielleicht war die Chassiverbindung schlecht. Herzlichen Dank auch, dass Sie eine vernünftige Abschirmung gebaut haben.

Als Nicht-Experte kann man viel reparieren, wenn man das Grundprinzip verstanden hat, grob weiß, wofür welches Bauteil dient und anhand praktischer Erfahrung. Aber dann gibt es noch diese Fälle: Nach eigener Theorie müßte alles funktionieren, alles x-mal durchgesehen. Spukt es im Gerät ? Ist die Naturwissenschaft außer Kraft gesetzt ? Aber die eigene, verglichen mit Expertenwissen oberflächliche Theorie, reicht eben nicht immer.
Und da kommt Rmorg mit seinen wirklichen Experten ins Spiel, die bereit sind, ihr Wissen unentgeltlich an die nächste Generation weiterzugeben.

„Dabei sind die Oberwellen natürlich stärker gekoppelt als die Grundfrequenz 50 Hz. Daher auch der "heller" klingende Brumm...Das Gitter liegt über 4 MOhm am ZF-Kreis und ist damit sehr empfindlich gegen Einstreuung,...“ – das werde ich mir merken!

Sobald das Chassis wieder da ist und ich das Gehäuse aufgearbeitet habe, werde ich natürlich Bilder vom Gerät hochladen.

Herzliches Dank nochmal und herzliche Grüße,

Tim Küpper
 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 10
Noch einige Infos zum Ballast L55B 
23.Apr.14 20:12
463 from 2755

Tim Küpper (D)
Beiträge: 99
Anzahl Danke: 4

Ich habe heute noch etwas über den Eisenwasserstoff-Widerstand L55B im Internet recherchiert (hier auf rmorg habe ich noch nichts dazu gefunden):


Der erste Buchstabe (K, L, M) gibt den Typ der Skalenlampe an, für die der Ballastwiderstand ausgelegt ist.

K = 6,3 Volt, 0,15 A
L = 6,3 Volt, 0,25 A
M = 6,3 Volt, 0,20 A

Beim L55B heißt also das "L": 6,3 Volt, 0,25 A - wie Herr Birkner schon sagte.

Die Zahl gibt den Spannungsabfall über dem Ballast an, wenn 0,30 A fließen, beim L55B also 55 V.

Der Buchstabe nach der Zahl (A-K) gibt die Sockelverdrahtung des Ballastwiderstandes nach EIA-Standard an. Beim L55B heißt „B“: Widerstandselement zwischen Pin 3 und 7 mit Zwischenabgriff an Pin 8. Die Skalenlampe liegt zwischen Pin 7 und 8.

Vielleicht hat jemand für die anderen Buchstaben auch Sockelinformationen ?


Man kann davon ausgehen, dass der Widerstand funktioniert, wenn die Röhren heizen. Er ist nämlich im Falle eines Defektes meist ganz offen. Ansonsten sollte der Widerstand nach dem Ohmschen-Gesetz zur Überprüfung ungefähr berechenbar sein: 55/0,3 = 183,3 Ohm. Wenn zwischen Pin 3 und 7 ein Widerstand dieser Größenordnung meßbar ist, sollte der Ballastwiderstand okay sein.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.