Zuordnung der Spannungsquellen zu den Röhrenelektroden
Zuordnung der Spannungsquellen zu den Röhrenelektroden
Röhrenprüfgeräte – Methoden der Zuordnung der Spannungsquellen zu den Röhrenelektroden (mit Beispielen)
Kurt Schmid
Wie hier im Radiomuseum.org und anderweitig schon mehrfach ausgeführt, bestehen Röhrenprüf- und Messgeräte aus vier essentiellen Funktionsbausteinen:
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Röhrenfassungen
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Spannungsquellen zur Versorgung der Röhrenelektroden
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Vorrichtung zur Zuordnung der Spannungsquellen zu den Röhrenelektroden (bzw. Röhrenfassungen)
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Anzeigen der Prüf- und Messergebnisse
Nachfolgend wird der definitiv nicht-triviale Punkt 3 behandelt. Welche Lösungswege wurden in den bekannten aber auch weniger bekannten Geräten realisiert?
Wenig überraschen handelt es sich durchgängig um Vielfach-Schalteranordnungen. Bei den folgenden beiden ersten Kategorien (A & B) handelt es sich um Röhrenprüfkarten-basierte Lösungen.
A) Buchsen-Schalterfeld
B) Kreuzschienenverteiler
C) Drehschalter
D) Daumenradschalter
E) Schiebeschalter
F) Drucktastenaggregate
Nicht berücksichtigt werden hier tumbe „Brute Force“ Zuordnungslösungen wie z. B. Röhrenprüfgeräte, bei denen für jede geläufige Röhre eine eigene mit dem Röhrennamen beschriftete und entsprechend verschaltete Röhrenfassung vorhanden war. Diese Geräte, die häufig sogar in amerikanischen „Drug Stores“ standen, waren dementsprechend mit einer riesigen Anzahl von Röhrenfassungen ausgestattet und konnten direkt vom Kunden „bedient“ werden.
A) Buchsen-Schalterfeld
1936 erhielt Max Funke ein Patent für ein Prüfkartensystem mit röhrentypabhängigen Lochkarten erteilt (DRP 582749) [1]. Beginnend mit dem Funke Röhrenprüfgerät W 10 benutzte Max Funke durchgängig Prüfkarten-basierte Schalteranordnungen, bei denen die einzelnen Schalter in den Kreuzungspunkten der Koordinaten einer rechteckigen Matrix angeordnet sind und mit Steckerstiften (Steckerstiftschalter) betätigt werden.
Abbildung 1: Unteransicht eines Steckerschalterfelds (Funke W 20)
Da sich altershalber Befestigungsnieten der Kontaktzungen gelockert hatten, wurden diese mit kleinen Schrauben gesichert.
Jeder der 72 Schalter, die in drei Zeilen zu je 24 Schalter angeordneten sind, besteht aus zwei unterschiedlich langen Kontaktfedern (Kontaktzungen). Ein von der Prüfkartenseite in die entsprechende Bohrung (Buchse) eingesteckter metallischer Schaltstift verbindet elektrisch die beiden gegenüberliegenden Kontaktzungen [2].
Abbildung 2: Funke Röhrenprüfkarte (W 19)
Auf dem Buchsen-Schaltfeld des Röhrenprüfgeräts W 19 S ist die Prüfkarte für die Röhre C3m aufgelegt. 10 Steckerstifte (Kodier-Stifte) stellen die notwendigen Verbindungen zu den Röhrenfassungen her, programmieren die Höhe der Heiz-, Anoden- und Schirmgitterspannung sowie den Messbereich des Anzeigeinstruments Bei diesem einfachen Röhrenprüfgerät ist die Gittervorspannung fest auf 0 Volt eingestellt [2]. Daneben stellte Funke auch das veritable Kennliniengerät W 20 her. Unverkennbar „Funke“ sind die wohnzimmertauglichen Nussbaumfurnierten Gehäuse.
Wohl vom Funke Patent inspiriert, verließ die Firma Neuberger, der Konkurrent von Funke, das bisherige Konzept ihres sogenannten „Sockelschalters“, welcher in frühen Geräten (WE 352, WE 360) eingesetzt wurde.
Abbildung 3: Der sogenannte Sockelschalter des Neuberger WE 352
In einer wenig zukunftssicheren Weise verband ein einziger 15-stufiger Sockelschalter alle vorhandenen Röhrenfassungen mit den Leitungen der Spannungsquellen [3]. Infolge der damaligen Zunahme der Anzahl Röhrentypen, erfüllte dieses Konzept bald nicht mehr die gestiegenen Anforderungen.
In der Nachfolge führte die Firma Neuberger bei ihren neuen Geräten den zum Funke Patent funktionell vergleichbaren Kreuzschienenverteiler mit Röhrenprüfkarten ein (Abb.4).
B) Kreuzschienenverteiler
Abbildung 4: Schematischer Aufbau eines einfachen Kreuzschienenverteilers (Neuberger RPM 370/375)
Mit dieser kleinen 4 x 4 Matrix werden in Neuberger Röhrenprüf- und Messgeräten (z.B. RPM 370/375) vier Gitterspannungsquellen zur Versorgung der vier Gitterelektroden-Schienen eines nachgeschalteten zweiten großen Kreuzschienenverteilers mit 9 x 10 Matrix (s. Abb.5) verteilt.
Wie schon der Name impliziert, besteht ein Kreuzschienenverteiler aus kreuzweise im 90 Grad Winkel übereinander angeordneten Metallschienen, die gegeneinander isoliert sind. An den Kreuzungspunkten sind durchgängige Bohrungen von beispielsweise 3mm Durchmesser angebracht. Durch Einstecken passender Steckerstifte in die Bohrung werden die oberen horizontalen gelbgezeichneten Schienen an Kreuzungspunkten mit den darunterliegenden vertikalen türkisfarbigen Schienen elektrisch verbunden.
Abbildung 5: Unterseite eines Neuberger Kreuzschienenverteilers
Es liegt eine 9 x 10 Matrix vor. Sichtbar sind die neun horizontalen Schienen, wovon jede mit je einer Leitung der Spannungsquellen verbunden ist. Die 10 vertikalen Schienen verlaufen in der darunterliegenden (nicht sichtbaren) Ebene. Diese führen über Leitungen zu den verschiedenen Fassungsanschlüssen. Beide Ebenen sind durch eine Isolierungsschicht voneinander getrennt.
Der in obiger Abbildung gezeigte Neuberger Kreuzschienenverteiler des RP 270/2 (1959) ist kennzeichnend für souveräne Ingenieurarbeit und grundsolide Technik dieser Firma.
Abbildung 6: Beispiel einer Neuberger Karte zur Prüfung einer 6L6 Pentode
Mit Lochungen zur Aufnahme von 13 Steckerschaltstiften (Neuberger Röhrenmess- und Prüfgerät RPM 370/375) [4].
Abbildung 7: Röhrenprüfkarte auf dem russischen Gerät L3-3
Prüfkarte mit 23(!) Steckerstiften für die Doppeltriode ECC82 auf dem Kreuzschienenverteiler dieses aufwendigen Röhrenmessgeräts, welches für das russische Militär gefertigt wurde. Es kann sowohl Ströme als auch die Röhren-Steilheit messen.
Wie auf den oben gezeigten drei Beispielen hervorgeht, bieten Prüfkarten die intrinsische Möglichkeit für jede einzelne Röhre die verschiedensten röhrentypischen Informationen aufzunehmen. Die Verbindungen der Röhrenelektroden mit dem Röhrenprüfgerät liegen in Form des Lochmusters der Prüfkarte gespeichert vor. Auf den Prüfkarten ist zudem genügend Platz für eine Reihe weiterer Röhrenangaben und Kennwerten. Bei einfachen Röhrentester sind natürlich wesentlich weniger Informationen notwendig, als dies bei aufwendigen Kennliniengeräten der Fall ist. Hochwertige Kennliniengeräte benötigen Angaben über die anzulegenden Messspannungen im typischen Arbeitspunkt und den zu erwartenden charakteristischen Messergebnissen (Anodenstrom, Schirmgitterstrom, Steilheit). Oft zeigen die Karten auch Piktogramme der Röhre mit ihren Elektroden und des Röhrensockels. Manchmal ist zum primären Röhrennamen auch eine Liste mit alternativen Namen aufgedruckt.
Während deutsche Hersteller von Röhrenprüf- und Messgeräten zuletzt fast ausschließlich Prüfkarten-basierte Zuordnungssystem benutzten, folgten diesem Prinzip bemerkenswerterweise nur wenige ausländische Hersteller.
Geräten mit Buchsen-Schalterfeld bzw. Kreuzschienenverteiler stehen solche mit distinkten Schaltaggregaten (Drehschalter, Daumenradschalter, Schiebeschalter und Drucktastenaggregate) gegenüber. Es handelt sich durchwegs um Anordnungen mit mehreren vielstufigen Schaltern.
Bei den Röhrenprüfgeräten mit dezidierten Schaltern kann man zwei Gruppen mit differierenden Schaltstrategien erkennen.
Abbildung 8: Unterscheidung zwischen zwei unterschiedlichen Schaltstrategien der Zuordnung Röhrenfassung/Spannungsquellen
Jeder Vielfachschalter verbindet entweder:
Typ A) eine Leitung einer Spannungsquelle mit einem der verschiedenen Anschlüssen der Röhrenelektroden/Fassungs-Pins oder
Typ B eine Röhrenelektrode/Fassungsanschluss mit einem der unterschiedlichen Spannungsquellenanschlüssen.
Beim Typ A entspricht die Anzahl der Schalter der Anzahl der Leitungen der vorhandenen Spannungsquellen, welche sich zwischen verschiedenen Geräten relativ wenig unterscheiden. Die Anzahl der Schaltstufen der Schalter (Minus 1, wegen der Nullstellung = keine Verbindung) gibt an, wieviel Elektrodenanschlüsse/Fassungs-Pins unterstützt werden. Das können bei neueren Geräten, wegen der Tendenz einer Zunahme der Röhrenelektroden, mehr als zwölf werden.
Beim Typ B entspricht die Anzahl der Schalter der Zahl der unterstützten Fassungsanschlüsse. Im Extremfall sind 14 Drehschalter vorhanden (Abb. 12).
Üblicherweise sind die Schalter gegenseitig so verriegelt, dass Mehrfachzuordnungen unterschiedlicher Spannungsquellen auf ein-und-dieselbe Röhrenelektrode (Kurzschluss) ausgeschlossen sind. Bei den Röhrenelektroden Anschlüssen kann es sich um Anschlüsse über den Röhrensockel und/oder um Kolbenanschlüsse handeln.
C) Drehschalter
Fast alle amerikanischen Geräte benutzen für die Zuordnungsaufgabe eine Anzahl vielstufiger Drehschalter [5]. Das TV-7D/U von Hickok ist ein Beispiel für ein nach stringenten militärischen Spezifikationen hergestelltes Röhrenprüfgerät.
Abbildung 9: Das vorwiegend vom amerikanischen Militär genutzte Hickok TV-7D/U
Die 7 Zuordnungsschalter sind nach Vorgabe des Datenbuchs (s. Abb. 10) zur Vermessung einer 6L6 Röhre eingestellt.
Jeder der 7 Drehschalter verbindet eine Leitung der Spannungsquellen wahlweise mit bis zu maximal 9 Fassungs-Pins (Röhrenelektroden). Die Zuordnung folgt dem Typus A (s. Abb. 8). In Schalter-Nullstellung ist keine Verbindung hergestellt.
Abbildung 10: Ausschnitt einer Seite aus dem Datenbuch des Hickok TV-7D/U
Als beliebiges Anschauungsbeispiel dient die vierte Zeile von unten mit den Daten zur Messung und Beurteilung der Qualität einer 6L6 „Beam-Power“ Pentode/Tetrode. Im rot markierte Eintrag in der dritten Spalte „Selector Positions“ steht eine 7-stellige alphanummerische Zeichenfolge. Eingestellt ist:
H S 5 - 3 4 8 1
Abbildung 11: Erläuterung der Bedeutung des Eintrags „Selector Positions“ des TV-7D/U Datenbuchs
Die sieben Stellen repräsentieren nacheinander die Schalterstellungen der in Abbildung 9 gezeigten sieben Drehschalter. So ist beispielsweise ersichtlich, dass die Steuergitterspannung mit Pin 5 und die Leitung der Anodenspannungsquelle mit Anschluss-Pin 3 der Fassung verbunden ist.
Nicht nur amerikanische, sondern auch europäische Geräte bedienten sich der Drehschalter Lösung. Ein Beispiel ist das famose italienische Spitzengerät UnaOhm GB 74 M, welches als bestes europäisches Röhrenmessgerät angesehen werden kann.
Abbildung 12: Zuordnungsschalter der Spannungsquellen zu den Röhrenelektroden im italienischen UnaOhm GB 74 M
Diesem Zweck dienen immerhin 14 Drehschalter. Jeder einzelne davon verbindet „seinen“ Fassungs-Pin wahlweise mit einer Leitung der Spannungsquellen. Mit 12 vorhandenen Drehschalter können somit Fassungen mit maximal 12 Anschlüssen bedient werden. Die beiden restlichen Schalter stellen die Verbindungen mit bis zu zwei Kolbenanschlüssen her.
Die Zuordnungsart entspricht dem in Abbildung 8 dargestellten Typus B.
D) Daumenradschalter
Definitiv ein Exot unter den Zuordnungsschaltaggregaten ist der Daumenradschalter des britischen AVO VCM 163 [6]. Erwähnenswert ist eine weitere Besonderheit dieses cleveren Geräts („Very British“). Es erlaubt die gleichzeitige Anzeige von Röhrenströmen und Röhrensteilheit auf den beiden vorhandenen Instrumenten.
Abbildung 13: Das AVO VCM 163 mit seinem fulminanten Daumenradschalter (Thumbwheel Switch)
Das Zuordnungsaggregat „Valve Pin Selector“ genannt, hat satte 15 Rotationsschalter. Mit 13 adressierbaren Fassungskontakten plus zwei Kolbenanschlüssen übertrifft dieses Gerät sogar noch das UnaOhm GB 74 M mit „nur“ 14 Drehschaltern.
Einen mit dem AVO VCM 163 vergleichbaren Daumenradschalter benutzt übrigens auch der britische Valve Tester Taylor 45D (später von AVO aufgekauft).
E) Schiebeschalter
Abbildung 14: Das Schiebeschalter-Aggregat des französischen Geräts Metrix LX 108A [7]
Neben der reinen Zuordnungsfunktion ist auch hier das Einschleifen von (zwei) Widerständen in die Leitungen zu den Elektroden implementiert.
Durch die planare Anordnung der Schiebeschalter ergibt sich eine 9 x 10 Matrix mit großer Übersichtlichkeit. Wenn beispielsweise der dritte Schiebeschalter von links in der Position 8 steht, wird optisch eindeutig signalisiert, dass damit die Anodenspannung mit dem Fassungsanschluss 8 verbunden ist. Die Übersichtlichkeit ist graphisch geradezu perfekt.
Dieses Spitzenprodukt kam erst zum Ende der Röhrenära auf den Markt (ca. 1970) und bedient sich der am weitesten fortgeschrittenen Technik (i.e. der Vorteil der „späten Geburt“). So hat das Gerät vier einstellbare elektronisch stabilisierte Spannungsquellen und „gönnt“ sich 17 Röhren und einige Transistoren.
Weitere Röhrenprüfgeräte mit Schiebeschalter Zuordnung sind das deutsche RPG 70 (Elektromess) und der amerikanische Tube Tester EICO 667.
F) Drucktastenschalter
Als letztes Beispiel von Zuordnungsmöglichkeiten darf natürlich ein Drucktasten-Verteilsystem nicht fehlen. Der Transconductance Analyzer Model 901A (New London Instrument Co USA) unterstützt mit 9 Drucktaster-Spalten die gleiche Anzahl an Fassungsanschlüssen.
Abbildung 15: Das Drucktasten-Aggregat des „Transconductance Analyzers“ Model 901A
Das Drucktastenaggregat in diesem Gerät ist in einer 9 x 7 Matrix organisiert. Jeder der neun Drucktastenschalter in einer Zeile schaltet eine Leitung einer Spannungsquelle. In obiger Abbildung ist z.B. der braune Drucktaster in der sechsten horizontalen Zeile im Schnittpunkt mit der 7. vertikalen Spalte gedrückt. Diese Anordnung zeigt auf den ersten Blick unverwechselbar, dass die Heizfadenleitung (6. Zeile) mit dem 7. Fassungsanschluss der Röhre verbunden ist. Weiterhin lässt z.B. der gedrückt blaue Knopf Zeile 1) unschwer erkennen, dass die Anodenspannung auf Fassungs-Pin 8 der Röhrenfassung geschaltet ist.
Neben der guten Visualisierung aller geschalteten Verbindungen hat ein Drucktastenaggregat den Vorteil, dass wegen der automatischen gegenseitigen mechanischen Verriegelung der Drucktastenschalter innerhalb eines vertikalen Tastenaggregats keine Kurzschlussschaltungen möglich sind. Wenn, wie in obiger Abbildung 15, die blaue Taste in der Spalte 8 gedrückt ist, d.h. die Anodenspannung auf Fassungs-Pin 8 geschaltet ist, kann nicht gleichzeitig in der gleichen Spalte die gelbe Taste (Kathodenleitung) geschaltet werden. Somit ist ein Kurzschluss der Kathoden- mit der Anodenleitung ausgeschlossen.
Möglich ist allerdings, dass zwei oder mehr Tasten in der gleichen horizontalen Zeile gleichzeitig gedrückt sind. Beispielsweise können mehrere schwarzen Tasten (GND) gedrückt sein und somit die betroffenen Röhrenelektroden auf GND legen ohne dass es zu Kurzschlüssen kommt.
Diesbezüglich ähnlich sicher arbeitet das oben besprochene Schiebeschalterfeld des Metrix LX 109A (s. Abb. 14).
Wie vorhergehend schon erwähnt, erfordern Nicht-Prüfkarten basierte Schalterlösungen die Speicherung der zur Röhrenprüfung notwendigen Angaben in einem Datenbuch.
Im folgend vorgestellten amerikanischen Röhrenprüfgerät Hickok 539C sind die Röhrendaten und Einstellungen in einem besonders „cleveren“ Datenbuch gespeichert und abrufbar.
Abbildung 16: Das Zuordnungsschalterfeld (rot umrandet) des Hickok 539C mit sieben 13-stelligen Drehschaltern
Die sieben Leitungen der Spannungsquellen können mit den Drehschaltern mit bis zu 13 Röhrenfassungsanschlüssen verbunden werden (Abb. 8, Typ A).
Beim Hickok 539C handelt sich um eines der recht häufigen amerikanischen Geräte, bei denen das sonst übliche Röhrendatenbuch durch einen sogenannten „Roll-Chart“ ersetzt ist. Dabei sind die Röhrendaten zeilenweise nach Röhrennamen sortiert, auf einer viele Meter langen dünnen Papierbahn aufgedruckt. Im Gerät ist die Papierbahn auf einer Rolle aufgewickelt und kann mit dem einem außen befindlichen Daumenrollrad (s. Abb. 17) auf eine gegenüberliegende zweite Rolle aufgewickelt werden. Durch ein Beobachtungsfenster können die Daten abgelesen werden. Mit dem Daumenrollrad kann das Papier sowohl vorwärts als auch rückwärts gescrollt werden.
Das „Roll-Chart“ ist im Gerät integriert (s. Abb. 17) wodurch ein externes Röhrendatenbuch obsolet ist. Im Gegensatz zu extern gelagerten Röhrendatenbüchern bzw. Prüfkartenstapel ist ein „Roll-Chart“ permanent mit dem Gerät verbunden und kann daher nicht verloren gehen.
Abbildung 17: „Roll-Chart“ des Hickok 539C mit Doppelfenster
Der zeilenförmige Eintrag in einem „Roll-Chart“ bietet bei weitem nicht die Informationsmenge, welche beispielsweise auf der Neuberger Prüfkarte der 6L6 Röhre (s. Abb. 6) enthalten ist. Für reine Röhrenprüfgeräte reichen die Angaben allerdings aus.
Kurzstatement
Nach meiner persönlichen Meinung sind bei historischen Röhrenprüf- und Messgeräten das Schiebeschalterfeld des Metrix LX 109A und das Drucktastenaggregat des New London Instrument 901A die perfekten Lösungen einer Zuordnung der Spannungsquellen zu den Röhrenelektroden.
Es wäre aber als „schlimm“ anzusehen, wenn aktuelle Technik keine besseren Lösungen als die historischen Geräte anbieten könnten. An allererster Stelle nenne ich das phantastische computergestützte RoeTest von Helmut Weigl (der „Ferrari“ unter den Röhrenmessgeräten) [8]. Die riesige Röhrendatenbank erledigt mit ihrer relaisbasierten Zuordnung der Spannungen zu den Röhrenelektroden die Aufgabe blitzartig und irrtumsfrei. Gar nicht zu sprechen von den unvergleichlichen nummerischen und graphischen Darstellungsmöglichkeiten der Messergebnisse.
Danksagung:
Ich danke Hans-Thomas Schmidt, München für die Diskussion und wertvolle Hinweise und Anregungen
weiterhin danke ich Helmut Weigl, Mantel für seine kostenfrei zugänglichen RoeTest Röhrendatenbanken, die für alle die sich mit Röhren beschäftigen, eine große Hilfe darstellen.
Referenzen
[1] Scharschmidt, W., Max Funke und seine Röhrenprüfgeräte, Röhrenhistorie Band 3, Funk Verlag, Dessau 2010
[2] Schmid, K., Die Prüfkarten Einheit des Funke W 19 (S) Röhrenprüfgeräts
[3] Berger, R., Der Sockelschalter des Neuberger WE 352, Privatbericht
[4] Schmidt, H.-T., HTS-homepage
[5] Douglas, A. († 2015), Tube Testers and Classic Electronic Test Gear, Sonoran Pub. 2000 (3rd printing 2016)
[6] Schmid, K., The Ultimate British Valve Tester AVO VCM 163, Radio Bygones, 140, 3-7, 2012
[7] Schmid, K., Metrix LX 109A – Das ultimative französische Röhrenmessgerät
[8] Weigl, H., RoeTest
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