Das Zenith Transistorradio Royal 500
Im November 1954 wurde von der US-Firma Regency mit dem Modell TR-1 das weltweit erste kleine Transistorradio im Markt eingeführt.
Die Abmessungen dieses Gerätes waren zur damaligen Zeit mit 127mm Länge, 76 mm Breite und 32mm Tiefe wirklich klein.
Das Gewicht des sogenannten „Pocketradios“,oder „Taschenradios“ war mit 10,6-OZ, bzw. 300 Gramm für damalige Verhältnisse relativ leicht.
Dieses Radio wurde in Zusammenarbeit der Firmen Texas Instruments und Industrial Development Engineering Associates
(abgekürzt: I.D.E.A.) entwickelt, wobei Texas Instruments den Prototypen lieferte.
Das Radio war mit vier Transistoren ausgestattetund wurde mittels einer 22,5 Volt Batterie mit der erforderlichen Spannung versorgt.
Die nachfolgende Abbildung zeigt zwei dieser Modelle (Regency TR-1) in rot und grün.
Der Verkaufspreis betrug damals 49.95$ Das Gerät konnte Sender der Mittelwelle empfangen.
Dieses weltweit erste Transistorradio wird natürlich in Sammlerkreisen hoch gehandelt.
Preise von über 400$ sind keine Seltenheit.
Hier nun einige technische Daten des Gerätes, die mir freundlicher Weise von unserem Mitglied Günther Stabe zur Verfügung gestellt wurden.
Recency TR-1 (I.D.E.A) (Technische Daten)
Superhet, MW,5 Kreise (davon 2 abstimmbar), gedruckte Schaltung (!)
4 Germanium-Transistoren npn (Texas Instruments): TI 223, 2x TI 222, TI 210,
Germanium-Diode: CK706 (Raytheon) oder TS 117 (Tungsol),
Regelung (AVR) über 2 Stufen; ZF: 262 kHz
Batterie:22,5 Volt; Verbrauch ca. 4mA
Selbstschwingende additive – ungeregelte – Mischstufe
Standardschaltung von 1954 bis zur Einführung des „single chip radio“; die Oszillatorspannung wird kapazitiv in die Emitterleitung rückgekoppelt.
Die Basis-Emitter-Diode bewirkt die additive Mischung, am Collector kann die modulierte ZF abgenommen und in den konventionell gestalteten ZF-Stufen verstärkt werden.
Dieses Schaltungskonzept ist ein -gangbarer –Kompromiss: Schwingsicherheit des Oszillators ohne Übersteuerung des Mischers = zwei Funktionen in einem Transistor.
ZF-Verstärker-(zwei Stufen)
Bei Flächen-Transistoren ist konstruktionsbedingt eine ausgeprägte Rückwirkung (Kapazitäten zwischen Collector-Basis, aber auch Basis-Emitter und Emitter-Collector):
Ausgangssignal zurück auf den Eingang (Miller-Effekt)
Um das „Aufschaukeln“ bzw. die Schwingneigung zu unterbinden, ist die Neutralisation (Kompensierung von Phasendrehungen) der ZF-Stufen (C10+R6 bzw. C14+R9) erforderlich.
Demodulator
Gleichrichtung (Germanium-Diode), AVR zur Basis des ersten Transistors.
NF-Verstärker
Einstufig mit mittelohmigem Ausgang: ausreichende Verstärkung, aber geringe Leistungsabgabe.
Batterie
Überall verfügbare Type (Anodenbatterie für Hörgeräte), geringe Abmaße. Dafür mussten die Transistoren allerdings ausreichend spannungsfest sein.
Die uns noch bekannten 9V-Batterien (Power Pack, quadratischer Querschnitt, Clip-Anschlüsse oben und unten) kamen erst später auf den Markt.
Alternative (siehe Zenith): 1,5V-Zellen (Heizbatterien für Hörgeräte) in Reihe schalten.
Nachteil: zusätzlicher Platz für 4-6 Batterien und damit größeres Gehäuse erforderlich.
Zusammenfassung
Das Design und das Platinen-Layout sind richtungsweisend, aber von der Anzahl der Stufen nur geeignet für die ausreichende Wiedergabe von lokalen Stationen; mit einer Zusatzantenne – nicht vorgesehen – wäre auch brauchbare Fernempfangs-Wiedergabe möglich.
Eindeutig waren hier die hohen Kosten für die Halbleiter vs. geringstmöglichem Kaufpreis (unter 50 US$) die „Show –Stopper“.
Ein Jahr nach Einführung des ersten Taschentransistorradios der Firma Regency begann Zenith mit der Produktion und Auslieferung seines ersten Transistorradios.
Es hatte die Bezeichnung Royal 500 und sollte bald trotz des hohen Preises von 75$ zum
beliebtesten Modell auf dem Markt werden.
Das Gerät verfügte über 7 steckbare Transistoren, also 3 mehr wie das Regency, war größer
und teurer. Die Schaltung und das Design waren eigens von Zenith entwickelt worden.
Die Abmessungen waren 146 x 89 X 38 mm.
Wegen seines Aussehens wurde es auch Owleye (Eulenauge) genannt.
Das Royal 500 wurde zunächst in zwei Farben, maroon, was man als kastanienrotbraun bezeichnen könnte, und schwarz produziert.
Die nachfolgenden Bilder zeigen die beiden ersten Modelle.
siehe auch unter
Für das Gehäuse wurde eine spezielle Kunststoffmischung entwickelt. Sie bestand aus einer Art unzerbrechlichem Nylon. Die Stromversorgung erfolgte durch 4 Mignonbatterien, je 1,5 Volt, die auch heute noch handelsüblich verwendet werden.
Die Bauteile waren auf einem Metallchassis in Handverdrahtung montiert.
Die Chassis der ersten Geräte wurden mit den Buchstaben XT geführt.
Zenith benutzte bei seinen Chassisbezeichnungen, ähnlich wie bei den meisten Röhrenradios in der ersten Stelle die Anzahl der Transistoren. In unserem Beispiel 7 gefolgt von der Bezeichnung XT.
Es gab 3 unterschiedliche Chassisbezeichnungen
7XT40 hergestellt von Sylvania
7XT40Z hergestellt von Raytheon
7XT40Z1 hergestellt von Texas Instruments
Die Zenith Modellreihe 500 wurde über einen Zeitraum von insgesamt über 10 Jahren produziert. Nach anfänglichen geringfügigen Änderungen erfolgten in späteren Jahren deutliche Veränderungen im Aussehen.
Hier noch ein paar technische Merkmale:
Superhet, MW, 5 Kreise (8-Transistor-Modelle: 6 Kreise), davon 2 abstimmbar
Germanium-Transistoren * (verschiedene Zusammenstellungen pro Modell: nur PNP, NPN und PNP gemischt, nur NPN), verschiedene Hersteller (Sylvania, Texas Instruments, RCA);
Germanium-Diode: 1N295 (später 1N87G oder vergleichbare Typen *)
Regelung (AVR) über 2 Stufen; ZF: 455 kHz.
Ausgangsleistung: 0,1 W (0,18W bei Klirrfaktor>10%)
*) häufig sind in den Schemata nur die Teile-Nummern (z.B. 121-14, bis zu 3 verschiedene pro Modell und Typ) angegeben; dahinter stehen i.d.R. gängige 2Nnn(n)- bzw. 1Nnn-Typen.
Batterie
6V (4x1,5V) für ca. 100 Std. bzw. 5,36V Quecksilberzellen für ca. 400 Std. Betrieb.
Mischstufe mit getrenntem Oszillator (7-Transistor-Versionen)
Diese – für Taschenradios sehr seltene - Form erlaubt die optimale Dimensionierung beider Funktionen.
In der Praxis wurde dieses Konzept bei höherwertigen Portables mit KW-Teil verwendet;
da hier die Frequenzen fe und fo sehr nahe beieinander liegen, kann es zu Problemen (Abgleich, Betrieb) durch „falsches Einrasten“, kommen.
Das Oszillatorsignal wird kapazitiv am Fußpunkt (Ferritantenne) der Basis des Mischertransistors zugeführt.
HF-Vorstufe (8-Transistor-Versionen, ab Modell 500D)
Eine – nicht nur für Portables - wirklich luxuriöse Ausstattung: zusätzlicher HF-Verstärker mit Senderabstimmung, gefolgt von der Mischstufe (ohne Abstimmung = Festkreis). Das vom separaten Oszillator kommende Signal wird kapazitiv dem Emitter des Misch-Transistors zugeführt.
ZF-Verstärker-(zwei Stufen)
Bei den verschiedenen Versionen des Royal 500 haben unterschiedliche Neutralisationsausführungen - abhängig vom jeweils verwendeten Transistortyp - Anwendung gefunden. Erst ab dem Modell 500H-1 war durch neue Transistortypen keine Neutralisierung mehr erforderlich.
Demodulator
Gleichrichtung (Germanium-Diode); Rückwärtsregelung im Laufe der Jahre optimiert.
NF-Verstärker
Zweistufig, Vorverstärker/Treiber mit Gegentakt-B-Endstufe (unverzerrt: 100mW);
ab Modell 500H-1 (1964): Gegentaktendstufe mit eisenlosem Ausgang.
Die Geräte der ersten Generation können von den Nachfolgemodellen nach
einigen Kriterien relativ leicht unterschieden werden.
1.Gerätevorderseite
Die auf der Gerätefrontseite befindlichen Bedienknöpfe der ersten Baureihe besitzen einen durchgehenden Steg, im englischen bar genannt, der in späteren Modellen nicht mehr verwendet wurde.
Knopf früheres Modell Knopf späteres Modell
2.Geräterückseite
Als zweites Unterscheidungsmerkmal kann die Rückseite des Gerätes herangezogen werden. Alle Radios tragen das Firmenemblem und die Modellbezeichnung auf der Rückseite.
Angefügt ist eine Teilabbildung dieser beiden Geräterückseiten, der ersten und zweiten Generation.
Der Schriftzug links ist wie eingraviert, während man rechts den Aufdruck erkennt.
Als drittes Unterscheidungsmerkmal kann dann das Chassis herangezogen werden.
Die folgenden Bilder zeigen ein XT-Chassis Rück-und Vorderseite. Die Handverdrahtung
ist deutlich zu erkennen.
Für die erste Gerätegeneration gibt es noch eine Besonderheit zu erwähnen.
Bei der Mischung der ersten Kunststoffe der Farbe Maroon war vermutlich die Farbintensivität
zu gering. Gegen Licht gehalten erscheinen die Gehäuse durchsichtig.
Die Radiosammler haben diese Gehäuse mit dem Begriff translucend belegt.
Hier ein Beispiel
Diese Geräte sind natürlich in Sammlerkreisen äußerst begehrt und werden zwischen 400
Und 500$ gehandelt.
1956 begann Zenith die Produktion der handverdrahteten Chassis auf sogenannte gedruckte
Schaltungen umzustellen.
Die Radios wurden äußerlich geringfügig verändert und die Farbpalette erweitert.
Die neuen Farben waren tan (beige) coral und weiss.
Die folgende Abbildung zeigt die unterschiedlichen Farben
Die Chassis führten jetzt die Bezeichnung 7ZT.
Es gab wiederum drei unterschiedliche Chassisnummern:
7ZT40
7ZT40Z
7ZT40Z1
Vermutlich waren das wiederum die Bezeichnungen der unterschiedlichen Hersteller.
Weitere –spätere - Kennungen waren: ~Z2 = RCA, ~Z3 = Amparex.
1958 wurde das Royal 500 Modell überarbeitet. Der neue Typ bekam die Bezeichnung 500D
Sowohl das Chassis (8AT40) als auch das Gehäuse wurden neu gestaltet.
Im Bereich des Chassis wurden jetzt 8 Transistoren verwendet.
Das Gehäuse wurde nur unwesentlich geändert.
Auch hier gab es im Anfang unterschiedliche Ausführungen.
Die Geräte der ersten Nachfolgegeneration hatten noch nicht die Typenbezeichnung D auf
der Frontseite.
Hier wieder ein Beispiel:
1.Bild Modell D erste Serie
2.Bild Modell D zweite Serie
Mit dem Modell D wurde den Knöpfen ein Ring hinterlegt und der Lautsprechergrill geändert.
Das spätere Modell D enthält die Bezeichnung unter dem Emblem.
1959 wurde das Royal 500 wieder überarbeitet und erhielt die Bezeichnung 500-E.
Der Unterschied zum Modell 500D ist deutlich sichtbar.
Die Vergrößerung des Abstimmknopfes ermöglichte eine leichtere Abstimmung.
Auch ging man dazu über unterschiedliche Farben für Vor und -Rückseite zu verwenden.
Es wurden die Farben schwarz, weiß, maroon und weiß-rot produziert.
Das Chassis mit der Nummer 8CT40Z2 war nahezu identisch mit dem Vorgänger 500D.
Der Verkaufspreis lag bei weiterhin 75$, wurde aber später auf 59.95$ reduziert.
Die beiden Abbildungen zeigen die Modelle der 500E-Baureihe.
Rechts Modell in weiß-rot.
Die Transistoren waren steckbar. (Sogenannte plug ins.)
Die Nachfolgemodelle mit der Bezeichnung 500E-1 sahen gleich aus, enthielten aber keine steckbaren Transistoren mehr. (Chassis 8KT40Z2)
Weiter kann angemerkt werden, dass die goldfarbene Beschichtung auf der Frontplatte nicht sehr abriebfest war, also bei vielen heute angebotenen Geräten je nach Benutzung mehr oder weniger Gebrauchsspuren durch Abrieb ausweisen.
Angeboten wurde auch ein Lederetui, welches bei Benutzung ebenfalls zur Beschädigung beitrug.
1961 wurde das Flagschiff der Zenith Royal Baureihe 500 völlig neu überarbeitet.
Sowohl die Technik (jetzt: Chassis 8HT40Z2) als auch das äußere wurden neu gestaltet.
Die äußeren Abmessungen wurden beibehalten. Ein völlig neuer Oval-Lautsprecher mit den Abmessungen 3x5 inch wurde verwendet. Dieser Lautsprecher war aus den Erfahrungen der Firma Zenith die durch die Hörgerätesparte erworben wurden eine Weiterentwicklung und daher revolutionär. Der Lautsprechermagnet war außerhalb der ovalen Mitte angeordnet um den Frequenzgang zu verbreitern. Der Sound war dadurch sehr klar und deutlich gegenüber den Vorgängern.
Die Ausgangsspannung wurde von 100 auf 350 mW angehoben.
Das Gerät wurde in drei verschiedenen Farben angeboten:
Schwarz, weiß und in zwei-ton grau.
Das Modell 500H war das beste von Zenith hergestellte Taschenradio.
Der Verkaufspreis lag bei 59.95$.Später durch die Einführung vieler Importgeräte fiel dieser auf 25-30$.
Damit endete auch der Gewinn bei der Produktion von Transistorradios bei Zenith und in den USA.
1964 wurde das Modell 500H wieder überarbeitet. Es trug nun die Bezeichnung 500H-1.
Die Änderungen beschränkten sich nur auf das Chassis 8KT40Z2.
Der allgemeine Kostendruck, bedingt durch die Konkurrenz aus Fernost zwang auch Zenith dazu die Herstellung des Chassis zu vereinfachen. So wurden einige Bauteile geändert, insbesondere keine steckbaren Transistoren mehr verwendet.
Der Verkaufspreis lag nun bei 39.95$
Das Modell 500E-1 wurde ebenfalls noch angeboten.
Diese beiden Modelle waren die letzten der guten 500er Modelle.
Chassis modell 500E Chassis Modell 500E-1
Im gleichen Jahr bot Zenith das Modell 500L an.
Dieses Gerät, welches zweifellos modern und attraktiv aussah, bedeutete einen Rückschritt für Zenith in der gewohnten Technik. Das Gerät besaß einen kleineren Lautsprecher und der Ausgang wurde auf 100 mW reduziert.
Das Chassis mit der Nummer 8LT45Z1 (TI) bzw. 8LT45Z3 (Amparex) war mit den Vorgängern nicht vergleichbar.
Das Gerät war in 3 Farben lieferbar, schwarz, weiß und hellgrün.
Das schwarze Gerät ist goldfarben, während die beiden anderen mit einer chromfarbenen Vorderseite ausgestattet waren.
Der Verkaufspreis lag bei 39.95$
Modell 500L Modell 500L-G
1965 wurde das Modell 500L neu aufgelegt und unter der Bezeichnung 500L-G ausgeliefert.
Erste Modelle waren noch mit dem Chassis 8LT45Z1 oder 8LT45Z3 ausgerüstet.
Das später verwendete Chassis mit der Bezeichnung 8MT45Z8 wurde mit Transistoren und anderen Komponenten aus Fernostfertigung bestückt.
Dieses war der Abklang der 500 Serie, die in dem letzten Modell 500N-G ihren Niedergang erfuhr.
Das 500N-G war ein völlig anderes Modell und damit das letzte einer glorreichen Zenith-Zeit.
Quellenangaben:
Norman Smith Zenith Transistor Radios
Internet: transistorhistory.50webs.com
Hans Amberger, 06.Nov.08
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