Mikrofonvorverstärker CMV 5/B

Neumann & Co, Georg; Gefell

  • Year
  • 1947 ?
  • Category
  • Microphone or Pick-up element
  • Radiomuseum.org ID
  • 174377

 Technical Specifications

  • Number of Tubes
  • 1
  • Main principle
  • Audio-Amplification; none
  • Wave bands
  • - without
  • Power type and voltage
  • Powered by external power supply or a main unit. / 5,3 & 100 Volt
  • Loudspeaker
  • - For headphones or amp.
  • Material
  • Metal case
  • from Radiomuseum.org
  • Model: Mikrofonvorverstärker CMV 5/B - Neumann & Co, Georg; Gefell
  • Shape
  • Miscellaneous shapes - described under notes.
  • Dimensions (WHD)
  • 85 x 270 x 85 mm / 3.3 x 10.6 x 3.3 inch
  • Notes
  • Große Mikrophonflasche, Nachfolger des CMV3, aber entwickelt in Gefell im Vogtland. Zur Verwendung mit den Kapseln M7, M8, M9 mit Bajonettaufnahme. Stromversorgung aus Netzteil GN N5/B. Anschluß über 6-poligen Spezialstecker (frühe Ausführung), später über 6-poligen Gefellstecker NS-84. Es gab zahlreiche Ausführungen des CMV5, u. a. mit den Röhren RE084k, EF6, EF36, 6J7, VF14, die von 1946 bis nach 1954 gebaut wurden.
  • Net weight (2.2 lb = 1 kg)
  • 1.4 kg / 3 lb 1.3 oz (3.084 lb)
  • Source of data
  • - - Data from my own collection
  • Literature/Schematics (1)
  • - - Manufacturers Literature
  • Author
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Das Rätsel um den Stecker

Vor über zehn Jahren erhielt ich meine beiden Neumann CMV5/B. Sie waren in einem traurigen Zustand. Ich habe sie damals restauriert, aber ein Rätsel konnte ich erst heute, viele Jahre später, wirklich lösen: Was hat es mit diesem ungewöhnlichen Anschluß auf sich?

Diesen Stecker hatte ich noch nie gesehen. Der bekannte Neumann-Stecker NS84, wie für CMV563 oder UM57, ist etwas kleiner, und hat fünf gleichmäßig angeordnete Pole, plus einen in der Mitte. Auch von Tuchel wollte nichts passen. Konnte es ein Hexa-Stecker sein, wie er in den 40er Jahren an gewissen Wehrmachtsgeräten (und Neumann-Prototypen) gesehen wurde? Nein, der war es auch nicht.

Auf die richtige Spur brachte mich die Firma Microtech Gefell (früher Neumann/Gefell), wo die Mikros hergestellt worden waren. Man half mir Gefell in großzügiger Weise mit Informationen, auch mit Ersatzteilen. Ich erhielt unter anderem dieses Datenblatt, wo die Belegung meines "Linsa"-Steckers dokumentiert ist.

Es waren also in Gefell noch 1957 Kabel gebaut worden von „Linsa“ auf „Neumann“. Aber für welchen Kunden?

Dann tauchten zwei Netzteile auf: Ein sehr altes von Neumann für das CMV5/B, vermutlich ein N5, leider umgebaut auf Neumann-Flanschdosen. Aber mit einem Kabel auf Linsa, passend zu meinen Mikros! Ein weiteres, unverbasteltes Netzteil dieses Typs existiert in einer Privatsammlung. Und ich bekam ein N57, das auf Linsa-Flanschdosen direkt am Netzteil umgerüstet worden war.

Ich fand weiterhin heraus: Im Filmmuseum Potsdam existiert ein CMV5/B mit Linsa-Stecker, aber dazu noch mit (Fein-)Gewinde-Überwurf.

Aber ich fand weit und breit keine anderen Mikrofone auf Linsa. Alle weiteren existierenden CMV5/B scheinen mit Neumann-Stecker geliefert worden zu sein. Das CMV5 (ohne B) erkennt man übrigens am Groß-Tuchel 3-pol Männchen. Also wieso diese Ausführung auf Linsa?

Den entscheidenden Hinweis bekam ich erst dieses Jahr von Andreas Grosser, dem Mikrofon-Experten, der leider am 8.7.2022 überraschend und viel zu früh von uns gegangen ist. Andreas sagte mir: „Das gab’s nur bei der DEFA!“

Die Entstehung der DEFA

(nach wikipedia.de)

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) beschlagnahmte Mitte 1945 alle früheren Ufa-Kinos, sowie Ende Oktober alle Vermögenswerte der Filmproduktion in der SBZ.

Eine Gruppe von Filmschaffenden, die sich Filmaktiv nannte, und 1946 in die Zentralverwaltung für Volksbildung integriert worden war, erhielt die Aufgabe, eine neue deutsche Filmindustrie im Bereich der SBZ ins Leben zu rufen.

Am 17. Mai 1946 wurde in Potsdam-Babelsberg auf dem Gelände der Althoff-Ateliers die Deutsche Film-AG (DEFA) i. Gr. gegründet. Am 13. August 1946 erfolgte die Eintragung der Deutschen Film GmbH, mit Sitz in Berlin ins Handelsregister. Die Filmaktiv-Mitglieder Alfred Lindemann und Karl Hans Bergmann wurden zu Geschäftsführern, Hans Klering zum Prokuristen berufen. Der juristische Sitz des Unternehmens wurde am 14. Juni 1947 von Berlin nach Potsdam verlegt.

Die DEFA sollte laut dem Anliegen ihrer Gründer „helfen, in Deutschland die Demokratie zu restaurieren, die deutschen Köpfe vom Faschismus zu befreien und auch zu sozialistischen Bürgern erziehen.“

Die vier Filmateliers der Tobis Filmkunst GmbH/Tobis Syndikat GmbH in Berlin-Johannisthal (Jofa-Ateliers) bildeten zuerst die Produktionsbasis der DEFA.

Am 3. Dezember 1948 wurde die DEFA, die bereits über mehr als 2000 feste Mitarbeiter verfügte, als gemeinsame deutsch-sowjetische Aktiengesellschaft ins Handelsregister eingetragen.

Die sowjetische Linsa A.G.

(nach cinegraph.de, Stichwort Jofa-Atelier, unter Verweis auf Albert Wilkening: „Begegnung mit Freunden“, 1977)

1945 waren alle Vermögenswerte der Filmproduktion in der SBZ beschlagnahmt worden. Um dieses Vermögen nicht zu demontieren, sondern in Deutschland nutzen und verwalten zu können, war im Juli 1947 in Moskau die Sowjetische Staatliche A.G. Linsa (russ. für „Linse“) gegründet worden. Vorsitzender des Vorstandes war S. P. Apakidse, sein Stellvertreter Alexander Sergejewitsch Wolkenstein. Genosse Wolkenstein war zugleich Generaldirektor der Zweigniederlassung in Potsdam.

Da die Anlagen und Einrichtungen der Tobis-Filmkunst (Johannisthal) zu jener Zeit dringend für die Produktionstätigkeit der DEFA benötigt wurden, war im August 1946 zwischen dem Bürgermeister des Bezirkes Berlin-Treptow und den Geschäftsführern der DEFA ein Pachtvertrag über das Vermögen abgeschlossen worden. Durch die Sequestrierung (Beschlagnahmung) verlor diese Vereinbarung ihre Gültigkeit, und es mußte ein Weg gefunden werden, damit die DEFA diese Anlagen und Einrichtungen weiterhin nutzen konnte. Das war am einfachsten dadurch zu bewerkstelligen, daß sich die Linsa an der DEFA beteiligte. Sie benannte zwei Geschäftsführer. Außer dem bereits erwähnten A. S. Wolkenstein war es der Filmregisseur Ilja Fradkin.

Hier schreibt Ulrich Illing in: „Die Leute hinter den Kulissen“, 2000:

"Die technisch kreativsten Jahre der DEFA-Geschichte begannen ab 1948/49 mit der Freigabe des Hauptgeländes der Babelsberger Filmstadt durch die sowjetischen Alliierten. Bis 1947 erfolgte die deutsche Nachkriegsfilmproduktion in Berlin-Johannisthal und in den Babelsberger Althoff-Studios. Im Frühjahr 1948 waren alle diese Studios ausgebucht.

Man wollte jedoch die Aufnahmen für 1-2-3-Corona durchführen. So trat man entschlossen an die Kulturoffiziere der sowjetisch-deutschen Produktions-und Verwaltungsgesellschaft Linsa A.G. heran und erwirkte die vorerst zeitweilige Freigabe der noch halbwegs intakten Nachwuchsateliers im Haus 3 auf dem ehemaligen Ufa-Hauptgelände.

Bereits ab 1948 wurden erste technische Werkstätten in den Linsa-Gebäuden nördlich der Studio-Hauptstraße eingerichtet, so auch eine Tontechnik-Basis im Haus 10 (1995 abgerissen).

(Bild: Tontechniker-Mannschaft der DEFA in den 50er Jahren. Ulrich Illing, "Die Leute hinter den Kulissen", 2000)

Die inzwischen auf dem ehemaligen UFA-Gelände ansässige Linsa A. G. leitete ab 1949 gemeinsam mit den deutschen Mitarbeitern den zielgerichteten Wiederaufbau der Filmstadt ein.

Auf Beschluß des Minsterates der UdSSR wurde am 01. Juni 1950 das "Kinostudio Babelsberg der Sowjet-AG LINSA" als "VEB Kinostudio Babelsberg" in 100%ige deutsche Betreiberschaft übergeben."

Albert Wilkening seinerseits schreibt in „Begegnung mit Freunden“ (1977) zum Ende der Linsa A.G.: „Am 1. Januar 1951 wurden im Rahmen eines Komplexprogramms alle sequestrierten Filmbetriebe und damit auch das gesamte in der Deutschen Demokratischen Republik befindliche Vermögen der Linsa an die Regierung der DDR übergeben, die es ihrerseits der DEFA zur allseitigen Nutzung zur Verfügung stellte.“

Zurüch zum Mikrofon

Ob die Linsa A.G. nun Mitte 1950 oder erst Anfang 1951 endete, klar ist nun: Die Linsa-Stecker müssen in der Zeit von 1948 bis 1950 bei der DEFA unter Leitung der Linsa A.G. in Potsdam entwickelt worden sein. Eine Verwendung außerhalb der DEFA Filmateliers ist nicht nachweisbar.

Daß Neumann/Gefell noch 1957 Zeichnungen machte für Anschlußkabel, die ein Mikrofon auf „Linsa“ mit einem Netzteil auf „Neumann“ verbanden, deutet meiner Einschätzung nach auf Ersatzlieferungen für modernere Netzteile hin.

Hier ein wichtiger Hinweis für Besitzer des CMV5/B: Das Mikrofon benötigt eine negativ gepolte Heizspannung, weil die Gittervorspannung davon abgeleitet wird! Ein normales Neumann/Gefell N57 (auch UN57, N61, N61V) erzeugt eine positive Heizspannung, und darf deswegen nicht für CMV5/B verwendet werden!

Und was macht man, wenn man unbedingt solche Stecker als Ersatzteil benötigt? Ich habe damals einen Mechaniker beauftragt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, ist aber kein Schnäppchen gewesen.

Und dann bin ich vor nicht allzu langer Zeit im Umfeld großer Beschallungs-Anlagen über eine Steckerserie von Amphenol (früher Alcatel Australia/ITT Cannon) gestolpert, die mir eigentümlich bekannt vorkam: Die EP-Serie.

Man glaubt es kaum, aber die Stecker passen exakt. Die 6-polige Ausführung gibt es ab Lager im Musikalien-Versand. Sogar die Verriegelung der Stecker ist genau gleich! Die dreipolige Ausführung konnte ich kurzfristig nirgendwo bestellen, aber gemäß Zeichnung passt auch diese. Es ist schwer zu glauben, daß im Abstand von vielleicht 50 Jahren einmal in der DDR, und danach in Australien eine exakt gleiche Steckerbauform entwickelt wurde. Ich kann es mir nicht erklären.

Wenn also noch jemand Mikrofone oder andere Geräte mit Linsa-Anschlüssen hat, die kommen bestimmt von der DEFA!

Ich würde mich über weitere Meldungen dazu in diesem Thread freuen,

Nikolaus Löwe

Nikolaus Löwe, 26.Sep.22

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