Ein Loewe-Radio Typ „Edda GL“ wechselt den Sammler
Es handelt sich um einen Allstromempfänger aus der " Nordland-Serie" der D.S. Loewe AG aus dem Jahre 1933 mit der Dreifach-Röhre " WG 33".
Das Gerät habe ich erworben von einem Sammler, der altershalber den „Edda GL“ aus seiner Sammlung verkauft. Das Gerät hat lange gestanden (ca. 20 Jahre), sicher verpackt in einem Karton. „Es spielt nicht, aber die Röhren sind noch brauchbar, von mir als Gut geprüft“ gab mir der Sammlerkollege zu verstehen beim Verhandeln um den Verkaufspreis. Wir haben uns auf einen beiderseits fairen Preis geeinigt.
Mich interessiert das Gerät hauptsächlich aus folgenden Gründen:
1) Weil es das Erste in Deutschland hergestellte Gerät für Allstrom ist und in den Spannungsstufen
einstellbar, die damals in Deutschlands Netzen verwendet wurden (110, 127, 140, 160, 220, 250).
2) Weil es ein Gerät ist, welches mit der WG33 ausgestattet ist.
3) Weil es ein Audion-Empfänger aus dieser Zeit ist mit den drei Wellenbereichen L, M, K.
4) Weil die Chance besteht, dass ich das Gerät auch tatsächlich zum Spielen bringen kann.
5) Weil das Gerät in meine kleine Sammlung passt.
Bevor ich überhaupt etwas an dem Gerät instandsetze, erstelle ich eine detaillierte technische Analyse, in welchem Zustand sich das Gerät befindet und was man tun müsste, um es in den Zustand „Spielt“ zu bringen.
Eins meiner Hauptinteressen beim Sammeln von Rundfunkgeräten ist, dass ich es tatsächlich auch so wie unsere „Altvorderen“ nutzen kann. Neben dem technischen Interesse interessiert mich bei den älteren Geräten auch, welchen Klang sie haben, d. h. welchen Musikgenuss sie in den Ohren unserer Vorfahren erzeugt haben.
Allerdings soll eine Instandsetzung keine entscheidenden Veränderungen am Erscheinungsbild innen und außen hervorrufen, also möglichst viel vom Originalzustand muss erhalten bleiben.
Ergebnisse der Analyse:
Allgemein
1) Äußerlich ist das Gerät in einem guten Zustand. Es gibt leichte Spuren einer Holzrestauration.
2) Die beiden Röhren (WG33, NG24) sind elektrisch in einem brauchbaren Zustand.
3) Innen ist das Gerät in einem sauberen Zustand, wahrscheinlich wegen der guten Lagerung.
4) Folgende Dinge sind verändert:
a) Der Tonregler ist komplett mit Verdrahtung und Bauteilen entfernt.
b) Der Zweitlautsprecher-Anschluß ist nicht sekundär, sondern Primär angeschlossen.
c) Es gibt Spuren vom Einbau eines Gerätes (Löcher von Holzschrauben, Spuren einer
zusätzlichen Verdrahtung), welches aber wieder entfernt ist.
d) In der Rückwand sind zusätzliche Durchbrüche vorhanden.
e) Der Netzschalter wurde erneuert.
f) Der Regler von 10 Ohm, der parallel zur Skalenlampe geschaltet ist und mit dem Netzschalter mechanisch verbunden sein muss, ist mit dem Auswechseln des defekten Netzschalters entfernt worden.
Technische Mängel
A) Die eingesetzte Sicherung hat einen Wert von 4A T.
B) Zwei Leistungswiderstände im Heizkreis sind defekt (230 Ohm/12W und 400 Ohm/20W).
C) Der bereits bei einer früheren Reparatur ersetzte Netzschalter ist defekt.
D) Die Skalenlampe ist defekt. Dadurch ist der Heizkreis unterbrochen.
E) Die beiden Elektrolytkondensatoren sind nicht mehr brauchbar.
F) Ein Anschluß zur Kurzwellenspule hat sich gelöst.
Die Punkte A und F lassen sich einfach lösen.
Eine korrekte Sicherung wird eingesetzt. Allerdings zeigt mir der eingesetzte Wert von 4A, dass es hier wahrscheinlich Probleme in der Stromversorgung geben wird.
Der Anschluss zur Kurzwellenspule wird angelötet.
Zu B) Die Leistungswiderstände müssen ersetzt werden, wenn man das Gerät mit heute üblicher Netzspannung betreiben will.
Bild1: Leistungswiderstände
Zu Punkt C) Reparatur des Netzschalters
Der Schalter gibt beim Schalten keinen elektrischen Durchgang mehr.
Da man hier nicht noch mehr kaputt machen kann, habe ich den Schalter geöffnet durch Ausbohren von zwei Nieten. Das dann sichtbare Innenleben ist mechanisch noch völlig intakt. Lediglich die Kontaktwalze ist völlig verharzt und gibt deshalb keinen Kontakt mehr. Nach Reinigen der Kontaktwalze und etwas mühsamen Zusammenbau des Schalters, funktioniert er wieder einwandfrei. Die Nietung habe ich durch zwei M2,5 Schrauben ersetzt.
Bild2: Netzschalter geöffnet
Bild3: Netzschalter zusammengebaut
Zu D) Skalenlampe
Bild4: Skalenlampe
Laut Unterlagen hat die Skalenlampe die Werte 8 Volt / 0,18 Ampere oder 12 Volt / 0,25Ampere.
Beide Lampen werden heute wohl nicht mehr zu erhalten sein. Ich habe eine Lampe gewählt mit den Daten 12 Volt / 0,1 Ampere. Parallel dazu habe ich einen Widerstand von 120 Ohm / 2 Watt geschaltet. Eine Möglichkeit währe noch, zwei 12 Volt / 0,1 Ampere Lampen parallel zu schalten. Das ist mir aber mechanisch zu aufwändig.
Zu Punk E) Elektrolyt-Kondensator
Beide Elektrolyt Kondensatoren sind mit dem Datum 9 / 33 versehen, also noch von der Orginalbestückung!
Messung der Kapazität vor weiteren Untersuchungen
Soll: 8 Mikro Farad Ist: 0,3 Mikro Farad
Soll: 15 Mikro Farad Ist: 14,2 Mikro Farad
Bild5: Kondensatoren
Beide Kondensatoren habe ich dann über einen geeigneten Vorwiderstand formiert, stufenweise bis zur der auf den Kondensatoren angegebenen Spitzenspannung. Dauer ca. 1 Stunde.
Messung der Kapazität nach dem Formieren
Soll: 8 Mikro Farad Ist: 1,3 Mikro Farad
Soll: 15 Mikro Farad Ist: 14,8 Mikro Farad
Eine Messung der Leckströme ergibt die im Bild dargestellten Werte
Bild6: Leckströme
Bewertung:
Beide Kondensatoren sind für den Betrieb mit 230 Volt Nennspannung ungeeignet.
Der 8 Mikro Farad Kondensator ist wegen Fehlen der Nennkapazität völlig unbrauchbar.
Der 15 Mikro Farad Kondensator wäre bis 180 Volt Gleichspannung noch einsetzbar.
Alle Elko-Tests konnte ich ohne Ausbau der Elkos vornehmen. Die Anschlüsse für die Tests sind elektrisch zugänglich (Anschlußpunkte: Röhrensockel, Stromart-Umschaltung, Netzeinspeisung).
Überprüfung aller übrigen Kondensatoren und Widerstände im Gerät
Diese Überprüfung ist sehr positiv ausgefallen, weil alle Werte in etwa im Bereich der im Schaltbild angegebenen Werte sind. Es brauchen ja nicht so viele Bauelemente überprüft werden, weil bei den Loewe-Mehrfachröhren ja einige Bauelemente bereits in der Röhre enthalten sind.
Bild12: Bauelemente unter der WG33
Vorgehensweise nach der Analyse – Kontrollierte Inbetriebnahme
Bevor ich ein Gerät einschalte, betreibe ich es – soweit wie möglich – mit externen Netzgeräten. So habe ich die Möglichkeit, die Kontrolle über das Schaltungsverhalten zu haben und die Schaltung (das Gerät) kontrollierter betreiben zu können.
Inbetriebnahme des Heizstromkreises
Die beiden defekten Widerstände werden durch intakte Widerstände ersetzt. Über einen Regel-Trenntrafo wird die Betriebsspannung von 220 Volt langsam hochgedreht. Dabei wird der Strom und die Spannungen an beiden Röhrenheizern gemessen. Bei 220 Volt ergeben sich die Nenndaten nach den Röhrendatenblatt-Angaben.
Bild7: Spannungswähler
Inbetriebnahme der Gleichspannungsversorgung mit einem externen Gleichstrom-Netzgerät
Wie bei der Messung der Leckströme der Elkos schon bekannt, kann die Betriebsspannung – aus Sicht der Elkos – bis auf max. 180 Volt hochgefahren werden.
Beim Hochfahren der Gleichspannung (Einspeisungspunkt Sicherungshalter und Netzeinspeisung) werden an den Messpunkten 1, 2 und 3 je ein Spannungsmesser angeschaltet und beim Hochfahren die Spannung beobachtet. Natürlich wird auch der Strom gemessen.
So wird verhindert, dass beim Hochfahren der Betriebsspannung Defekte in der Schaltung durch Überlastung oder Kurzschlüsse auftreten. Beim Auftreten unerklärbarer Messwerte wird vorher nach deren Ursachen gesucht.
Ab 60 Volt Betriebsspannung tritt Empfang auf. Der Betriebsstrom ist unter 2 mA. Beim Hochdrehen der Betriebsspannung bis auf 180 Volt steigt der Strom linear an. Die Lautstärke wird dabei etwas höher. Dies habe ich in Verbindung mit der Mehrfachröhre auch so erwartet. Oberhalb von 180 Volt steigt auf Grund des Elkos der Leckstrom schnell stark an. Hier ist also die Grenze einer möglichen Betriebsspannung.
Bei diesem Test ist die Röhre 24NG nicht eingesetzt. Der Heizer der 24NG ist durch einen Widerstand 220 Ohm / 10 Watt simuliert. Dadurch wird eine Entkopplung von Heizkreis und Gleichstromkreis ohne einen Eingriff in die Schaltung erreicht.
Reinigen und Ölen von Achsen
Damit die Betätigungselemente leichter laufen, reinige ich sie vorsichtig zunächst von verhärteten Fetten (Ballistrol, anschließend mit Waschbenzin) und gebe anschließend einen kleinen Tropfen Öl in die jeweilige Achse für:
Wellenschalter, Drehko und Drehkoantrieb, Rückkopplung und Spulenschwenker.
Damit man an die entsprechenden Stellen herankommt, verwende ich Spritzen mit langen Kanülen.
Die Reinigungsflüssigkeiten entferne ich nach einer Einwirkungszeit mit Alkohol (sanft Ausblasen).
Bild8: Werkzeuge Reinigen / Ölen
Bild9: Skalentrieb frontal
Bild10: Skalentrieb Aufsicht
Meine Entscheidung zum Betrieb des Gerätes
Ich betreibe das Gerät mit 110 Volt Wechselspannung über einen entsprechenden Trenntrafo. Die Gleichrichterröhre 24NG setze ich auf den Steckplatz für 150 …250 Volt. Dadurch bleibt die Gleichstrom-Betriebsspannung sicher unter 180 Volt, weil auf diesem Steckplatz keine Spannungsverdopplung erfolgt. Bei 110 Volt Netzspannung beträgt die Betriebsspannung dann intern ca. 140 Volt.
Da beim Betrieb mit 110V Wechselspannung die beiden defekten Leistungswiderstände im Heizkreis nicht benötigt werden, kann ich die probeweise eingelöteten Widerstände wieder entfernen.
Aus Sicherheitsgründen habe ich ein Schild am Gerät angehängt mit dem Hinweis:
Achtung – Gerät auf 110 Volt eingestellt.
Nur mit 110 Volt über einen Trenntrafo betreiben!!
Für den Netzanschluß werde ich ein Kabel vorbereiten, welches an dem Steckerende einen US-Stecker hat.
Bild11: Steckplatz Gleichrichter
Die in mehreren Beiträgen hier im Forum schon geäußerte Vermutung, dass der Elko in der Spannungsverdoppler-Schaltung von 8 Mikro Farad in seiner Polarität falsch in den Schaltungen eingezeichnet ist, kann ich auf Grund meiner Analysen bestätigen. Der negative Pol des Elkos ist definitiv am Netzanschluß angeschlossen und der positive Pol am Anschluß K1/A2 des Sockels der 24NG in der Position für 110 / 127 Volt.
Bild13: Schaltung aktuell, Ausschnitt Verdopplerschaltung
Bewertung des Hörerlebnisses
Der Betrieb des Gerätes ist problemlos. Wer sich mit der Bedienung z.B. von Volksempfängern (Audion) auskennt, wird sofort zurecht kommen.
Als Antenne habe ich einen ca. 5 Meter langen Draht, verlegt auf einem Holzschrank in meiner Werkstatt. Als Erde verwende ich die Heizung.
Zum direkten Vergleich habe ich einen Volksempfänger (VE301 Wn Dyn) und einen moderneren Röhrensuper (Schaub Transatlantik 55) daneben gestellt.
Meine Eindrücke:
Ortssender
Auf Mittelwelle ist der Musikgenuss beim Gerät Edda deutlich besser als z.B. beim VE301. Zwischen dem Transatlantik und dem Edda ist kein Unterschied.
Beim Ortssender (Stuttgart) muß ich die Antenne auf den unempfindlicheren Eingang stecken, damit die Lautstärke sich auf Zimmerlautstärke herabsetzen lässt.
Fernsender
Die Trennschärfe beim Edda ist mit der beim VE301 vergleichbar. Hier ist der Schaub Transatlantik natürlich deutlich besser. Auf Kurzwelle sind beim Edda die Grenzen der Trennschärfe deutlich zu hören. Hier muss man die Rückkopplung stark anziehen, um bei manchen Sendern, die eng beieinander liegen, noch eine ausreichende Trennschärfe erreichen zu können.
Zum Abschluss
Mir ist es gelungen, den Edda zum Leben zu erwecken ohne etwas entscheidendes am Gerät zu verändern. Der Betrieb mit 110V Wechselstrom ist eine Alternative, die mich vor zu großen Veränderungen am Gerät bewahrt hat. Es hätten sonst die Elektrolytkondensatoren gewechselt werden müssen bzw. in den alten Kondensator-Gehäusen heutige Kondensatoren eingebaut werden müssen. Auch Leistungswiderstände hätten erneuert werden müssen. Auf die Alterung des Elkos muss ich achten und werde in bestimmten Abständen das Gerät immer mal wieder einschalten, um den Elko fit zu halten und um zu überprüfen, ob sich der Leckstrom entscheidend erhöht.
Ein Punkt ist noch offen: Der Netzschalter mit dem Potentiometer zum Hochfahren des Heizkreises, damit die Skalenlampe nicht durchbrennt.
Wer kann mir etwas über den Netzschalter mit dem Potentiometer sagen? Wer hat ein Photo von diesem Teil? Für eine Information bzw. einem Foto bin ich dankbar.
G. Eisenbarth
Gerhard Eisenbarth, 01.Mar.09
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